Der Nationalrat in Kürze
(sda) GLÜCKSSPIELE: Wer im Lotto gewinnt, soll diesen Gewinn künftig nicht mehr versteuern müssen, so wie es heute bei Casino-Gewinnen der Fall ist. Das hat der Nationalrat am Mittwoch entschieden. Er folgte damit dem Bundesrat und wählte eine andere Linie als der Ständerat, der nur Gewinne aus Sportwetten und Lotterien von unter 1 Million Franken von den Steuern befreien will. Schon zuvor entschieden haben die Räte, dass alleine Casinos mit Sitz in der Schweiz Online-Spiele anbieten dürfen. Die Webseiten nicht zugelassener Spiele-Anbieter sollen gesperrt werden. In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat das Geldspielgesetz mit 130 zu 54 Stimmen bei 8 Enthaltungen gut.
HANDELSREGISTER: Der Nationalrat hat die Vorlage zur Modernisierung des Handelsregisters bereinigt. Im Streit um die Schwelle für einen Eintrag ins Register für Einzelunternehmen hat er sich dem Ständerat angeschlossen. Der Nationalrat hatte einen Umsatz ab 500'000 Franken als Grenze setzen wollen. Die SVP wollte dabei bleiben, unterlag aber. Der Ständerat, der das Geschäft als Erstrat behandelte, beharrte dagegen auf einem Umsatzerlös ab 100'000 Franken pro Geschäftsjahr, der heutigen Regelung. Dieser Variante hat sich der Nationalrat nun angeschlossen. Seine Rechtskommission will aber vom Bundesrat prüfen lassen, ob die Schwelle für den Handelsregistereintrag für Einzelunternehmen erhöht werden kann.
GERICHTE I: Annie Rochat Pauchard ist neue Richterin am Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Die Westschweizerin ist von der Vereinigten Bundesversammlung mit 181 von 182 gültigen Stimmen gewählt worden. Sie ersetzt die ebenfalls französischsprachige Marie-Chantal May Canellas, die ans Bundesgericht gewechselt hat. Als neue nebenamtliche Richterin am Bundesgericht wählte das Parlament Cordula Lötscher aus Basel. Der Anwalt und Oberst Stefan Wehrenberg aus Erlenbach ZH ist von der Vereinigten Bundesversammlung zum neuen Richter am Militärkassationsgericht gewählt worden.
GERICHTE II: Das Parlament schafft eine eigenständige Berufungskammer am Bundesstrafgericht, welche den Rechtsschutz in Straffällen stärken soll. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist nun unter Dach, nachdem der Nationalrat eine Differenz zum Ständerat ausgeräumt hat. Die Revision sieht vor, dass künftig bei allen Straffällen in der Zuständigkeit des Bundes auch der Sachverhalt von zwei unabhängigen Instanzen beurteilt werden kann. Die erste ist das Bundesstrafgericht, die zweite die neue Berufungskammer. Heute kann ein Urteil des Bundesstrafgerichts nur beim Bundesgericht angefochten werden. Dieses kann zwar die Anwendung der rechtlichen Grundlagen prüfen, nicht aber den Sachverhalt.
MEDIENFREIHEIT: Die Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen soll unter Umständen straflos sein. Der Nationalrat beantragt, das Strafgesetzbuch entsprechend zu ändern. Er stimmte oppositionslos für einen entsprechenden Gesetzesentwurf seiner Rechtskommission. Nach geltendem Recht ist die Veröffentlichung amtlicher Geheimnisse grundsätzlich unter Strafe zu stellen. Der Richter kann nur dann von der Strafe absehen, wenn das Geheimnis "von geringer Bedeutung" ist. Mit der Änderung würde das Gesetz der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) angepasst. Neu wäre dadurch eine gerichtliche Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und dem Veröffentlichungsinteresse gesetzlich vorgeschrieben.
DATEN: Das heute eingesetzte System zur Erfassung biometrischer Daten soll ab 2020 ersetzt werden. Der Nationalrat hat als Erstrat den Wechsel unterstützt und einen Verpflichtungskredit von 33 Millionen Franken mit 180 zu 5 Stimmen gutgeheissen. Das heutige System wurde 2010 in Betrieb genommen und dient zur Erfassung von Fingerabdrücken oder Gesichtsbildern. Die biometrischen Daten werden zum Beispiel für Pässe, Visa oder Ausländerausweise benötigt.
