Mit Botschaft vom 22. November 2023 hat der Bundesrat das Bundesgesetz über die elektronische Identität und andere elektronische Nachweise sowie den Bundesbeschluss über die Verpflichtungskredite für den Aufbau und den Betrieb der E-ID verabschiedet. Der vom Bundesrat ausgearbeitete Entwurf unterscheidet sich massgeblich vom Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste, welches am 7. März 2021 per Referendum vom Schweizer Stimmvolk abgelehnt wurde. Anders als bei der abgelehnten Vorlage sollen nicht private Anbieter, sondern der Bund für die Herausgabe der E-ID verantwortlich sein und die nötige Infrastruktur betreiben.
Die Kommission begrüsst es, dass die Inhaberinnen und Inhaber einer E-ID grösstmögliche Kontrolle über ihre Daten haben und der Datenschutz sowohl durch das System selber, aber auch durch die Minimierung der nötigen Datenflüsse sowie durch eine dezentrale Datenspeicherung gewährleistet wird. Sie erhofft sich von der Einführung einer elektronischen Vertrauensinfrastruktur durch den Staat einen grossen Mehrwert, da diese auch von anderen Behörden und Privaten genutzt werden kann und damit auch amtliche Dokumente wie Wohnsitzbestätigungen oder Betreibungsregisterauszüge, aber auch Diplome, Tickets oder Mitgliederausweise in der vom Bund zur Verfügung gestellten Applikation sicher verwaltet werden können. Die Kommission ist grossmehrheitlich den Anträgen des Bundesrates gefolgt, beantragt ihrem Rat aber u.a. eine Erweiterung der Architektur, um ein anonymes Ausweisen zu gewährleisten, bspw. um einen anonymen Online-Altersnachweis zu ermöglichen. Sie möchte zudem, dass der Quellcode der Software der Vertrauensinfrastruktur vollständig veröffentlicht wird und das BIT Offenlegungsrichtlinien veröffentlicht und Sicherheitstests durchführt. Um den Schutz von Personendaten weiter zu erhöhen, beantragt die Kommission ausserdem, dass die E-ID unverzüglich widerrufen wird, wenn die Sicherheit des Systems nicht mehr gewährleistet werden kann.
Die Vorlage wird in der Frühjahrssession 2024 im Nationalrat beraten.
Stalking wird strafbar
Die Absicht der Kommission, Stalking als Tatbestand ins Strafgesetzbuch und ins Militärstrafgesetzbuch aufzunehmen, stiess in der Vernehmlassung auf grosse Zustimmung, was die Kommission bereits an ihrer Sitzung vom 16. und 17. November 2023 zur Kenntnis genommen hat (19.433). Sie hat sich jetzt mit diversen Aspekten vertieft befasst, die im Vernehmlassungsverfahren von den Teilnehmenden aufgeworfen wurden, sich mit einer Ausnahme jedoch für die Beibehaltung der Version des Vorentwurfs entschieden. So hat sie mit 23 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung entschieden, den neuen Tatbestand als Antrags und nicht als Offizialdelikt auszugestalten, sofern das Delikt nicht Personen betrifft, die miteinander in einer Partnerschaft verbunden sind oder verbunden waren (nach dem Vorbild des Tatbestands von Art. 180 StGB). In der Gesamtabstimmung hat sie den Entwurf mit 22 zu 2 Stimmen angenommen. Nach der Genehmigung des ergänzten erläuternden Berichts wird die Vorlage noch während der kommenden Frühjahrssession publiziert und dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitet. Der Nationalrat wird sie voraussichtlich in der Sommersession 2024 beraten.
Handel mit Foltergütern soll geregelt werden
Die Kommission hat sich zum ersten Mal mit dem Entwurf des Bundesrates zum Foltergütergesetz befasst (23.066). Mit dem neuen Gesetz soll der Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zweck der Folter verwendet werden können, geregelt werden. Mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission ihrem Rat, auf das Geschäft einzutreten. Die Kommission anerkennt den Handlungsbedarf und befürwortet eine nationale Umsetzung einer entsprechenden Empfehlung des Europarats. Eine Minderheit zeigt sich vor allem aus Datenschutzgründen skeptisch gegenüber der Vorlage und beantragt Nichteintreten. Die Kommission wird die Detailberatung im nächsten Quartal aufnehmen.
Verbot von extremistischen und insbesondere nationalsozialistischen Symbolen
Die Kommission spricht sich für eine zügige Umsetzung eines Verbots der Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen aus. Sie ist durchaus der Meinung, dass das Verbot auf weitere rassendiskriminierende, gewaltverherrlichende und extremistische Symbole ausgeweitet werden kann. Sie würde allerdings begrüssen, dabei stufenweise vorzugehen, und das Verbot von Symbolen, die mit dem Dritten Reich in Verbindung gebracht werden, vorziehen. Deshalb beantragt sie ihrem Rat, die breit gefasste Motion 23.4313 ihrer Schwesterkommission anzunehmen (16 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen) aber gleichzeitig an ihrer eigenen Kommissionsinitiative 23.400 (15 zu 2 Stimmen bei 5 Enthaltungen) sowie jener von alt-Nationalrat Angelo Barrile 21.524 (14 zu 2 Stimmen bei 6 Enthaltungen) festzuhalten. Sollte der Bundesrat dem Anliegen der Kommission folgen und das Verbot stufenweise umsetzen, könnten die beiden Initiativen in einer nächsten Phase abgeschrieben werden. Der Nationalrat wird sich in der Sondersession mit dem Thema auseinandersetzen.
Weitere Geschäfte:
- Die Kommission hat mit 13 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen eine Kommissionsinitiative (24.401) verabschiedet, die verlangt, dass alle Ausländerinnen und Ausländer, die sich des Aufrufs zu Hass nach Artikel 261bis des Strafgesetzbuches schuldig machen, automatisch des Landes verwiesen werden.
- Die Kommission beantragt einstimmig, der parlamentarischen Initiative 21.518, die unterlassene Hilfestellung konsequent bestrafen will, Folge zu geben.
- Sie hat mit 14 zu 7 Stimmen beschlossen, an ihrer Initiative 22.456 «Lücke im OHG schliessen. Opfer mit Tatort Ausland unterstützen» festzuhalten.
Die Kommission tagte am 22./23. Februar 2024 unter dem Vorsitz von Nationalrat Vincent Maitre (M-E GE) in Bern.