Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) empfiehlt mit grosser Mehrheit, die Renteninitiative der Jungfreisinnigen abzulehnen. Sie spricht sich auch gegen einen direkten sowie einen indirekten Gegenvorschlag aus, mit welchen die Einführung einer Schuldenbremse für die AHV beantragt wurde. Statt einseitig bei der Höhe des Rentenalters anzusetzen, möchte die Kommission die nächste Reform abwarten, die der Bundesrat dem Parlament bis spätestens 2026 unterbreiten muss.

Die Kommission beantragt dem Nationalrat mit 20 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» (Renteninitiative; 22.054) zur Ablehnung zu empfehlen. Sie folgt damit den Empfehlungen von Bundesrat und Ständerat. Die Volksinitiative fordert, das Rentenalter für beide Geschlechter auf 66 Jahre zu erhöhen und anschliessend an die durchschnittliche Lebenserwartung zu koppeln. Für die Kommissionsmehrheit ermöglicht der einseitige Fokus auf das Rentenalter keine mehrheitsfähige Reform der AHV. Der vorgesehene Automatismus zur Anpassung des Rentenalters geht ihr zu weit. Sie weist darauf hin, dass der Bundesrat im Auftrag des Parlaments bereits vor Ende 2026 eine neue AHV-Reform verabschieden muss, mit welcher eine ausgeglichene Lösung aus unterschiedlichen Massnahmen erarbeitet werden könne.

Mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission die Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags abgelehnt, welcher die Einführung einer Schuldenbremse für die AHV vorsehen würde. Diese hätte den Bundesrat verpflichtet, Massnahmen zuhanden des Parlaments zu verabschieden, sobald die langfristigen Einnahmen und Ausgaben der AHV aus dem Gleichgewicht geraten. Zudem sah sie vor, das Referenzalter im Falle eines mehrjährigen finanziellen Ungleichgewichts automatisch zu erhöhen. Nicht eingetreten ist die Kommission mit 15 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen auch auf einen beantragten direkten Gegenentwurf gleicher Stossrichtung. Eine Minderheit stellt diesen im Nationalrat erneut zur Diskussion. Eine weitere Minderheit beantragt, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen mit dem Auftrag, einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten.

Laboranalysen: Kommission hält an Vertragsfreiheit fest

Die Kommission hat die verbleibenden Differenzen beim indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative (21.067, Entwurf 2) beraten und stellt ihrem Rat wie folgt Antrag zu den unterschiedlichen Massnahmen:

  • Laboranalysen: Mit 10 zu 10 Stimmen bei 5 Enthaltungen und Stichentscheid der Präsidentin beantragt die Kommission, am Systemwechsel festzuhalten. Demnach sollen Analysen nur vergütet werden, wenn die Krankenkasse des Patienten oder der Patientin einen Vertrag mit dem privaten Laboratorium abgeschlossen hat, das die Analyse durchführt.
  • Tarife: Einstimmig will die Kommission daran festhalten, dem Bundesrat zusätzliche subsidiäre Kompetenzen im stationären Bereich zu ermöglichen. Mit 9 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung und Stichentscheid der Präsidentin folgt sie dagegen dem Ständerat und lehnt es ab, Eingriffe vom Bundesrat in den Tarif Tarmed zu fordern. Indes war sich die Kommission einig, dass der veraltete Tarif Tarmed dringend und rasch abgelöst werden soll. Bei den restlichen Differenzen beantragt sie ebenfalls, sich den Beschlüssen des Ständerates anzuschliessen.
  • «Health Technology Assessments» (HTA): Die Kommission hält daran fest, dass unabhängige Dritte die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Leistung evaluieren sollen. Wie der Ständerat will sie aber in einem Absatz verankern, dass die Leistungen nicht mehr vergütet werden, wenn die Evaluationen aufzeigen, dass diese Kriterien nicht mehr erfüllt sind.

Die Vorlage kommt in die Sommersession.

Bestimmungen zur Blutspende: Kommission verzichtet auf Finanzhilfen

Die Kommission hat über die Stellungnahme des Bundesrates zur Pa. Iv. Giezendanner. Sicherstellung der Blutversorgung und Unentgeltlichkeit der Blutspende (16.504) diskutiert und sämtliche Anträge des Bundesrates übernommen. Im Gegensatz zu ihrem ursprünglichen Entwurf beantragt die Kommission nun mit 14 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung, keine spezifischen Ausnahmen vom Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Blutspende zuzulassen. Im Weiteren beantragt die Kommission mit 13 zu 9 Stimmen, auf die Bestimmungen über Finanzhilfen zu verzichten, so dass die Finanzierung der Blutspende weiterhin vollumfänglich durch den Verkauf von Produkten, die aus unentgeltlich gespendetem Blut hergestellt werden, zu erfolgen hat. Die Minderheit ist entsprechend dem ursprünglichen Entwurf der Ansicht, dass die Einführung solcher Finanzhilfen möglich sein muss, um eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Blut zu gewährleisten.

Einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen: Differenzbereinigung fortgesetzt

Die Kommission hat die Differenzbereinigung bei der Vorlage zur Umsetzung der Pa. Iv. Humbel. Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Einführung des Monismus (EFAS; 09.528) fortgesetzt. Sie wird ihre Arbeiten an ihrer nächsten Sitzung weiterführen.

Besteuerung elektronischer Zigaretten: Stärkung des gesundheitspolitischen Aspekts

Die Kommission hat sich im Rahmen eines Mitberichts an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates mit der Änderung des Tabaksteuergesetzes zur Besteuerung von E-Zigaretten (22.069) befasst. Sie hat über die gesundheitspolitischen Auswirkungen diskutiert und befürwortet eine diesbezügliche Verschärfung des Gesetzes. So beantragt sie, die Liquids für elektronische Zigaretten nach ihrem Nikotingehalt zu besteuern. Zudem fordert sie eine Ausweitung der Steuer zugunsten des Tabakpräventionsfonds auf alle Tabakprodukte sowie auf elektronische Zigaretten.

Kommission empfiehlt Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» zur Ablehnung

Die Kommission hat sich ausserdem im Rahmen eines Mitberichts an die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates mit der Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» (22.075) befasst. Sie folgt dem Bundesrat und beantragt mit 19 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Volksinitiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Die Kommission hält die Tragweite der Initiative für zu gross und befürchtet Rechtsunsicherheit. Ausserdem hat sie mit 18 zu 6 Stimmen einen Antrag abgelehnt, wonach der zuständigen Kommission empfohlen werden sollte, einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten. Mit diesem wäre bezweckt worden, das Hauptanliegen der Initiative aufzugreifen, nämlich einen Impfzwang gesetzlich zu verhindern.

Weitere Geschäfte

Mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission, die Mo. Ständerat (Herzog Eva). EO-Entschädigungen. Gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft (22.4019) anzunehmen.

Ebenfalls zur Annahme, in diesem Fall einstimmig, beantragt die Kommission die Mo. Ständerat (SGK-SR). Entschuldung der Invalidenversicherung. Rückzahlung des Darlehens an die AHV (22.4256).

Die Kommission wurde von einer Delegation aus dem Bundesamt für Gesundheit und der Swissmedic über die Situation von Personen mit Long Covid oder einem schweren Post-Vac-Syndrom sowie über den Stand der diesbezüglichen Arbeiten informiert. Sie begrüsst, dass das Problem ernst genommen wird und die Meinungen und Forderungen der Betroffenen berücksichtigt werden.

Die Kommission tagte am 23. und 24. März 2023 in Bern unter der Leitung von Céline Amaudruz (SVP, GE).