Mit der Botschaft 24.096 setzt der Bundesrat einen Auftrag des Parlaments um (Mo. Ettlin 20.4738). Im AVEG soll neu festgehalten werden soll, dass Bestimmungen von GAV allgemeinverbindlich erklärt werden können, die niedrigere Mindestlöhne vorsehen als jene, die in den kantonalen Gesetzen festgelegt sind. Die Kommission hat zu diesem Thema und zur Botschaft 24.097 eine ausführliche Anhörung mit Vertretungen der Kantone (VDK) und der Sozialpartner durchgeführt. Eingeladen waren einerseits der Arbeitgeberverband, der Gewerbeverband, der Baumeisterverband, das Ausbaugewerbe (AM Suisse) und Gastrosuisse, andererseits der Gewerkschaftsbund, Travail.Suisse sowie die Gewerkschaften Unia und Syna. Die Kommissionsmehrheit sieht in kantonalen Mindestlöhnen, welche die Mindestlöhne in ave GAV übersteuern, einen einseitigen Eingriff, der die sozialpartnerschaftliche Tradition aufs Spiel setzt. Die Kommissionsminderheit hält im Gegenteil das Instrument der ave GAV durch die Vorlage 24.096 für gefährdet. Sie führt neben sozialpolitischen insbesondere auch staatspolitische Argumente gegen das Vorhaben ins Feld. Mindestlöhne seien vom Bundesgericht als verfassungskonforme sozialpolitische Massnahme bestätigt worden, die meisten seien durch Volksabstimmungen legitimiert, während ave GAV privatrechtliche Vereinbarungen seien. Für die Kommissionsmehrheit wird durch den Entwurf des Bundesrats die noch fehlende Bundeskompetenz nun geschaffen. Sie sieht deshalb keine Verstösse gegen die Normenhierarchie und lehnt es mit 16 zu 9 Stimmen auch ab, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen, damit dieser eine Verfassungsgrundlage für die neue Gesetzesbestimmung schafft. Hingegen braucht es aus Sicht der Mehrheit eine explizite Regelung des Anwendungsvorrangs von Mindestlohnbestimmungen eines ave GAV in Artikel 1 des AVEG. Ein entsprechender Antrag wurde mit 16 zu 9 Stimmen angenommen. Weitere Anträge, die vom Bundesrat vorgeschlagene Bestimmung zu ergänzen, lehnt die Kommission ab.
Auf die zweite Teilrevision des AVEG, mit der allen Arbeitgebern und allen Arbeitnehmenden, die einem ave GAV unterstellt sind, auf Verlangen kostenlos Einsicht in die Jahresrechnung der paritätischen Kommissionen betreffend die Beiträge für die Vollzugskosten des GAV gewährt werden soll (24.097), ist die Kommission oppositionslos eingetreten. Sie wird die Detailberatung an einer ihrer nächsten Sitzungen führen.
Erst Frage der Individualbesteuerung abschliessen, dann über Alternativvorschläge diskutieren
Die Kommission hat sich erneut sehr intensiv mit der Frage der Beseitigung der Heiratsstrafe befasst. Zum einen hatte sie die Volksinitiative der Mitte 25.018 («Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare - Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!») auf dem Tisch, die eine gemeinsame Besteuerung von Ehepaaren verlangt. Sie hat dazu je eine Vertretung des Initiativkomitees sowie der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren angehört und sich vertieft mit den Absichten der Initianten und möglichen Umsetzungsansätzen auseinandergesetzt. Zum anderen hat sich die Kommission auch über die verbleibenden Differenzen beim Bundesgesetz über die Individualbesteuerung 24.026 («Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)». Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag) gebeugt. Da die Stossrichtungen der beiden Geschäfte einander widersprechen, hat die Kommission mit 13 zu 12 Stimmen beschlossen, die Beratung der sogenannten Mitte-Initiative auszusetzen, bis die Beratung des Geschäfts 24.026 in den Räten abgeschlossen ist. Was die Differenzen beim Bundesgesetz über die Individualbesteuerung angeht, so beantragt die Kommission mit 13 zu 12 Stimmen nun einen Tarif, der zwischen demjenigen des Ständerats und dem ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagenen Tarif liegt und Einnahmenausfälle von rund 600 Millionen Franken zur Folge hätte. Ausserdem beantragt sie mit 17 zu 8 Stimmen, auf die Möglichkeit der Übertragung von kinderbezogenen Abzügen zu verzichten. Mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt sie demzufolge schliesslich auch, die Verfahrensbestimmungen bezüglich der gegenseitigen Einsichts- und Einspracherechte für Ehegatten aus der Vorlage zu streichen. Zu allen drei Fragen liegen Minderheitsanträge vor. Das Geschäft 24.026 kommt in die Sondersession des Nationalrats.
