Wer medizinische Behandlungen benötigt, soll eine um 50 Franken höhere Franchise übernehmen. Die ordentliche Franchise in der obligatorischen Krankenversicherung steigt damit für Erwachsene von 300 auf 350 Franken pro Jahr. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) stimmt dieser Änderung zu. Anders als der Nationalrat will sie jedoch jene Versicherten, die eine höhere Franchise wählen, nicht für drei Jahre darauf verpflichten.

Wie bereits der Nationalrat unterstützt auch die SGK-SR die bundesrätliche Vorlage 18.036 n KVG. Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung, die sie in der Gesamtabstimmung mit 7 zu 4 Stimmen annahm. Der Bundesrat erhält damit die Kompetenz, die Höhe der ordentlichen Franchise und der Wahlfranchisen regelmässig an die Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anzupassen. Vorgesehen ist eine Erhöhung um je 50 Franken, sobald die durchschnittlichen Bruttokosten der Leistungen pro versicherte Person mehr als 13-mal höher sind als die ordentliche Franchise. Nach Auffassung der Kommissionsmehrheit stärkt dieser neue Mechanismus die Eigenverantwortung der Versicherten und deren Kostenbewusstsein. Zudem trage er zur Eindämmung des Kostenanstiegs im Gesundheitsbereich bei. Eine erste Anpassung der Franchisen soll bereits mit dem Inkrafttreten der Gesetzesbestimmung vorgenommen werden. Die Franchisen für Kinder sind vom Anpassungsmechanismus nicht betroffen. Eine Minderheit der Kommission lehnt die Vorlage ab und beantragt dem Ständerat, nicht darauf einzutreten. Diese Massnahme treffe vornehmlich chronisch kranke und ältere Menschen, die auf medizinische Behandlungen angewiesen seien, so die Minderheit. Zudem sei die Kostenbeteiligung der Versicherten bereits heute vergleichsweise hoch.

Vor dem Hintergrund ihres Beschlusses für den neuen Mechanismus zur Anpassung der Franchisen lehnte die Kommission jeweils einstimmig diverse Motionen aus dem Nationalrat ab, die ebenfalls Anpassungen entweder nur bei der ordentlichen Franchise oder auch bei den Wahlfranchisen verlangen (16.3084, 16.3110, 16.3112 und 16.3111). Diese Forderungen würden mit dem Anpassungsmechanismus grundsätzlich erfüllt oder es bestehe kein weitergehender Handlungsbedarf, wurde in der Kommission argumentiert.

Keine mehrjährige Bindung bei Wahlfranchisen

Die Kommission behandelte die Vorlage ihrer Schwesterkommission zur Umsetzung der Pa. Iv. 15.468 «Stärkung der Selbstverantwortung im KVG (Borer/Brand)», die der Nationalrat in der Wintersession 2018 verabschiedet hatte. Die Vorlage sieht vor, dass die Versicherten eine gewählte Wahlfranchise während drei Jahren behalten müssen. Die SGK-SR beantragt ihrem Rat mit 6 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung, nicht auf den Gesetzesentwurf einzutreten; der Bundesrat hatte ebenfalls dessen Ablehnung beantragt. In ihrer Beurteilung gelangte die Kommission zum Schluss, dass diese Vorlage die Selbstverantwortung im KVG nicht stärken, sondern im Gegenteil sogar noch schwächen könnte. Dies, weil die Versicherten tendenziell risikoscheu seien und eine tiefe Franchise dem Risiko einer mehrjährigen Bindung an eine hohe Franchise vorziehen könnten, wurde argumentiert. Letztlich könnten so viele Versicherten zu tieferen Franchisen wechseln, was wiederum negative Auswirkungen auf die Gesundheitskosten zur Folge haben könnte. Zudem sei die Zahl jener Versicherten, die je nach Gesundheitszustand die Franchise in opportunistischer Weise vorübergehend wechselten, sehr gering, was eine mehrjährige Bindung aller an ihre Wahlfranchise nicht rechtfertige, so die Kommission weiter.

