Der Nationalrat und der Ständerat in Kürze

(sda) ALTERSVORSORGE: Die Reform der Altersvorsorge hat am Freitagmorgen die letzte Hürde im Parlament genommen. Beide Räte hiessen die Vorlage in der Schlussabstimmung gut. Das Votum galt als Formalität. Im Gegensatz zur Abstimmung vom Vortag, bei der im Nationalrat eine absolute Mehrheit von 101 Stimmen nötig war, reichte in der Schlussabstimmung die relative Mehrheit. Der nächste Schritt ist die Volksabstimmung. Diese ist auf den 24. September angesetzt. Die Zustimmung von Volk und Ständen ist nötig, weil für eine Mehrwertsteuer-Erhöhung die Verfassung angepasst werden muss. Weitere wichtige Elemente der Reform sind die Anhebung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre und die Senkung des Umwandlungssatzes in der obligatorischen beruflichen Vorsorge.

SESSIONSENDE: Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte die Frühjahrssession abgeschlossen. 19 Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach. Neben der Reform der Altersvorsorge beschlossen die eidgenössischen Räte unter anderem eine Entlastung bei den Krankenkassenprämien für Familien und junge Erwachsene, Massnahmen gegen Schwarzarbeit sowie ein Sparprogramm für die kommenden zwei Jahre.

VORSTÖSSE: Der Nationalrat war in der Frühjahrssession nicht nur bei den gewichtigen Vorlagen fleissig. Er hat 117 parlamentarische Vorstösse abgearbeitet. Allerdings seien während der Session 250 neue Vorstösse eingereicht worden, sagte Nationalratspräsident Jürg Stahl (SVP/ZH) nach den Schlussabstimmungen. Dass nach dieser Woche mit "stahlblauem Himmel" nun fürs Wochenende schlechtes Wetter angesagt sei, dafür könne er nichts, fügte der Ratspräsident an.

FILM: Der Nationalrat will die SRG verpflichten, bei Auftragsproduktionen und filmtechnischen Dienstleistungen unabhängige Schweizer Anbieter zu berücksichtigen. Er hat eine Motion mit diesem Ziel diskussionslos angenommen. Die grosse Kammer will damit die Branche stärken und vor wettbewerbsverzerrender Konkurrenz schützen. Der Bundesrat ist bereit, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass diese künftig einen bestimmten Anteil der Aufträge erhalten. Einen Vorschlag will er dem Parlament mit dem geplanten neuen Gesetz über elektronische Medien unterbreiten.

TERRORISMUS: Religiöse Stiftungen sollen schärfer überwacht werden. Der Nationalrat hat diskussionslos eine Motion der Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala mit dieser Forderung angenommen. Sie hatte sich beim Bundesrat über Art und Anzahl kirchlicher Stiftungen und religiöser Vereine erkundigt. Sie wollte auch wissen, ob es eine Risikoanalyse gebe und wie Missbräuche verhindert würden. Die Auskünfte stellten sie nicht zufrieden. Mit der Motion verlangt sie daher mehr Transparenz und eine bessere Aufsicht. Hintergrund ist der Verdacht, dass religiöse Gemeinschaften in Finanzkriminalität und Terrorfinanzierung verwickelt sein könnten. Der Bundesrat erklärte sich bereit, den Auftrag anzunehmen. Nun muss noch der Ständerat über die Motion befinden.

DATEN: Der Bundesrat soll dafür sorgen, dass Unternehmen nicht die gleichen Daten und Informationen an verschiedene Behörden liefern müssen. Der Nationalrat hat eine Motion mit diesem Ziel diskussionslos angenommen. Ziel ist des, den Aufwand für die Unternehmen zu reduzieren. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Auftrag anzunehmen. Dieser entspreche einer wichtigen Stossrichtung der Strategie Digitale Schweiz. Nun muss sich noch der Ständerat zur Motion äussern.

ZUWANDERUNG: Der Bundesrat muss die Wirkung der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative überwachen. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion, die er stillschweigend angenommen hat. Die CVP-Fraktion, von der der Vorstoss stammt, hält die Wirkung der im letzten Dezember beschlossenen Umsetzungsgesetzgebung für fraglich. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Auftrag entgegenzunehmen. In seiner Stellungnahme zum Vorstoss erinnerte er daran, dass ihn das Gesetz ohnehin schon zu einem Monitoring verpflichte.

LEBENSMITTEL: Der Nationalrat will nicht gegen das Verbrennen von Lebensmittelabfällen vorgehen. Er hat mit 102 zu 82 Stimmen bei 10 Enthaltungen beschlossen, eine parlamentarische Initiative von Isabelle Chevalley (GLP/VD) abzuschreiben. Die Wissenschaftskommissionen von National- und Ständerat hatten der Initiative Folge gegeben. Die Nationalratskommission kam aber anschliessend zum Schluss, Gesetzesänderungen seien nicht der richtige Weg. Chevalley schlug vor, das Verbrennen von Lebensmittelabfällen entweder zu verbieten oder verbindliche Ziele festzulegen. Noch immer würden in der Schweiz jährlich über 100'000 Tonnen Lebensmittelabfälle verbrannt, kritisierte sie.

