Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates hat sich dafür ausgesprochen, die Frage eines materiellen Revisionsbedarfs des Sexualstrafrechts vertieft zu prüfen. Sie hat im Einvernehmen mit der Vorsteherin des EJPD entschieden, dazu eine separate Vorlage zu erarbeiten, zu der auch eine ordentliche Vernehmlassung durchgeführt werden kann.

​Die Kommission hat die Detailberatung der Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen (18.043) aufgenommen, die von ihrer dreiköpfigen Subkommission unter dem Vorsitz von Ständerat Jositsch (SP/ZH) vorberaten wurde. Sie hat sich im Kern den Erwägungen der Subkommission angeschlossen und entschieden, dass die Vorlage auf Fragen der Höhe der Strafrahmen begrenzt sein sollte. Die Kommission möchte insbesondere darauf verzichten, Änderungen am Wortlaut der materiellen Tatbestände, also an der Beschreibung des strafbaren Verhaltens selbst, in der Vorlage zur Strafrahmenharmonisierung vorzunehmen. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass die in der bundesrätlichen Botschaft vorgeschlagene Neuformulierung der Tatbestände der Vergewaltigung (Art. 190 StGB) und der sexuellen Nötigung (Art. 189 StGB) diverse weitere Fragen im Bereich des Sexualstrafrechts aufgeworfen hat, dass dazu jedoch aufgrund der bereits langen Entstehungsgeschichte der Vorlage, keine Vernehmlassung stattgefunden hat. Sie hat deshalb im Einvernehmen mit der Vorsteherin des EJPD entschieden, ihrem Rat die Teilung der Vorlage zu beantragen und die materielle Frage eines Revisionsbedarfs im Sexualstrafrecht (Art. 187 bis Art. 200 StGB) im Rahmen einer separaten Vorlage zu behandeln, zu der auch eine ordentliche Vernehmlassung durchgeführt werden kann. Sie hat die Verwaltung damit beauftragt, ihr bis im Sommer 2020 einen entsprechend überarbeiteten Gesetzestext zu unterbreiten, der insbesondere auch die Frage berücksichtigt, wie sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person strafrechtlich behandelt werden sollen, wenn weder Gewalt noch Drohung vorliegen. Die Kommission ist zuversichtlich, dass dieses Vorgehen es ermöglicht, die Arbeiten an der eigentlichen Strafrahmenharmonisierung zügig abzuschliessen. Sie geht davon aus, dass sie ihre Anträge zu diesem Teil bereits in der Frühjahrssession 2020 dem Ständerat unterbreiten kann.

Frist für Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen soll abgeschafft werden

Die Kommission hat einen Erlassentwurf für die Umsetzung der parlamentarischen Initiative 19.471 «Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen. Fristverlängerung» von Ständerat Comte ausgearbeitet und unterbreitet diesen dem Bundesrat zur Stellungnahme.

Der Entwurf sieht vor, die Frist für die Einreichung der Gesuche um einen Solidaritätsbeitrag für ehemalige Verdingkinder und Administrativversorgte aufzuheben. Somit könnte Betroffenen, die sich bis zur Frist vom 31. März 2018 noch nicht gemeldet haben, Gerechtigkeit widerfahren.

Aktienrecht: Differenzen reduziert

Nachdem der Nationalrat in der Herbstsession mit der Bereinigung der Differenzen bei der Aktienrechtsrevision (16.077, Entwurf 1) begonnen hatte, hat sich an ihrer Sitzung vom 16. Januar 2020 nun auch die RK-S dieser Aufgabe angenommen und einen Teil der zahlreichen Differenzen bereinigt, indem sie sich in diversen Punkten der Position des Nationalrates angeschlossen hat. Allerdings hat sie beschlossen, in drei zentralen Punkten an ihrer Position festzuhalten: Unternehmen sollen Aktienkapital in Fremdwährung nicht führen dürfen (mit 7 zu 5 Stimmen) und Loyalitätsaktien sollen nicht eingeführt werden (mit 10 zu 1 Stimme bei 1 Enthaltung). Zudem möchte die Kommission in der Frage der Abhaltung von Generalversammlungen im Ausland beim geltenden Recht bleiben (mit 6 zu 5 Stimmen).

Verschiedenes:

  • Die Kommission hat der Standesinitiative des Kanton St. Gallens 19.300 «Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher» mit 7 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen keine Folge gegeben. Die Initiative verlangt, dass das Schweizerische Strafgesetzbuch dahingehend geändert wird, dass die Verjährungsfrist für lebenslange Strafen von 30 Jahren auf unverjährbar angehoben wird.
  • Die Kommission hat sich mit den Vorlagen zur Bekämpfung des Terrorismus (18.071 und 19.032) befasst, die der Ständerat in der Wintersession an die vorberatende Kommission zurückgewiesen hatte. Die Kommission hat diverse Empfehlungen im Bereich der polizeilichen Massnahmen und der Rechtshilfe formuliert, die sie im Rahmen eines Mitberichts der SIK übermitteln wird.
  • Die Kommission hat beschlossen, die Erläuterungen des Bundesamts für Justiz zu den anlässlich der Beratung des indirekten Gegenentwurfs zur Konzernverantwortungsinitiative (16.077, Entwurf 2) vom Ständerat in der Wintersession 2019 beschlossenen Bestimmungen zur Transparenz bezüglich nichtfinanzieller Belange und Sorgfaltspflichten und Transparenz bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit zu veröffentlichen.

Die Kommission hat am 16./17. Januar 2020 unter dem Vorsitz von Ständerat Beat Rieder (CVP, VS) in Bern getagt.