Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) hat eine von ihr ausgearbeitete Verlängerung der Höchstbezugsdauer der Kurzarbeit um sechs Monate verabschiedet. Einstimmig ist sie weiter auf eine Vorlage zur Angleichung der Erwerbsersatzleistungen eingetreten. Sie unterstützt zudem, dass Spätfolgen eines Unfalls in der Jugend neu durch die Unfallversicherung gedeckt werden. Die Vergütung von gewissen, im Ausland gekauften Medikamenten durch die Krankenversicherung lehnt sie hingegen ab.

Die Kommission hat mit 8 zu 3 Stimmen ein dringliches Bundesgesetz in der Gesamtabstimmung angenommen, das dem Bundesrat befristet bis Ende 2028 die Kompetenz gibt, die Höchstbezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung von derzeit 18 auf 24 Monate zu verlängern. In Umsetzung ihrer Initiative 25.441 will die Kommission namentlich Unternehmen in der Schweizer Tech-Industrie und deren Zulieferer unterstützen, die aufgrund konjunktureller Schwächen bereits Kurzarbeit eingeführt haben. Einige dieser Unternehmen erreichen bald die aktuelle Höchstbezugsdauer und leiden unter der Unsicherheit an den globalen Märkten, wodurch zahlreiche Arbeitsplätze gefährdet sind. Mit einer gezielten Anpassung des bewährten Instruments der Kurzarbeit will die Kommission den betroffenen Unternehmen ermöglichen, die schwierige Phase ohne Personalabbau oder gar Massenentlassungen zu bewältigen.

Als nächstes wird nun der Bundesrat zur Vorlage Stellung nehmen, damit sie in der Herbstsession vom Ständerat behandelt werden kann. Falls das dringliche Bundesgesetz ebenfalls bereits in der Herbstsession vom Nationalrat behandelt wird, wäre eine Verabschiedung Ende September möglich.

Harmonisierung der Erwerbsersatzleistungen

Die Kommission ist einstimmig auf einen Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerbsersatz (25.039) eingetreten. Die Reform, mit der sechs vom Parlament angenommene Motionen umgesetzt werden sollen, bezweckt die Harmonisierung der verschiedenen Erwerbsersatzleistungen und deren Anpassung an die gesellschaftlichen Entwicklungen.

Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass künftig nicht nur Dienstleistende, sondern alle Bezugsberechtigten Anspruch auf die Betriebszulage und die Zulage für Betreuungskosten haben. Die Kinderzulage, deren Funktion heute von der Familienzulage erfüllt wird, soll hingegen gestrichen werden. Zudem wird gemäss dem Entwurf die Mutterschaftsentschädigung bei verlängertem Spitalaufenthalts der Mutter erweitert und die Ausrichtung der Entschädigung des anderen Elternteils auch im Fall des Kindstodes zugesichert. Ferner soll die Betreuungsentschädigung gewährt werden, sobald das Kind vier Tage oder mehr hospitalisiert werden muss.

Die Kommission hat der Verwaltung verschiedene Aufträge erteilt und wird die Beratung des Entwurfs und die Analyse der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen an ihrer Augustsitzung fortsetzen.

Auch SGK-S möchte Lücke im UVG schliessen

Mit 8 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission einen Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; 24.056) in der Gesamtabstimmung angenommen. Davor ist sie mit 9 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage eingetreten. Dieser Entwurf zur Umsetzung der Motion Darbellay (11.3811) ermöglicht die Ausbezahlung von Taggeldern bei Rückfällen und Spätfolgen im Zusammenhang mit einem Unfall, der nicht vom UVG gedeckt war und sich vor Vollendung des 25. Altersjahres ereignete. Wie der Nationalrat in der Sommersession hat auch die Kommission den Bundesratsentwurf ohne Änderungen angenommen.

Die Vorlage kann nun vom Ständerat behandelt werden.

Keine Übernahme der Kosten für im Ausland gekaufte Medikamente

Die Kommission beantragt mit 7 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung die Ablehnung der Mo. Dobler «Medikamentenpreise. Vergütung von im Ausland gekauften günstigen Medikamenten oder Hilfsmitteln durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach KVG, um die Preise und Kosten zu senken» (23.4177). Sie sieht die Patientensicherheit und die Versorgung mit Medikamenten als gefährdet, wenn im Ausland gekaufte Medikamente über die Krankenkasse abgerechnet würden. Medikamente müssen spezifische Anforderungen erfüllen, damit sie in der Schweiz zugelassen werden können. Bevor eine Aufweichung des sogenannten Territorialitätsprinzips bei Medikamenten angegangen werde, soll zunächst die vom Bundesrat vorgeschlagene Vergütung von im Ausland gekauften, einfach einsetzbaren Mitteln und Gegenständen weiter geprüft werden. Um die Auswirkungen einer Aufweichung des Territorialitätsprinzips besser abzuschätzen, hatte die Kommission Vertretungen der Apotheken, der Ärzteschaft, der pharmazeutischen und medizintechnischen Industrie, der Krankenkassen sowie der Versicherten angehört.

