Die Umweltkommission des Nationalrates hat mit der Detailberatung der Totalrevision des CO2-Gesetzes begonnen. Beim Reduktionsziel von minus 50% und dem minimalen Inlandanteil stellt sie sich hinter die Vorlage des Bundesrates.

​Die Kommission hat die Detailberatung zu einem neuen, totalrevidierten CO2-Gesetz (17.071) angepackt, in dem das Klimaübereinkommen von Paris auf nationaler Ebene verankert und konkretisiert werden soll. Zu Zwecksetzung und Reduktionszielen hat die Kommission erste wichtige Entscheide gefällt. In den grossen Linien folgt sie der Vorlage des Bundesrats. So unterstützt sie das Ziel, bis 2030 die Treibhausgasemissionen der Schweiz um 50 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Die Reduktion der Emissionen soll zu mindestens 60 Prozent durch Massnahmen im Inland erreicht werden. Die Kommissionsmehrheit zeigt sich überzeugt, dass die Schweiz einen Beitrag leisten muss, um die Klimaerwärmung zu begrenzen.

50-Prozent-Ziel und Inlandquote

Zu diesen beiden zentralen Bestimmungen sind verschiedene Minderheitsanträge eingereicht worden. Statt einer Halbierung der Emissionen fordert eine Minderheit eine Reduktion um lediglich 40 Prozent. Eine andere Minderheit wiederum verlangt ein Reduktionsziel von minus 60 Prozent. Beide Vorschläge lehnte die Kommission mit 13 zu 9 respektive 16 zu 8 Stimmen deutlich ab. Äusserst knapp fiel das Resultat hingegen beim Anteil der inländischen Emissionsreduktionen aus: Die Kommission entschied sich mit nur einer Stimme Unterschied (13 zu 12) dafür, überhaupt eine Inlandquote im Gesetz aufzuführen. Auch keine Mehrheit fand ein Antrag auf ein höheres Inlandminimum von 75 Prozent (13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung).

Im Rahmen der Detailberatung hat die Kommission auch die „Petition für eine gerechte Klimapolitik" behandelt, die von der „Klima-Allianz" eingereicht worden ist (15.2012). Das Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert, dass die Schweiz ihre Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Quellen umstellt und Entwicklungsländer im Kampf gegen Klimaveränderungen angemessen unterstützt.

Eingehend beriet die Kommission darüber, ob im CO2-Gesetz Bestimmungen zum Finanzmarktbereich verankert werden sollten. Die Kommission lehnte es schliesslich ab, in den Artikeln zu Zwecksetzung (Art. 1), Verminderungszielen (Art. 3) oder zu Massnahmen (Art. 4) Regelungen für Finanzmarktakteure aufzunehmen. Mehrere Minderheiten fordern Bestimmungen auf Gesetzesebene, etwa, dass die Nationalbank ab 2025 die Finanzmarktstabilitätsrisiken in Zusammenhang mit dem Klimawandel berücksichtigen muss. Die Kommissionsmehrheit hingegen ist wie der Bundesrat davon überzeugt, dass Massnahmen für eine höhere Klimaverträglichkeit im Finanzmarktsektor primär auf freiwilliger Basis erfolgen sollen, um die Finanzmittelflüsse an den Zielsetzungen des Übereinkommens von Paris auszurichten.

Klimaschutz und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Punktuell setzt die Kommissionsmehrheit andere Schwerpunkte als der Bundesrat, insbesondere zugunsten wirtschaftsnaher Lösungen. Sie hat mit je mit 13 zu 12 Stimmen zwei Anträgen zugestimmt, bei der Festlegung der Reduktionsziele weitere Vorgaben explizit aufzuführen: zum einen, dass sich der Bundesrat mit den betroffenen Sektoren absprechen und sich am aktuellen Wissenstand orientieren soll, zum anderen, dass er Vorleistungen und das wirtschaftlich realisierbare Verminderungspotential berücksichtigen muss. Eine ähnliche Stossrichtung verfolgt die Kommission mit der Bestimmung, bei der Ausgestaltung von Massnahmen die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Machbarkeit einzubeziehen.

Zersiedlungsinitiative zur Ablehnung empfohlen

Die Volksinitiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» (Zersiedlungsinitiative, 17.063) verlangt, die weitere Ausdehnung der Bauzonen zu stoppen und ausserhalb der Bauzone nur noch Bauten für die bodenabhängige Landwirtschaft oder standortgebundene Bauten von öffentlichem Interesse zu bewilligen. Die Kommission ist der Auffassung, dass die in der Initiative vorgesehenen Einschränkungen übertrieben sind, insbesondere was die Landwirtschaftszonen betrifft. Ihrer Meinung nach hätte eine Beschränkung auf die bodenabhängige Landwirtschaft schwerwiegende Folgen für die Schweiz, namentlich in Bezug auf den Import von Agrarprodukten. In den Augen der Kommission geht die Initiative zu weit, weshalb sie mit 19 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt, diese zur Ablehnung zu empfehlen. Sie hat sich zudem mit 18 zu 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen ein Eintreten auf einen direkten Gegenentwurf ausgesprochen. Eine Minderheit beantragt, die Volksinitiative zur Annahme zu empfehlen. Eine zweite Minderheit möchte, dass ein direkter Gegenentwurf unterbreitet wird, der sich darauf beschränkt, die Ausdehnung der Gesamtfläche von ausserhalb der Bauzone liegenden Bauten zu verbieten.

Recycling von elektrischen und elektronischen Geräten

Im Weiteren hat die Kommission eine Motion der UREK-S zum Thema Elektro- und Elektronikschrott vorberaten (17.3636). Sie unterstützt im Grundsatz das Anliegen der Schwesterkommission, die Probleme der bestehenden freiwilligen Recyclingsysteme zu lösen, die unter den sogenannten Trittbrettfahrer sowie den Direkt- und Interneteinkäufen bei ausländischen Anbietern leiden. Anders als der Ständerat sieht die Kommission die beste Lösung aber nicht zwingend darin, ein „Obligatorium mit Befreiungsmöglichkeit" einzuführen, wonach Nicht-Mitglieder privater Finanzierungssysteme neu eine Entsorgungsgebühr entrichten müssten. Die Kommission hat mit 24 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung entschieden, die Fassung der Motion zugunsten einer offeneren Formulierung abzuändern. Der Text in der Version der Kommission schlägt nicht mehr ein bestimmtes Finanzierungssystem vor, sondern ermöglicht eine eingehende Prüfung verschiedener Lösungsansätze, was ein reines Obligatorium nicht ausschliesst.

Schliesslich hat die Kommission die Motion 17.3855 „Gleich lange Spiesse für Schweizer Holzexporteure gegenüber ihrer europäischen Konkurrenz" einstimmig angenommen. Die Motion beauftragt den Bundesrat, eine der europäischen Holzhandelsverordnung EUTR identische Regelung zu schaffen.

Die Kommission hat am 14. und 15. Mai 2018 unter dem Vorsitz von Nationalrat Roger Nordmann (S, VD) und teils in Anwesenheit von Bundesrätin Doris Leuthard in Bern getagt.