Der Nationalrat in Kürze
Bern (sda)
FORSCHUNGSFÖRDERUNG: Die Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse) erhält nach dem Willen des Nationalrats mehr Spielraum. Flexibler gehandhabt werden soll namentlich die finanzielle Beteiligung der Unternehmen. Der Nationalrat hat am Donnerstag mit 187 zu 0 Stimmen und mit einer Enthaltung Gesetzesänderungen dazu genehmigt. Neu geregelt wird unter anderem die Beteiligung von Innosuisse an Projekten. Gemäss dem Entscheid des Nationalrates sollen es neu zwischen 30 und 50 Prozent sein. Die Vorlage geht an den Ständerat.
CORONAVIRUS: Personen mit Covid-Zertifikat, so genannte "3G"-Zertifizierte, sollen nicht von Zugangsbeschränkungen für Veranstaltungen und Messen ausgenommen werden. Das hat das Parlament auf Antrag der Einigungskonferenz beschlossen. Der Ständerat hätte solche Privilegien für Genesene, Geimpfte und negativ Getestete gerne ins aktualisierte Covid-19-Gesetz geschrieben, fügte sich aber schliesslich dem Nationalrat. Es gebe zu viele ungelöste Fragen, etwa die Trennung von Personen mit und ohne Zertifikat, war dessen Hauptargument. Das revidierte Covid-19-Gesetz ist bereit für die Schlussabstimmung.
BUNDESFINANZEN: Der Nationalrat hat Gesetzesänderungen zugestimmt, die die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs regeln. Vorgaben zu einem zentralen Daten-Analysesystem, die bisher auf Verordnungsstufe geregelt waren, werden im Gesetz verankert. Die Änderung des Gesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) gehörte ursprünglich zu einer Sammelvorlage mit dem Titel "Administrative Erleichterungen und Entlastung des Bundeshaushalts". Die Büpf-Änderung wurde aber vom Nationalrat im Dezember für vertiefte Abklärungen in eine separate Vorlage ausgegliedert. Diese hiess der Rat nun mit 105 zu 80 Stimmen gut. Sie geht an den Ständerat.
LANDWIRTSCHAFT: Bauern sollen ihre Gülle künftig mit dem Schleppschlauch ausbringen müssen, wenn es die Bedingungen zulassen. Der Nationalrat hält am ab 2022 vom Bundesrat beschlossenen Schleppschlauch-Obligatorium fest. Eine Motion aus dem Ständerat, die es vor der Einführung wieder abschaffen und der Gebrauch dieses Systems weiter finanziell fördern wollte, lehnte der Nationalrat mit 102 zu 83 Stimmen ab. Im Nationalrat setzten sich die Minderheit der Wirtschaftskommission und der Bundesrat durch. Die Motion von Ständerat Peter Hegglin (Mitte/ZG) ist damit vom Tisch.
INTERNET: Der Bundesrat erarbeitet im Auftrag des Nationalrats eine Hochbreitbandstrategie. Dabei soll er insbesondere aufzeigen, wie die Entwicklung der Internetversorgung der Schweiz dort sichergestellt werden kann, wo der Markt in den nächsten Jahren nicht die gewünschte Versorgung mit Hochbreitband von über achtzig Megabit pro Sekunde erreicht. Die grosse Kammer hat ein entsprechendes Postulat ihrer Fernmeldekommission (KVF-N) stillschweigend an die Regierung überwiesen. Die KVF-N schlägt eine öffentliche Förderung vor, "die weder zu Wettbewerbsverzerrungen führt noch private Investitionen in den Netzausbau hemmt".
ZIVILPROZESSE: Das Parlament will bei grenzüberschreitenden Zivilprozessen den Einsatz von Videoschaltungen und Telefonkonferenzen vereinfachen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat oppositionslos eine Motion der Rechtskommission des Ständerats (RK-S) dazu angenommen. Der Vorstoss verlangt vom Bundesrat, auf eine Anpassung des Schweizer Vorbehalts zum Haager Beweiserhebungsübereinkommen hinzuwirken. Die Schweiz muss gemäss diesen Bestimmungen derzeit für internationale Befragungen jedes Mal eine einzelne Bewilligung einholen. Der Bundesrat ist mit dem Anliegen einverstanden.
