Die WBK-N hat sich mit der Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau in verschiedenen Bereichen befasst und zwei entsprechende Vorstösse eingereicht. Einer zielt darauf ab, den Frauenanteil in MINT-Berufen zu steigern (22.3878), mit dem anderen soll die Geschlechterperspektive in die Strategie «Digitale Schweiz» integriert werden (22.3879). Ausserdem hat sich die Kommission für ein Netzwerk Dritter ausgesprochen, das die Geschichte der Frauen in der Schweiz analysieren und präsentieren soll.

Die WBK beschäftigt sich regelmässig mit der Gleichstellung von Mann und Frau, da diese mehrere Zuständigkeitsbereiche der Kommission, beispielsweise die Förderung von Bildung, Technologie und Innovation, aber auch die Kultur und die Kultureinrichtungen betrifft.

MINT-Förderung: Kommission verlangt Bericht und Abklärungen zu ausserschulischen Angeboten

Die Kommission möchte vom Bundesrat einen Bericht über den Frauenanteil in MINT-Berufen verlangen. Dieser soll insbesondere eine Analyse der Wirksamkeit der bisher ergriffenen Massnahmen zur Förderung des Frauenanteils in MINT-Berufen darlegen und eine Strategie zu dessen Steigerung präsentieren. Sie hat zu diesem Zweck mit 16 zu 7 Stimmen beschlossen, ein entsprechendes Postulat einzureichen (22.3878). Damit hat die Kommission der Petition 21.2039 «Halbe-Halbe» in MINT-Berufen: Den Frauenanteil steigern der Frauensession 2021 Folge geleistet. Eine Minderheit lehnt das Postulat ab, weil sie der Meinung ist, dass ein Bericht nichts Konkretes zur Lösung der Problematik beiträgt.

Die Kommission hatte im Frühjahr diesbezüglich eine breite Anhörung zum Thema durchgeführt und Vertreterinnen und Vertreter folgender Institutionen angehört: Erziehungsdirektorenkonferenz, Akademien der Wissenschaften Schweiz, swissuniversities, Swiss Science Center Technorama sowie der Innovationsgesellschaft. Im Hinblick auf die BFI-Botschaft 2025-2028 möchte sie zudem vertieft abklären, wie ausserschulische Lernangebote im MINT-Bereich über Projekt- und Betriebsbeiträge gestärkt werden könnten, und wie eine solche Förderung im Rahmen der BFI-Botschaft umgesetzt werden könnte.

Für eine rasche und nachhaltige Integration der Geschlechterperspektive in die Strategie «Digitale Schweiz»

Die Kommission hat mit 14 zu 11 Stimmen beschlossen, den Bundesrat mit einer Motion (22.3879) zu beauftragen, die Geschlechterperspektive in die Entwicklung seiner künftigen Digitalisierungsstrategien zu integrieren. Angesichts der Aktualisierung der Strategie «Digitale Schweiz» bis Ende 2022 hat sie ausserdem mit 18 zu 7 Stimmen beschlossen, den Bundesrat in einem Schreiben aufzufordern, rasch ein spezifisches Schwerpunkthema in die Strategie aufzunehmen, das darauf abzielt, das Potenzial der Beteiligung von Frauen am digitalen Wandel zu nutzen. Mit diesen Beschlüssen gibt die Kommission der Petition 21.2038 der Frauensession 2021 Folge. Sie will auf diese Weise ein klares Zeichen setzen für eine geschlechtergerechte Digitalisierungsstrategie und so für mehr Gleichstellung und für Vielfalt in der digitalen Wirtschaft der Zukunft sorgen.

