Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) hat die Revision des CO2-Gesetzes (22.061) mit 18 zu 7 Stimmen angenommen. Sie hat damit erreicht, dass der Nationalrat die umfangreiche Vorlage rechtzeitig behandeln kann, um eine Regelungslücke ab 2025 zu verhindern. Das Gesetz hat zum Ziel, die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030 gegenüber 1990 zu halbieren. Gemäss der Kommission sollen dabei 75 Prozent der Emissionsverminderungen im Inland erzielt werden. Übers Ganze gesehen unterstützt die Kommission den Bundesrat in vielen Punkten. So belässt sie mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung das CO2-Abgabemaximum bei 120 Franken pro Tonne. Eine Minderheit fordert eine Erhöhung.
In Abweichung vom Bundesrat möchte die Kommission den zweckgebundenen Anteil der Einnahmen aus der CO2-Abgabe bei den aktuellen 33 Prozent belassen und nicht auf maximal 49 Prozent erhöhen. Mit dem Ziel, die Rückverteilung der Lenkungsabgabe an die Bevölkerung sichtbarer zu machen, hat die Kommission einstimmig beschlossen, ein Postulat einzureichen (23.4334).
Förderung erneuerbarer Energien
Wie der Bundesrat möchte die Kommission maximal 45 Millionen Franken aus dem Ertrag der CO2-Abgabe für die Förderung erneuerbarer Energien einsetzen. Mit 13 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt sie, dass mit diesen Mitteln neu auch Anlagen zur saisonalen Energiespeicherung gefördert werden können. Im Weiteren fordert die Kommission einstimmig, dass sich EHS-Unternehmen oder solche mit Verminderungsverpflichtung neu virtuelle leitungsgebundene Biogasimporte anrechnen lassen können, so lange es keine doppelten Anrechnungen gibt und das Gas für industrielle Prozesse verwendet wird.
Ladestationen für Elektroautos
Die Emissionsverminderung im Landverkehr soll mit einer Reihe von Massnahmen gefördert werden. So beantragt die Kommission mit 16 zu 8 Stimmen, die Basisinstallation von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge zu fördern, und stellt sich damit gegen den Ständerat. Ein Teil der Mineralölsteuereinnahmen, maximal 20 Millionen Franken pro Jahr, sollen in Zukunft für Basisinstallationen in Mehrfamilienhäusern, Betrieben und auf öffentlichen Parkplätzen eingesetzt werden. Mit dieser Anstossfinanzierung will die Kommission die besonderen Hürden zur Nutzung von Elektroautos an diesen Orten reduzieren. Eine Minderheit der Kommission spricht sich gegen die Fördermassnahme aus. Weitere Minderheiten beantragen einen höheren Betrag analog zum Bundesrat respektive eine Beschränkung auf Wohn- und Arbeitsorte.
LSVA-Reduktion für emissionsarme Lastwagen
Um den Übergang zu klimafreundlicheren Antriebsarten im Strassengüterverkehr voranzubringen, schlägt die Kommission eine nach Technologie differenzierte Reduktion der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) vor. Mit 16 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung beantragt sie, dabei nicht nur Elektro- und Wasserstofflastwagen zu berücksichtigen, sondern auch solche, die mit erneuerbaren Treibstoffen betrieben werden. Sie alle sollen, sofern sie bis Ende 2030 in Verkehr gesetzt werden, während acht Jahren teilbefreit werden. Die Minderheit der Kommission will die LSVA-Befreiung auf Elektro- und Wasserstofflastwagen beschränken.
Flottenziele für neue Fahrzeuge
Bei den Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge positioniert sich die Kommission näher beim Bundesrat als beim Ständerat, indem sie etwa die Übertragbarkeit von übererfüllten Zielvorgaben ablehnt. Neu legt die Kommission konkrete Zwischenziele für Personenwagen fest, damit eine lineare jährliche Reduktion erfolgt: von 93,6 g CO2/km im Jahr 2025 bis 49,5 g CO2/km im Jahr 2030. Eine mit 10 zu 15 Stimmen unterlegene Minderheit beantragt, darauf zu verzichten. Weitere Minderheiten fordern ein 10%-Emissionsziel ab 2035 oder ein schärferes Ziel für schwere Fahrzeuge.
Erneuerbare Treibstoffe im Strassenverkehr
Wie der Ständerat spricht sich die Kommission dafür aus, die Verwendung von erneuerbaren Treibstoffen bei der Berechnung der CO2-Emissionen der Neuwagenflotten zu berücksichtigen. Allerdings legt die Kommission eine neue Formulierung vor, um doppelte Anrechnungen auszuschliessen.
