Nationalrat uns ständerat

Bern (sda)

SCHLUSSABSTIMMUNGEN: Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Herbstsession abgeschlossen. 22 Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach, darunter das CO2-Gesetz und das Covid-19-Gesetz, mit welchem die Corona-Notverordnungen wo notwendig in ordentliches Recht überführt werden. Bei diesen zwei Vorlagen steht ein Referendum im Raum. Auch weitere 18 Vorlagen unterliegen dem fakultativen Referendum. Ausgenommen sind die zwei Abstimmungsempfehlungen zur Trinkwasser- und zur Pestizidinitiative.

PARLAMENT: Nicht bestätigte und zurückgetretene Parlamentsmitglieder können weiterhin eine Überbrückungshilfe beantragen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das Parlament sieht keinen Grund, daran etwas zu ändern. Nach dem Ständerat ist auch der Nationalrat nicht auf eine Vorlage eingetreten, welche die Überbrückungshilfe abschaffen wollte. Der Entscheid fiel mit 106 zu 81 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Das Geschäft ist damit erledigt. Die Überbrückungshilfe können ehemalige Ratsmitglieder unter 65 Jahren in Anspruch nehmen, wenn sie nach Ausscheiden aus dem Parlament keinen gleichwertigen Ersatz für das Einkommen als Ratsmitglied erzielen können oder bedürftig sind.

AUSSCHAFFUNGSHAFT: In der Schweiz sollen Minderjährige nicht länger in Ausschaffungshaft genommen werden dürfen. Der Nationalrat hat mit 95 zu 93 Stimmen bei 6 Enthaltungen eine Standesinitiative aus dem Kanton Genf angenommen. Der Nationalrat liess nach einem Ordnungsantrag ein zweites Mal über die Initiative abstimmen, weil das erste Votum gegen eine Annahme mit 95 zu 95 Stimmen bei 3 Enthaltungen und dem Stichentscheid von Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD) äusserst knapp ausfiel. Das Geschäft geht zurück in den Ständerat.

CORONAVIRUS: Die Corona-Krise hat Schwächen bei der Versorgung aufgedeckt. Der Nationalrat hat stillschweigend drei Motionen angenommen, die für Abhilfe sorgen sollen. Ein Vorstoss verlangt, dass das Konzept der Pflichtlagerhaltung überprüft wird. Eine zweite Motion fordert Ethanol-Pflichtlager. Schliesslich will der Nationalrat, dass der Bundesrat die Lehren für das Gesundheitssystem aus der Krise zieht. Dieser ist einverstanden mit den Aufträgen, will die Arbeiten aber erst nach Bewältigung der Pandemie in Angriff nehmen. Mit den Vorstössen befasst sich nun der Ständerat.

GLEICHSTELLUNG: Der Nationalrat will die Bestimmungen zu den vorgeschriebenen Lohnanalysen in Unternehmen ab hundert Angestellten nicht verschärfen. Er hat vier Vorstösse abgelehnt, die Anpassungen des erst seit kurzem in Kraft getretenen Gleichstellungsgesetzes verlangten - gegen den Willen von SP, Grünen und GLP. Gemäss dem geänderten Gleichstellungsgesetz müssen Unternehmen mit hundert oder mehr Beschäftigten prüfen, ob sie ihre Angestellten beim Lohn diskriminieren. Es ist erst seit dem 1. Juli in Kraft; bis Ende 2021 müssen die ersten betriebsinternen Analysen durchgeführt werden. Der Linken sind die Bestimmungen zu wenig griffig.

GÜTERTRANSPORT: Der Nationalrat will die Arbeitsbedingungen von Camioneuren verbessern. Er hat stillschweigend eine Motion mit diesem Ziel angenommen: Den Fahrerinnen und Fahrern soll verboten werden, die wöchentliche Ruhezeit im Fahrzeug zu verbringen. Diese könnten gezwungen sein, ganze Wochen in ihren Fahrzeugen zu verbringen, Wochenenden eingeschlossen, begründete der Tessiner SP-Nationalrat Bruno Storni seinen Vorstoss. Das gelte insbesondere für Fahrpersonal aus Osteuropa, das zu extrem tiefen Löhnen angestellt werde. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen. Die Motion geht nun an den Ständerat.