Weitere Geschäfte

Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Argentinien über soziale Sicherheit (25.048): Die Kommission ist auf den Bundesbeschluss zur Genehmigung des Abkommens eingetreten und hat diesen in der Gesamtabstimmung mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Mit diesem Abkommen sollen die Sozialversicherungssysteme der beiden Länder koordiniert werden.

Mo. Dobler «Es braucht transparente Preise und keine Preisbekanntgabeverbote für Kundinnen und Kunden von Apotheken, damit die Gesundheitskosten reduziert werden können» (24.4230): Die Kommission beantragt einstimmig, die Motion anzunehmen, um die Transparenz bei Medikamentenpreisen zu erhöhen.

Mo. von Falkenstein. IV-Verfahren beschleunigen und finanzielle Absicherung der Versicherten während des Verfahrens sicherstellen (23.3808): Mit 6 zu 5 Stimmen beantragt die Kommission, die Motion anzunehmen. Raschere Rentenentscheide und ein subsidiäres, vorübergehendes Taggeld bei langen Verfahren können einerseits verhindern, dass Personen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, und andererseits die Sozialhilfe entlasten.

Mo. Roduit «Die negativen Anreize der IV in Bezug auf die Beschäftigung beseitigen und das Potenzial für die berufliche Wiedereingliederung ausschöpfen» (24.4618): Die Kommission beantragt einstimmig die Annahme des dritten Punkts der Motion. Die beiden ersten Punkte wurden vom Motionär zurückgezogen. Wird der Invaliditätsgrad erst nach frühestens drei Jahren nach Gewährung einer Übergangsleistung wieder überprüft, werden negative Anreize zur beruflichen Wiedereingliederung beseitigt.

Mo. Silberschmidt «Teilbezug von Vorsorgegeldern ermöglichen» (24.3067): Die Kommission beantragt mit 9 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Motion anzunehmen. Sie spricht sich für die Flexibilisierung des Vorsorgesystems aus, fordert den Bundesrat aber gleichzeitig auf, bei der Umsetzung darauf zu achten, dass sich die Steuerausfälle in Grenzen halten.

Mo. Poggia «Für die Reserven in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung endlich einen nationalen Fonds einrichten» (24.4077): Die Kommission beantragt mit 8 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Motion abzulehnen. In ihren Augen hat sich das gegenwärtige System bewährt und es wäre nicht zweckmässig, das Verwalten der Reserven von den anderen Aufgaben zu trennen.

Mo. (Herzog Verena) Bircher «Überdosierungen bei Psychopharmaka-Abgaben verhindern und die Medikationssicherheit in Alters- und Pflegeheimen fördern!» (23.3384): Die Kommission beantragt mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Motion abzulehnen. Sie teilt das Motionsanliegen, verweist aber darauf, dass bereits zahlreiche Massnahmen ergriffen wurden und die Aufsicht über die Personen, die einen universitären Medizinalberuf ausüben, den Kantonen obliegt.

Mo. SGK-N «Menschen mit Behinderungen in Härtefällen am Arbeitsplatz besser unterstützen» (25.3007): Die Kommission beantragt mit 8 zu 3 Stimmen, die Motion abzulehnen. Sie hält fest, dass die Flexibilität bereits erhöht wurde, da für die Vergütung der Dienstleistungen Dritter seit dem 1. Januar 2024 eine jährliche und nicht mehr eine monatliche Limite gilt. Sie erachtet es als verfrüht, dass Vergütungssystem erneut anzupassen, noch bevor die Wirksamkeit der letzten Änderung evaluiert wurde.

Die SGK-S nahm den Entscheid des Bundesrates, die Anpassungen an den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) mit Vorbehalt anzunehmen, zu Kenntnis. Sie liess sich zudem den Inhalt des neuen Pandemieabkommens der WHO vorstellen, welches die Weltgesundheitsversammlung diesen Mai verabschiedet hat. Die Kommission wird die Pandemiefolgeprozesse in der internationalen Gesundheitspolitik weiterhin eng verfolgen.

Die Kommission liess sich von der Verwaltung und einer Vertretung der Organisation ambulante Arzttarife (OAAT) über den Wechsel zu TARDOC und zu den ambulanten Pauschalen informieren. Unter der Führung der OAAT werden die neuen Tarife per Januar 2026 eingeführt und anschliessend weiterentwickelt. Die Kommission anerkennt die Anstrengungen, die der Tarifwechsel mit sich bringt und wird ihn aufmerksam begleiten.

​Die Kommission tagte am 26. und 27. Juni 2025 in Bern unter der Leitung von Ständerat Damian Müller (FDP, LU).​