Nationalrat
Bern (sda)
99-PROZENT-INITIATIVE: Der Nationalrat hat mit 123 zu 62 Stimmen die Initiative der Juso ohne Gegenentwurf zur Ablehnung empfohlen. Für eine Annahme votierten SP und die Grüne. Die Initiative verlangt, dass Kapitaleinkommen, die einen bestimmten Betrag übersteigen, im Umfang von 150 Prozent besteuert werden. Die Mehreinnahmen sollen dafür verwendet werden, die Steuern von Personen mit tiefen und mittleren Löhnen zu senken sowie die soziale Wohlfahrt auszubauen. Ein Gegenentwurf, der eine Besteuerung von 100 statt 150 Prozent vorsieht, wurde ebenfalls mit 123 zu 62 Stimmen abgelehnt. Als nächstes entscheidet der Ständerat.
DATENSCHUTZ: Nach einer dreijährigen Debatte ist die Totalrevision des Datenschutzgesetzes bereit für die Schlussabstimmung. Der Nationalrat hat den höheren Hürden beim automatisierten Auswerten von Personendaten im letzten Moment zugestimmt. Er nahm am Donnerstag den Antrag der Einigungskonferenz mit 134 zu 42 Stimmen bei einer Enthaltung an. Dieser entsprach dem Kompromissvorschlag des Ständerats. Wenn Firmen Daten von Personen sammeln, müssen sie sich dann an verschärfte Vorschriften halten, wenn mit der Datenverknüpfung wesentliche Aspekte der Betroffenen beurteilt werden können. Hauptziel der Vorlage des Bundesrats ist es, die 28 Jahre alten Regeln zum Datenschutz einem Update zu unterziehen. Die Schweiz hat nun gute Aussichten, dass sie weiterhin zum europäischen Datenraum zählen wird und der gegenseitige Datenverkehr ohne administrativen Mehraufwand fliessen kann.
VERTRÄGE: Der Ruf nach mehr Schutz für Konsumentinnen und Konsumenten bei automatischen Vertragsverlängerungen ist verhallt. Der Nationalrat hat eine Vorlage seiner Kommission im zweiten Anlauf abgelehnt. Weil auch der Ständerat Nein gesagt hat, bleibt es beim Status quo. Die von der Nationalratskommission ausgearbeitete Gesetzesänderung sah vor, dass Konsumenten spätestens ein Monat vor der erstmaligen automatischen Verlängerung eines Vertragsverhältnisses benachrichtigt werden müssen. In der Nachricht sollte ausdrücklich auf das vereinbarte Recht zur Beendigung des Vertrages hingewiesen werden. Dagegen stemmten sich Vertreterinnen und Vertreter von SVP-, FDP- und Mitte-Fraktion. Sie kritisierten die Vorlage als gesetzlichen Eingriff in die Vertragsfreiheit.
COVID-GESETZ: Das vieldiskutierte Covid-19-Gesetz ist auf der Zielgeraden. Nach dem Bereinigen der Differenzen bei den Finanzhilfen für Selbstständige und Härtefälle haben die Räte auch der Dringlichkeitsklausel zugestimmt - der Nationalrat mit 165 zu 17 Stimmen; der Ständerat mit 44 zu 0 Stimmen. Die Vorlage wird somit - passiert sie die Schlussabstimmung - bereits am Samstag in Kraft treten. Der Bundesrat will mit der Vorlage die Corona-Notverordnungen, die er seit dem Frühjahr erlassen hat, wo notwendig in ordentliches Recht überführen. Die Gesetz gilt in weiten Teilen bis Ende 2021.
ASYLGESETZ: Asylsuchende mit einem S-Status sollen ihre Familien weiterhin sofort in die Schweiz holen dürfen und nicht drei Jahre warten müssen. Der Nationalrat ist auf eine entsprechende Gesetzesänderung mit 112 zu 78 Stimmen bei einer Enthaltung nicht eingetreten. Das Geschäft geht zurück auf einen Vorstoss von alt FDP-Ständerat Philipp Müller (AG). Er wollte mit der Anpassung erreichen, dass die Anwendung des S-Status für die Behörden attraktiver wird. Denn bis heute ist der S-Status, der für den Fall einer Massenflucht in die Schweiz geschaffen wurde, nie aktiviert worden. Das Geschäft geht zurück an den Ständerat.
