Die Kommission nimmt auch in dieser letzten Phase der Beratung Anliegen auf, die von den Kantonen eingebracht wurden. So soll die Datenbearbeitung im Rahmen der Übernahme kantonaler polizeilicher Aufgaben im BAZG-Vollzugsaufgabengesetz (BAZG-VG) – und somit auf Bundesebene – geregelt werden (13 zu 10 Stimmen). Ausserdem will die Kommission die Strafverfolgungskompetenzen des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), insbesondere in Zusammenhang mit der Ermittlung und der Beobachtung, klar eingrenzen und beschränken (einstimmig).
Die Kommission beantragt zudem einstimmig, dass der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) nicht via Abrufverfahren, sondern nur über den Amtshilfeweg Einsicht in die Daten im Informationssystem des BAZG erhalten soll. Sie kommt damit einem Anliegen des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) nach. Weitere Differenzen zum Bundesrat betreffen Wirtschaftsanliegen. So soll keine Mitwirkungspflicht für Infrastruktur- und Transportunternehmen beim Aufgabenvollzug des BAZG gelten. Die Kommission beantragt, die entsprechende Bestimmung aus der Vorlage zu streichen (13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung). Ebenfalls beantragt sie, die Revision des Alkoholgesetzes aus der Totalrevision des Zollgesetzes zu streichen (12 zu 5 Stimmen bei 6 Enthaltungen). Die Kommission ist der Meinung, die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision würde Mehrkosten und zusätzliche Bürokratie für die Branche verursachen.
Schliesslich beantragt die Kommission, auf Anstoss des Bundesverwaltungsgerichtes (BVGer), beim Instanzenzug eine Entscheidinstanz mehr einzubauen. So soll bei Beschwerdeverfahren betreffend Verfügungen über die Leistungspflicht und Feststellungsverfügungen im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens entsprechende Verfügungen mit verwaltungsinterner Beschwerde beim BAZG angefochten werden, bevor eine Beschwerde beim BVGer erfolgen muss (einstimmig).
Aufgrund der grossen Auslastung des Programms in der Wintersession wird das Geschäft in der Frühjahrsession 2024 im Nationalrat behandelt.
Start-up-Vorlage der Kommission nicht bereit für die Session
Die Kommission hat von der ablehnenden Stellungnahme des Bundesrates zu ihrer Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 16.442 Kenntnis genommen. Sie hat einstimmig beschlossen, die Beratung zu sistieren und die Vorlage nicht wie geplant in die Wintersession zu bringen. Stattdessen bittet sie den Bundesrat mit einem Schreiben, unter Einbezug der Sozialpartner zu prüfen, ob für Mitarbeitende von Start-ups, die über eine Firmenbeteiligung verfügen, bezüglich der Arbeits- und Ruhezeitvorschriften eine Ausnahmeregelung auf Verordnungsstufe denkbar wäre.
Klimawandel: Spielraum der SNB und der FINMA sollen nicht ausgedehnt werden
Die Kommission hat mit 11 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen und Stichentscheid des Präsidenten entschieden, fünf gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (23.409; 23.410; 23.411; 23.412; 23.413) keine Folge zu geben. Die Initiativen verlangen, dass die SNB bei der Führung ihrer Geld- und Währungspolitik auch Klimarisiken berücksichtigt. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass die aktuelle Ausrichtung der Geldpolitik auf Preisstabilität gut funktioniert. Da die Nationalbank zur Erfüllung ihres Mandats bereits heute alle relevanten Risiken – dazu gehören auch Klimarisiken - berücksichtigt, würden sich durch die explizite Erwähnung von Klimarisiken nur Unklarheiten bezüglich der Gewichtung anderer Risiken ergeben. Letztlich sieht sie in den Initiativen eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Nationalbank. Eine Minderheit möchte durch die Unterstützung der Initiative, den Handlungsspielraum der SNB ausweiten, damit Klimaschutzaspekte aktiver als bisher in die Geldpolitik miteinbezogen werden können.
