Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) legt ein austariertes Konzept für die Entschädigung der Übergangsgeneration bei der Reform der beruflichen Vorsorge vor. Dieses orientiert sich am Modell des Nationalrates, erweitert aber den Bezügerkreis und privilegiert verstärkt tiefe Vorsorgeguthaben und somit Personen mit tiefen Einkommen und Teilzeitpensen.

Im Rahmen der Reform der beruflichen Vorsorge (20.089) legt die Kommission nach vertieften Analysen mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung ein Konzept für Ausgleichsmassnahmen zugunsten der Übergangsgeneration vor. Dieses entspricht dem in der Sommersession im Ständerat eingereichten Antrag, wurde jedoch zur Beseitigung von unerwünschten Schwelleneffekten noch optimiert. Der gewählte Ansatz stellt sicher, dass die von der Senkung des Umwandlungssatzes betroffenen Versicherten angemessen entschädigt werden, ohne dabei die erwerbstätigen Generationen übermässig zu belasten. Kern des Konzepts ist ein lebenslanger Rentenzuschlag für die ersten 15 Jahrgänge, die nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden. Wer zum Zeitpunkt der Pensionierung über ein Altersguthaben von 215'100 Franken oder weniger verfügt, hat Anrecht auf den vollen Zuschlag. Dieser beträgt für die ersten fünf Jahrgänge 2400 Franken, für die folgenden Jahrgänge 1800 Franken, und für die letzten fünf Jahrgänge 1200 Franken jährlich. Schätzungen zufolge würden damit 25 % der Versicherten in der Übergangsgeneration den vollen Zuschlag erhalten. Versicherte mit einem Altersguthaben von 215’100 bis 430'200 Franken haben Anspruch auf einen abhängig vom Altersguthaben degressiv abgestuften Zuschlag. Davon profitieren schätzungsweise weitere 25 % der Versicherten in der Übergangsgeneration.

Verschiedene Minderheiten fordern andere Kompensationsmodelle. Eine Minderheit der Kommission beantragt für 5 weitere Jahrgänge der Übergangsgeneration einen Rentenzuschlag von 600 Franken jährlich und zudem höhere Grenzwerte für den Anspruch auf den vollen sowie den reduzierten Rentenzuschlag (344'160 bzw. 516'240 Franken Altersguthaben; betrifft rund 60% der Versicherten in der Übergangsgeneration). Eine weitere Minderheit unterstützt das Modell des Nationalrates, welches konsequent auf das Anrechnungsprinzip setzt. Eine dritte Minderheit unterstützt das Modell des Bundesrates, wonach alle Versicherten der Übergangsgeneration Anspruch auf einen Zuschlag haben sollen, finanziert mit einem zusätzlichen Lohnabzug von 0.5 %.

Unabhängig von den Ausgleichmassnahmen für die Übergangsgeneration unterstreicht die Kommission ihren Willen, mit der BVG-Reform Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte besserzustellen. Sie hält insbesondere an ihren ursprünglichen Beschlüssen fest, die Eintrittsschwelle und den Koordinationsabzug spürbar zu senken.

Prämien-Entlastungs-Initiative: Eintreten auf den indirekten Gegenvorschlag

Die Kommission ist mit 10 zu 1 Stimme bei 1 Enthaltung auf den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative Maximal 10% des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative, 21.063) eingetreten.

Die steigenden Ausgaben für die Krankenkassenprämien sollen auch für Haushalte mit tiefem und mittlerem Einkommen tragbar bleiben.

Für die Detailberatung hat die Kommission die Verwaltung beauftragt, weitere Modelle zu prüfen, welche Elemente der Gegenvorschläge des Bundesrates und des Nationalrates kombinieren. Sie will die finanziellen Konsequenzen für den Bund und die Kantone sorgfältig abklären. Zudem soll der stärkere Anreiz, die Kosten zu dämpfen, der im Gegenvorschlag des Bundesrates enthalten ist, beibehalten werden.