GESCHLECHT: Menschen mit einer Transidentität und Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung sollen ihr Geschlecht und den Vornamen im Personenstandsregister unbürokratisch ändern lassen können. Nach dem Ständerat unterstützt auch der Nationalrat diesen Vorschlag. Der Nationalrat hiess die entsprechende Anpassung des Zivilgesetzbuches mit 121 zu 61 Stimmen bei 13 Enthaltungen gut. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat. Noch geklärt werden muss die Frage, ob bei Minderjährigen für die Änderung die Zustimmung der Eltern oder der gesetzlichen Vertreter erforderlich ist. Der Nationalrat strich den fraglichen Artikel aus der Vorlage. Der Ständerat und der Bundesrat dagegen befürworten die Zustimmung der Eltern.
FREIHANDEL: Der Nationalrat hat drei Standesinitiativen der Kantone Jura, Freiburg und Bern abgelehnt, die verlangten, Palmöl bei den Freihandelsgesprächen mit Indonesien respektive einem allfälligen Freihandelsabkommen mit Malaysia auszuklammern. Weil der Ständerat im vergangenen Dezember ebenfalls Nein gesagt hatte, sind die Initiativen erledigt. Die Ratslinke argumentierte erfolglos, dass es kein nachhaltiges Palmöl gebe. Die Nachhaltigkeitskriterien im Abkommen mit Indonesien seien "reine Augenwischerei". Bereits bei der Beratung des Abkommens im Parlament hatte die Linke erfolglos beantragt, zusätzliche Bestimmungen zur Nachhaltigkeit in den Beschlusstext aufzunehmen. Weil ein Referendum gegen das Abkommen zustande gekommen ist, hat das Volk das letzte Wort.
MUTTERSCHAFT: Selbstständigerwerbende sollen im Falle einer Mutterschaft Anspruch auf Betriebszulagen erhalten. Das will das Parlament. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion aus dem Ständerat angenommen - mit 127 zu 44 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Mit Betriebszulagen wird ein Teil der Kosten entschädigt, die trotz Mutterschaft weiterhin anfallen. Wehrdienstpflichtige erhalten dafür zusätzlich 67 Franken pro Tag. Es sei nicht einzusehen, warum das für Selbstständigerwerbende bei Mutterschaft anders sein sollte, hatte alt Ständerätin Liliane Maury Pasquier (SP/GE) ihre Motion begründet. Der Bundesrat zeigte sich mit dem Vorstoss einverstanden. Er muss ihn nun umsetzen.
KINDERRECHTE: Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat gegen den Willen des Bundesrats für die Schaffung einer Ombudsstelle für Kinderrechte ausgesprochen. Er hat die entsprechende Motion von Ruedi Noser (FDP/ZH) mit 137 zu 46 Stimmen bei einer Enthaltung gutgeheissen. Die Landesregierung muss nun die entsprechenden Gesetzesgrundlagen ausarbeiten. Innenminister Alain Berset wehrte sich vergeblich gegen den Vorstoss. Es gebe bereits heute eine grosse Zahl von Akteuren in diesem Bereich. Auch der Zugang zu rechtlichen Anlaufstellen sei durch spezielle Kinderanwälte in den Kantonen sichergestellt. Die Befürworter wollten Lücken in diesem Bereich schliessen und damit auch Forderungen der Uno und des Europarats erfüllen.
GESUNDHEIT: Versicherer sollen Arzt- und Spitalrechnungen auch im elektronischen Patientendossier (EPD) ablegen können. Der Nationalrat hat als Erstrat gegen den Willen des Bundesrats der entsprechenden Motion seiner Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) mit 149 zu 34 Stimmen zugestimmt. Versicherte profitierten von einem Zusatznutzen des EPD und hätten einfacher und schneller Zugriff auf ihre Rechnungen, sagte Ruth Humbel (CVP/AG). Das sei ein zusätzlicher Anreiz zur Nutzung des EPD. Für Gesundheitsminister Alain Berset handelt es sich um "eine falsche gute Idee". Wenn man die Rechnungen ins EPD implementiere, bringe man dessen Einführung in Gefahr, da es eine hochkomplexe und heikle Angelegenheit sei.
NAHRUNGSMITTEL: Der Bundesrat soll prüfen, wie hoch die Kosten für Unternehmen bei einer Einführung des Nährwert-Indikators Nutri-Score wären. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat seiner Gesundheitskommission an den Bundesrat überwiesen. Der Entscheid fiel knapp mit 94 zu 90 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Der Bundesrat soll nun in einem Bericht die Wirksamkeit von Nutri-Score analysieren. Dabei handelt es sich um eine auf Ampelfarben basierende Lebensmittelkennzeichnung. Auch in der Schweiz verwenden inzwischen einige Unternehmen den Nutri-Score auf freiwilliger Basis. Die Gegner warnten des Vorstosses vor einer gesetzlich verankerten Ampelpflicht.