Mit 14 zu 7 Stimmen beantragt die Kommission ihrem Rat, der parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Natalie Imboden (23.428) keine Folge zu geben. Die Initiative verlangt, dass das Vorsorgeprinzip und die Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken in die Finanzmarktaufsicht integriert werden. Die Kommissionsmehrheit sieht keinen Handlungsbedarf und macht geltend, dass die FINMA bei der Berücksichtigung von klimabezogenen Risiken über genügend Handlungsspielraum verfügt. Eine Minderheit ist der Ansicht, die Initiative würde die notwendige Beschleunigung und Intensivierung der Umsetzung der Klimaziele durch den Schweizer Finanzmarkt bewirken.
Direktorium der Schweizer Nationalbank soll nicht vergrössert werden
Mit 11 zu 10 Stimmen bei 4 Enthaltungen beantragt die Kommission, der parlamentarischen Initiative 23.419 keine Folge zu geben. Diese zielt darauf ab, das aktuell dreiköpfige Direktorium der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu vergrössern. Die Kommissionsmehrheit sieht keine Notwendigkeit, die Zusammensetzung eines gut funktionierenden Organs zu verändern. Die SNB sei im internationalen Vergleich eine starke Notenbank, deren Direktorium sich angesichts der Herausforderungen der letzten 15 Jahre bewiesen habe. Eine Minderheit der Kommission beantragt, der parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Die Problemstellungen, mit denen sich die SNB konfrontiert sehe, würden immer komplexer und erforderten ein breites Wissen und unterschiedliche Kompetenzen, die von mehr Personen einfacher abgedeckt werden könnten.
Keine Änderung bei der Besteuerung von AHV-Renten
Mit 18 zu 7 Stimmen beantragt die Kommission, der parlamentarischen Initiative 23.442, welche die AHV-Renten von den Kantons- und Gemeindesteuern, nicht aber bei der Bundessteuer, befreien will, keine Folge zu geben. Nach Ansicht der Kommission würde die Forderung eine Abweichung vom Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darstellen und zu einer Ungleichbehandlung führen. Zudem wäre die Steuerbefreiung undifferenziert: Nicht alle Rentnerinnen und Rentner benötigen tatsächlich eine solche Entlastung. Eine Minderheit der Kommission unterstützt die parlamentarische Initiative, da diese in ihren Augen einen Anreiz bieten würde, nach Renteneintritt weiter erwerbstätig zu bleiben. Damit würden auch weniger Ergänzungsleistungen beansprucht.
Aufschub der Anforderung von 3,5 Prozent Biodiversitätsförderfläche
In der Herbstsession hat der Ständerat den Bundesrat mittels Annahme einer Motion von Ständerätin Esther Friedli (23.3846) beauftragt, die Anforderung von 3,5 Prozent Biodiversitätsförderfläche (BFF) im Ackerbau vom 1. Januar 2024 auf den 1. Januar 2025 zu verschieben. Ausserdem solle der Bundesrat prüfen, ob zusätzliche, bereits bestehende Massnahmen den BFF angerechnet werden können. Beide Anliegen fanden mit 14 zu 9 Stimmen nun auch in der WAK-N eine Mehrheit. Sie teilt die Beurteilung, dass für die Betriebe noch zu viele Unsicherheiten bestehen. Wirksame Massnahmen könnten gemäss den aktuellen Vorgaben des Bundesrats nicht angerechnet werden. Dies gelte es noch einmal zu überprüfen, ebenso die Berechnungsbasis der 3,5 Prozent. Eine Kommissionsminderheit weist darauf hin, dass sich die grosse Mehrzahl der Betriebe auf eine Einführung per 1. Januar 2024 vorbereitet hätten und eine – nota bene erneute –Verschiebung nur Verunsicherung auslösen würden. Das Parlament verspiele so seine Glaubwürdigkeit.
Weitere Beschlüsse
Wie ihre Schwesterkommission empfiehlt die WAK-N dem Bundesrat, eine Verschiebung der Inkraftsetzung der OECD-Mindestbesteuerung um vorerst ein Jahr zu prüfen. Seit der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 hat die OECD ihre Richtlinien angepasst und es zeichnet sich ab, dass weniger Staaten als ursprünglich erwartet die Mindestbesteuerung bereits auf den 1. Januar 2024 einführen werden. Ein Vorpreschen der Schweiz hätte aus Sicht der Kommission deshalb Wettbewerbsnachteile zur Folge, die es im Interesse der Unternehmen in der Schweiz zu vermeiden gilt.
Die Kommission hat am 22./23. November 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrat Leo Müller (M-E/LU) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrätin Karin Keller-Sutter in Bern getagt.