Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates hat der parlamentarischen Initiative Gredig 21.427 («Bekämpfung von Zwangsarbeit durch die Ausweitung der Sorgfaltspflicht») mit 8 zu 5 Stimmen Folge gegeben. Diese zielt darauf ab, den Geltungsbereich des indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative (16.077, Entwurf 2) um das Verbot der Zwangsarbeit zu ergänzen.

Die Uno-Menschenrechtskommission veröffentlichte am 30. August 2022 den Bericht zur Lage in Xinjiang und prangert darin massive Menschenrechtsverletzungen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang an. Im Rahmen der Vorprüfung der parlamentarischen Initiative Gredig 21.427 («Bekämpfung von Zwangsarbeit durch die Ausweitung der Sorgfaltspflicht») hat sich die Kommission mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Die Kommission ist der Ansicht, dass vor dem Hintergrund der Situation in der Provinz Xinjiang der Handlungsbedarf in Bezug auf die Bekämpfung von Zwangsarbeit nicht von der Hand zu weisen ist. Sie weist darauf hin, dass im schweizerischen Recht mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative (16.077, Entwurf 2) für Schweizer Unternehmen bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit bereits Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten bestehen, welche auf die Zwangsarbeit ausgeweitet werden können. Die Kommission ist aber der Ansicht, dass es sinnvoll wäre, wenn ihre Schwesterkommission bei der Ausarbeitung einer entsprechenden Vorlage die Entwicklung des EU-Lieferkettengesetzes und die entsprechende Auslegeordnung des Bundesrates abwartet, damit der indirekte Gegenentwurf zur Konzernverantwortungsinitiative gegebenenfalls ganzheitlich an das neue EU-Recht angepasst werden kann.

Bekämpfung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt

Die Kommission hat sich mit der Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung des Übereinkommens Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt (22.045) befasst. Dieses Übereinkommen, das von einer tripartiten Kommission, in der sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberorganisationen vertreten sind, verabschiedet wurde, sieht ein gesetzliches Verbot und die Prävention von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt sowie Abhilfemassnahmen für Opfer von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz vor. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Ratifikation dieses Übereinkommen keine Änderungen am Schweizer Recht erforderlich macht, da dieses bereits einen hohen und wirksamen Schutz in diesem Bereich bietet. Die Kommission ist mit 7 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf die Vorlage eingetreten und hat diese in der Gesamtabstimmung mit 7 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. In ihren Augen ist es wichtig, dass sich die Schweiz auf internationaler Ebene für die Bekämpfung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt engagiert. Die Minderheit beantragt Nichteintreten da sie befürchtet, dass der sehr weite Anwendungsbereich des Übereinkommens mittelfristig Einschränkungen für das Schweizer Arbeitsrecht mit sich bringen könnte. Der Ständerat wird dieses Geschäft in der Herbstsession behandeln.

Digitalisierung des Notariats: Kommission nun auch für zentrales Register

Die Kommission hat die Detailberatung des Entwurfs für ein Notariatsdigitalisierungsgesetz (21.083) fortgesetzt. Angesichts der erheblichen finanziellen Auswirkungen und der verschiedenen Zwänge, die eine dezentralisierte Lösung mit sich bringt, hat sie ihre Position überdacht und unterstützt nun den Vorschlag des Bundesrates, den Betrieb des elektronischen Urkundenregisters dem Bund und nicht den Kantonen anzuvertrauen. Sie wird ihre Arbeiten im kommenden Quartal abschliessen, sodass das Geschäft in der Winterssession im Rat behandelt werden kann.

Mehrere Entscheide zum Zivilverfahren

Die Kommission hat sich mit mehreren Vorstössen zum Zivilverfahren befasst. Sie beantragt ihrem Rat mit 6 zu 3 Stimmen die Ablehnung der Motion 22.3003, welche die Einführung eines vorsorglichen Rechtsschutzes ausserhalb der allgemeinen Geschäftszeiten der Gerichte fordert. Sie spricht sich gegen diesen Vorschlag aus, weil er in ihren Augen zu teuer und für die Kantone zu kompliziert in der Umsetzung ist. Bei der Motion 22.3381 folgt die Kommission hingegen dem Nationalrat und beantragt mit 5 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Annahme dieses Vorstosses, der eine Harmonisierung der Fristenberechnung in der schweizerischen Rechtsordnung verlangt. Der Bundesrat wird beauftragt, sich an der im Rahmen der Revision der Zivilprozessordnung (ZPO) (20.026) beschlossenen Lösung zu orientieren.

Keine Revisionspflicht der Renditen auf Mieteinnahmen

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die privaten Haushalte gemäss verschiedenen Studien in den letzten 15 Jahren ca. 78 Milliarden Franken zu viel an Miete bezahlt haben. Sie erachtet es aber aufgrund des grossen administrativen Aufwands als nicht angezeigt, eine Revisionspflicht der Renditen auf Mieteinnahmen einzuführen und hat der parlamentarischen Initiative Sommaruga 21.476 («Periodische Revision der Renditen auf Mieteinnahmen bei Wohnimmobilien zur Sicherstellung des gesetzlichen Zustands») mit 7 zu 2 Stimmen keine Folge gegeben. Eine Minderheit weist darauf hin, dass die Initiative ein altbewährtes Instrument vorschlägt, um sicherzustellen, dass die im schweizerischen Mietrecht eigentlich vorgesehene Kostenmiete plus gedeckelte Rendite durchgesetzt werden kann.

Weitere Geschäfte

  • Die Kommission hat einstimmig beschlossen, der parlamentarischen Initiative 21.479 ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission, die eine Modernisierung des Genossenschaftsrechts verlangt, keine Folge zu geben. Sie hält es für sinnvoller, den Bericht in Erfüllung des von Nationalrat Lars Guggisberg eingereichten Postulats 21.3783 («Zeitgemässes und zukunftsfähiges Genossenschaftsrecht») abzuwarten, welches dem Bundesrat in der Frühjahrssession 2022 überwiesen wurde.
  • Die Kommission hat der parlamentarischen Initiative 22.428 («Adoptionen und Herkunftssuche») ihrer Schwesterkommission, welche eine gesetzliche Grundlage schaffen will, die es dem Bund erlaubt, zukünftig auch privaten Institutionen Finanzhilfen für Dienstleistungen im Bereich der Herkunftssuche zu gewähren, mit 7 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen keine Folge gegeben.

Die Kommission hat am 6. September 2022 unter dem Vorsitz von Ständerat Carlo Sommaruga (SP, GE) in Bern getagt.