AUFSICHT: Der Nationalrat hat die Jahresberichte der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) und der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) beider Räte für das Jahr 2016 zur Kenntnis genommen. Themen, welche die parlamentarischen Aufsichtsorgane beschäftigten, waren etwa die Sistierung des Rüstungsprojekts BODLUV, der Cyberangriff auf die RUAG oder Geheimverträge zwischen der Schweiz und dem Ausland.
GEMEINDEN: Das Parlament hat das Zusatzprotokoll des Europarats zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung genehmigt. Nach dem Ständerat gab auch der Nationalrat mit 105 zu 66 Stimmen seine Zustimmung zu einer Ratifikation. Das Protokoll verpflichtet die Mitgliedstaaten unter anderem dazu, Bürgerinnen und Bürgern in ihrer Gebietskörperschaft das aktive und das passive Wahlrecht einzuräumen. Laut Justizministerin Simonetta Sommaruga erfüllt die Schweiz die Anforderungen des Zusatzprotokolls schon heute. Das Land könne damit aber zeigen, dass die aktive Mitgestaltung der Bürgerinnen und Bürger am Gemeindeleben ein echter Mehrwert sei.
WAFFEN: Die Verschärfung des EU-Waffenrechts soll Schützinnen und Schützen in der Schweiz bei ihrem Hobby nicht einschränken. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion von Werner Salzmann (SVP/BE), die er mit 118 zu 58 Stimmen und 3 Enthaltungen unterstützte. Das EU-Parlament hatte den Verschärfungen im Waffenrecht am Dienstag definitiv zugestimmt. Die Schweiz als Schengen-Mitgliedstaat muss die neuen Regeln übernehmen. Für Museen, Sammler und auch für Sportschützen sind indes Ausnahmen möglich. Justizministerin Simonetta Sommaruga unterstützte den Vorstoss und verwies auf das Engagement des Bundes für die Tradition der Schützenvereine.
IMAME: Der Bundesrat muss sich mit der Ausbildung von Imamen in der Schweiz befassen. Der Nationalrat hat ihm mit einem knapp angenommenen Postulat einen entsprechenden Prüfungsauftrag erteilt. Die Nein-Stimmen kamen von SVP und FDP. Maja Ingold (EVP/ZH) forderte in ihrem Postulat einen Bericht zu Vorgaben für eine Ausbildung von islamischen Geistlichen. Im Visier hat Ingold vor allem erzkonservative Prediger, die in Schweizer Moscheen eine Version des Islam verbreiten, "die kaum mit Schweizer Werten vereinbar ist". Der Bundesrat erklärte sich mit dem Postulat einverstanden, weil er in dieser Hinsicht ebenfalls Klärungsbedarf sah.
FLÜCHTLINGSFRAUEN: Der Bundesrat muss die Situation von Flüchtlingsfrauen in der Schweiz analysieren. Das verlangt der Nationalrat mit einem angenommen Postulat von Yvonne Feri (SP/AG). Flüchtlingsfrauen seien besonders sexueller Gewalt, Belästigung und Ausbeutung ausgesetzt, machte Feri geltend. Das gelte nicht nur im Krisengebiet, aus dem sie fliehen würden, sondern auch während der Flucht und sogar im Land, in dem sie Asyl beantragten. Der Bundesrat soll vor diesem Hintergrund den Umgang der Schweiz mit geflüchteten Frauen untersuchen.
DATENAUSTAUSCH: Der Bundesrat muss in einem Bericht darlegen, wie der Datenaustausch und die Kommunikation zwischen den kantonalen Polizeibehörden sowie zwischen dem Grenzwachtkorps, den Bundes- und den kantonalen Polizeibehörden verbessert werden kann. Der Nationalrat hat ein Postulat aus den Reihen der CVP mit 106 zu 68 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen. Der Bundesrat hatte sich dagegen gestellt. Das Anliegen werde bereits umgesetzt, stellte Justizministerin Simonetta Sommaruga fest. Einen Bericht dazu zu verfassen, sei nicht sinnvoll.