ARZNEIMITTEL: Der Bundesrat soll klären, wie Menschen besser vor Nebenwirkungen von Arzneimitteln geschützt werden können. Auf Beschluss des Nationalrats soll er zudem prüfen, wie Menschen, die durch das Epilepsiemedikament Depakine geschädigt worden sind, Rechtsschutz erhalten. Der Nationalrat überwies das Postulat mit 108 zu 77 Stimmen. Umstritten war vor allem der Rechtsschutz. Der Bundesrat lehnte einen Rechtsschutz für Depakine-Geschädigte durch das Bundesamt für Sozialversicherungen als nicht sinnvoll ab. Den Opfern stehe das Zivilverfahren offen. Der Rat überwies das Anliegen trotzdem.
SCHIEFERGAS: Ein 25-jähriges Moratorium in der Schweiz für die Förderung und den Import von Schiefergas ist vom Tisch. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine entsprechende Standesinitiative des Kantons Genf mit 102 zu 83 Stimmen abgelehnt. Christian Wasserfallen (FDP/BE) begründete die Ablehnung damit, dass die Bewilligungen und gesetzlichen Grundlagen in der Verantwortung der Kantone lägen. Ein Verbot für 25 Jahre sei zudem unverhältnismässig und ökonomisch nicht sinnvoll. Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative argumentierten in beiden Räten, die Schiefergasförderung sei nicht mit den energie- und klimapolitischen Zielen der Schweiz vereinbar.
BAUKULTUR: Der Nationalrat will die Restaurierung historischer Baudenkmälern nicht vorantreiben. Er hat eine Motion abgelehnt, die zusätzliche 50 Millionen Franken für solche Vorhaben verlangte. Von den Umbauten profitieren sollte die regionale Wirtschaft. Mit 115 zu 73 Stimmen bei einer Enthaltung stimmte die grosse Kammer gegen die Motion ihrer Kulturkommission (WBK). Der Vorstoss hat sich damit erledigt. Peter Keller (SVP/NW) warnte davor, statt einem Kulturerbe ein Schuldenerbe zu hinterlassen. Die Baubranche brauche keine zusätzliche Stimulierung, weil sie weniger als andere von der Corona-Krise betroffen sei.
POST: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat drei Standesinitiativen keine Folge gegeben, die die Schliessung von klassischen Poststellen verhindern wollten. Grund für das Nein ist, dass der Auftrag für eine Gesetzesvorlage bereits erteilt ist. Im Herbst 2018 gaben die Räte einer Standesinitiative des Kantons Jura Folge. Auf diese will sich die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats (KVF) nun konzentrieren. Die Umsetzung der jurassischen Initiative ist im Gang, seit die Gesamtschau zur Post vorliegt. Die Anliegen der drei Standesinitiativen aus Basel-Stadt, Genf und Solothurn sollen in den Gesetzesvorschlag aufgenommen werden. Die Initiativen sind nach dem Nein der beiden Räte erledigt.
FLUSSKREUZFAHRT: Schweizer Flusskreuzfahrtunternehmen sollen ausländische Arbeitnehmende nicht leichter anstellen können. Der Nationalrat hat eine Motion aus dem Ständerat stillschweigend abgelehnt. Damit bleibt es beim Status quo. Die Motion von alt Ständerat Claude Janiak (SP/BL) verlangte, Schweizer Flusskreuzfahrtunternehmen auf dem Rhein und der Donau die Einstellung ausländischer Arbeitnehmenden zu erleichtern. Schweizer Flusskreuzfahrtunternehmen schafften es immer weniger, ihr Personal in der Schweiz und im EU-Raum zu rekrutieren. Die Mehrheit der Nationalratskommission argumentierte, dass mit der Annahme der Motion das Bewilligungsprozedere für Arbeitnehmende aus Drittstaaten umgangen würde.
Ständerat
Bern (sda)
KULTUR: National- und Ständerat haben sich auf die Kulturbotschaft 2021-2024 geeinigt. Zuletzt ging es noch um Finanzhilfen durch das Bundesamt für Kultur. Die kleine Kammer erklärte sich einverstanden, den Beitrag um 1,2 Millionen Franken aufzustocken. Damit soll Memoriav, der Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz, unterstützt werden. Auf die Aufstockung der Mittel für den Austausch zwischen den Sprachregionen verzichtete der Ständerat. Die Kulturbotschaft umfasst insgesamt fünf Gesetzesänderungen und acht Finanzierungsbeschlüsse. Die Kredite summieren sich nun auf 957 Millionen Franken. Verschoben wurde die Diskussion über die Lex Netflix, die Investitionen ausländischer Streamingdienste ins einheimische Filmschaffen verlangt.
