Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates hat sich mit dem Notverordnungsrecht des Bundesrates in ihrem Zuständigkeitsbereich befasst. Im Bereich Datenschutz hat sie eine Kommissionsmotion eingereicht, welche eine gesetzliche Grundlage für Contact-Tracing-Apps fordert. Im Migrationsbereich fordert sie ein Engagement des Bundesrates für eine Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in Griechenland.

Die Kommission hat sich an ihrer Sitzung mit dem Thema der Coronavirus-Tracking-Apps befasst und hierzu die Erklärungen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (EDÖB) angehört. Der Bund plant, bis zum 11. Mai 2020 die auf dem Modell «DP-3T» beruhende und von der ETH Lausanne entwickelte «Covid proximity tracing App» in Betrieb zu nehmen. Diese Smartphone-App verfolgt zurück, wer in Kontakt mit einer positiv auf das neue Coronavirus getesteten Person stand, und informiert die betreffenden Personen, dass sie sich eventuell infiziert haben. Die Kommission ist nicht gegen die Lancierung einer solchen App durch den Bund, betont aber, dass der Einführung ein transparentes politisches Verfahren zugrunde liegen muss. Mit 22 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung hat sie deshalb eine Kommissionmotion verabschiedet (20.3144 Mo. SPK-NR. Gesetzliche Grundlagen zur Einführung der Corona-Warn-App [Corona Proximity Tracing-App]), mit der verlangt wird, dass die Anwendung dieser App freiwillig sein muss. Die Kommission hat beschlossen, die Entwicklungen in dieser Sache aufmerksam zu verfolgen.

Der Kommission wurde ausserdem der Beschluss von Ende März erläutert, gemäss dem das BAG Zugriff auf die Swisscom-Plattform «Mobility Insights» erhält. Sie nimmt zur Kenntnis, dass die entsprechenden Daten anonymisiert sind und aus diesen keine Schlüsse auf das Verhalten einzelner Personen gezogen werden können, bedauert aber die fehlende Transparenz bei der Beschlussfassung.

Notverordnungsrecht im Asyl- und Ausländerbereich

Die Kommission hat sich von einer Vertretung des Bundesrates über die aktuelle Situation im Asyl- und Ausländerbereich informieren lassen. Sie hat feststellen können, dass sich die Situation in der Schweiz momentan weitgehend unproblematisch darstellt. Der Bundesrat hat die notwendigen Massnahmen getroffen, so dass Asylverfahren auch in der gegenwärtigen Pandemiesituation nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchgeführt werden können.

Zu diskutieren gab die Situation der Flüchtlinge in Griechenland. Die Kommission anerkennt, dass die Schweiz in diesem Bereich schon viel unternommen hat. Sie möchte jedoch ein klares Signal für ein weiterhin engagiertes Verhalten der Schweiz senden. Sie hat deshalb mit 15 zu 9 Stimmen eine Kommissionsmotion beschlossen, wonach der Bundesrat beauftragt werden soll, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Situation auf den ägäischen Inseln substanziell verbessert wird. Der Bundesrat soll sich für eine Reform des Dublin-Abkommens einsetzen, so dass die Flüchtlinge gleichmässiger und gerechter verteilt werden (20.3143 Mo. SPK-NR. Aufnahmen von Flüchtlingen aus Griechenland sowie Reform des Dublin-Abkommens).

Bezüglich des Aufenthaltsrechts von sich in der Schweiz aufhaltenden Ausländerinnen und Ausländern möchte die Kommission sicherstellen, dass den betroffenen Personen aus einer pandemiebedingten Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfeabhängigkeit keine Nachteile entstehen, wenn sie zum Beispiel ein Einbürgerungsgesuch stellen. Die Kommission hat mit 16 zu 9 Stimmen beschlossen, ein entsprechendes Schreiben an den Bundesrat zu richten.

Schaffung von Klarheit betreffend Nutzung der demokratischen Rechte

Die Kommission liess sich vom Bundeskanzler darüber informieren, dass schon bald geklärt werden soll, ab wann die Fristen im Bereich der politischen Rechte wieder laufen und wann die nächsten Volksabstimmungen stattfinden sollen. Die Kommission begrüsst dieses Vorgehen und hat einstimmig beschlossen, den Bundesrat mit einem Schreiben in seinen Bemühungen zu bekräftigen, mit einem klaren Fahrplan möglichst rasch Klarheit zu schaffen. Bürgerinnen und Bürger sowie die politischen Organisationen sollen wieder am politischen Prozess teilhaben können. Insbesondere muss auch vermieden werden, dass sich die Geschäfte stauen und an einzelnen Abstimmungsterminen über allzu viele Vorlagen abgestimmt werden muss.

 

Die Kommission tagte am 22. April 2020 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Andreas Glarner (V/AG) in Bern.