PATCHWORKFAMILIEN: Kinder aus Patchworkfamilien sollen bei der Erbfolgeregelung nicht mehr benachteiligt werden. Der Nationalrat hat den Bundesrat beauftragt, in einem Bericht mögliche Änderungen im Zivilgesetzbuch aufzuzeigen. Die Zahl der Patchworkfamilien sei in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen, begründete Philippe Nantermod (FDP/VS) seinen Vorstoss. Die geltende Erbfolgeregelung werde dieser Entwicklung nicht gerecht, sie gehe immer noch von einer "traditionellen" Familie aus. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulates. Er will die geforderte Analyse in die Botschaft zur Revision des Erbrechts integrieren.
DISKRIMINIERUNG: Der Bundesrat wird nicht ersucht, einen konkreten Aktionsplan zur Stärkung des Diskriminierungsschutzes im schweizerischen Recht auszuarbeiten. Der Nationalrat stimmte gegen eine Motion seiner Rechtskommission, welche Betroffenen den Zugang zur Justiz erleichtern wollte. Mit dem geforderten Aktionsplan hätten Mängel behoben werden sollen, auf die das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) hingewiesen hatte. Die grössten Lücken sieht das SKMR beim Diskriminierungsschutz von Homosexuellen, Bisexuellen, Trans- und Intersex-Menschen (LGBTI). Der Bundesrat war gegen einen solchen Aktionsplan, da bereits diverse Projekte in diesem Bereich aufgegleist wurden. Der Vorstoss ist damit vom Tisch.
KESB: Der Nationalrat will den Bericht über die Evaluation des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts abwarten, bevor er dieses wieder ändert. Er hat zwei Vorstösse zur KESB abgelehnt. Justizministerin Simonetta Sommaruga sagte, der Bericht sei verfasst. Der Bundesrat werde demnächst darüber befinden, noch in diesem Monat. Der Bericht enthalte Zahlen, Fakten und "vielleicht die eine oder andere Überraschung". Jetzt konkrete Gesetzgebungsaufträge zu erteilen, sei nicht sinnvoll, befand die Justizministerin. Sie warnte auch davor, aus Einzelfällen - beziehungsweise der Berichterstattung darüber - Schlüsse zu ziehen. Oft sei nicht der ganze Fall bekannt. Seit das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht in Kraft ist, wurden im Parlament über 20 Vorstösse dazu eingereicht.
AMTSGEHEIMNIS: Der Nationalrat will das Amtsgeheimnis von Amtsträgern und Angestellten in öffentlichen Verwaltungen nicht lockern. Er hat eine Motion aus dem Ständerat mit 135 zu 41 Stimmen abgelehnt, gegen den Willen der SP. Der Ständerat hätte die Bestimmung im Strafgesetzbuch insofern ändern wollen, als öffentliche Angestellte oder Amtsträger geheim zu haltende Daten in der Verwaltung hätten weitergeben können, wenn ein öffentliches Interesse an dieser Amtsgeheimnisverletzung überwiegt. Er hatte eine Motion von Claude Janiak (SP/BL) deutlich angenommen. Nach dem Entscheid des Nationalrates ist der Vorstoss vom Tisch.
PATEN: Der Bundesrat muss nicht prüfen, wie gefördert werden könnte, dass Patinnen und Paten Flüchtlinge unterstützen. Der Nationalrat hat ein Postulat von Claude Béglé (CVP/VD) mit 94 zu 85 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Der Bundesrat hatte sich dafür ausgesprochen. Er setzt insbesondere bei der Aufnahme von Flüchtlingsgruppen auf Paten- oder Mentoringmodelle. Verschiedene Kantone förderten solche Modelle schon heute, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Dagegen sprach sich Roland Büchel (SVP/SG) aus. Es brauche nicht den Staat, sondern das Engagement einzelner und der Flüchtlinge.
FEIERTAG: Der Nationalrat will nicht mit einem nationalen Feiertag an die Einführung des Frauenstimmrechts erinnern. Er hat eine Motion der ehemaligen Nationalrätin Aline Trede (Grüne/BE) mit 127 zu 48 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Trede wollte den Bundesrat beauftragen, den 16. März zum nationalen Feiertag zu machen. Am 16. März 1971 war das Frauenstimmrecht eingeführt worden. Justizministerin Simonetta Sommaruga betonte, der Bundesrat teile die Auffassung der Motionärin, dass es sich um einen Meilenstein in der Entwicklung der Demokratie handle. Der Bundesrat sei aber gegen die Einführung eines zweiten nationalen Feiertags. Heute gibt es nur einen nationalen Feiertag, den 1. August.