LANDWIRTSCHAFT: Der Nationalrat will das Moratorium für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen erneut um vier Jahre verlängern. Er hat eine entsprechende Motion von Nationalratspräsident Andreas Aebi (SVP/BE) angenommen. Der Vorstoss geht an den Ständerat. Der Bundesrat ist jedoch bereits an der Arbeit und wird in Kürze eine Botschaft zuhanden des Parlaments verabschieden. In der Vernehmlassung war die Verlängerung des Moratoriums mehrheitlich auf Zustimmung gestossen. Im Nationalrat stellte sich lediglich die FDP dagegen. Das Moratorium besteht seit 2005 nach dem Ja zu einer Volksinitiative. Es wurde seither drei Mal verlängert. Gentechnisch veränderte Organismen dürfen in der Schweiz deshalb nur zu Forschungszwecken angebaut werden.
MOBILFUNK: Die Mobilfunkanbieter sollen bis 2024 die fünfte Generation des Mobilfunkstandards (5G) zu möglichst geringen Kosten aufbauen können. Dieses Ziel hat der Nationalrat mit der Annahme einer entsprechenden Motion der FDP-Fraktion bekräftigt. Zudem solle der Bundesrat zusammen mit der Branche die breite Bevölkerung über die künftige Mobilfunk-Generation sachgerecht informieren. Der Bundesrat ist mit dem Vorstoss einverstanden, dieser geht nun an den Ständerat. Bekämpft wurde die Motion im Nationalrat von Marionna Schlatter (Grüne/ZH). Aus ihrer Sicht drückt kein Land bei der Einführung von 5G so aufs Tempo wie die Schweiz. Das Problem der Strahlenbelastung werde zu wenig berücksichtigt.
FLUGHÄFEN: Der Nationalrat will Flughäfen als systemrelevante Infrastrukturen von der öffentlichen Ausschreibungspflicht befreien. Er hat oppositionslos eine Motion der Verkehrskommission unterstützt. Der Vorstoss, über den nun der Ständerat befinden muss, verlangt, den Sektorenmarkt der Flughäfen von der öffentlichen Ausschreibungspflicht auszunehmen. Die Nichtunterstellung der Vergabe von Konzessionen für den Betrieb eines Flughafens müsse im Gesetz geregelt werden. Eine Pflicht zu öffentlichen Ausschreibungen öffne die Tür für ausländische Investoren, sich kritische Infrastrukturen unter den Nagel zu reissen, schreibt die Kommission im Vorstoss. Der Bundesrat ist mit der Motion einverstanden.
UMWELT: Die Kantone sollen regelmässig die Anzahl Tage, an denen Luft-Schadstoffemissionen stationärer Anlagen die Grenzwerte überschreiten, veröffentlichen müssen. Das fordert der Nationalrat mit einer angenommenen Motion von Felix Wettstein (Grüne/SO). Heute werden die Messresultate mit wenigen Ausnahmen nicht öffentlich gemacht, wie der Motionär zur Begründung seines Vorstosses schreibt. Die Bevölkerung, die in der Nähe wohne, erfahre oft nicht, dass sie möglicherweise einer hohen Luftbelastung ausgesetzt sei. Der Bundesrat ist mit dem Vorstoss einverstanden, im Rat stemmte sich die SVP geschlossen dagegen. Das Geschäft geht an den Ständerat.
