Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) tagte für Ihre Sitzung vom 21./22. November am Hauptsitz der EFTA in Genf. Die Kommission nutzte diese Sitzung bei der EFTA, um sich über die Möglichkeiten, Grenzen und Herausforderungen der Freihandelspolitik auszutauschen. Ferner setzte sich die Kommission mit dem Neutralitätsrecht und der Neutralitätspolitik vertieft auseinander. Schliesslich befasste sich die Kommission eingehend mit der Situation im Iran.

Die APK-N hat sich mit Bundespräsident Ignazio Cassis eingehend über die Neutralität der Schweiz ausgetauscht und in diesem Zusammenhang Kenntnis genommen vom Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 22.3385 («Klarheit und Orientierung in der Neutralitätspolitik»).

Die Kommission begrüsst diesen vollständigen und präzisen Bericht des Bundesrates. Gegenstand ihrer Diskussionen waren unter anderem der Unterschied zwischen Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik sowie die praktische Umsetzung der Schweizer Neutralität angesichts der aktuellen geopolitischen Entwicklungen und des russischen Angriffs auf die Ukraine. Einzelne Kommissionsmitglieder haben in diesem Zusammenhang die Missverständnisse bedauert, die einige der jüngsten Entscheide verursacht hatten. Die Kommission hat sich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie Wirtschaftssanktionen sowie Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit der Neutralität vereinbar sind. Im Zusammenhang mit der Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat sich die APK-N zudem über die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Organisation des Nordatlantikvertrags (Nato) informiert.

Im Weiteren hat die APK-N zwei Anträge auf Kommissionsmotionen abgelehnt. Mit 18 zu 6 Stimmen wurde der Antrag abgelehnt, den Bundesrat zu beauftragen, Massnahmen vorzuschlagen, mit denen die Neutralität der Schweiz auf Gesetzes- oder Verfassungsstufe als dauernd, bewaffnet und umfassend (integral) festgeschrieben wird. Mit 18 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen wurde der Antrag abgelehnt, den Bundesrat zu beauftragen, dem Parlament einen Bundesbeschluss zu unterbreiten, in dem Grundsätze und Handlungsrichtlinien für die Umsetzung der Neutralität definiert werden.

Iran

Die Kommission hat sich eingehend mit der Lage im Iran auseinandergesetzt und zeigt sich sehr besorgt über die menschenrechtliche Situation vor Ort. Vor diesem Hintergrund diskutierte sie vertieft über die Handlungsmöglichkeiten der Schweiz angesichts der Unterdrückung von Demonstrationen durch die iranischen Sicherheitskräfte. Sie setzte sich ferner mit der Sanktionspolitik der Schweiz auseinander. Im Rahmen dieser Debatte fällte die APK-N folgende Beschlüsse:

  • Sie hat mit 17 zu 6 Stimmen beschlossen, den Bundesrat mittels einem Schreiben aufzufordern, die EU-Sanktionen im Zusammenhang mit der brutalen Unterdrückung von Demonstrierenden ebenfalls zu übernehmen. Zudem soll im gleichen Schreiben der Bundesrat aufgefordert werden – dies mit 15 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen – den Schutz der Zivilbevölkerung und die Einhaltung die Menschenrechte im Iran im Rahmen der Schwerpunkte der Schweiz während ihrem Einsitz im Uno-Sicherheitsrat aufzunehmen.
  • Ferner hat sie eine Kommissionsmotion zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft (22.4278) verabschiedet: Mit 18 zu 5 Stimmen soll der Bundesrat beauftragt werden, Massnahmen sinnvoll und angemessen ergreifen, um die iranische Zivilgesellschaft in ihrem Kampf für Frauen- und Menschenrechte zu unterstützen. Mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen soll der Bundesrat zudem beauftragt werden, die aufgrund der Menschenrechtsverletzungen im Iran von der EU beschlossenen Sanktionen gegen Mitglieder des iranischen Regimes vollständig zu übernehmen.

EU-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg

Die APK-N hat mit 9 zu 8 bei 6 Enthaltungen entschieden, mittels Motion (22.4279) den Bundesrat zu beauftragen, jegliches Schlupfloch zur Umgehung von nach Embargogesetz verhängten Sanktionen umgehend zu schliessen und dafür zu sorgen, dass sogenanntes «ring fencing» nicht benutzt werden kann, um Sanktionen zu umgehen.

Europapolitik

Die Kommission hat sich über den Stand der Sondierungsgespräche zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) informiert. Im Fokus standen die offenen Dossiers und die Perspektiven für die kommenden Gespräche. Eingehend diskutiert wurde zudem über die staatlichen Beihilfen, die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit, die Aussichten für ein bilaterales Stromabkommen und den Europabericht. Die APK-N hat ferner mit 13 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung eine Motion (22.4277) beschlossen, die den Bundesrat beauftragt, unverzüglich Verhandlungen mit der EU über einheitliche institutionelle Regeln für die bestehenden und zukünftigen Abkommen zur Teilnahme der Schweiz am EU-Binnenmarkt aufzunehmen.

Länderbericht der Schweiz 2022 zur Umsetzung der Agenda 2030 für die Nachhaltige Entwicklung

Die APK-N hat den Länderbericht zur Umsetzung der Agenda 2030 begrüsst und diesen als sehr strukturiert und äusserst informativ qualifiziert. Im Rahmen der Beratung hat die Kommission eine Motion (22.4280) mit 13 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung verabschiedet, die den Bundesrat beauftragt, die Organisationsstrukturen zur politikkohärenten Umsetzung der Agenda 2030 so zu stärken, damit die jetzt erkannten Lücken für die Zielerreichung geschlossen werden können. Dabei sei auf genügend Ressourcen zu achten.