SPORTVERBÄNDE: Der Bundesrat muss nicht in einem Bericht darlegen, ob grosse internationale Sportverbände wie die FIFA mit einer Änderung der Rechtsform künftig besser reguliert werden können. Der Nationalrat hat sich gegen ein Postulat von Cédric Wermuth (SP/AG) ausgesprochen. Der Bundesrat wäre zu einer solchen Analyse bereit gewesen. Das Postulat wurde von Felix Müri (SVP/LU) bekämpft. Wermuth verlange scheinbar einzig einen harmlosen Bericht - im Grunde genommen wolle er aber, dass die Rechtsform geändert werde, sagte Müri. "Und das wollen wir nicht".
LOHNDUMPING: Der Nationalrat will nicht gesetzlich vorschreiben, dass Löhne zwingend in Franken ausgezahlt werden müssen. Er lehnte eine entsprechende Motion von Marina Carobbio (SP/TI) ab. Diese wollte verhindern, dass Löhne in Euro ausgezahlt oder an einen fiktiven Wechselkurs gebunden werden. Gewisse Unternehmen würden im Umfeld der Frankenstärke so die Reallöhne senken und Betriebsrisiken auf die Angestellten abwälzen, argumentierte sie. Eine solche Abwälzung sei nicht legal, sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Mit der heutigen Gesetzgebung sei dieser Punkt genügend geklärt.
LOBBYING: Der Nationalrat will nicht, dass Namen von Lobbyisten, die lediglich mit einer Tagesgenehmigung ins Parlamentsgebäude kommen, auf einer Liste veröffentlicht werden. Er hat eine parlamentarische Initiative der Grünen Fraktion mit 112 zu 53 Stimmen abgelehnt. Eine alle Tagesbesucher betreffende Registrierungspflicht würde über das Ziel hinausschiessen, befand eine Mehrheit der Staatspolitischen Kommission (SPK). Mit einer anderen parlamentarischen Initiative angeregte neue Regeln für mehr Transparenz beim Lobbying und Akkreditierungen seien zudem schon in Arbeit.
ASYL: Werden Minderjährige, die ohne Begleitung in der Schweiz um Asyl bitten, volljährig, soll vor dem Asylentscheid nicht das Ende einer Ausbildung abgewartet werden, die sie begonnen haben. Der Nationalrat hat eine Motion von Jacques Bourgeois (FDP/FR), der Rücksicht auf solche Ausbildungen verlangte, mit 111 zu 71 Stimmen abgelehnt. Könnten sie eine Ausbildung in der Schweiz beenden, seien die Jugendlichen für die Zukunft besser gerüstet. Ebenso hätte Bourgeois erwirken wollen, dass alle Kantone bei der Betreuung von minderjährigen Asylsuchenden die Kinderrechte respektieren und die Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrer Bedürfnisse betreuen müssen. Der Bundesrat hatte sich gegen die Motion ausgesprochen.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ZWEITWOHNUNGEN: Der Ständerat will das Zweitwohnungsgesetz nicht aufweichen. Er hat eine Motion des Walliser CVP-Ständerats Beat Rieder abgelehnt, mit 22 zu 18 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Rieder verlangte, dass Hotels nicht nur teilweise, sondern ganz zu Zweitwohnungen umgebaut werden können. Die heutige Regelung war Teil der Abmachung zwischen den Fraktionschefs von SVP und FDP mit dem Komitee der Zweitwohnungsinitiative. Der Kompromiss bewog die Initianten dazu, auf ein Referendum gegen das Umsetzungsgesetz zu verzichten. Die Gegner sahen deshalb die Glaubwürdigkeit des Parlaments in Gefahr. "Wir sind der Ständerat", sagte etwa Werner Luginbühl (BDP/BE). "Wir können Grundsätze wie Rechtssicherheit und Verlässlichkeit nicht einfach über Bord werfen."
LUFTFAHRT: Die Sicherheit in der Luftfahrt soll verbessert werden. Der Ständerat hat als Zweitrat eine Revision des Luftfahrtgesetzes gutgeheissen. Die Räte sind sich aber nicht in allen Punkten einig. Geht es nach dem Bundesrat und dem Ständerat, soll künftig im Funkverkehr zwischen Piloten und Flugsicherung über der Schweiz ausschliesslich Englisch gesprochen werden. Heute kann der Funkverkehr in einer Landessprache oder in Englisch erfolgen. Das berge die Gefahr von Missverständnissen, sagte Bundesrätin Doris Leuthard. Der Ständerat sprach sich mit 21 zu 18 Stimmen für "English only" aus. Der Nationalrat war dagegen gewesen.