MOTORFAHRZEUGSTEUERN: Der Nationalrat möchte ein gemeinsames Bemessungssystem für die Motorfahrzeugsteuern, die heute von den Kantonen festgelegt werden. Dabei sollen Fahrzeuge, die wenig Schadstoffe ausstossen, begünstigt werden. Die grosse Kammer hat mit 110 zu 78 Stimmen bei 4 Enthaltungen eine Motion von Stefan Müller-Altermatt (Mitte/SO) angenommen, die eine Harmonisierung an Stelle des heutigen "Flickenteppichs" fordert. Die unterschiedlichen Steuersysteme verunsicherten Autokäuferinnen, Autokäufer und die Branche, sagte Müller-Altermatt. Der Bundesrat lehnt die Motion ab. Viele Kantone berücksichtigten schadstoffarme Fahrzeuge bereits bei der Besteuerung, macht er geltend. Sie bevorzuge das "Labor Föderalismus", sagte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga. Die Motion geht an den Ständerat.
ALTERNATIVE TREIBSTOFFE: Der Bundesrat muss in einem Bericht darlegen, wie mit Blick auf die Reduktion des CO2-Ausstosses Verkehrslösungen mit alternativen Treibstoffen getestet werden können. Hochschulen und die Industrie sollen einbezogen werden. Es fehle an konkreten Erfahrungen hinsichtlich der grossflächigen Umsetzung von autonomem und CO2-freiem Verkehr, begründete die FDP-Fraktion das Postulat, das der Nationalrat mit 110 zu 80 Stimmen überwiesen hat. Abgelehnt wurde der Vorstoss von einer Minderheit um Walter Wobmann (SVP/SO). Die Entwicklung in die gewünschte Richtung laufe bereits. Der Bundesrat ist mit dem Vorstoss einverstanden.
ENERGIE: Innerhalb von zwölf Jahren sollen die Immobilien des Bundes mit erneuerbarer elektrischer Energie versorgt werden. Der Nationalrat fordert mit einer Motion von Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG) einen Investitionsplan für eine Fotovoltaik-Offensive. In der Begründung der Motion ist von einer "praktisch autonomen Stromversorgung" durch Fotovoltaik die Rede. Eine Minderheit um Christian Imark (SVP/SO) lehnte die Motion ab. Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden, auch weil der eingereichte Text sich nicht auf die Fotovoltaik beschränkt, wie Umweltministerin Simonetta Sommaruga anmerkte. Die mit 135 zu 51 Stimmen angenommene Motion geht an den Ständerat.
PLASTIK: Der Bundesrat muss darlegen, wie in der Landwirtschaft und in der Bauwirtschaft der Verbrauch von Kunststoff gesenkt werden kann, welche umweltschonenden Alternativen zu Plastik es gibt und wie das Material rezykliert werden kann. Auch das Thema Plastikmüll muss er in einem Bericht aufnehmen. Aufgezeigt werden soll, wie die Schweiz in Bezug auf die Umweltverschmutzung durch Einwegplastik ihre Verantwortung wahrnehmen und die Abläufe im Sinne der Kreislaufwirtschaft verstärken kann. Der Nationalrat hat zwei Postulate von Beat Flach (GLP/AG) - mit 137 zu 45 Stimmen bei 6 Enthaltungen - und der Mitte-Fraktion - mit 137 zu 46 Stimmen und 7 Enthaltungen - überwiesen. Der Bundesrat ist mit den Aufträgen einverstanden.
ENERGIEVERLUSTE: Der Bundesrat muss darlegen, wie er mit Minergie-P-Massnahmen verhindern will, dass weniger Energie aus Gebäuden verloren geht. Dächer und Fassaden sollen dabei für die Produktion von Solarenergie berücksichtigt werden. Der Nationalrat hat dazu eine Motion von Christoph Eymann (LDP/BS) mit 137 zu 53 Stimmen angenommen. Christian Imark (SVP/SO) lehnte den Vorstoss ab. Die Stossrichtung sei richtig, aber der Weg zur Lösung sei ein Abbau von Regulierungen und effiziente Instrumente, die Investitionen auslösten. Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden. Die Motion geht an den Ständerat.
