Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (FinDel) hat ihre Untersuchung über den Verkaufsprozess der Schweizer Hochseeschiffe der SCL- und SCT-Gesellschaften, welche mit Solidarbürgschaften des Bundes ausgestattet waren, am 27. Juni 2019 abgeschlossen. Ihre Erkenntnisse werden heute in einem Bericht veröffentlicht.

​Im Rahmen ihrer begleitenden Finanzoberaufsicht befasst sich die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (FinDel) seit dem Sommer 2015 mit Bürgschaftsverpflichtungen des Bundes für die Hochseeschifffahrt.
Aufgrund der schweren Liquiditätskrise der Schifffahrtsgesellschaften SCL und SCT beantragte der Bundesrat am 16. Mai 2017 dem Parlament einen Nachtragskredit in der Höhe von 215 Millionen Franken zur Honorierung von Bürgschaften, die der Bund diesen Reedereien gewährte (vgl. 17.007 sn). National- und Ständerat stimmten dem Nachtragskredit in der Sommersession 2017 zu. Die einzelnen Schiffe der SCL- und SCT-Gruppe wurden zwischen Juni und September 2017 den Käufern übergeben. Die Liquidation der verschiedenen Gesellschaften ist noch nicht abgeschlossen.

Am 12. April 2018 leitete die FinDel eine Untersuchung ein mit dem Ziel, Transparenz über den Verkaufsprozess der SCL- und SCT Schiffe zu schaffen und Lehren für die Zukunft zu ziehen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) unterstützte die Delegation bei der Informationsbeschaffung und der Prüfung spezifischer Sachverhalte. Gestützt auf die Erkenntnisse der EFK führte die FinDel zwischen November 2018 und Mai 2019 eine Vielzahl von Befragungen durch, verlangte zudem schriftliche Auskünfte und nahm Einsicht in Akten bei den betroffenen Bundesstellen vor Ort.

Die Ziehung der Bundesbürgschaften im Jahr 2017 führte für den Bundeshaushalt zu einem finanziellen Schaden in Höhe von insgesamt 204 Millionen Franken. Die FinDel kommt zum Schluss, dass der Vorsteher des WBF im Sommer 2015 richtig handelte, als er unmittelbar nach Bekanntwerden der Liquiditätsprobleme bei den SCT/SCL-Gesellschaften entschied, eine Strategie der Verlustminimierung zu verfolgen. Damit konnte der Verlust für den Bundeshaushalt um mehrere Dutzend Millionen Franken reduziert werden.

Die Bewältigung der Krise erforderte einen besonderen Einsatz der involvierten Bundesvertreter. Die FinDel ist der Auffassung, dass die 2015 vom Vorsteher des WBF eingesetzte Krisenorganisation unter der Führung seines Generalsekretärs dazu beitrug, den finanziellen Schaden für den Bund bis zum Abschluss des Verkaufsprozesses zu begrenzen.

Die Abklärungen der FinDel haben ergeben, dass es den involvierten Bundesstellen im Verkaufsprozess gelang, unter den Kaufinteressenten eine Wettbewerbssituation zu schaffen. Auch der Plan B zum favorisierten Blockverkauf der Schiffe wurde sorgfältig vorbereitet. In Zukunft ist es wichtig, dass sich der Bund nicht auf eine einzige Handlungsoption beschränkt, sondern verschiedene Varianten prüft, um das optimale Szenario zu bestimmen.

Einen klar negativen Einfluss auf die Abwicklung des Verkaufs der SCL- und SCT-Schiffe hatte das Informationsleck von Januar 2017. Die FinDel bedauert sehr, dass sich die öffentliche Berichterstattung über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der betroffenen Gesellschaften insbesondere auf die Höhe der Kaufangebote negativ auswirkte. Sie erkennt im Bereich der Indiskretionen aus Bundesrat bzw. Bundesverwaltung dringenden Handlungsbedarf.

Die Untersuchung der FinDel hat gezeigt, dass die Schiffe angesichts der tiefen Marktpreise im Mai 2017 aus finanzieller Sicht nicht zum besten Zeitpunkt verkauft wurden. Der Handlungsspielraum bei der Festlegung des Verkaufszeitpunkts wurde allerdings in erheblichem Masse durch exogene Einflussfaktoren eingeschränkt: Zum einen erlaubten die nicht gedeckten Betriebskosten der SCL- und SCT-Gesellschaften keinen zeitlichen Aufschub des Verkaufsprozesses. Zum anderen war es nicht möglich, die Entwicklung des hochvolatilen Hochseeschifffahrtsmarktes vorherzusagen.

Bei der Beschaffung von externen Beratungsdienstleistungen empfiehlt die Finanzdelegation dem Bundesrat, Massnahmen zu treffen, um fortlaufende Kostendacherhöhungen mittels freihändiger Vergaben in Zukunft grundsätzlich – und auch in Krisensituationen – zu vermeiden.

Insgesamt gelangt die Finanzdelegation zur Überzeugung, dass die Ursache des heutigen Schadens hauptsächlich auf die Einführung des Instruments der Solidarbürgschaften im Jahr 1992 zurückzuführen ist. Für die FinDel stellt das Instrument der Bundesbürgschaft – sei es in der Form einer Solidar- oder einer einfachen Bürgschaft – kein geeignetes Instrument dar, um den Bedarf nach maritimen Transportmöglichkeiten zu sichern. Stattdessen sind dringend alternative Instrumente zur Förderung, Erhalt und Stärkung der Schweizer Hochseeflotte zu prüfen. In diesem Zusammenhang soll der Bundesrat ebenfalls grundsätzlich klären, ob die Schweiz auch in Zukunft eine eigene Flagge auf See führen soll.
Ferner empfiehlt die Finanzdelegation dem Bundesrat, das Instrument der Solidarbürgschaft als Kreditsicherungsmittel des Bundes in Zukunft – über die Hochseeschifffahrtsförderung hinaus – nicht mehr einzusetzen. Die bestehenden Solidarbürgschaften sind zu überprüfen und nach Möglichkeit in einfache Bürgschaften umzuwandeln.


Die Finanzdelegation hat ihren Untersuchungsbericht zuhanden des Bundesrates am 27. Juni 2019 verabschiedet und heute veröffentlicht. Der Bundesrat wurde gebeten, bis am 13. September 2019 zu den Erkenntnissen und den Empfehlungen der FinDel Stellung zu nehmen.