Die Kommission hat mit 14 zu 5 Stimmen bei 5 Enthaltungen beschlossen, ihren Entscheid zum Eintreten auf die Vorlage des Bundesrats zur Verbandsklage und zum kollektiven Vergleich (21.082) vorerst aufzuschieben und das zuständige Departement mit diversen Zusatzabklärungen beauftragt.

Die Vorlage des Bundesrates zum kollektiven Rechtsschutz sieht im Kern einen Ausbau der bestehenden Verbandsklage zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen vor und bietet die Möglichkeit für kollektive Vergleiche im neuen Verbandsklageverfahren. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Botschaft des Bundesrates zu viele Fragen offen lässt, und es somit zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich ist, bereits über den Handlungsbedarf im Bereich des Ausbaus der kollektiven Rechtsdurchsetzung zu entscheiden. Insbesondere möchte die Kommission umfassende Informationen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der in der Botschaft vorgeschlagenen Instrumente auf die betroffenen Unternehmen in der Schweiz. Sie hat deshalb das zuständige Departement damit beauftragt, eine Regulierungsfolgeabschätzung durchführen zu lassen. Nebst weiteren Prüfungsaufträgen möchte die Kommission von der Verwaltung zudem einen gegenüber der Botschaft noch umfassenderen Rechtsvergleich zu Kollektivklagerechten in ausgewählten EU-Staaten.

Die einstimmig erteilten Aufträge sind umfangreich und erfordern auch einen erheblichen zeitlichen Aufwand für die Verwaltung. Entsprechend wird die Kommission die Beratung der Vorlage frühestens im 2. Quartal 2023 wiederaufnehmen.

Drei Vorlagen zu Änderungen im Mietrecht verabschiedet

Die Kommission hat drei separate Vorlagen zur Umsetzung der parlamentarischen Initiativen Egloff 15.455 («Missbräuchliche Untermiete vermeiden») (mit 13 zu 9 Stimmen), Vogler 16.458 («Keine unnötigen Formulare bei gestaffelten Mietzinserhöhungen») und Feller 16.459 («Mietvertragsrecht. Auf mechanischem Wege nachgebildete Unterschriften für zulässig erklären») (mit 14 zu 0 Stimmen bei 8 Enthaltungen) sowie 18.475 Merlini (Markwalder) («Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf des Vermieters oder seiner Familienangehörigen») (mit 14 zu 9 Stimmen) zuhanden ihres Rates verabschiedet. Mit den vorgesehenen Änderungen im Mietrecht sollen Missbräuche bei der Untermiete verhindert, Erklärungen von einseitigen Vertragsänderungen vereinfacht und die Kündigung infolge Eigenbedarfs erleichtert werden. Es wurden verschiedene Minderheitsanträge eingereicht.

Die Kommission wird an ihrer nächsten Sitzung die erläuternden Berichte zu den drei Vorlagen genehmigen und die Vorlagen und Berichte anschliessend dem Bundesrat zur Stellungnahme übermitteln. Die erste Beratung im Nationalrat findet voraussichtlich in der Wintersession 2022 statt.

Sexualstrafrecht

Die Kommission ist einstimmig auf die Vorlage zur Revision des Sexualstrafrechts eingetreten (18.043 Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht, Entwurf 3). Die Kommission erachtet den Handlungsbedarf als unbestritten und begrüsst es, dass diverse Schwächen des geltenden Rechts mit der Vorlage beseitigt werden können. Die Kommission hat entschieden, vor der Durchführung der Detailberatung noch Anhörungen durchzuführen.

Ausführliche Diskussion über Verbot von Konversionstherapien

Die Kommission hat sich eingehend mit den folgenden drei parlamentarischen Initiativen befasst: Christ 21.483 («Verbot von Konversionsbehandlungen bei Minderjährigen»), Barrile 21.496 («Verbot und Unterstrafestellung von Konversionsmassnahmen bei Minderjährigen und jungen Erwachsenen») und Wyss 21.497 («Schweizweites Verbot und Unterstrafestellung von Konversionsmassnahmen»). Sogenannte Konversionsmassnahmen zielen auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Identität beziehungsweise der sexuellen Orientierung ab. Die Kommission teilt die Einschätzung der Initiantinnen und des Initianten, wonach vorliegend Handlungsbedarf besteht. Angesichts der Komplexität des Beratungsgegenstands und verschiedener sich stellender Abgrenzungsfragen hat die Kommission beschlossen, sich im Rahmen ihrer nächsten Sitzung vom 18./19. August 2022 noch einmal mit den parlamentarischen Initiativen zu befassen und abzuklären, ob die Einreichung einer Kommissionmotion nicht allenfalls zielführender wäre.

Weitere Geschäfte:

  • Die Kommission hat sich in der Gesamtabstimmung mit 15 zu 6 Stimmen für die Schaffung von zwei zusätzlichen ordentlichen Richterstellen am Bundesgericht (Initiative 22.427 der RK-N) ausgesprochen. Die Minderheit beantragt dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten und diese an die Kommission zurückzuweisen mit dem Auftrag, einen Entwurf zur Abschaffung des Systems der nebenamtlichen Richterinnen und Richter am Bundesgericht auszuarbeiten. Da die Effizienz dieses Systems regelmässig infrage gestellt wird, hat die Kommission im Übrigen einstimmig beschlossen, dass die Parlamentarische Verwaltungskontrolle mit einer Evaluation der Situation beauftragt werden soll.
  • Die Kommission hat der parlamentarischen Initiative Töngi 21.471 («Mietrechtliche Überwälzungssätze den realen Werten anpassen») mit 15 zu 9 Stimmen keine Folge gegeben. Eine Minderheit beantragt ihrem Rat, der Initiative Folge zu geben.
  • Die Kommission hat der parlamentarischen Initiative Badran 21.469 («Periodische Revisionspflicht der Rendite auf Mieteinnahmen bei Wohnimmobilien zur Sicherstellung des gesetzlichen Zustands») mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung keine Folge gegeben. Eine Minderheit beantragt ihrem Rat, der Initiative Folge zu geben.
  • Die Kommission hat mit 16 zu 6 Stimmen sechs gleichlautenden Initiativen (21.513, 21.514, 21.515, 21.516, 21.522 und 21.527) von Frauen verschiedener Parteien Folge gegeben, die verlangen, dass Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts unter Strafe gestellt werden. In ihren Augen stellt Sexismus eine inakzeptable Verletzung der Menschenwürde dar, die strafbar sein sollte.

Die Kommission tagte am 23./24. Juni 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Vincent Maitre (M-E/GE) in Bern.