Nach dem Nationalrat setzt auch die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) auf einen indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative.

Die Kommission trat einstimmig auf das Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege ein, das der Nationalrat in der Wintersession 2019 als indirekten Gegenvorschlag (19.401) zur Volksinitiative «Für eine starke Pflege» (18.079) beschlossen hatte. Angesichts des sich abzeichnenden Mangels an Pflegefachpersonen sei es angezeigt, auf Gesetzesebene rasch wirksame Massnahmen zu treffen, wurde in der Kommission festgehalten. Der von der Schwesterkommission des Nationalrates ausgearbeitete indirekte Gegenvorschlag sieht eine Ausbildungsoffensive vor, um den Nachwuchs zu sichern. Zudem verleiht er den Pflegefachpersonen mehr Kompetenzen, um die Attraktivität des Berufs zu steigern. Die SGK-SR, die vor dem Eintreten Vertretungen des Initiativkomitees und der Kantone angehört hatte, wird ihre Beratungen über die einzelnen Massnahmen an ihrer nächsten Sitzung aufnehmen.

Längerer Urlaub für Mütter kranker Neugeborener

Die Kommission hat die Botschaft des Bundesrates zur Verlängerung derMutterschaftsentschädigung für Mütter von kranken Neugeborenen (18.092 s) beraten und in der Gesamtabstimmung einstimmig angenommen. Mit der Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) wird die Dauer des Anspruchs auf Mutterschafts-entschädigung um höchstens 56 Tage verlängert, wenn das Neugeborene direkt nach der Geburt für mindestens drei Wochen im Spital verbleiben muss. Dagegen hat die Kommission die zweite Voraussetzung für den Anspruch auf diese Leistung mit 8 zu 5 Stimmen gestrichen. Angesichts der schwierigen Situation von Müttern mit kranken Neugeborenen sei es wenig sinnvoll, dass diese Mütter nachweisen müssten, dass sie im Zeitpunkt der Niederkunft bereits beschlossen hatten, nach Ende des Mutterschaftsurlaubs wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Die Mehrkosten durch die Anpassung des EOG betragen gemäss der Botschaft jährlich rund 6 Mio. Franken.

Begriffe in den Sozialversicherungsgesetzen modernisieren

Im Rahmen der Differenzbereinigung zur Weiterentwicklung der Invalidenversicherung (17.022 n) hat sich die Kommission mit der einzigen verbliebenen Differenz beschäftigt, nämlich mit dem vom Nationalrat bestrittenen Begriff «Kinderrente». Während der Nationalrat diesen Begriff durch «Zusatzrente für Eltern» ersetzen will, beantragt die Kommission ihrem Rat einstimmig, am geltenden Recht festzuhalten. Sie sieht stattdessen generell Handlungsbedarf bezüglich der Begrifflichkeit in der Sozialversicherungs-gesetzgebung, die teilweise einen abwertenden Charakter habe oder heute nicht mehr aktuell sei. Deshalb will sie den Bundesrat mit einem Kommissionspostulat beauftragen, zu prüfen, wie die betroffenen Gesetze grundsätzlich sprachlich modernisiert werden können.

Organhandelskonvention unbestritten

Weiter hat die Kommission die Botschaft zur Genehmigung des Übereinkommen des Europarats gegen den Handel mit menschlichen Organen (19.047 n) beraten und ist, wie bereits der Nationalrat, den Vorschlägen des Bundesrates gefolgt. Sie ist einstimmig auf die Vorlage eingetreten und hat sie, ebenfalls einstimmig, in der Gesamtabstimmung angenommen. Das Geschäft kommt voraussichtlich in der Frühlingsession in den Ständerat.

Auslegeordnung zur einheitlichen Finanzierung von stationär und ambulant

Die Kommission nahm eine Auslegeordnung zur Vorlage «KVG. Einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich» (09.528) vor, welche die Schwesterkommission des Nationalrates erarbeitet und der Nationalrat in der Herbstsession 2019 angenommen hatte. Sie hörte Vertretungen der Kantone und der Versicherer an, die von der geplanten Neuordnung der Finanzflüsse direkt betroffen sind. Die Kommission würdigte die im Nationalrat geleistete Arbeit, stellte aber fest, dass der Entwurf in der vorliegenden Fassung weder ausgereift noch mehrheitsfähig sei. Sie wird an ihrer nächsten Sitzung über Eintreten und Aufträge an die Verwaltung beraten.

Weitere Geschäfte

Mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die SGK-SR der Kommissionsinitiative «Effizienz der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz steigern» (19.497 n) ihrer Schwesterkommission keine Zustimmung erteilt. In der Kommission wurden die Arbeit und Organisation der Stiftung Gesundheitsförderung kritisch diskutiert. Es sei wichtig, diese genau zu begleiten und weiter zu verbessern. Die Stiftung, ihre Rolle in der Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten und ihre koordinierende Arbeit für die Kantone seien aber breit abgestützt, die von der Initiative vorgesehene Kürzung der Mittel gehe zu weit. Vor der Beratung der Initiative hatte die Kommission Vertretungen der Kantone und der Stiftung angehört.

Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass der Bundesrat voraussichtlich Mitte dieses Jahres eine Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der Mo. Nationalrat (Grin). Erhöhung der Pauschalabzüge bei der direkten Bundessteuer zum Ausgleich der Explosion der Krankenkassenprämien (17.3171 n) verabschiedet. Sie hält es für unnötig, dass parallel dazu auch die Schwesterkommission gesetzgeberisch tätig wird und verweigerte mit 9 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung die Zustimmung zur Pa.Iv. (Chiesa) Marchesi. Direkte Bundessteuer. Abzug für Krankenkassenprämien erhöhen (17.520 n).

Die Kommission unterstützte weiter einstimmig die Motionen Nationalrat (SGK-NR). Ärztliche Abgabe von Cannabis als Medikament an Chronischkranke (18.3389 n) und Nationalrat (Markwalder). Anbau und Export von medizinischem Cannabis (18.3148 n), deren Anliegen im Rahmen eine Vorlage umgesetzt werden, welche der Bundesrat voraussichtlich Mitte Jahr dem Parlament unterbreitet.

Die Kommission begrüsst schliesslich, dass der Bundesrat einen Vorschlag zur Umsetzung der Mo. Nationalrat (SGK-NR). Mitsprache und Mitbestimmung der Krankenversicherer bei kantonalen Spital- und Pflegeheimlisten» (18.3709) ins erste Kostendämpfungspakets (19.046) aufgenommen hat. Weil die Motion damit sinngemäss erfüllt ist, beantragt sie ihrem Rat mit 8 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung deren Ablehnung.

Die Kommission tagte am 16. und 17. Januar 2020 in Bern unter dem Vorsitz von Rechsteiner Paul (SP, SG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.