ÖFFENTLICHER VERKEHR: Der Bundesrat soll nach dem Willen des Nationalrats darlegen, mit welchen Massnahmen er mehr Menschen in der Schweiz dazu bringen will, vom Auto auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Auch Gesetzesanpassungen kommen für den Nationalrat infrage. Er hat vier gleichlautende Motionen aus den Reihen der Mitte-, SP-, Grüne- und GLP-Fraktion angenommen. Der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Verkehrsaufkommen liege seit 2007 bei etwa 21 Prozent. Es liege mehr drin, schrieben die Motionärinnen und Motionäre zur Begründung ihrer Vorstösse. Eine SVP/FDP-Minderheit lehnte die Motionen ab, der Bundesrat ist damit einverstanden. Die Vorstösse gehen an den Ständerat.
BAHN: Der Nationalrat pocht auf einen Ausbau der internationalen Bahnverbindungen. Der Bundesrat muss ausführen, wie das Zugangebot längerfristig gesteigert werden kann. Der Nationalrat hat dazu eine Motion von Aline Trede (Grüne/BE) mit 107 zu 77 Stimmen bei 7 Enthaltungen überwiesen, gegen den Willen einer Minderheit um Thomas Hurter (SVP/SH). Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden, die Motion geht an den Ständerat. Bereits am Mittwoch nahm der Nationalrat ein Postulat an, das eine Übersicht zum Ausbau des Nachtzug-Angebotes verlangt.
VELOS: Auf der Velo-Autobahn durch die Schweiz: Der Nationalrat fordert vom Bundesrat Abklärungen, wie ein Velo-Nationalstrassennetz zwischen den Agglomerationen aufgebaut und finanziert werden könnte. Auch Routenvorschläge soll der Bundesrat vorlegen. Der Nationalrat überwies dazu ein Postulat von Rocco Cattaneo (FDP/TI) mit 129 zu 49 Stimmen bei 11 Enthaltungen. Gegen das Postulat äusserte sich Benjamin Giezendanner (SVP/AG). Er erinnerte den Velo-Artikel in der Verfassung und stellte sich Fragen zur Finanzierung. Auch lägen die Velowege in der Kompetenz der Kantone. Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden. Giezendanners Fragen würden im Bericht aufgenommen, sagte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga.
ABFÄLLE: Der Nationalrat will wissen, wie verhindert werden kann, dass neue unverkaufte Produkte weggeworfen werden, und zwar neben Lebensmitteln auch Produkte aus dem Non-Food-Bereich. Er hat ein Postulat von Isabelle Chevalley (GLP/VD) mit 139 zu 47 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen; der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden und muss nun einen Bericht ausarbeiten. Eine Minderheit um Mike Egger (SVP/SG) lehnte das Postulat ab. Egger plädierte dafür, die Frage der Innovationskraft der Wirtschaft zu überlassen statt neue Verbote zu erlassen.
BAU: Der Bau von Gebäuden soll kompatibel werden mit dem Klimaziel "Netto-Null bis 2050". Der Bundesrat muss in einem Bericht darlegen, wie dieses Ziel erreicht und die mit dem Bau verbundene graue Energie gesenkt werden kann. Der Nationalrat hat dazu ein Postulat von Barbara Schaffner (GLP/ZH) mit 122 zu 66 Stimmen und 3 Enthaltungen überwiesen, gegen den Willen einer Minderheit um Thomas Burgherr (SVP/AG), die staatliche Massnahmen ablehnte. Im Vorstoss ist die Rede von Verwendung von Holz und nachwachsenden Dämmstoffen, Recycling und Rekarbonisierung von Beton. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden.
WASSERSTOFF: Der Nationalrat will vom Bundesrat eine nationale Strategie für nachhaltigen, grünen Wasserstoff verlangen. Die Landesregierung soll gemäss der mit 132 zu 58 Stimmen angenommenen Motion von Gabriela Suter (SP/AG) aufzeigen, was grüner Wasserstoff zur Klimaneutralität der Schweiz beitragen kann. Ein Schwerpunkt soll auf der Importstrategie für grünen Wasserstoff liegen. Der Bundesrat ist mit der Motion einverstanden; Energieministerin Simonetta Sommaruga unterstrich die Wichtigkeit der verlangten Strategie. Eine Minderheit um Christian Imark (SVP/SO) war gegen den Vorstoss. Die Motion geht an den Ständerat.