JUGENDSESSION: Der Nationalrat hat eine Petition der Jugendsession, die für Militärdienst und Zivildienst gleich lange Dienstzeiten und gleiche Zugangsbedingungen forderte, abgelehnt. Die Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) war der Ansicht, dass der Zivildienst damit noch attraktiver würde und es noch schwieriger würde, die Bestände der Armee zu halten. Die Minderheit fand, beide Dienste hätten denselben Wert für die Gesellschaft. Eine zweite Petition der Jugendsession, die ein Bonus/Malus-System für Gebäudeheizungen verlangt hatte, lehnte der Rat ebenfalls ab. Die vorberatende Kommission hatte auf die CO2-Abgabe, das Gebäudeprogramm und die laufende Revision des CO2-Gesetzes verwiesen.

 

 

Parlament verabschiedet 19 Vorlagen 
 

(sda) Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Frühjahrssession abgeschlossen. 19 Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach:

mit 100 zu 93 Stimmen bei 4 Enthaltungen (Nationalrat) und 27 zu 18 Stimmen (Ständerat) das Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020, das eine Erhöhung des Frauenrentenalters, eine Senkung des Umwandlungssatzes in der zweiten Säule und eine Erhöhung der AHV-Neurenten um 70 Franken enthält;

mit 101 zu 92 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 27 zu 18 Stimmen der Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer;

mit 139 zu 55 Stimmen bei 3 Enthaltungen und 36 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung das Gesetz über das Stabilisierungsprogramm, das Sparmassnahmen im Umfang von 755 Millionen Franken im Jahr 2018 und von 820 Millionen Franken im Jahr 2019 vorsieht;

mit 192 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung und 32 zu 6 Stimmen bei 7 Enthaltungen eine Änderung des Krankenversicherungsgesetzes, mit der Familien und junge Erwachsene weniger Krankenkassenprämien zahlen müssen;

mit 197 zu 0 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen eine Änderung des Invalidenversicherungsgesetzes, mit welcher Familien mehr Geld erhalten, die schwerkranke oder schwerbehinderte Kinder zu Hause pflegen;

mit 111 zu 81 Stimmen bei 5 Enthaltungen und 29 zu 12 Stimmen bei 4 Enthaltungen Änderungen des Gesetzes gegen die Schwarzarbeit, die den Missbrauch des vereinfachten Abrechnungsverfahrens für Löhne und AHV verhindern sollen;

mit 125 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 38 zu 7 Stimmen der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zum Übereinkommen über Zwangsarbeit;

mit 133 zu 64 Stimmen und 43 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen eine Revision des Binnenschifffahrtgesetzes, mit der die Sicherheitsaufsicht neu geregelt wird;

mit 197 zu 0 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen eine Revision des Handelsregisterrechts, mit der das Handelsregister modernisiert wird;

mit 141 zu 56 Stimmen und 43 zu 1 Stimme bei 1 Enthaltung Änderungen des Stromversorgungsgesetzes, mit welchen die Vorränge bei Stromlieferungen aus dem Ausland neu geregelt werden;

mit 148 zu 39 Stimmen bei 10 Enthaltungen und 44 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung das Tabaksteuergesetz, mit dem der Wasserpfeifentabak bei der Besteuerung mit Feinschnitttabak gleichgestellt wird;

mit 197 zu 0 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen Änderungen des Steuerharmonisierungsgesetzes, mit welchen die Besteuerung von Maklerprovisionen vereinheitlicht wird.

mit 114 zu 81 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 38 zu 7 Stimmen der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Zusatzprotokolls zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung;

mit 195 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 45 zu 0 Stimmen eine Revision des Finanzkontrollgesetzes, mit der der Direktor der Finanzkontrolle mehr Kompetenzen erhält;

mit 132 zu 65 Stimmen und 38 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Verordnung über die Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht, mit welcher die Anzahl Richterstellen befristet aufgestockt wird;

mit 137 zu 58 Stimmen bei 1 Enthaltung und 40 zu 5 Stimmen eine Änderung des Strafbehördenorganisationsgesetzes, mit der am Bundesstrafgericht eine Berufungskammer geschaffen wird;

mit 134 zu 62 Stimmen und 40 zu 5 Stimmen eine Änderung der Richterverordnung und der Verordnung über die Richterstellen am Bundesstrafgericht;

mit 197 zu 0 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen eine Änderung des BVG-Gesetzes, mit der die Pensionskassen für die Kosten der Oberaufsicht aufkommen müssen;

mit 195 zu 0 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Ministererklärung über die Ausdehnung des Handels mit Produkten der Informationstechnologie, mit der Zölle auf Computern und anderen IT-Produkten abgeschafft werden.

Über die Reform der Altersvorsorge wird das Stimmvolk in jedem Fall entscheiden. Die anderen Vorlagen unterliegen dem fakultativen Referendum.