Ein Netzwerk für die Aufarbeitung und Präsentation der Geschichte der Frauen in der Schweiz

Die WBK-N beantragt mit 15 zu 8 Stimmen dem Nationalrat, die Motion 19.3627 in der vom Ständerat geänderten Fassung anzunehmen. Damit soll der Bundesrat beauftragt werden, ein Konzept für ein Netzwerk von Dritten zu entwickeln und dessen Finanzierung in der nächsten Kulturbotschaft vorzusehen. Mit einem Netzwerk Dritter schaffe man ein eigentliches Kompetenzzentrum zum Thema. Das habe gegenüber dem Konzept der ursprünglichen Motion, das ein Museum vorsah, den Vorteil, dass mehr Spielraum bestehe für eine zeitgenössische, kontextbezogene Darstellung der Thematik. Damit folgt die Kommission der Argumentation des Ständerates. Eine Minderheit lehnt die Motion ab, da es nach ihrer Ansicht zur effektiven Gleichstellung von Frau und Mann nicht eines solchen Netzwerks bedürfe.

Kommission verlangt Bericht zur Sexualaufklärung in der Schweiz

Die Kommission hat sich mit der Petition 21.2037 Pet. Frauensession 2021. Zugang zu ganzheitlicher und professioneller sexueller Bildung für alle befasst und möchte das Thema Sexualaufklärung weiter vertiefen. Sie hat aus diesem Grund mit 22 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, ein Postulat einzureichen (22.3877). Mit dem Postulat würde der Bundesrat beauftragt einen Bericht vorzulegen, welcher erstens aufzeigt, wie die Sexualaufklärung in der Schweiz in der Praxis umgesetzt wird, zweitens darlegt, was der Bund, die Kantone und die interkantonalen Gremien tun, um die Einhaltung der nationalen Standards sicherzustellen, und drittens Auskunft darüber gibt, ob die sprachregionalen Lehrpläne in diesem Bereich zu einer Vereinheitlichung geführt haben. Damit wurde der Petition Folge geleistet.

Horizon-Paket: Kommission will mehr Transparenz

Die Kommission hat sich vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) über die jüngsten Entwicklungen in den Beziehungen mit der EU im Hinblick auf eine Vollassoziierung der Schweiz an Horizon Europe orientieren lassen. Sie begrüsst zwar die bisher ergriffenen Massnahmen, bedauert aber auch die negativen Folgen des eingeschränkten Zugangs zu den Fördermöglichkeiten sowie der Ausgrenzung aus den EU-Netzwerken. Zudem ist sie besorgt darüber, dass den Forschungs- und den Innovationsakteuren weniger Gelder zur Verfügung stehen könnten.

Da das Thema sehr komplex ist und es an einer fortlaufenden Übersicht über die eingesetzten Finanzmittel fehlt, hat die Kommission mit 17 zu 7 Stimmen eine Motion beschlossen, mit welcher die Transparenz bezüglich der verwendeten Mittel gewährleistet werden soll. Mit der Motion 22.3876 («Transparenz bezüglich der verwendeten und nicht verwendeten Mittel des Verpflichtungskredits ‹Horizon-Paket 2021–2027›») wird der Bundesrat beauftragt, ein fortlaufend zu aktualisierendes Dashbord zu erstellen, das folgende Elemente beinhaltet: angefallene Kreditreste, Verpflichtungskredite für Projektfinanzierungen in den kommenden Jahren, Mittel für Massnahmen, die vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und von Innosuisse umgesetzt werden, sowie Mittel für allfällige zusätzliche Massnahmen. Die Minderheit hält die derzeit zur Verfügung stehenden Informationen für ausreichend, weshalb sie die Motion ablehnt.

21.4377 s Mo. Würth «Die Schweiz voranbringen. Digitale Leuchtturmprojekte mit öffentlichem Interesse anschieben»

Die Kommission hat sich mit der Motion 21.4377 befasst, welche den Bundesrat beauftragt, die Rechtsgrundlage zu schaffen für die Unterstützung digitaler Leuchtturmprojekte mit relevantem öffentlichen Interesse, für die eine Anschubfinanzierung bereitgestellt werden soll. Die Kommissionsmehrheit hält eine solche Finanzierung nicht für sinnvoll und kann nicht erkennen, welche Projekte konkret finanziert werden sollen. Sie beantragt deshalb mit 11 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen, die Motion abzulehnen. Die Minderheit befürwortet Unterstützungsmassnahmen für private Projekte und öffentlich-private Partnerschaften im Digitalisierungsbereich, die von öffentlichem Interesse sind.