HILFLOSIGKEIT: Der Nationalrat verlangt vom Bundesrat, dass der Ausweis für den Bezug einer Hilflosenentschädigung künftig automatisch ausgestellt wird. Er hat stillschweigend eine Motion mit dem Anliegen angenommen. Der Ausweis berechtigt zu Vergünstigungen. Zudem kann er als Nachweis dienen für Kinder ohne sichtbare Behinderung. Mit der automatischen Zustellung des Ausweises soll die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen erleichtert werden. Zudem wird eine Gleichstellung mit Personen mit einer IV-Rente erreicht. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.

GEFAHRGUT: Der Bundesrat soll den Bericht über die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs mit Zahlen zum Gefahrguttransport ergänzen. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion, die er stillschweigend angenommen hat. Motionärin Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne/GE) kritisierte, dass der Bundesrat die Publikation der Angaben über Gefahrentransporte eingestellt hat. In seiner Stellungnahme hielt der Bundesrat fest, dass er die Entwicklung bis 2021 beobachte. Er zieht auch ein Verbot von Gefahrguttransporten über die Simplon-Passstrasse in Betracht, sollte die Branche nicht von sich aus einen stärkeren Verlad auf die Schiene erreichen. Als nächstes entscheidet der Ständerat.

ORDNUNGSBUSSEN: Polizistinnen und Polizisten, die Ordnungsbussen verteilen, sollen auf der Quittung oder dem Bedenkfristformular nicht mehr ihren ganzen Namen vermerken müssen. Stattdessen sollen sie lediglich ihre Matrikelnummer angeben. Der Nationalrat hat einen entsprechenden Vorstoss stillschweigend angenommen. Mit der Massnahme sollen Polizisten nicht mehr ihre Identität offenlegen müssen und sollen so besser vor Angriffen geschützt sein. Der Vorstoss geht an den Ständerat.

PLASTIKABFALL: Die Schweiz soll nicht nur PET-Flaschen, sondern auch Plastikabfälle flächendeckend separat sammeln und wiederverwerten. Der Nationalrat hat stillschweigend einen entsprechenden Vorstoss angenommen. In der Schweiz würden nur gerade 11 Prozent der entsorgten Plastikabfälle stofflich verwertet, obwohl eine Verwertung von bis zu 31 Prozent möglich wäre, argumentieren die Motionäre. Das Geschäft geht an den Ständerat.

AUSSENPOLITIK: Der Bundesrat soll in seiner aussenpolitischen Strategie die Auswirkungen der multipolar gewordenen und vom Duopol USA-China beherrschten Welt für die Schweiz darlegen. Der Nationalrat hat stillschweigend eine Motion von Yves Nidegger (SVP/GE) angenommen. Der Rat will mehrere Optionen zu Freihandelsabkommen und eine "institutionelle Einbringung in die EU" geprüft wissen. Es sei am Bundesrat, mit dem Parlament, diejenige Antwort zu finden, die der aktuellen Situation am besten gerecht werde und die sicherste sei, um der veränderten Weltordnung die Stirn zu bieten, hatte Nidegger in der Motion geschrieben. Der Bundesrat war mit der Motion einverstanden. Diese geht nun an den Ständerat.

PETITIONEN: Der Nationalrat hat zwei Petitionen stillschweigend abgelehnt. So soll es kein neues Bundesgesetz geben, das schweizweit die Ausbildung von Taxifahrerinnen und Taxifahrern regelt. Zudem soll es in der Schweiz kein Pflichtpfand auf Getränkedosen und Getränkeflaschen geben. Eine dritte Petition, die Sofortmassnahmen für den Fischschutz bei Wasserkraftwerken verlangte, wurde mit 104 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Die Vorstösse sind damit vom Tisch.