In einem Mitbericht an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats spricht sich die Finanzkommission (FK) für eine Gegenfinanzierung der Steuervorlage 17 (SV 17, 18.031 s) über die Erhöhung der Mehrwertsteuer aus. Eine Erhöhung der Lohnbeiträge lehnt sie ab. Die FK spricht sich zudem für eine Teilung der Vorlage bezüglich Steuern und AHV-Finanzierung und deren Koppelung des Inkrafttretens aus. Schliesslich lehnt die Mehrheit eine Erhöhung des Rentenalters für die Frauen auf 65 Jahren ab.

​Steuervorlage 17 (18.031 s)

In einem Mitbericht an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) äussert sich die Finanzkommission zur Steuervorlage 2017 (SV 17, 18.031 s). Als Beratungsgrundlage diente der Beschluss des Ständerats vom 7. Juni 2018. Unbestritten war in der Kommission, dass die Vorlage dringlich und für den Wirtschaftsstandort Schweiz zentral ist. Die FK besprach vor allem Konzepte, wie die SV 17 gegenfinanziert werden kann. Der Ständerat hatte diesbezüglich dem Antrag seiner WAK zugestimmt. Die WAK-S war dem Grundgedanken «Jeder Steuerfranken wird mit einem AHV-Franken gegenfinanziert» gefolgt; der Beschluss des Ständerats sieht als Gegenfinanzierung 0,3% Lohnbeiträge (je 0,15% Arbeitgeber / Arbeitnehmer), die Zuweisung des ganzen Demografieprozents der MWST an den AHV-Ausgleichsfonds sowie die Erhöhung des Bundesbeitrags an die AHV vor (vgl. dazu die Notiz der WAK-S vom 25.05.2018, Seite 2, sowie die Notiz der EFV vom 25.05.2018 zu den Auswirkungen auf den Bundeshaushalt).

Zu einer längeren Diskussion führte die Grundsatzfrage, ob die Gegenfinanzierung über eine Anhebung der Lohnprozente oder über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer erfolgen soll. Die Kommission sprach sich am Ende mit 13 zu 9 Stimmen (2 Enthaltungen) für die Finanzierung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer aus. Sie spricht sich damit gegen die vom Ständerat beschlossene Anhebung der Lohnbeiträge aus. Die Mehrheit will die Arbeitgeber und -nehmer nicht zusätzlich belasten und plädiert dafür, dass sich jeder an der Gegenfinanzierung beteiligen soll, was mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer, die jeder bezahlen muss, erreicht werden kann. Keine Mehrheit fand ein Antrag, der in Erwartung mittelfristig gesteigerter Steuereinnahmen die Gegenfinanzierung durch Bundesbeiträge sicherstellen wollte.

Auseinandergesetzt hat sich die Kommission mit der Frage, ob die Vorlage geteilt und deren Schicksal aneinandergekoppelt werden soll. Mit 13 zu 9 Stimmen (3 Enthaltungen) spricht sich die FK für die Teilung der Vorlage in ein «Bundesgesetz über die Steuervorlage 17» (Entwurf 1) und in ein «Bundesgesetz über die AHV-Finanzierung» (Entwurf 2) aus. Die beiden Gesetze sollen nur in Kraft treten können, wenn beide in einer allfälligen Volksabstimmung angenommen werden. Die Minderheit will dem Ständerat folgen, der nur eine Vorlage vorsieht.

Beantragt wurde von der Mehrheit der vorberatenden Subkommission, das Rentenalter der Frauen schrittweise auf 65 Jahre zu erhöhen. Die FK lehnte den Antrag mit 13 zu 12 Stimmen ab. Diese Erhöhung hätte separat und unabhängig von der Vorlage behandelt werden sollen in einem neuen «Bundesgesetz über das Rentenalter». Für diejenigen Frauen, die innert maximal drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes das Rentenalter erreicht hätten, wäre eine gestaffelte Übergangslösung vorgesehen worden. Ein Teil der Mehrheit lehnt die Erhöhung grundsätzlich ab, ein anderer befürchtet, dass die Erhöhung des Rentenalters den Erfolg der Vorlage bei einer allfälligen Volksabstimmung gefährdet. Die Minderheit hält eine Erhöhung des Rentenalters der Frau für unabdingbar.

