Ausländerinnen und Ausländer, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, müssen besser geschützt werden. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hat diesbezüglich im Ausländer- und Integrationsrecht Handlungsbedarf erkannt und eine Kommissionsinitiative eingereicht.

Mit 21 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat die Kommission eine Initiative (21.504) eingereicht, die eine Gesetzesanpassung im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) verlangt, um die ausländerrechtliche Situation von Opfern häuslicher Gewalt zu verbessern.

Die ungewisse Situation sowie die Abhängigkeit vom Partner zwingen viele Opfer häuslicher Gewalt dazu, beim Übeltäter zu bleiben, weil sie Angst haben, die Aufenthaltsbewilligung zu verlieren. Kommt es zu einer Trennung, dürfen die Betroffenen grundsätzlich nur im Land bleiben, wenn sie mindestens drei Jahre verheiratet waren und als integriert gelten. Zwar gibt es Ausnahmen für Opfer häuslicher Gewalt – allerdings nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Gewalt eine gewisse Intensität und Systematik aufgewiesen hat. Dies nachzuweisen bei dem komplexen Phänomen der häuslichen Gewalt ist sehr schwierig. Gegen Täter vorzugehen, ist nur möglich, wenn das Opfer sich wehrt und Anzeige erstattet. Deshalb muss Klarheit für die Opfer geschaffen werden. Die Kommission ist der Meinung, dass durch die Anpassung des AIG auch eine präventive Wirkung erzielt wird.

Rückschlag für das Stimmrechtsalter 16

Mit 12 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung und mit Stichentscheid des Präsidenten, hat die Kommission beschlossen, ihrem Rat die Abschreibung der von Nationalrätin Sibel Arslan eingereichten parlamentarischen Initiative 19.415 («Den jungen Menschen eine Stimme geben. Aktives Stimm- und Wahlrecht für 16-Jährige als erster Schritt ins aktive politische Leben») zu beantragen. Nachdem der Nationalrat in einer ersten Phase der parlamentarischen Initiative Folge gegeben hatte, ist die Kommission der Meinung, dass der Trend in den Kantonen mehrheitlich gegen das Stimmrechtsalter 16 sei. Weitere Gründe für den Entscheid waren auch die bereits in der ersten Phase vorgebrachten Argumente, unter anderem, dass für das aktive und das passive Wahlrecht nicht zwei verschiedene Alter gelten sollen.

Eine grosse Minderheit ist der Ansicht, dass das politische Verfahren weitergeführt werden soll und dass eine Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative in die Vernehmlassung geschickt werden muss.

Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge: Vorlage bringt keinen Mehrwert

Die Kommission ist nach wie vor nicht von einer Verfassungsänderung überzeugt, wonach völkerrechtliche Verträge, die Bestimmungen von Verfassungsrang enthalten oder deren Umsetzung die Änderung der Bundesverfassung erfordert, Volk und Ständen neu obligatorisch zur Abstimmung unterbreitet werden müssen (20.016 s Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge. Änderung von Artikel 140 der Bundesverfassung). Sie beantragt dem Nationalrat mit 13 zu 11 Stimmen und 1 Enthaltung erneut, nicht auf die Vorlage einzutreten, nachdem der Ständerat sich in der vergangenen Herbstsession zum zweiten Mal dafür ausgesprochen hatte. Die Kommission ist nach wie vor der Ansicht, dass die Vorlage kaum einen Mehrwert bringt. Die Diskussion im Ständerat hat hier keine neuen brauchbaren Ansätze geliefert. Folgt der Nationalrat seiner Kommission, ist die Vorlage erledigt.

Angesichts der immer grösseren Bedeutung von Staatsverträgen beantragt die Minderheit Eintreten.

Lohndeckel für Kaderangestellte in Unternehmen des Bundes: Festhalten an Vorlage

Die SPK hält mit 16 zu 5 Stimmen an ihrer Vorlage für eine Änderung des Bundespersonalgesetzes fest, wonach für sieben grössere Unternehmen des Bundes eine Obergrenze gilt von einer Million Franken pro Jahr für das Entgelt, welches in diesen Unternehmen an das oberste Kader oder an die Mitglieder des Verwaltungsrates ausgerichtet werden darf. Mit dieser Vorlage wird eine parlamentarischen Initiative umgesetzt (16.438 n Pa. Iv. [Leutenegger Oberholzer] Piller Carrard). Für die Kommission ist der Handlungsbedarf nach wie vor gegeben. Zwar wurden gewisse Gehälter gesenkt, eine Garantie, dass es nicht wieder zu übertriebenen Erhöhungen kommt, ist jedoch nicht gegeben. Nach Ansicht der Minderheit sollte man nicht einen Maximalbetrag, der den äusserst verschiedenen Situationen der Betriebe nicht gerecht wird, gesetzlich festlegen.

