In der Reform der Ergänzungsleistungen (EL) hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates einen Vorschlag der Kantone aufgenommen, um EL-Beziehende zu ermuntern, eine günstige Krankenkasse zu wählen. Anders als der Bundesrat will sie zudem Selbständigerwerbenden den Bezug eines limitierten Startkapitals aus der Pensionskasse ermöglichen.

​Die Kommission hat die EL-Reform (16.065 s ELG. Änderung) weitgehend durchberaten. Sie schloss sich dabei mit wenigen Ausnahmen dem Entwurf des Bundesrates an und unterbreitet ihrem Rat insbesondere folgende Anträge:

  • Versicherte der beruflichen Vorsorge sollen das Altersguthaben aus dem obligatorischen Teil als Rente beziehen und sich nicht mehr einen Teil als Kapital auszahlen lassen können. Dieser Vorschlag des Bundesrates war in der Kommission unbestritten. Hingegen lehnt sie es mit 8 zu 4 Stimmen ab, den Kapitalbezug auch bei der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit auszuschliessen. Sie beantragt stattdessen, den Kapitalbezug in diesem Fall auf jenen Betrag zu limitieren, auf den die Versicherten im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätten.
  • Die maximale Bruttomiete, die für die Berechnung der Ergänzungsleistungen (EL) angerechnet werden kann, soll erhöht und regional abgestuft werden. Mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen übernahm die Kommission die Mietzinsmaxima, wie sie der Bundesrat in der separaten Vorlage 14.098 vorgeschlagen hatte. Damit wird dem Anstieg der Mietzinsen zwischen der letzten Anpassung im Jahr 2001 und dem Jahr 2014 Rechnung getragen. Die Kommission lehnte zwei Anträge ab, welche die Mietzinsmaxima weniger stark oder stärker anheben wollten als der Bundesrat. Hingegen beantragt sie, zusätzlich den Zuschlag für jene EL-Beziehenden anzuheben, die eine rollstuhlgängige Wohnung mieten müssen.
  • Für die Krankenkasse soll den EL-Beziehenden ein Pauschalbetrag angerechnet werden, welcher der Prämie des drittgünstigsten Versicherers im Kanton entspricht. Liegt die tatsächliche Prämie tiefer, sollen die Kantone diese als massgebend festlegen dürfen. Diesen Antrag beschloss die Kommission mit 6 zu 5 Stimmen. Die Mehrheit will damit einen Anreiz schaffen, damit EL-Beziehende zu günstigeren Krankenkassen wechseln. Die Minderheit warnte, die günstigsten Versicherer müssten ihre Prämien im Folgejahr deutlich anheben, wenn sie zahlreiche EL-Beziehende aufnähmen, die überdurchschnittlich viele medizinische Leistungen benötigten. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, den Pauschalbetrag in der Höhe der kantonalen oder regionalen Durchschnittsprämie festzulegen, ebenfalls mit der Möglichkeit für die Kantone, auf die tatsächliche Prämie abzustellen, wenn diese tiefer ist.
  • Mit 8 zu 4 Stimmen will die Kommission die EL-Mindesthöhe auf den Betrag der höchsten Prämienverbilligung für Personen ohne Anspruch auf EL oder Sozialhilfe senken, dabei aber den Wert von 60 Prozent der drittgünstigsten Krankenkassenprämie im Kanton nicht unterschreiten.
  • Mit 9 zu 4 Stimmen folgte die Kommission dem Bundesrat, der das Vermögen bei der EL-Berechnung stärker berücksichtigen und die Freibeträge für alleinstehende Personen auf 30 000 Franken und für Ehepaare auf 50 000 Franken senken will.

Die Kommission will die Detailberatung an der nächsten Sitzung abschliessen. Im Hinblick darauf beauftragte sie die Verwaltung, ihr zusätzliche Informationen und eine Gesamtschau der finanziellen Auswirkungen vorzulegen. Mit der EL-Reform werden auch Anliegen, die mit Motionen und einer Standesinitiative eingebracht wurden, nach Einschätzung der Kommission ganz oder teilweise erfüllt, weshalb sie sich erübrigen (Motionen 12.3601, 12.4170, 14.3366 und 14.3703 sowie die Standesinitiative 15.323 des Kantons Nidwalden).

Weitere Geschäfte

Die Kommission hat sich nach Vorliegen der Vernehmlassungsergebnisse erneut mit dem Verordnungsentwurf des EDI über die Prämienregionen auseinandergesetzt. Die von der Kommission bereits im Januar kritisierte Einteilung der Prämienregionen anhand der Bezirke ist auch von der Mehrheit der betroffenen Kantone und der politischen Parteien bemängelt worden. Aufgrund der starken Vorbehalte wird die Verordnung unter Einbezug der involvierten Kreise überarbeitet und der Kommission nach dem Sommer in konsolidierter Form nochmals vorgelegt. Die Verordnung tritt somit frühestens per 2019 in Kraft. Die Mo. Germann. Krankenversicherung. An bewährten Prämienregionen festhalten (16.4083 s) hat die Kommission vorerst sistiert.

Die Kommission diskutierte den Bericht, den der Bundesrat in Erfüllung des Postulats «Alternativen zur heutigen Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzte» (16.3000) vorgelegt hatte. Obwohl politisch wohl schwierig erreichbar, erwartet die Kommission, dass der Bundesrat im Hinblick auf die Vorlage auch zur Lockerung des Vertragszwanges und zu differenzierten Tarifen noch vertiefte Überlegungen anstellt. Sie ermuntert den Bundesrat, im Hinblick auf die Verfeinerung der Zulassungssteuerung ab Mitte 2019 hohe Anforderungen an die Qualifikationen ausländischer Ärzte zu stellen.

Die Kommission hat sich mit den Beschlüssen des Nationalrates zum Ausgleichsfondsgesetz (15.087 s) auseinandergesetzt. Bei drei der vier verbleibenden Differenzen stimmt sie dem Nationalrat zu. Einstimmig festhalten möchte sie jedoch in Bezug auf die Vorgabe, dass das Organisationsreglement von Compenswiss aus Gründen der Good Governance dem Eidgenössischen Departement des Innern zur Genehmigung zu unterbreiten ist (Art. 8).

Mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung stimmt die Kommission dem Entscheid der Schwesterkommission zu, der Pa.Iv. Bulliard. (Pflegende Angehörige sollen in jedem Fall von anerkannter Hilflosigkeit ein Anrecht auf Betreuungsgutschriften haben; 15.424 n) Folge zu geben. Sie empfiehlt ihrer Schwesterkommission jedoch, die Pa.Iv. zu sistieren und die angekündigte Vorlage des Bundesrates zum gleichen Thema abzuwarten.

Die Kommission hat die Beratung zur Standesinitiative des Kantons Thurgau Ergänzung von Artikel 64a des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) betreffend Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (16.312 s) weitergeführt. Sie gab der Initiative nach Stellungnahme der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren und –direktorinnen (GDK) mit 6 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen Folge.

Mit 7 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission, die Mo. Nationalrat (Humbel). Praxistaugliche Zulassung der Pflegeheime als Leistungserbringer (14.4292 n) abzulehnen, da diese durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen erfüllt sei.

Die Kommission tagte am 27./ 28. März 2017 in Bern unter dem Vorsitz von Konrad Graber (CVP, LU) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.