Die WAK-N hat die Detailberatung des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG, 15.073) fortgesetzt. Sie beantragt in den grossen Linien Zustimmung zum Ständerat, wobei allerdings mehrere Themen umstritten waren. Dazu liegen jeweils Minderheitsanträge vor.

​1. Die Kommission hat zunächst die noch offene Frage bezüglich der Unterstellung der Versicherer geklärt und wie der Ständerat beschlossen, diese vom Geltungsbereich des FIDLEG auszunehmen und zu einem späteren Zeitpunkt im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zu regeln (16 zu 7 Stimmen).

Sie hat einen Antrag zu Artikel 28 abgelehnt, wonach Finanzdienstleister Entschädigungen von Dritten nur dann entgegennehmen dürften, wenn sie diese vollumfänglich an die Kundinnen und Kunden weitergeben (18 zu 6 Stimmen). Auch ein Antrag, das ganze Kapitel über das Beraterregister (Art. 30-36) zu streichen, ist gescheitert (15 zu 8 Stimmen).

Bei den folgenden vier Themenkreisen weicht der Antrag der WAK-N vom Beschluss des Ständerates ab: Die Mehrheit will die Bedingungen für das Erstellen eines Prospekts lockern und die Anzahl Anlegerinnen und Anleger, ab der ein Prospekt nötig ist, auf 500 erhöhen, zudem soll es einen Prospekt erst dann brauchen, wenn das öffentliche Angebot über 12 Monate berechnet 2,5 Mio. statt gemäss Entwurf 100000 Franken übersteigt. Auch für Arbeitnehmerbeteiligungen soll grundsätzlich kein Prospekt erforderlich sein. Nach dem Willen der Kommissionsmehrheit sollen zudem die Haftungsbestimmungen in Artikel 72 abgeschwächt werden: Nur der eigentliche Ersteller von Prospekten oder ähnlichen Mitteilungen soll für durch falsche Angaben entstandenen Schaden haften, und für falsche Angaben im Basisinformationsblatt soll wie in Bezug auf die Zusammenfassung eine reduzierte Haftung gelten (17 zu 5 Stimmen). Unter dem Titel Strafbestimmungen will die Mehrheit die angedrohten Bussen herabsetzen (Art. 92: 16 zu 6 Stimmen, Art. 93: 17 zu 6 Stimmen). Mit 16 zu 7 Stimmen beantragt die Mehrheit, im Anhang des FIDLEG Artikel 40a OR so zu ergänzen, dass ein Widerrufsrecht auch bei Bank- oder Finanzdienstleistungsverträgen und Finanzinstrumenten ausgeschlossen ist.

Schliesslich lehnt es die Mehrheit – wiederum analog zum Ständerat – ab, einen neuen Artikel 114a in die Zivilprozessordnung aufzunehmen, der klagende Privatkundinnen und -kunden von einem Kostenvorschuss bzw. der Leistung einer Sicherheit für die Parteientschädigung entbunden hätte und dem Gericht die Möglichkeit geben sollte, bei der Aufteilung der Gerichtskosten nach Ermessen vorzugehen (17 zu 6 Stimmen).

Die Kommission wird an ihrer Sitzung vom 19./ 20. Juni 2017 einige noch offene Fragen zum FIDLEG klären und dann das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) beraten, das ebenfalls Teil der Vorlage ist. Das Geschäft soll in der Herbstsession 2017 im Nationalrat behandelt werden.

2. Eintreten auf die Entwürfe zum automatischen Austausch länderbezogener Berichte

Mit der Vorlage 16.078 des Bundesrates sollen die Massnahmen des von der OECD lancierten BEPS-Projektes (Base Erosion and Profit Shifting) umgesetzt werden. Ziel ist es, die Transparenz bei der Besteuerung multinationaler Unternehmen zu verbessern und zu deren korrekter Besteuerung beizutragen, dies mit einheitlichen Rahmenbedingungen für den automatischen Austausch länderbezogener Berichte. In der vergangenen Frühjahrssession stimmte der Ständerat mit deutlicher Mehrheit dem Bundesbeschluss über die OECD-Vereinbarung und dem Gesetzesentwurf mit einigen Änderungen zu. Die Kommission ist nun mit 17 zu 7 Stimmen auf den Bundesbeschluss über die multinationale Vereinbarung und ohne Gegenstimme auf das Gesetz eingetreten.

Die Kommissionsmehrheit ist der Auffassung, die Schweiz habe in diesem Dossier angesichts dessen, was heute internationaler Standard ist, nicht viel Handlungsspielraum. Es sei zwar zu befürchten, dass die Schweiz Steuersubstrat verlieren werde, eine Nichtratifizierung der OECD-Vereinbarung würde jedoch bedeuten, dass die multinationalen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ihre länderbezogenen Berichte in anderen Ländern einreichen müssten oder mit Sanktionen rechnen müssen (Schwarze Liste). Die Kommissionsminderheit ist gegen das Eintreten auf den Bundesbeschluss zur multilateralen Vereinbarung, da sie der Meinung ist, mit deren Ratifizierung werde die rechtliche Souveränität der Schweiz eingeschränkt. Sie möchte diesen Informationsaustausch lieber im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen aushandeln. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission den Bundesbeschluss über die multinationale Vereinbarung mit 16 zu 7 Stimmen angenommen.

Die Kommission hat die Detailberatung des Gesetzesentwurfs aufgenommen und wird diese an ihrer Sitzung vom 15. und 16. Mai 2017 fortführen. Sie erwartet von der Verwaltung einen Bericht und Vorschläge insbesondere dazu, wie die strafrechtliche Verantwortung von natürlichen Personen auf juristische Personen übertragen werden kann. Die Kommission möchte dem Rat ihre Anträge in der Sommersession 2017 unterbreiten.

3. Steuerliche Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen an Start-ups

Die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Jacqueline Badran (16.424), die eine privilegierte Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen an Start-ups zum Ziel hat, greift aus Sicht der Kommission ein berechtigtes Anliegen auf. Sie ist jedoch der Auffassung, dass die Thematik breiter angegangen werden soll und dabei verschiedene Punkte – so etwa die Definition von Start-ups und die Frage der rechtsgleichen Behandlung – noch genauer beleuchtet werden müssen. Mit 18 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat sie deshalb eine eigene Kommissionsmotion für eine wettbewerbsfähige und international attraktive Besteuerung von Startups beschlossen (Motion 17.3261) und gibt der Initiative im Gegenzug mit 7 zu 18 Stimmen keine Folge. Eine Minderheit lehnt auch die Kommissionsmotion ab, weil der gesetzgeberische Handlungsbedarf bezüglich der steuerlichen Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen aus ihrer Sicht zu wenig ausgewiesen ist.

4. Weitere Geschäfte

Zur Volksinitiative «Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel (Fair-Food-Initiative)» (16.073) hat die Kommission die Verwaltung mit einem Bericht zur Vertiefung weiterer Fragen beauftragt. Sie will die materielle Beratung am 15. Mai 2017 aufnehmen. 

Ferner hat die WAK-N mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann über mögliche Auswirkungen der von US-Präsident Donald Trump angekündigten neuen Handels- und Wirtschaftspolitik, über die wirtschaftlichen Folgen des Brexit für die Schweiz und die Wichtigkeit einer nahtlosen Nachfolgeregelung der Beziehungen zwischen Grossbritannien.

Die Kommission hat am 3. und 4. April 2017 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (SP, BL) und teilweise in Anwesenheit der Bundesräte Alain Berset, Ueli Maurer und Johann Schneider-Ammann in Bern getagt.