NACHRICHTENAGENTUREN: Der Bundesrat soll Szenarien für die Versorgung mit Dienstleistungen von Nachrichtenagenturen erstellen. Dabei sollen auch Modelle aufgezeigt werden, wie eine nationale Nachrichtenagentur im Sinne des Service public betrieben und finanziert werden könnte. Diesen Auftrag hat ihm der Nationalrat mit der Überweisung eines Postulats von Jon Pult (SP/GR) erteilt. Die SVP bekämpfte den Vorstoss. Sprecher Andreas Glarner (AG) witterte die Einführung einer staatlichen Nachrichtenagentur durch die Hintertür. Medienministern Simonetta Sommaruga erachtete eine Prüfung verschiedener Szenarien für sinnvoll. Die heutige Situation sei teilweise unbefriedigend.
DIGITALISIERUNG: Der Nationalrat fordert vom Bundesrat eine Analyse der geopolitischen Risiken in Zusammenhang mit dem Ausbau und der Weiterentwicklung von digitalen Infrastrukturen. Er hat ein entsprechendes Postulat von Jon Pult (SP/GR) überwiesen. Der Bundesrat ist sich der Risiken im Zusammenhang mit digitalen Infrastrukturen bewusst, wie er in der schriftlichen Stellungnahme zum Vorstoss schreibt. Verschiedene Arbeiten seien schon in Arbeit. SVP und FDP wollten die Erstellung eines weiteren Berichts zum Thema verhindern, unterlagen aber mit ihrem Antrag.
CORONAVIRUS - BILDUNG: Das Parlament erachtet die Bereitstellung von Bundesmitteln für finanzielle Notlagen von Studierenden und Auszubildenden als ausreichend. National- und Ständerat haben zwei gleichlautende Vorstösse von Ständerätin Eva Herzog (SP/BS) und Nationalrätin Franziska Roth (SP/SO) abgelehnt, die ein nationales Corona-Härtefallprogramm verlangten. Es gebe bereits heute zahlreiche Instrumente zur Unterstützung von benachteiligten Studierenden, argumentierte der Bundesrat. Die bürgerliche Mehrheit in beiden Kammern folgte ihm. Die Motionen sind erledigt.
BUNDESRAT: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat den Geschäftsbericht des Bundesrats 2020 zur Kenntnis genommen. Wegen der Corona-Krise hätten etliche Geschäfte nicht so weit vorangetrieben werden können wie vorgesehen, erklärte Bundespräsident Guy Parmelin im Rat. Entsprechend sei eine grosse Zahl von Dossiers unbefriedigend vorangekommen. Diese Arbeiten seien in der Zwischenzeit wieder aufgenommen worden, so etwa die Digitalstrategie. Das Geschäft ist nach der Kenntnisnahme durch beide Räte erledigt.
Der Ständerat in Kürze
Bern (sda)
CORONAVIRUS - SCHWEIZ: Personen mit einem Covid-Zertifikat sollen nicht von Zugangsbeschränkungen ausgenommen werden. Der Ständerat hat am Donnerstag einem entsprechenden Antrag der Einigungskonferenz zugestimmt. Ausnahmen für Geimpfte, Getestete und Genesene soll es also nicht geben. Die Einigungskonferenz folgte in diesem Punkt der grossen Kammer. Die Zustimmung im Nationalrat gilt als Formsache. Bereits geeinigt hatten sich die Räte bei der Hilfe für die Kultursparte. Sie soll Ende Jahr auslaufen, wie die anderen Unterstützungsmassnahmen auch. Der Nationalrat schwenkte in dieser Frage auf die Linie des Ständerats ein.
