Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates hat mit 8 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung entschieden, der Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (17.046) keinen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Mit 12 zu 1 Stimme empfiehlt sie die Initiative zur Ablehnung.

​Die am 12. August 2016 eingereichte Volksinitiative möchte in der Verfassung den Vorrang des Verfassungs- vor dem Völkerrecht verankern. Zudem sollen die Behörden dazu verpflichtet werden, völkerrechtliche Verträge, die der Verfassung widersprechen, nötigenfalls zu kündigen. Die Kommission hat sich an insgesamt vier Sitzungen mit dem Anliegen befasst und bereits früh diverse Schwächen im Initiativtext identifiziert. Im Sinne der Prüfung eines möglichen Gegenentwurfs hat sich die Kommission der Grundsatzfrage angenommen, ob die Einführung einer generell-abstrakten Kollisionsklausel in der Verfassung an sich wünschbar wäre und hat dazu auch Expertinnen und Experten der Rechtswissenschaft angehört. Dabei wurde deutlich, dass auch eine derartige Verfassungsnorm die Schweiz nicht von ihren internationalen Verpflichtungen entbinden würde. Die Kommission kommt deshalb zum Schluss, dass eine verfassungsrechtliche Kollisionsregel gegenüber dem heutigen pragmatischen Umgang mit Normkonflikten keinen Mehrwert bringen würde, sondern im Gegenteil die Gefahr bergen könnte, neue Rechtsunsicherheiten zu produzieren. Die Kommission hält fest, dass der Gesetzgeber, die rechtsanwendenden Behörden und die Gerichte bereits unter dem geltenden Verfassungsrecht über einen gewissen Handlungsspielraum verfügen, der es erlaubt, im Einzelfall ein allfälliges Spannungsverhältnis zwischen völker- und landesrechtlichen Normen zugunsten des Landesrechts zu lösen. Eine generell-abstrakte Norm, die dies explizit in der Verfassung verankert, wäre demgegenüber ein Signal, das den Ruf der Schweiz als verlässlichen Partner im internationalen Rechtsverkehr gefährden könnte. Die Kommission erinnert daran, dass Völkerrecht kein «fremdes Recht» ist, sondern für die Schweiz nur dann Geltung beanspruchen kann, wenn die Schweiz der völkerrechtlichen Regel zugestimmt hat. Diese Zustimmung wiederum erfolgt innerstaatlich unter Einhaltung der demokratischen Beteiligungsrechte des Parlaments sowie von Volk und Ständen. Vor dem Hintergrund der Komplexität des Themas hält es die Kommission überdies für geboten, dem Volk keinen Gegenentwurf zu unterbreiten, dessen Stossrichtung mit jener der Initiative nicht vereinbar ist und der entsprechend die Initianten kaum zum Rückzug der Initiative bewegen würde.

Eine Minderheit hält es demgegenüber für angezeigt, das Verhältnis von Völker- und Landesrecht in der Verfassung zu klären und möchte der Initiative einen direkten Gegenentwurf gegenüberstellen. Gemäss ihrem Vorschlag soll in Art. 190 BV eine Art «Abweichungsvorbehalt» verankert werden, der gleichzeitig als Kollisionsregel dient. Demnach soll der Erlass von völkerrechtswidrigem innerstaatlichem Recht grundsätzlich möglich sein. Dieses soll allerdings nur in jenen Fällen Anwendung finden, in denen die fragliche Bestimmung des Völkerrechts nicht dem Schutz der Menschenrechte dient. Eine andere Minderheit wiederum beantragt, die Volksinitiative Volk und Ständen zur Annahme zu empfehlen.

Intensivierung der grenzüberschreitenden Verwaltungszusammenarbeit

Die Kommission hat den Entwurf des Bundesrates zur Ratifikation von zwei Europaratsabkommen in der Gesamtabstimmung mit 12 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen ( 17.053 s Grenzüberschreitende Verwaltungszusammenarbeit. Übereinkommen Nr. 94 und 100 des Europarates. Genehmigung). Ein Antrag, die Schweiz solle nur das Abkommen Nr. 94 ratifizieren, wurde mit Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt, und entsprechend beantragt die Kommission ihrem Rat, beide Abkommen zu ratifizieren. Eine Minderheit der Kommission möchte dagegen auf die Ratifikation des Europäischen Übereinkommens über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland (Abkommen Nr. 100) verzichten, da es in ihren Augen keine praktische Relevanz hat.

Revisionsrecht

Mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission Beschlossen, der parlamentarischen Initiative 15.472 (Pa.Iv. Schneeberger. KMU-taugliche Lösung sichern. Eingeschränkte Revision zum Schutz unserer KMU verwesentlichen) keine Folge zu geben. Tatsächlich sieht die Kommission keinen entsprechenden Handlungsbedarf im Bereich des Revisionsrechts. Eine Minderheit beantragt, der Initiative Folge zu geben.

Die Kommission hat am 12. Februar 2018 unter dem Vorsitz von Ständerat Robert Cramer (G, GE) in Bern getagt.