Mehr bezahlbare Wohnungen. Volksinitiative und Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement (18.035 n)

Im Mitberichtsverfahren befasste sich die Finanzkommission ferner mit der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» und der vom Bundesrat beantragten und mit der Volksinitiative eng zusammenhängenden Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

Mit 18 zu 7 Stimmen beantragt die Finanzkommission der federführenden Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N), dem Nationalrat die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» zur Ablehnung zu empfehlen. Die Mehrheit der Kommission ist der Auffassung, dass sich die bisherige marktwirtschaftlich orientierte Wohnungspolitik des Bundes bewährt hat. In der Schweiz stehen genügend und qualitativ gute Wohnungen zu angemessenen Preisen zur Verfügung. Zudem erachtet die Mehrheit die zur Umsetzung der Initiative berechnete Mehrbelastung für den Bundeshaushalt in der Grössenordnung von 120 Millionen Franken im Jahr aufgrund der aktuellen finanzpolitischen Rahmenbedingungen für nicht vertretbar. Sie erinnert daran, dass der strukturelle Saldo im Jahr 2021 aufgrund der jüngsten Beschlüsse des Ständerates zur Steuervorlage 17 einschliesslich Massnahmen zur AVH-Finanzierung («Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung») und unter Berücksichtigung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen zur Beseitigung der Heiratsstrafe auf 120 Millionen Franken sinkt. Aus Sicht der Minderheit besteht angesichts der Marktentwicklung der vergangenen Jahre nach wie vor Handlungsbedarf. Sie ist der Auffassung, dass das Bedürfnis nach bezahlbarem Wohnraum gerade bei Personen mit geringen finanziellen Mitteln und sonstigen benachteiligten Bevölkerungsgruppen ausgewiesen ist.

Mit 13 zu 12 Stimmen beantragt die Finanzkommission der WAK und dem Nationalrat, auf den Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus einzutreten. Für die Mehrheit sollte das bewährte Förderinstrument mindestens im bisherigen Umfang weitergeführt werden. Seit 2004 werden mit diesem Instrument jährlich rund 1500 Wohnungen gefördert. Dies lässt erkennen, dass insbesondere unter den unteren Einkommensklassen ein Bedürfnis besteht. Für die Minderheit stellt Wohnen grundsätzlich eine private Angelegenheit dar. Insofern soll der Staat höchstens subsidiär tätig sein, wenn die Situation auf dem Wohnungsmarkt derart angespannt ist, dass das Fernbleiben des Staats negative Folgen für die hiesige Volkswirtschaft hätte. Dies sei angesichts der aktuell historisch tiefen Zinssätze sowie des stetig zunehmenden Bestands an leerstehenden Mietwohnungen nicht der Fall. Ein Antrag auf Aufstockung des Fonds de Roulement um 375 Millionen Franken wurde mit 18 zu 7 Stimmen abgelehnt. Die Mehrheit beantragt der WAK und dem Nationalrat, die Aufstockung des Fonds de Roulement um 250 Millionen Franken gemäss Antrag des Bundesrates zu genehmigen.

Die Finanzkommission des Nationalrates tagte am 26. Juni 2018 im Anschluss an das Finanzpolitische Seminar der beiden Finanzkommissionen unter der Leitung ihres Präsidenten, Nationalrat Markus Hausammann (SVP/TG), in Schaffhausen. Anwesend waren Vertreter des EFD und des WBF. Für das Finanzpolitische Seminar wird auf die Medienmitteilung vom 26. Juni 2018 verwiesen.