HELIKOPTER: Die Räte wollen verhindern, dass Helikopterpiloten mit 60 Jahren in den Ruhestand geschickt werden. Ohne Gegenstimme unterstützte der Ständerat eine Motion aus dem Nationalrat, die den Verzicht auf eine Altersgrenze fordert. Der Vorstoss richtet sich gegen eine EU-Verordnung, welche die Limite bei 60 Jahren ansetzt. Die Schweiz müsste diese übernehmen, heute gilt aber eine Ausnahme. Abgelehnt hat die kleine Kammer hingegen eine Motion, die die Schweizer Helikopterfliegerei generell Schweizer Recht unterstellen wollte. Sie befürchtete Schwierigkeiten für Fluggesellschaften, die die EU anfliegen.
SPARMASSNAHMEN: Der Ständerat hat dem Antrag der Einigungskonferenz zum Stabilisierungsprogramm oppositionslos zugestimmt. Diese hatte sich bei den beiden verbleibenden Differenzen zu den Sparmassnahmen in den kommenden beiden Jahren für einen Kompromiss entschieden: In einem Punkt obsiegte der Nationalrat, im anderen der Ständerat. Gekürzt werden damit die Integrationsbeiträge des Bundes an die Kantone, nicht aber die Beiträge zur Prämienverbilligung. Mit den Beschlüssen würden im Jahr 2018 rund 755 Millionen und im Jahr 2019 rund 820 Millionen Franken gespart. Der Bundesrat wollte den Bundeshaushalt gegenüber dem Finanzplan etwas stärker entlasten, um 898 Millionen beziehungsweise 978 Millionen Franken.
CO2-ABGABE: Nach 2020 sollen sich Unternehmen aller Wirtschaftszweige von der CO2-Abgabe befreien lassen können. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat angenommen, den Text aber abgeändert. Heute können sich jene Unternehmen befreien lassen, die einer dazu berechtigten Branche angehören. Um der CO2-Abgabe zu entgehen, müssen sie aufzeigen, wie sie den CO2-Ausstoss reduzieren wollen. Der Bundesrat wird nun beauftragt, allen Unternehmen aus Wirtschaftszweigen, die durch die CO2-Abgabe belastet werden, unter Wahrung der Verhältnismässigkeit eine Befreiung von der CO2-Abgabe zu ermöglichen. Das Zauberwort sei "unter Wahrung der Verhältnismässigkeit", sagte Umweltministerin Doris Leuthard.
ENERGIEWENDE: Das Parlament verlangt vom Bundesrat, beim Erlass von rechtlichen Bestimmungen im Energie- und Umweltschutzbereich "nicht dauernd höhere Anforderungen an die Nutzung von Alternativenergien zu stellen". Auch soll er die Kantone dazu auffordern, das nicht zu tun. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat angenommen. In der Kommission sei die Wirksamkeit einer solchen Motion bezweifelt worden, sagte Sprecher Werner Luginbühl (BDP/BE). Andererseits falle es auch schwer, gegen einen Vorstoss zu sein, der etwas Selbstverständliches fordere. Auch Energieministerin Doris Leuthard stellte fest, die Motion beinhalte keinen konkreten Auftrag. Sie wisse nicht so recht, was sie damit anfangen solle.
INTERNET: Der Ständerat will die Versorgung der Schweiz mit Hochbreitbandverbindungen nicht allein dem Markt überlassen. Er hat mit 7 zu 13 Stimmen eine Initiative des Kantons Tessin angenommen, die dort eine Intervention des Bundes verlangt, wo sich die Telekomunternehmen aus marktpolitischen Gründen zurückhalten. CVP-Nationalrat Stefan Engler (CVP) argumentierte, dass viele Unternehmen in Randregionen Nachteile erlitten, weil die Infrastruktur nicht zur Verfügung stehe. Andere Redner betonten, das Anliegen sei zu wichtig, um es dem Markt zu überlassen. Obwohl die Kommission das Anliegen anerkennt, hatte sie sich gegen die Initiative ausgesprochen. Sie möchte das Thema im Rahmen der laufenden Revision des Fernmeldegesetzes aufgreifen.