Weiter unterstützt die Kommission mit 16 zu 9 Stimmen das neue Instrument einer Überführungsflicht für erneuerbare Treibstoffe. Sie spricht sich für einen Mindestanteil von 3 Prozent aus, wobei sie wie der Ständerat die Kosten auf 5 Rappen pro Liter Benzin oder Diesel beschränkt. Die Minderheit lehnt die Überführungspflicht gänzlich ab. Was die Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure betrifft, so beantragt die Kommission mit 12 zu 8 Stimmen eine Flexibilisierung: Der 5-Rappen-Kostendeckel soll im Durchschnitt der Jahre 2021 bis 2030 gelten. Eine Minderheit beantragt, bei der bundesrätlichen Version zu bleiben. Sanktionen infolge Nichterfüllung der Kompensationspflicht sollen neu für Massnahmen zur Vermeidung klimawandelbedingter Schäden verwendet werden, was insbesondere dem ländlichen Raum zugutekommen soll.
Erneuerbare Flugtreibstoffe und Privatjetabgabe
Auch im Luftverkehr möchte die Kommission den Einsatz erneuerbarer Treibstoffe fördern –wie der Bundesrat mit einer Beimischpflicht für erneuerbare Flugtreibstoffe. Allerdings möchte sie diese über das Luftverkehrsabkommen mit der EU regeln. So soll sichergestellt werden, dass für Schweizer Unternehmen die gleichen Rahmenbedingungen wie für jene der EU gelten. Der mit 13 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnte Minderheitsantrag fordert dagegen eine eigenständige Regelung – mit dem Ziel, dass die Schweiz eine Pionierrolle im Bereich erneuerbare Flugtreibstoffe einnimmt.
Flüge von Privat- und Businessjets mit einer Masse von 5.7 Tonnen oder mehr sollen in der Schweiz mit einer neuen Abgabe belegt werden. Dies beantragt die Kommission mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung. Die Abgabe soll zwischen 500 und 3000 Franken pro Flug betragen, die für Klimaschutzmassnahmen eingesetzt werden sollen. Mit dieser Abgabe möchte die Kommission sicherstellen, dass Privat- und Businessflüge, die besonders hohe Pro-Kopf-Emissionen verursachen, einen zusätzlichen finanziellen Beitrag leisten. Die Minderheit lehnt die Abgabe ab.
Weitere Entscheide zum CO2-Gesetz
Mit 14 zu 11 Stimmen beantragt die Kommission, die Aufhebung der Rückerstattung der Mineralölsteuer für konzessionierte Transportunternehmen auf das Jahr 2030 zu verschieben.
In Sachen Emissionshandelssystem beantragt die Kommission, die kostenlose Zuteilung der Emissionsrechte zu reduzieren. Dank dieser und weiteren Anpassungen soll das Schweizer Emissionshandelssystem mit jenem der EU kompatibel bleiben.
Bezüglich den Branchenvereinbarungen wie jener zwischen den Kehrrichtverbrennungsanlagen (KVA) und dem Bund lehnt die Kommission den ständerätlichen Beschluss einstimmig ab. Aus ihrer Sicht ist die Branchenvereinbarung der richtige Weg, um CO2-Abscheidungstechnologien bei KVA voranzubringen.
Schliesslich beantragt die Kommission, dass die FINMA und die SNB nicht nur regelmässig die klimabedingten finanziellen Risiken überprüfen, sondern auch regelmässig je einen Bericht über die Ergebnisse und über allfällige Massnahmen publizieren müssen.
Beschleunigungserlass
Die UREK-N hat mit 18 zu 0 Stimmen bei 7 Enthaltungen eine Änderung des Energiegesetzes (23.051) in der Gesamtabstimmung angenommen, mit der die Bewilligungsverfahren für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien von nationalem Interesse beschleunigt werden sollen. Die Kommission unterstützte in der Detailberatung den Entwurf des Bundesrates in weiten Teilen, beantragt jedoch auch einige Ergänzungen.
Ein zentraler Diskussionspunkt war die Frage, wie die Standortgemeinden, und damit die betroffene Bevölkerung, angemessen in das beschleunigte Bewilligungsverfahren einbezogen werden kann. Eine Mehrheit der Kommission möchte im Gesetz ausdrücklich festhalten, dass die Kantone die Möglichkeit haben, eine Zustimmung der Standortgemeinden zur Voraussetzung für eine Bewilligung einer Anlage im beschleunigten Verfahren zu machen. Dieser Antrag wurde mit 13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Gemäss dem Entwurf des Bundesrates haben die Kantone den Auftrag, einen frühzeitigen Einbezug der Gemeinden in das beschleunigten Bewilligungsverfahren vorzusehen. Die Minderheit ist der Auffassung, dass diese Frage damit ausreichend geregelt ist, und unterstützt den Vorschlag des Bundesrates. Verschiedene andere Minderheiten fordern hingegen weitergehende Mitbestimmungsrechte der Standortgemeinden, bis hin zu einer obligatorischen Volksentscheidung.
