Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates will die Verwendung von extremistischen, insbesondere von nationalsozialistischen, Symbolen in der Öffentlichkeit verbieten. Sie hat eine entsprechende Kommissionsmotion verabschiedet, die in der Wintersession vom Ständerat beraten wird.

Für die Kommission ist es stossend, dass extremistische, insbesondere nationalsozialistische, Symbole in vielen Fällen öffentlich verwendet oder getragen werden können, ohne dass dies rechtliche Konsequenzen zur Folge hätte. Sie hat sich deshalb an insgesamt zwei Sitzungen intensiv mit der Frage befasst, wie ein Verbot dieser Symbole ausgestaltet werden könnte. Ihr lagen eine Auswahl an parlamentarischen Initiativen (23.400; 21.524) und einer Motion (21.4354) als Beratungsgrundlage vor. Die Kommission ist der Meinung, dass ein Verbot nicht auf Symbole, die mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werden, limitiert werden soll, sondern dass auch andere rassendiskriminierende, extremistische und gewaltverherrlichenden Symbole unter das Verbot fallen sollen. Ausserdem erachtet sie den Weg über eine Motion als zielführender. Einstimmig hat sie sich deshalb für eine eigene Kommissionsmotion entschieden (23.4318) und beantragt ebenfalls einstimmig, die Motion 21.4354, die sich auf ein Verbot von nationalsozialistischen Symbolen beschränkt, abzulehnen und gibt den beiden Initiativen keine Folge.

Keine Privilegierung im Privatrecht von umweltpolitisch motivierten Anliegen

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 6 zu 4 Stimmen die Ablehnung einer Motion aus dem Nationalrat (22.3573), welche im Stockwerkeigentumsrecht Erleichterungen für energetische Sanierungen, Photovoltaikanlagen oder Elektroauto-Ladeeinrichtungen vorsehen möchte. Sie ist der Ansicht, dass Stockwerkeigentumsliegenschaften häufig deshalb nicht saniert werden, weil ein fehlender oder ungenügender Erneuerungsfonds die Finanzierung vereitelt. Sie teilt im Übrigen auch die Auffassung des Bundesrates, wonach umweltpolitische Anliegen grundsätzlich im öffentlichen Recht und nicht im Zivilgesetzbuch zu verankern sind.

Baumängel: Verzicht auf Rügefristen stösst auf Skepsis

Die Kommission hat sich mit der Vorlage des Bundesrates zur Revision des Obligationenrechts im Bereich der Baumängel (22.066) befasst. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass der Nationalrat die Vorlage des Bundesrates in der Herbstsession 2023 stark verändert hat und ein Modell vorschlägt, wonach Baumängel während einer zehnjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich jederzeit gerügt werden können. Allerdings trägt der Bauherr resp. die Käuferin einer Immobilie eine Schadenminderungspflicht. Die Kommission zeigt gegenüber dieser Lösung eine gewisse Skepsis und hat beschlossen, zum nationalrätlichen Modell Anhörungen durchzuführen.

Aufstockung der Ressourcen der eidgenössischen Gerichte

Die Kommission hat mit 7 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung den Verordnungsentwurf verabschiedet, mit welchem vorübergehend fünf Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht geschaffen werden sollen (23.449), um die aktuell hohe Arbeitslast – namentlich aufgrund der Asylrekurse – zu bewältigen. Mit 8 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung spricht sie sich zudem dafür aus, am Bundesstrafgericht zur Deckung des Bedarfs in italienischer Sprache eine zusätzliche Stelle für eine nebenamtliche Richterin oder einen nebenamtlichen Richter zu schaffen und die einschlägige Verordnung dementsprechend zu ändern (23.431). Der Ständerat wird die beiden Vorlagen in der Wintersession beraten.