FISCHER: Fischer, die in Flüssen und Bächen fischen, sollen auch in Zukunft keine Widerhaken benutzen dürfen. Der Ständerat hat einstimmig eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, die eine Lockerung des Verbots verlangte. Heute ist das Angeln mit Widerhaken grundsätzlich verboten, es gibt jedoch Ausnahmen: Für den Einsatz in Seen können die Kantone das Angeln mit Widerhaken gestatten. Der Tessiner CVP-Nationalrat Fabio Regazzi hält das für eine ungerechtfertigte Diskriminierung. Roberto Zanetti (SP/SO), Präsident des Schweizerischen Fischerei-Verbands, erinnerte daran, dass es sich bei Verbot um das Resultat von Verhandlungen zwischen Fischern, Tierschützern und Bundesbehörden handle.
NACHTFAHRVERBOT: Das Nachtfahrverbot für Lastwagen wird nicht verkürzt. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat diskussionslos abgelehnt. Der Vorstoss ist damit erledigt. Fabio Regazzi (CVP/TI) verlangte, dass das Nachtfahrverbot nur noch zwischen 22 Uhr und 4 Uhr gilt statt wie bisher bis 5 Uhr. Wenn Lastwagen nicht zur selben Zeit unterwegs seien wie Pendler, gäbe es weniger Staus, und die Lieferungen kämen rechtzeitig an, argumentierte er. Der Nationalrat hatte die Motion mit 98 zu 93 Stimmen angenommen. Bundesrätin Doris Leuthard stellte sich dagegen. Aus Sicht des Lärmschutzes sei die Lockerung nicht zu akzeptieren.
HOLZ: Der Nationalrat möchte die Gewichtslimite für Rohholz-Transporte von 40 Tonnen auf 44 Tonnen erhöhen. Damit soll die Holzwirtschaft gefördert werden. Der Ständerat hat eine Motion von Sägewerk-Besitzer Jean-François Rime (SVP/FR) mit diesem Anliegen nun aber einstimmig abgelehnt. Die Erhöhung der Gewichtslimite sei keine Lösung für die Probleme der Branche, sagte Kommissionssprecher Olivier Français (FDP/VD). Verkehrsministerin Doris Leuthard warnte, wenn die Holzindustrie eine Ausnahme bekomme, würden andere Branchen zu Recht das gleiche verlangen.
SCHWERMETALL: Die Schweiz muss Schwermetall-Emissionen weiter reduzieren, vor allem Blei, Cadmium und Quecksilber. Dazu ist sie aufgrund des Übereinkommens über grenzüberschreitende Luftverunreinigung mit Schwermetallen verpflichtet. Wegen ihrer Giftigkeit müssen Schwermetalle so weit begrenzt werden, wie es technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. 2012 ist das Abkommen darum an den Stand der Technik angepasst worden. Der Ständerat hat die Änderung einstimmig genehmigt. Weil die Schweiz die Normen bereits erfüllt, sind keine Anpassungen auf nationaler Ebene nötig.
STRASSEN: Der Ständerat hat eine Standesinitiative des Kantons Tessin abgelehnt. Dieser verlangte, dass zusätzliche 400 Kilometer Kantonsstrassen in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) aufgenommen werden. Zudem sollte die Verbindung zwischen der A2 und der A13 bei der Finanzierung via NAF Priorität haben. Das erste Anliegen ist mit dem Ja in der Volksabstimmung vom 12. Februar bereits erfüllt. Das zweite soll im Rahmen des Strategischen Entwicklungsprogramms behandelt werden.
GERICHTE: Annie Rochat Pauchard ist neue Richterin am Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Die Westschweizerin ist von der Vereinigten Bundesversammlung mit 181 von 182 gültigen Stimmen gewählt worden. Sie ersetzt die ebenfalls französischsprachige Marie-Chantal May Canellas, die ans Bundesgericht gewechselt hat. Als neue nebenamtliche Richterin am Bundesgericht wählte das Parlament Cordula Lötscher aus Basel. Der Anwalt und Oberst Stefan Wehrenberg aus Erlenbach ZH ist von der Vereinigten Bundesversammlung zum neuen Richter am Militärkassationsgericht gewählt worden.