Über die Mo. Nationalrat (Fraktion S). Kaufkraft schützen. Abfederung des Prämienschocks 2023 durch sofortige Erhöhung des Bundesbeitrages an die individuelle Prämienverbilligung (22.3793) sowie die gleichlautenden Motionen 22.3801 und 22.3802 wird die Kommission an ihrer nächsten Sitzung befinden. Sie will zunächst die Detailberatung des indirekten Gegenvorschlags fortsetzen, der eine langfristige und nachhaltige Lösung für die steigende Prämienbelastung anbieten soll.

Die Kommission beantragt weiter mit 7 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Mo. Nationalrat (Fraktion M-E). Kaufkraft schützen! Sofortiger Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten (22.3792) anzunehmen. Mit der Motion wird per 1. Januar 2023 ein vollumfänglicher Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten verlangt. Dieser sei einmalig und soll mit künftigen Rentenerhöhungen zum Teuerungsausgleich verrechnet werden, betont die Kommission. Ausserdem soll der Bundesrat ein Konzept vorlegen, wie überdurchschnittliche Preisanstiege auch in Zukunft bei den AHV-Renten regelmässig ausgeglichen werden können.

Covid-19-Gesetz: Kommission beschliesst Eintreten

Die Kommission ist ohne Gegenstimme auf die Vorlage zur Änderung und Verlängerung ausgewählter Bestimmungen des Covid-19-Gesetzes (22.046) bis zum Sommer 2024 im Hinblick auf allfällige neue Pandemiewellen eingetreten. Mit 9 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung spricht sie sich gegen eine Ergänzung aus, die der Nationalrat in Artikel 3 Absatz 4bis in Sachen Kapazitätsreserven der Spitäler angebracht hat. Der Nationalrat möchte, dass die Kantone unter sich in Vereinbarungen regeln, wie die Finanzierung dieser Kapazitätsreserven angesichts der Behandlung ausserkantonaler Covid-19-Patientinnen und -Patienten gerecht aufgeteilt wird. Die Kommission hält die administrativen und organisatorischen Kosten solcher Vereinbarungen für zu hoch.

Im Weiteren hat die Kommission erfreut die Bestrebungen der Verwaltung zur Kenntnis genommen, die Preise für Covid-19-Tests zu senken und Missbräuche zu verhindern. Sie wird die Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung fortführen und sich dabei insbesondere mit der Übernahme der Testkosten befassen.

Weitere Geschäfte

Die Kommission hat das Abkommen zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (22.032) einstimmig angenommen. Mit diesem Abkommen, das seit dem 1. November 2021 vorläufig angewendet wird, werden die Systeme der sozialen Sicherheit der beiden Staaten koordiniert.

Die Kommission hat mit 12 Stimmen ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung eine Motion eingereicht, mit der der Bund dazu verpflichtet werden soll, die Verschuldung der IV gegenüber der AHV auszugleichen. Der Bundesrat soll dazu bis Ende 2023 eine geeignete Lösung vorschlagen, um so die Liquidität der AHV zu sichern.

Ausserdem beantragt die Kommission einstimmig, der Kt. Iv. JU. Impfungen von öffentlichem Interesse müssen für alle zugänglich sein (21.319) keine Folge zu geben. Die Initiative verlangt eine Lockerung des Patentschutzes, um den Zugang zu den Covid-19-Impfstoffen weltweit zu erleichtern.

Im Gegensatz zum Nationalrat beantragt die Kommission mit 9 zu 4 Stimmen, der Pa. Iv. WAK-NR. Gewinne der Schweizerischen Nationalbank aus den Straf- respektive Negativzinsen der AHV zuweisen (20.432) keine Folge zu geben. Als nächstes wird der Ständerat abschliessend über die parlamentarische Initiative entscheiden.

Die Kommission tagte am 13. und 14. Oktober 2022 in Bern unter dem Vorsitz von Erich Ettlin (Die Mitte, OW) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.