Nein zu einem variablen Verzugszins

Die Kommission hat sich mit der Vorlage ihrer Schwesterkommission befasst, welche einen Systemwechsel bei der Berechnung des Verzugszinses vorsieht und statt dem heute geltenden Zinssatz von 5% einen variablen Zinssatz vorschlägt, der sich an den jeweils geltenden Marktzinsen orientiert (16.470). Die Vorlage geht auf eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Fabio Regazzi zurück und wurde vom Nationalrat in der Herbstsession 2023 angenommen. Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 7 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Wie der Bundesrat, der den Systemwechsel ebenfalls ablehnt, ist auch die Kommission der Ansicht, dass sich das geltende System des fixen Zinssatzes bewährt hat und im Geschäftsverkehr viel einfacher und klarer zu handhaben ist. Eine Minderheit der Kommission unterstützt die Vorlage und betont, dass der Verzugszins dogmatisch in erster Linie als Schadensausgleich zu verstehen sei und entsprechend kein pönales Element enthalten sollte.

Für eine Modernisierung des Gewährleistungsrechts

Die Kommission hat Kenntnis genommen vom Bericht in Erfüllung des Postulats (18.3248) («Geplante Obsoleszenz. Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten schützen») und hat sich mit der Motion (19.4594) («Kreislaufwirtschaft. Längere Gerätelebensdauer durch längere Garantiefristen») befasst. Die RK-S befürwortet zwar das Konzept der Kreislaufwirtschaft, ist aber der Ansicht, dass eine Verlängerung der Garantiefrist auf fünf Jahre nicht die geeignete Lösung ist, weshalb sie die Motion ablehnt (mit 6 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Sie räumt jedoch ein, dass das Schweizer Gewährleistungsrecht veraltet ist, und hat daher mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung die Motion (23.4316) beschlossen, welche den Bundesrat beauftragt, dieses Recht auf der Grundlage des Berichts zum Postulat (18.3248) zu modernisieren.

Prüfung einer Kronzeugenregelung

Nach einer Anhörung des Bundesanwalts, Herrn Stefan Blättler und seinen Stellvertretern, den Herren Ruedi Montinari und Jacques Rayroud, hat die Kommission einstimmig ein Kommissionspostulat (23.4317) angenommen. Mit dem Postulat soll der Bundesrat damit beauftragt werden, in einem rechtsvergleichenden Bericht darzulegen, welche Vor- und Nachteile mit der Einführung einer Kronzeugenregelung verbunden wären. Ein entsprechender Grundlagenbericht erlaubt es nach Ansicht der Kommission, das weitere Vorgehen sorgfältig zu prüfen.

Weitere Beschlüsse:

  • Die Kommission beantragt ihrem Rat einstimmig, den Vertrag über Rechthilfe in Strafsachen zwischen der Schweiz und Panama (23.058) zu genehmigen. Der Vertrag hat zum Ziel, die Zusammenarbeit der beiden Länder und derer Justizbehörden zu verbessern und damit der grenzüberschreitenden Kriminalität entgegenzuwirken.
  • Die Kommission hat mit 6 zu 5 Stimmen entschieden, dem Rat zu beantragen, der parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Gabriela Suter 20.4​45 («Neuer Straftatbestand Cybermobbing») keine Folge zu geben. Eine Minderheit sieht Handlungsbedarf.
  • Die Kommission hat mit 5 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen einen Entwurf zur Umsetzung der kantonalen Initiative (19.300) («Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher») verabschiedet und beantragt ihrem Rat gleichzeitig mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung die Frist für die Umsetzung der Initiative um zwei Jahre zu verlängern. Sie wird nach dem Beschluss des Ständerates über die Fristverlängerung in der Wintersession eine Vernehmlassung zur Vorlage eröffnen.
  • Die Kommission hat dem Beschluss ihrer Schwesterkommission nicht zugestimmt und der parlamentarischen Initiative Funiciello 21.518 («Unterlassene Hilfestellung konsequent bestrafen») mit 6 zu 4 Stimmen keine Folge gegeben.
  • Die Kommission hat Anhörungen zum Entwurf des Bundesrates 23.057 zur Bekämpfung von Minderjährigenheiraten durchgeführt. Mit der Revision sollen bestehende Massnahmen im Zivilgesetzbuch weiter verbessert und mit besonderen Regelungen zur Nichtanerkennung von Minderjährigenehen im internationalen Privatrecht verstärkt werden. Die Kommission wird an ihrer nächsten Sitzung über das Eintreten befinden.

Die Kommission tagte am 12. Oktober 2023 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Ständerat Carlo Sommaruga (SP, GE), am 13. Oktober 2023 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Philippe Bauer (FDP, NE) in Bern.