Akteure im Gesundheitswesen sollen Qualität entwickeln

Die Kommission führte die Detailberatung der Vorlage KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit (15.083 s) weiter. Mit 7 zu 6 Stimmen sprach sie sich grundsätzlich für eine gemeinsame Organisation von Kantonen, Leistungserbringern und Versicherern aus, in der auch die Versicherten, die Patientenorganisationen und Fachleute mitwirken sollen. Die Organisation soll in einem «bottom-up»-Prozess Qualitätsindikatoren entwickeln und Studien sowie Programme zur Qualitätsentwicklung durchführen. Auf diese Weise würden alle Akteure Verpflichtungen auf sich nehmen, argumentierte die Mehrheit, welche die vom Nationalrat beschlossene eidgenössische Qualitätskommission als zu behördennahe ablehnt. Die Minderheit brachte vor, die Leistungserbringer und Versicherer hätten die Qualitätsentwicklung seit Jahren voranbringen sollen und es sei nur wenig geschehen. Zudem sei die Qualitätskommission im Nationalrat breit abgestützt. Die Kommission wird die Beratung an der nächsten Sitzung weiterführen.

Säumige Prämienzahler sollen Krankenkasse nicht wechseln müssen

Die Kommission hörte die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und –direktoren (GDK) sowie die Versichererverbände Curafutura und Santésuisse zur Frage an, wie der Umgang mit säumigen Prämienzahlern verbessert werden könnte. Sie beantragt mit 11 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Kt.Iv. JU. Nicht bezahlte KVG-Prämien. Zuteilung an einen vom Kanton bestimmten Krankenversicherer bei Übernahme der Verlustscheine durch den Kanton (17.320 s) keine Folge zu geben. Sie will aber die Diskussion gestützt auf eine Standesinitiative des Kantons Thurgau (16.312 s) und eine Motion ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission (18.3708 n) weiterführen.

Einkommen der Ärzteschaft unter der Lupe

Nachdem eine vom Bundesamt für Gesundheit veranlasste Studie zu den Ärzteeinkommen auf heftige Kritik gestossen war, liess sich die Kommission über die Zielsetzungen, Datenquellen und Methodik informieren. Sie nahm zur Kenntnis, dass der Bund keine neue Erhebung zu den Einkommen der Ärzteschaft plant, sondern auf eine jährliche Vollerhebung des Bundesamtes für Statistik bei den Arztpraxen und ambulanten Zentren (MAS) setzt. Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) sicherte vor der Kommission zu, sie unterstütze die MAS-Erhebung.

Zur Frage, wer das in der Pflege angewandte Material finanzieren soll, will die Kommission dem Bundesrat die Chance geben, mit den Kantonen, Versicherern und Leistungserbringern eine Lösung zu finden. Sie setzte deshalb die Beratung der dazu hängigen Motionen (18.3425 und 18.3710) bis zu ihrer April-Sitzung aus.

Mehr Transparenz über Medizinprodukte

Einstimmig unterstützt die Kommission die Neue Medizinprodukte-Regulierung (18.081 sn), mit der die Schweiz die verschärften Regelungen der EU übernimmt. Einerseits sollen die Patientinnen und Patienten besser vor fehlerhaften Medizinprodukten geschützt und anderseits der exportorientierten Medtech-Branche der hindernisfreie Zugang zum europäischen Markt weiterhin gesichert werden. Bei Hochrisikoprodukten wie zum Beispiel Implantaten müssen die Hersteller den Nutzen und die Sicherheit anhand klinischer Daten besser belegen. Die Produkte sollen eindeutig identifiziert und damit lückenlos rückverfolgbar werden. Die Öffentlichkeit soll in der europäischen Datenbank «Eudamed» relevante Daten in verständlicher Form konsultieren können. Die neuen Regeln sollen im Mai 2020, gleichzeitig wie in der EU, in Kraft treten.

Die Kommission nahm die Beratung des Geschäfts Soziale Sicherheit. Abkommen mit Kosovo (18.086 s) auf und wird diese an der nächsten Sitzung weiterführen.

Die Kommission tagte am 17./18. Januar 2019 in Bern unter dem Vorsitz von Joachim Eder (FDP, ZG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.