Weiter soll die Entscheidung, das ordentliche Bewilligungsverfahren anzuwenden, bei den Projektanten liegen, und nicht bei der Bewilligungsbehörde. Auch die Bewilligungsverfahren für Wasserkraftwerke möchte die Kommission beschleunigen, mit 21 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung. Die Kantone sollen ein konzentriertes Verfahren für die Konzessionserteilung und die Nutzungsplanung einführen. Sie können dabei frei bestimmen, welche kantonale oder kommunale Behörde für dieses Verfahren zuständig ist. Beim Baubewilligungsverfahren soll es keine Änderungen geben. Es soll zudem weiterhin möglich bleiben, die ordentlichen Planungs- und Konzessionsverfahren anzuwenden.
Verschiedene Minderheiten beantragen weitere Anpassungen der Vorlage: So soll das Verbandsbeschwerderecht bei Projekten von nationalem Interesse eingeschränkt werden. Einerseits soll dieses nur noch für Organisationen mit über 50'000 Mitgliedern gelten (10 zu 12 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Andererseits sollen die Organisationen nicht mehr berechtigt sein, dieses Recht an ihre regionalen Unterorganisationen zu delegieren (11 zu 13 Stimmen bei 1 Enthaltung). Eine andere Minderheit beantragt zudem, den Bau von neuen Kernkraftwerken unter gewissen Voraussetzungen zu ermöglichen. Weiter soll das konzentrierte Plangenehmigungsverfahren nicht für Windkraftanlagen anwendbar sein. Auch eine Anpassung von Art. 71a Energiegesetz wird von einer Minderheit beantragt: Alpine Photovoltaik-Grossanlagen sollen auch von der finanziellen Förderung profitieren können, wenn sie erst Ende 2028 Elektrizität ins Netz einspeisen.
Nein zur Landschaftsinitiative
Mit 14 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission, die Volksinitiative «Gegen die Verbauung unserer Landschaft (Landschaftsinitiative)» (21.065) abzulehnen. Erst in der Herbstsession hat das Parlament die Vorlage zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes verabschiedet (18.077). Die Vorlage stellt den indirekten Gegenentwurf zur Landschaftsinitiative dar. Damit seien die Anliegen der Volksinitiative auf Gesetzesebene umgesetzt worden, argumentiert die Kommissionsmehrheit. Eine Minderheit beantragt, die Landschaftsinitiative anzunehmen.
Versorgungssicherheit mit inländischen Baumaterialien
Die Kommission beauftrag den Bundesrat einstimmig, im Rahmen des Kommissionspostulates 23.4332 «Raumplanerische Grundlagen für die Versorgungssicherheit mit inländischen Baumaterialien zu schaffen» mögliche Lösungen in der Raumplanung zu prüfen für den Abbau, das Recycling und das Deponieren von Primärrohstoffen. Damit sollen die Versorgungs- und Entsorgungssicherheit mit Baumaterialien im Inland sichergestellt werden.
Interessenabwägung bei den Bundesinventaren
Die Kommission hat mit 16 zu 8 Stimmen bei 0 Enthaltungen die Motion 23.3435 «Das Isos soll die bauliche Entwicklung und Verdichtung lenken, aber nicht verhindern» angenommen, wonach bei der Erfüllung von kantonalen und kommunalen Aufgaben ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare des Bundes mit nationaler Bedeutung möglich sein soll. Die Kommissionsmehrheit hält fest, dass diese Bundesinventare für die Erhaltung des Schweizer Kulturerbes wichtig sind, beantragt aber trotzdem, sich den Argumenten des Bundesrates anzuschliessen, der die Motion befürwortet. Sie spricht sich dafür aus, dass von der Erhaltungspflicht abgewichen werden kann, wenn andere Interessen, namentlich kantonale oder kommunale, überwiegen. Die Minderheit befürchtet, dass Rechtsunsicherheit geschaffen würde, wenn den Inventaren bei der Interessenabwägung eine geringere Bedeutung zukäme, und beantragt daher, die Motion abzulehnen.
Die Kommission hat vom 6. bis 8. November 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Albert Rösti in Bern getagt.