PUBLICA: Sicherung der finanziellen Stabilität der geschlossenen Vorsorgewerke

Die Kommission stimmt einstimmig einer Vorlage des Bundesrates zu (21.054), mit welcher der rechtliche Rahmen geschaffen wird für die dauerhafte Sicherung der Renten in sogenannt «geschlossenen» Vorsorgewerken. Als «geschlossen» werden Vorsorgewerke bezeichnet, bei welchen keine neuen Rentnerinnen und Rentner hinzukommen. Solche entstanden, als um die Jahrtausendwende die verselbständigten Bundesbetriebe (z.B. Swisscom, RUAG) beim Austritt aus der Pensionskasse des Bundes ihre damaligen Rentnerinnen und Rentner bei der PUBLICA zurückliessen. Aufgrund des anhaltend tiefen Zinsniveaus und der ungenügenden Ertragsaussichten sind diese geschlossene Vorsorgewerke nicht ausreichend finanziert. Der Bundesrat soll deshalb die Möglichkeit erhalten, im Falle einer Unterdeckung einzugreifen. Mit 12 zu 10 Stimmen hat die Kommission zudem einem Antrag der Finanzkommission zugestimmt, wonach allenfalls verbleibende Mittel aus Sanierungsbeiträgen in den Bundeshaushalt zurückfliessen, wenn keine Rentnerinnen und Rentner mehr im Vorsorgewerk sind.

Einen Schritt weiter bei der Vorlage zur vorläufigen Aufnahme

Die Kommission beantragt ihrem Rat bei der Vorlage zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (20.063) dem Ständerat zu folgen und die bestehenden Differenzen auszuräumen. Erneut gab das Verbot von Reisen in Drittstaaten für vorläufig Aufgenommene zu Diskussionen Anlass. An der vom Nationalrat in der Sommersession vorgenommenen Ergänzung des bundesrätlichen Entwurfs, wonach insbesondere in Staaten des Schengen-Raumes das Recht auf Familienleben weniger eingeschränkt werden soll, hält die Kommission nicht fest. Die besonderen Gründe für bewilligte Reisen sollen weiterhin auf Verordnungsstufe geregelt werden und nicht im Gesetz. Dieser Entscheid wurde mit 14 zu 10 Stimmen gefällt.

Eine Minderheit möchte am Entscheid des Nationalrates festhalten.

ZEMIS soll erneuert werden

Für die Erneuerung des Zentrale Migrationsinformationssystems (ZEMIS) beantragt der Bundesrat in seiner Botschaft vom 21. April 20221 (21.031) einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 54.3 Millionen Franken. Die Kommission hat diese Vorlage einstimmig bejaht. Die Kommission betont, dass ein reibungsloses Funktionieren des Arbeitsinstrumentes für den Asyl- und Ausländerbereich sowie das Bürgerrecht gewährleistet werden muss.

Indiskretionen zu Bundesratsgeschäften werden weiterverfolgt

Mit 24 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission die von Ständerat Benedikt Würth eingereichte Motion «Massnahmen gegen das System von Indiskretionen» (21.3080) abgelehnt, da dies nicht die Lösung ist, um das Problem der Indiskretionen im Rahmen von Bundesratsgeschäften in den Griff zu bekommen. Die Kommission erkennt das Problem und ist sich einig, dass Massnahmen ergriffen werden müssen. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat Handlungsbedarf erkannt und diesbezüglich Massnahmen in Prüfung gegeben hat. Die Kommission wird sich im nächsten Jahr erneut mit dieser Thematik befassen.

Ergebnisse der Untersuchung zu Gewalt in Bundesasylzentren unter der Lupe

Die Kommission hat sich von Alt-Bundesrichter Oberholzer und von Staatssekretär Gattiker über die Ergebnisse der Untersuchung zu den Gewaltvorwürfen in Bundesasylzentren informieren lassen. Sie begrüsst die differenzierte Untersuchung und hat sich intensiv mit deren Ergebnissen auseinandergesetzt.

Die Kommission tagte am 4./5. November 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrat Andreas Glarner (V, AG) in Bern.