Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates lehnt es ab, dass Personen mit einer zweiten Staatsangehörigkeit nicht in den Bundesrat gewählt werden können. Weder soll mit einer solchen Vorschrift das aktive Wahlrecht der Bundesversammlung eingeschränkt, noch das passive Wahlrecht von ca. 20% der heute wählbaren Personen abgeschafft werden.

Die parlamentarische Initiative von Nationalrat Marco Chiesa (SVP/TI) fordert, dass nur Personen in den Bundesrat gewählt werden können, die ausschliesslich über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfügen (17.468 n Pa.Iv. Chiesa. Bundesrat soll nur werden, wer ausschliesslich die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt). Die Kommission lehnt die von der Initiative geforderte Einschränkung der Wählbarkeit mit 13 zu 9 Stimmen ab. Gemäss Bundesverfassung sind alle Stimmberechtigten in den Bundesrat wählbar. Ca. 20% der Schweizerinnen und Schweizer besitzen heute zwei Staatsbürgerschaften. Es besteht kein Anlass, diesen Personen generell eine mangelnde Loyalität gegenüber der Schweiz zu unterstellen. Die Mitglieder der Bundesversammlung haben die Aufgabe, alle Eigenschaften einer Person bei ihrem Wahlentscheid zu berücksichtigen. Ob eine doppelte Staatsbürgerschaft bei diesem Entscheid eine wesentliche Rolle spielt, soll jedes Ratsmitglied für sich entscheiden können.

Die doppelte Staatsbürgerschaft von Bundesräten wurde vorgängig zur letzten Bundesratswahl diskutiert, als der heutige Vorsteher des Aussendepartements Ignazio Cassis freiwillig die italienische Staatsbürgerschaft abgab. Demgegenüber machte ein weiterer Bundesratskandidat, Pierre Maudet, die Rückgabe seines französischen Passes von der Wahl in den Bundesrat abhängig.

Eine Minderheit unterstützt die Initiative Chiesa, da Bundesräte die Schweiz auch in internationalen Gremien vertreten und gerade dort die Loyalität, das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit von grosser Bedeutung sind. Bei einer doppelten Staatsbürgerschaft könnten diese Eigenschaften eines Regierungsmitglieds in Frage gestellt werden.

Offenlegung der Staatsangehörigkeiten von Mitgliedern des Parlaments

Die Kommission behandelte mit der parlamentarischen Initiative für die Offenlegung der Staatsangehörigkeiten von Mitgliedern des Parlaments einen weiteren Aspekt der doppelten Staatsbürgerschaft (18.406 n Pa.Iv. Chiesa. Transparenz bei der Bekanntgabe der Staatsangehörigkeiten). Die Kommission stimmt dieser Initiative mit 15 zu 7 Stimmen zu. Während die Initiative für die Unwählbarkeit von Doppelbürgern in den Bundesrat eine Verfassungsänderung verlangt, kann diese zweite Initiative durch eine kleine Gesetzesänderung umgesetzt werden. Die Transparenz für die Wählerinnen und Wählern der Ratsmitglieder spricht für diese Offenlegungspflicht. Ausserdem reiht sich diese Verpflichtung ein in die bereits bestehende Pflicht zur Offenlegung des Berufes und der Interessenbindungen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern.

Die Kommission wird die nötige Ergänzung des Parlamentsgesetzes ausarbeiten können, falls auch die Schwesterkommission des Ständerates der Initiative zustimmt.

Transparenz in der Parteienfinanzierung

Mit ihrer parlamentarischen Initiative will Nationalrätin Kathrin Bertschy (GLP/BE) erreichen, dass nur noch jene Fraktionen Fraktionsbeiträge erhalten, deren Parteien jährlich die Herkunft und Beträge ihrer Zuwendungen offenlegen (17.490 Pa.Iv. Anreize für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung). Die Kommission spricht sich mit 14 zu 8 Stimmen gegen die Initiative aus. Das Schweizer Stimmvolk wird in naher Zukunft über die Transparenz-Initiative abstimmen können, weswegen gegenwärtig kein weiterer Handlungsbedarf besteht. Nach einer allfälligen Annahme der Transparenz-Initiative würde man die von der parlamentarischen Initiative geforderte Regelung bei der Umsetzung der Volksinitiative wieder diskutieren können. Für eine Minderheit ist die parlamentarische Initiative ein erster Schritt in Richtung einer weitergehenden Transparenz. Man würde damit den Anstoss geben für einen Kulturwandel, der in den Kantonen bereits begonnen hat: in den Kantonen Tessin, Genf und Neuenburg sind entsprechende Regelungen bereits in Kraft, in den Kantonen Freiburg und Schwyz sind im März 2018 kantonale Transparenz-Initiativen angenommen worden.

Administrativhaft von Minderjährigen

Die Kommission lehnt die Initiative von Nationalrätin Lisa Mazzone (GPS/GE) mit 14 zu 9 Stimmen ab, wonach das Ausländergesetz dahingehend geändert werden soll, dass die Administrativhaft für Migrantinnen und Migranten unter 18 Jahren verboten wird (17.486 n Pa.Iv. Kindswohl respektieren, Administrativhaft von Minderjährigen stoppen). Für die Kommission wird mit der aktuellen Gesetzgebung der Situation der minderjährigen Migrantinnen und Migranten ausreichend Rechnung getragen. Auf dieser Grundlage hat der Bundesrat die Kantone auch bereits angewiesen, Alternativen zur Administrativhaft zu prüfen. Die Kommission verweist auf den Bericht der GPK-N vom 26. Juni 2018 zur Administrativhaft im Asylbereich, welcher festhält, dass die Administrativhaft für unter 15jährige verboten ist und die Haft für Minderjährige über 15 Jahren lediglich als letztes Mittel und stets verhältnismässig einzusetzen ist. Eine Kommissionsminderheit betrachtet die Administrativhaft als nicht verhältnismässig und bemängelt die unterschiedliche Vollzugspraxis in den Kantonen.

UNO-Migrationspakt soll dem Parlament unterbreitet werden

Die Kommission hat mit 17 zu 7 Stimmen eine Motion beschlossen, welche den Bundesrat beauftragt, dem UNO-Migrationspakt nicht wie vom Bundesrat beabsichtigt am 10./11. Dezember 2018 in Marrakech zuzustimmen, sondern dem Parlament den Antrag auf Zustimmung in Form eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten. Zweck der Motion ist es insbesondere, vom Bundesrat bis zur Wintersession eine Stellungnahme zu erhalten, welche die Tragweite dieses «Migrationspakts» näher erläutert. Die Kommission hat ausserdem beschlossen, sich an ihrer nächsten Sitzung vom 1./2. November 2018 vom Bundesrat zum «Migrationspakt konsultieren zu lassen.

Die Kommission tagte am 18./19. Oktober 2018 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO) in Bern.