Nach Kenntnisnahme der Vernehmlassungsergebnisse kommt die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) zum Schluss, dass die Einführung des aktiven Stimm- und Wahlrechts auf Bundesebene ab dem Alter von 16 Jahren vorerst nicht weiterverfolgt werden soll. Sie beantragt ihrem Rat, die entsprechende Initiative abzuschreiben.

Der Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 19.415 («Den jungen Menschen eine Stimme geben. Aktives Stimm- und Wahlrecht für 16-Jährige als erster Schritt ins aktive politische Leben») war Gegenstand einer Vernehmlassung, die vom 12. September 2022 bis zum 16. Dezember 2022 durchgeführt wurde. 53 Teilnehmende haben Stellung bezogen, darunter 25 Kantone, 6 politische Parteien und 20 Organisationen. Von den teilnehmenden Kantonen sprachen sich 15 gegen die Einführung des Stimm- und Wahlrechts auf Bundesebene ab dem Alter von 16 Jahren aus, 7 befürworteten die Idee und 3 machten Bemerkungen, ohne sich dafür oder dagegen auszusprechen. Von den politischen Parteien nahmen 3 gegen und 3 für den Entwurf Stellung.

Angesichts dieser insgesamt ablehnenden Ergebnisse sieht sich die Kommission in ihrem ursprünglichen Entscheid bestätigt, das Stimm- und Wahlrecht ab dem Alter von 16 Jahren aus den bereits mehrfach genannten Gründen abzulehnen. In den Augen der Kommission ist es nicht sinnvoll, zwei Kategorien von Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen, die einen, die stimmen, wählen und gewählt werden können, die anderen, die nur stimmen und wählen können. Es ist auch nicht opportun, zwischen dem bürgerlichen und dem zivilen Mündigkeitsalter zu unterscheiden. Letztendlich macht es keinen Sinn, ein Vorlage zu unterstützen, die weder von einer Mehrheit der Kantone noch von einer Mehrheit der Bevölkerung getragen wird, wie diesbezügliche kantonale Abstimmungsergebnisse nahelegen. Wenn die Befürworterinnen und Befürworter der parlamentarischen Initiative auf Bundesebene einen Entscheid durch Volk und Kantone erreichen wollen, wäre eine Volksinitiative der beste Weg. Mit 14 zu 11 Stimmen beantragt die Kommission daher ihrem Rat, die parlamentarische Initiative, die diesem Entwurf zugrunde liegt, abzuschreiben, und damit das Gesetzgebungsverfahren zu beenden.

Die Kommissionsminderheit ist der Ansicht, dass die Vernehmlassungsergebnisse differenziert zu interpretieren sind und nicht als Argument dafür herangezogen werden dürfen, die wichtige Frage der demokratischen Partizipation junger Bürgerinnen und Bürger nicht dem Volk und den Kantonen zur Abstimmung vorzulegen.

Neuausrichtung des Rechtsmittelwegs bei eidgenössischen Abstimmungsbeschwerden

Die Kommission beantragt ihrem Rat einstimmig, die von Ständerat Hans Stöckli eingereichte und vom Ständerat bereits angenommene Motion 22.3933 anzunehmen. Die Motion verlangt, den Rechtsmittelweg bei eidgenössischen Abstimmungsbeschwerden wie sie im Bundesgesetz über die politischen Rechte vorgesehen sind, so anzupassen, dass die Pflicht zur Einreichung einer Abstimmungsbeschwerde bei der Kantonsregierung abgeschafft wird. In den meisten Fällen ist die Kantonsregierung nämlich nicht für den beanstandeten Sachverhalt zuständig. Sie wird daher einen Nichteintretensentscheid fällen, der beim Bundesgericht angefochten werden kann. Der obligatorische Weg über die Kantonsregierung ist daher ein überflüssiger Schritt, der das Verfahren unnötig in die Länge zieht und das Vorgehen der Beschwerdeführenden erschwert.

Dringliche Kredite: Analyse der Rechtsgrundlagen und Verfahren

Die SPK-N wird sich an ihren nächsten Sitzungen prospektiv mit der nachträglichen Genehmigung von dringlichen Verpflichtungskrediten befassen. Sie wird sich eingehend mit dieser Thematik auseinandersetzen, um abzuklären, ob sich die bestehenden Rechtsgrundlagen und Verfahren bewährt haben oder ob Änderungen ins Auge gefasst werden sollten. Zu diesem Zweck sollen Vertretungen des Bundesrates und der Finanzkommission zu einem Austausch eingeladen werden. Im Übrigen begrüsst eine Mehrheit der SPK-N den Entscheid des Büros des Nationalrates, die Einsetzung einer PUK zu beantragen, um die Vorgänge rückblickend zu untersuchen.

Bewährungsprobe für das Asylsystem

Die hohen Gesuchszahlen im Asylbereich, die zusätzlich hohe Anzahl von Personen mit Schutzstatus S und die entsprechende Überbelegung in den Asylzentren stellt das Schweizer Asylsystem vor grosse Herausforderungen. Hinzu kommt der Aufnahmestopp der Dublin-Fälle durch Italien. Die Kommission hat zu dieser angespannten Situation eine intensive Diskussion mit der Departementsvorsteherin, Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, geführt. Die Kommission hat sich über die vom Staatssekretariat für Migration getroffenen Massnahmen beispielsweise betreffend die unterschiedliche Betreuung von unbegleiteten Minderjähringen und die Unterbringung von Asylsuchenden im Allegemeinen informieren lassen. Sie hat mögliche zusätzliche Lösungen für die Problematik der Sekundärmigration wie auch für die Situation mit Italien diskutiert. Die Kommission nimmt Kenntnis von den laufenden Diskussionen, erwartet jedoch vom Bundesrat, dass er den Druck auf Italien erhöht, damit das Dublin-Abkommen wieder eingehalten wird. Zudem soll er auf EU-Ebene darauf hinwirken, dass eine gerechte Verteilung von Asylsuchenden innerhalb der Schengen/Dublin-Staaten angestrebt wird.

Zudem hat sich die Kommission durch der Vorsteherin des EJPD über die laufenden Gesetzgebungsvorlagen so wie die Umsetzung von Vorstössen in ihrem Sachbereich informieren lassen.

Verschiedenes

Im Rahmen der Beratung der Petition 20.2011 («Änderung des Ausweisgesetzes») hat die Kommission zur Frage, ob in Schweizer Ausweisdokumenten der Heimatort oder der Geburtsort angegeben werden soll, einen Bericht des Fedpol veröffentlicht. Die Kommission kommt zum Schluss, dass der Heimatort beibehalten werden soll.

Die Kommission hat am 20. und 21. April 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrat Marco Romano (M-E, TI) in Bern getagt.