Ethikgrundsätze im Sport

Die Kommission hat sich im Rahmen eines Austausches mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamtes für Sport (BASPO) und des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) erneut mit den Massnahmen befasst, die nach den Vorfällen rund um die Rhythmische Gymnastik und das Kunstturnen ergriffen worden waren. In Anbetracht der Kritik, die unlängst auch in Zusammenhang mit dem Synchronschwimmen geäussert wurde, hat sich die Kommission erneut klar für einen besseren Schutz der Sportlerinnen und Sportler – und namentlich der jungen Athletinnen und Athleten – gegen Gewalt, Ausbeutung, Überbelastung und andere Verletzungen der Persönlichkeit und der psychischen Gesundheit ausgesprochen. Sie begrüsst somit die Absicht und die Stossrichtung der Revision der Sportförderungsverordnung (SpoFöV), mit welcher der Bundesrat verbindlich festlegen will, welche Ethik- und Sicherheitsvorgaben Sportorganisationen erfüllen müssen, um Finanzhilfen des Bundes erhalten zu können.

Die Kommission fordert den Bundesrat allerdings auf, die Verordnung im Interesse der Vielfalt der Strukturen der Sportorganisationen und Sportarten pragmatisch umzusetzen. Sie beantragt in diesem Sinne zwei Änderungen in Artikel 72 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern 3 und 4, mit denen zum einen eine flexible Umsetzung der Geschlechterquote (18 zu 0 Stimmen bei 7 Enthaltungen) und zum anderen eine Anpassung der Amtszeitbeschränkung für Organisationen, die Schwierigkeiten haben, gewisse ehrenamtliche Funktionen in ihren Leitungsorganen neu zu besetzen (13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen), bezweckt wird. Ausserdem ist die Kommission mit 12 zu 4 Stimmen bei 9 Enthaltungen einem Antrag ihrer Schwesterkommission gefolgt, wonach bei den Vorgaben für die Sportverbände in Sachen Organisation und Verwaltungsführung (Good Governance) den Besonderheiten des Milizsystems Rechnung zu tragen ist (Art. 72c Abs. 2).

Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung

Die Kommission hat ausserdem Kenntnis genommen vom Bericht in Erfüllung des Postulats Chevalley 18.3829 («Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung»). Der Bericht kommt zum Schluss, dass es in der Schweiz bereits zahlreiche Massnahmen und Initiativen zur Reduzierung vermeidbarer Lebensmittelabfälle gibt, die meisten von ihnen jedoch eine geringe Reichweite haben oder lokal begrenzt sind. Mit dem Ziel, die Umsetzung des Aktionsplans gegen die Lebensmittelverschwendung zu begleiten, hat die Kommission mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung ein Kommissionspostulat (22.3880) beschlossen, das den Bundesrat beauftragt, mit den wichtigsten betroffenen Akteuren eine nachhaltige Finanzierungslösung für die Sammlung und Abgabe unverkaufter Lebensmittel durch Wohltätigkeitsorganisationen zu prüfen. Zudem hat sie ein Kommissionspostulat verabschiedet (22.3881), das den Bundesrat beauftragt, konkrete Massnahmen vorzuschlagen zur Verringerung der Vernichtung konsumierbarer Lebensmittel im Detailhandel (mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung). Weiter hat sie den Bundesrat beauftragt zu prüfen, inwiefern die Schaffung einer Koordinationsstelle, die sich mit der Verteilung von abgelaufenen, aber zum Konsum geeigneten Lebensmitteln befasst, zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung beitragen könnte (22.3882, mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung). Eine Minderheit lehnt diese Anträge ab. Ferner hat sie mit 15 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen beschlossen, den Bundesrat in einem Schreiben aufzufordern, die Umsetzung der Massnahmen im Rahmen des Aktionsplans gegen die Lebensmittelverschwendung zu beschleunigen.

Die Kommission hat am 30. Juni / 1. Juli 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Fabien Fivaz (Grüne, NE) in Bern getagt.