CORONAVIRUS - BESONDERE LAGE: Der Ständerat hat eine Motion der SVP mit 25 zu 16 Stimmen abgelehnt, die die sofortige Aufhebung der besonderen Lage verlangte. Zuvor hatte bereits der Nationalrat dem Vorstoss keine Folge gegeben. Der Bundesrat sieht laut Gesundheitsminister Alain Berset im Dreiphasenmodell vor, ab August nicht mehr auf die Möglichkeiten, die in der besonderen Lage bestehen würden, zurückzugreifen. Die Ausstiegsstrategie des Bundesrats hat sich laut Berset bewährt. Dies dürfe nun nicht aufs Spiel gesetzt werden.
CORONAVIRUS - FOLGEN: Ein Bericht soll Aufschluss über die gesellschaftlichen Auswirkungen der Corona-Massnahmen geben. Der Ständerat hat ein entsprechendes Postulat von Heidi Z'graggen (Mitte/UR) an den Bundesrat überwiesen. Im Gegensatz zur Volkswirtschaft fehlten belastbare Daten für die Folgen der Covid-19-Massnahmen für die Gesellschaft und die unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen, begründete die Postulantin ihren Vorstoss. Der Bundesrat empfahl das Postulat zur Annahme.
CORONAVIRUS - BILDUNG: Der Ständerat erachtet die Bereitstellung von Bundesmitteln für finanzielle Notlagen von Studierenden und Auszubildenden als ausreichend. Er hat einen Vorstoss von Eva Herzog (SP/BS), die mehr Unterstützung verlangte, mit 21 zu 17 Stimmen abgelehnt. In der Corona-Pandemie hätten viele Studierende ihr Einkommen verloren, erklärte Herzog. Viele würden in Branchen wie der Gastronomie, Kultur oder im Tourismus arbeiten. Es drohe eine Zunahme der Studienabbrüche. Es gebe bereits heute zahlreiche Instrumente zur Unterstützung benachteiligter Studierender, argumentierte der Bundesrat. Die Motion geht an den Nationalrat.
CORONAVIRUS - ARBEIT: Die prekäre soziale Lage vieler Kulturschaffender sowie im Dienstleistungssektor und in der Digitalwirtschaft tätiger Menschen hat sich in der Coronakrise akzentuiert. Der Ständerat hat deshalb ein Postulat an den Bundesrat überwiesen, das einen Bericht zur sozialen Lage dieser Werktätigen verlangt. Geschehen soll dies über eine Aktualisierung des Berichts "Die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden in der Schweiz" von 2007, wie der Bundesrat in seiner Antwort auf das Postulat von Marianne Maret (Mitte/VS) schreibt. Das Postulat geht an den Bundesrat.
TOURISMUS: Der Ständerat will den Tourismus mit einem auf kurzfristige finanzielle Investitionen basierenden Programm unterstützen. Er hat eine entsprechende Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) mit 36 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Bundespräsident Guy Parmelin argumentierte vergebens, dass zuerst die Tourismus-Strategie des Bundesrates abgewartet werden soll. Die Strategie werde im Herbst präsentiert. Das Geschäft geht an den Nationalrat.
BERUFSBILDUNG: Der Bundesrat muss mit den Kantonen ein Konzept für die Finanzierung der Berufsbildung ausarbeiten. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion angenommen. Den Vorschlag solle der Bundesrat dem Parlament bis Ende 2022 vorlegen, heisst es in der Motion. Der Ständerat nahm den Vorstoss deutlich mit 35 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung an. "Es geht bei dem Anliegen darum, mehr Ordnung in die Mitfinanzierung des Bundes bei der Berufsbildung zu bringen", sagte Jakob Stark (SVP/TG) für die vorberatende Kommission. Die Beteiligung des Bundes von 25 Prozent an den Kosten der Kantone solle nicht verändert werden. Das Geschäft geht an den Bundesrat.
BETREUUNG: Der Ständerat hält eine Kosten-Nutzen-Analyse über die Auswirkungen der Massnahmen von Unternehmen zu Gunsten von betreuenden Angehörigen für angezeigt. Er hat ein entsprechendes Postulat gegen den Willen des Bundesrates mit 31 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung gutgeheissen. Verlangt hatte den entsprechenden Bericht Marianne Maret (Mitte/VS). Eine solche Kosten-Nutzen-Analyse würde ihrer Ansicht nach die Unternehmensleitungen dazu ermutigen, das entsprechende Angebot auszubauen. Das Postulat geht an Bundesrat.
