Unternehmen, die für ihre Angestellten Kurzarbeitsentschädigungen beziehen, sollen nicht gleichzeitig Dividenden ausschütten dürfen. Dies verlangt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) mit einer Motion. Mit einer zweiten Motion will sie den Bundesrat beauftragen, möglichst rasch eine risikobasierte Präventions- und Krisenstrategie vorzulegen, damit die Schweiz für eine mögliche zweite Ausbreitungswelle von COVID-19 oder für andere neuartige Infektionskrankheiten besser gewappnet ist.

Wie die SGK des Ständerates hatte die Kommission dem Bundesrat bereits in einem Brief empfohlen, ein Verbot von Dividendenausschüttungen vorzusehen für Firmen, die Kurzarbeitsentschädigungen beanspruchen. Da diese Empfehlung ohne Wirkung blieb, beschloss die Kommission mit 19 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung, mit der Motion «Keine Dividenden bei Kurzarbeit» (20.3164) nachzudoppeln. Der Bundesrat soll beauftragt werden, eine Regelung zu treffen, um Unternehmen ab einer bestimmten Grösse, welche aufgrund der COVID-19-Krise Kurzarbeitsentschädigung beziehen, im laufenden und kommenden Jahr die Ausschüttung von Dividenden zu verbieten. Eine analoge Regelung soll für Unternehmen gelten, welche im laufenden Jahr bereits eine Dividende gesprochen oder ausgeschüttet haben. In der Kommission wurde argumentiert, der Bund habe bereits 6 Milliarden Franken à fonds perdu zur Verfügung gestellt, damit die Arbeitslosenversicherung den massiven Anstieg der Kurzarbeitsentschädigungen stemmen kann. Eine Minderheit beantragt, die Motion abzulehnen.

Schweiz soll für allfällige zweite COVID-19-Welle gewappnet sein

Mit 21 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschloss die Kommission, die Motion « Für eine risikobasierte Präventions- und Krisenstrategie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten» (20.3165) einzureichen. Der Bund soll die von verschiedenen Ländern gewählten Strategien zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie evaluieren lassen, um herauszufinden, welche Massnahmen die öffentliche Gesundheit am wirksamsten geschützt und dabei die geringsten wirtschaftlichen und sozialen Schäden verursacht haben. Im Hinblick auf eine mögliche zweite Ausbreitungswelle von COVID-19 sollen alle nötigen Vorbereitungen getroffen werden, und zwar mit Blick auf die Isolation der Infizierten, den umfassenden Schutz der Risikogruppen, die Beschaffung von Schutzausrüstungen, Tests, Medikamenten und Medizinprodukten, die Sicherstellung der nötigen Kapazitäten im Gesundheitswesen und ein transparentes Monitoring des Pandemieverlaufs. Der Bundesrat soll zudem darlegen, wie eine ausreichende inländische Produktion und Lagerung von Schutzausrüstungen und Heilmitteln sichergestellt sowie die Forschung im Bereich der Virologie und Bakteriologie gefördert werden kann. Schliesslich verlangt die Kommission eine finanzielle Standortbestimmung zu allen Sozialversicherungen.

Einstimmig unterstützt die Kommission im Übrigen das Postulat «Auswirkungen der Gesundheitskosten der Pandemie auf die verschiedenen Kostenträger klären» (20.3135), das ihre Schwesterkommission im Ständerat eingereicht hat.

Pandemiebedingter Mehraufwand in der Langzeitpflege soll abgegolten werden

In einem neuen Schreiben empfiehlt die Kommission dem Bundesrat, dafür zu sorgen, dass der pandemiebedingte Mehraufwand in der Langzeitpflege ausserhalb der normalen Pflegefinanzierung getragen wird und nicht bei den Spitexorganisationen und Pflegeheimen oder bei den Patientinnen und Patienten verbleibt.

Die Kommission nahm zudem zur Kenntnis, dass die Verwaltung für Ende Jahr einen «Kostengipfel» in Aussicht nimmt, an dem insbesondere die finanzielle Situation der Spitäler zwischen Bund, Kantonen, Versicherern sowie Patientinnen und Patienten besprochen werden soll. Zwar ist nach Auskunft der Verwaltung davon auszugehen, dass die Versicherer die pandemiebedingten Mehrkosten der Spitäler übernehmen werden. Hingegen ist offen, wie die Mindereinnahmen gedeckt werden sollen, die den Spitälern entstanden sind, weil sie zwischen dem 16. März und 27. April 2020 nur dringende Behandlungen durchführen durften.

Nullzinskonto für die Auffangeinrichtung BVG

In ihrem Brief empfiehlt die Kommission dem Bundesrat auch, umgehend ein Nullzinskonto für die Auffangeinrichtung BVG zu schaffen, entweder bei der Bundestresorerie oder bei der Schweizerischen Nationalbank. Die Auffangeinrichtung BVG verwaltet insbesondere auch die Freizügigkeitsgelder von Erwerbstätigen, die ihre Arbeit verlieren. Im Gegensatz zu anderen Freizügigkeitseinrichtungen kann sie Freizügigkeitsgelder nicht ablehnen. Die Auffangeinrichtung ist aufgrund der pandemiebedingten Verwerfungen an den Börsen derzeit finanziell in einer schwierigen Situation.

Annäherung zwischen den Räten bei den Überbrückungsleistungen

Aufgrund des frühzeitigen Endes der Frühjahrssession wurde die Differenzbereinigung bei der «Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose» (19.051 s) in der letzten Runde unterbrochen. Zwischen den Räten verblieben zu diesem Zeitpunkt zwei offene Differenzen. Die Kommission beantragt nun mit 20 zu 5 Stimmen, den Plafond für die Überbrückungsleistungen beim 2,25-fachen des allgemeinen Lebensbedarfs festzusetzen. Dieser Plafond soll auch die separat vergüteten Krankheits- und Behinderungskosten beinhalten. Die Kommission hat sich damit dem Beschluss des Ständerates angenähert (aktualisierte Bestandes- und Kostenschätzung in der Beilage). Als einzige Differenz würde die Höhe des Plafonds für Alleinstehende, bei dem der Ständerat den Faktor 2 vorsieht, verbleiben. Eine Minderheit beantragt, am Beschluss des Nationalrates festzuhalten.

Die Kommission tagte am 28. April 2020 in Bern unter der Leitung von Ruth Humbel (CVP, AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset und von Bundesrat Guy Parmelin.