Teilrevision des Kartellgesetzes bereit für die Sommersession
Die Kommission hat die Beratung der Teilrevision des Kartellgesetzes (23.047) zu Ende geführt und die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 17 zu 7 Stimmen angenommen. Obwohl die Detailberatung bereits an der letzten Sitzung weitgehend abgeschlossen werden konnte, war die Gesamtabstimmung verschoben worden, um die rechtliche Wirkung der beschlossenen Formulierungen betreffend die Prüfung der Schädlichkeit unzulässiger Wettbewerbsabreden (Art. 5 Abs. 1bis) bzw. Verhaltensweisen marktbeherrschender und relativ marktmächtiger Unternehmen (Art. 7 Abs. 3) beurteilen zu lassen. (vgl. Medienmitteilung vom 21. Januar 2025). Gestützt auf die Ausführungen der Verwaltung hat die Kommission die Formulierungen bei beiden Gesetzesbestimmungen der Klarheit halber überarbeitet, bleibt aber dennoch beim ihrem bereits ausgedrückten Willen, die Prüfung im Einzelfall zu verstärken.
WAK-N drängt auf einen raschen Umbau der WEKO
Trotz der bereits initiierten Arbeiten des Bundesrates im Hinblick auf eine Reform der Wettbewerbsbehörden beantragt die Kommission mit 16 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung die Annahme der Motion Français 23.3224. Mit der Erteilung eines formellen Auftrags an den Bundesrat will sie den Druck für eine rasche Umsetzung der Institutionenreform aufrechterhalten. Für die Minderheit ist diese Motion überflüssig.
Beschlüsse im Bereich Landwirtschaft
Mit 17 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen hat die Kommission einen Vorentwurf zur Umsetzung ihrer Initiative 22.405 («Einführung einer Klimareserve für Schweizer Wein») angenommen. Die Kantone sollen nach Rücksprache mit der Branche eine gesetzliche Grundlage für die Bildung von Weinreserven vorsehen können, damit ein Ausgleich zwischen erntereichen und ernteschwachen Weinjahren möglich wird. Nicht nur für die Kantone, sondern auch für die Einkellerinnen und Einkellerer soll die Bildung dieser Schwankungsreserven freiwillig sein. Die neue Massnahme hat zum Ziel, den Marktanteil des Schweizer Weins zu erhöhen oder mindestens zu halten. Die Kommission wird gegen Ende April eine Vernehmlassung zu ihrem Vorentwurf eröffnen.
Mit 13 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen unterstützt die WAK-N die vom Ständerat angenommene Motion 24.4269 («Stärkung der Milchproduktion im Grasland Schweiz»). Angesichts der spezifischen Herausforderungen der Milchwirtschaft, die stärker als andere landwirtschaftliche Sektoren direkt vom Export abhängt und – was den Käse betrifft – ohne Grenzschutzmassnahmen auskommen muss, hält es die Kommission für wichtig, die Wertschöpfung des Sektors Milch bei der Ausgestaltung der Agrarpolitik 2030+ zu fördern.
Die Kommission stimmt der vom Ständerat geänderten Fassung der Motion Kolly 24.3078 («Aufhebung der Pflicht zur Verwendung von Digiflux für Landwirtschaftsbetriebe») einstimmig zu. Demnach soll der Bundesrat die vereinfachte Nutzungspflicht dauerhaft und mit besonderem Augenmerk auf den Datenschutz gesetzlich verankern.
Weitere Beschlüsse
Die Kommission beantragt einstimmig, die von Ständerat Damian Müller eingereichte Motion 24.3374 («Produktionsstandort Schweiz sichern. Übergangsfinanzierung für die Stahlindustrie zur Ökologisierung der Produktion») abzulehnen. Mit der im Stromversorgungsgesetz (24.033, Entwurf 2) beschlossenen Unterstützung für die Stahlindustrie ist das Anliegen der Motion aus Sicht der Kommission bereits erfüllt.
Mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission weiter, die von Ständerätin Friedli eingereichte Motion 24.3635 («MWST-Sondersatz. Planungssicherheit für den Tourismus») anzunehmen. Diese verlangt, den Mehrwertsteuer-Sondersatz für Beherbergungsleistungen über das Jahr 2027 hinaus beizubehalten. Die Mehrheit der Kommission erachtet die Massnahme als wichtigen Beitrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Tourismussektors, insbesondere in den Bergregionen. Eine Minderheit lehnt die Fortführung des Sondersatzes ab.
Der Ständerat hat in der Frühjahrsession beschlossen, die Beratung der Botschaft zur Einführung eines Public Liquidity Backstops (23.062) und zweier Motionen (21.3910 und 23.3462) zu sistieren. Die WAK-N beantragt einstimmig, diesem Beschluss zuzustimmen. Sie anerkennt das Bedürfnis des Ständerats, die Vorlage 23.062 im Zusammenhang mit den weiteren TBTF-Massnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit den geplanten Anpassungen der Eigenmittelanforderung zu diskutieren.
Die Kommission hat am 31. März und 1. April 2025 unter dem Vorsitz von Nationalrat Thomas Aeschi (SVP/ZG) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und von Bundesrat Guy Parmelin in Bern getagt.