ARBEIT: Der Ständerat hat ein Postulat von Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL) an den Bundesrat überwiesen, das einen Bericht zur Zukunft des Arbeitsmarktes verlangt. In dem Bericht sollen die Auswirkungen der Covid-19-Krise, der Klimakrise und der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt und die Perspektiven für eine innovative, nachhaltige Berufsentwicklung dargelegt werden. Der Entscheid fiel knapp mit 18 zu 17 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
CANNABIS: Der Ständerat verlangt einen Bericht zur Regulierung von Hanf-Produkten. Im Bericht des Bundesrats sollen mögliche einheitliche Regulierungsmassnahmen für Produkte, die nicht als Haschisch konsumiert werden, dargelegt werden. Der Rat hat ein entsprechendes Postulat von Ständerat Thomas Minder (parteilos/SH) mit 30 zu 6 Stimmen an den Bundesrat überwiesen. "Der Hanf-Cannabis ist eine extrem vielseitige Pflanze", sagte Minder im Rat. Es gehe um Textilien, Öle, Medikamente und viele andere Produkte. Die aktuelle Rechtsunsicherheit sei jedoch "innovationshemmend". Das Postulat geht an den Bundesrat.
JAHRESBERICHT: Der Ständerat hat den den Geschäftsbericht des Bundesrates 2020 zur Kenntnis genommen. Wegen der Corona-Krise konnten etliche Geschäfte nicht so weit vorangetrieben werden wie vorgesehen, erklärte Bundespräsident Guy Parmelin im Rat. Entsprechend sei eine grosse Zahl von Dossiers unbefriedigend vorangekommen. Diese Arbeiten seien in der Zwischenzeit wieder aufgenommen worden, so etwa die Digitalstrategie. Das Geschäft geht an den Nationalrat.
BELÄSTIGUNGEN: An den Eidgenössisch-Technischen Hochschulen (ETH) sollen Belästigungen mit einer Sensibilisierungskampagne bekämpft werden. Weil für die grundsätzlich unbestrittene Forderung nach mehr Schutz für die Frauen an den Hochschulen aber bereits verschiedene Massnahmen ergriffen worden sind, hat der Ständerat eine entsprechende Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WAK-N) mit 22 zu 14 Stimmen abgelehnt. Damit ist das Geschäft erledigt. In den vergangenen Monaten wurden wiederholt Belästigungsfälle an den beiden ETH publik.
FRAUENBEWEGUNG: Nachdem der Bundesrat dem von der Schliessung bedrohten Gosteli-Archiv ein Gesuch um Finanzhilfe positiv beantwortet hat, ist eine entsprechende Motion im nationalen Parlament hinfällig geworden. Der Ständerat hat den Vorstoss abgelehnt, weil er bereits erfüllt sei. Weil das Gesuch der Stiftung damals noch nicht geprüft war, hatte der Nationalrat im Juni 2020 die Motion seiner Bildungskommission unterstützt. Unterdessen hat der Bundesrat das Unterstützungsgesuch bewilligt und knapp 2,3 Millionen Franken für eine Vierjahres-Periode gesprochen. Damit sei die Forderung des Vorstosses erfüllt, sagte Kommissionssprecherin Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU).
KRIEGSEXPORTE: Der Ständerat hat mit 28 zu 14 Stimmen eine Motion abgelehnt, die verlangte, kein Kriegsmaterial mehr an den Staat Saudi-Arabien und seine Kriegsallianz zu liefern. Mit dem Vorstoss verlangte SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (ZH), auch den Export von Ersatzteilen und Munition an diese Staaten zu stoppen. Der Nationalrat hatte die Motion knapp mit 97 zu 95 Stimmen angenommen. Das Geschäft ist erledigt.