DATENSCHUTZ: Nach einer dreijährigen Debatte ist die Totalrevision des Datenschutzgesetzes bereit für die Schlussabstimmung. Der Nationalrat hat den höheren Hürden beim automatisierten Auswerten von Personendaten im letzten Moment zugestimmt. Er nahm den Antrag der Einigungskonferenz mit 134 zu 42 Stimmen bei einer Enthaltung an. Dieser entsprach dem Kompromissvorschlag des Ständerats - dieser selbst stimmte mit 44 zu 0 Stimmen zu. Wenn Firmen Daten von Personen sammeln, müssen sie sich dann an verschärfte Vorschriften halten, wenn mit der Datenverknüpfung wesentliche Aspekte der Betroffenen beurteilt werden können. Hauptziel der Vorlage des Bundesrats ist es, die 28 Jahre alten Regeln zum Datenschutz einem Update zu unterziehen. Die Schweiz hat nun gute Aussichten, dass sie weiterhin zum europäischen Datenraum zählen wird und der gegenseitige Datenverkehr ohne administrativen Mehraufwand fliessen kann.
COVID-GESETZ: Das vieldiskutierte Covid-19-Gesetz ist auf der Zielgeraden. Nach dem Bereinigen der Differenzen bei den Finanzhilfen für Selbstständige und Härtefälle haben die Räte auch der Dringlichkeitsklausel zugestimmt - der Nationalrat mit 165 zu 17 Stimmen; der Ständerat mit 44 zu 0 Stimmen. Die Vorlage wird somit - passiert sie die Schlussabstimmung - bereits am Samstag in Kraft treten. Der Bundesrat will mit der Vorlage die Corona-Notverordnungen, die er seit dem Frühjahr erlassen hat, wo notwendig in ordentliches Recht überführen. Die Gesetz gilt in weiten Teilen bis Ende 2021.
FORSCHUNG: Die Schweiz soll bei der nächsten Generation des EU-Forschungsprogrammes Horizon dabei sein können. Der Ständerat hat die für die Teilnahme in den Jahren 2021 bis 2017 notwendigen Gelder in Höhe von 6,15 Milliarden Franken mit 37 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen gesprochen. Doch erst wenn die Botschaft verabschiedet ist, kann die Schweiz mit der EU über die Assoziierung an Horizon Europe verhandeln. Das Mandat dafür bedeute die Zustimmung zur Vorlage allerdings noch nicht, betonte Parmelin. Zunächst ist aber der Nationalrat am Zug.
GLEICHSTELLUNG: Der Bundesrat soll dafür sorgen, dass alle massgeblichen Statistiken und Studien des Bundes nach Geschlechtern aufgeschlüsselt sind. Auswirkungen von Situationen auf die Geschlechter sollen untersucht und dargestellt werden. Das fordert der Ständerat mit einer Motion von Eva Herzog (SP/BS), die er mit 27 zu 15 Stimmen unterstützte. Herzog nannte die geforderte umfassende Datenbasis einen wichtigen Schritt zur Gleichstellung. Die Motion geht nun an den Nationalrat.
LANDWIRTSCHAFT I: Vor zwei Jahren hatten die angekündigten Einschnitte bei der Forschungsanstalt Agroscope das Parlament in Aufruhr versetzt. Inzwischen hat der Bundesrat den Kurs geändert. Den Räten genügt das noch nicht ganz: Sie dringen darauf, die Agrarforschung zu stärken. Mit einer Motion verlangen sie vom Bundesrat, sämtliche Einsparungen, die mit der Agroscope-Reform erzielt werden, der Forschung zukommen zu lassen. Der Bundesrat muss auch die Umwandlung von Agroscope in eine öffentlich-rechtliche Anstalt prüfen. Der Ständerat verlangt zudem, die Forschung an resistenten Sorten zu verstärken. Das soll es erlauben, den Pestizideinsatz zu reduzieren.
LANDWIRTSCHAFT II: Bauern sollen ihre Gülle künftig nicht zwingend mit dem Schleppschlauch ausbringen müssen. Gleichzeitig soll der Gebrauch dieses Systems weiterhin finanziell gefördert werden. Der Ständerat hat dazu eine Motion mit 27 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Diese geht nun an den Nationalrat. Einen Ordnungsantrag von Roberto Zanetti (SP/SO), die Motion der zuständigen Kommission zum Prüfen zu übergeben, lehnte der Rat ab. Eher sollte die Motion behandelt und für die Landwirtschaft Planungssicherheit geschaffen werden, fanden mehrere Ratsmitglieder.
HEIRATSSTRAFE: Der Ständerat hat eine Standesinitiative des Kantons Aargau zur Abschaffung der Heiratsstrafe mit 22 zu 18 Stimmen abgelehnt. Wie die 2016 gescheiterte CVP-Initiative wollte diese die gemeinsame Besteuerung auf Verfassungsebene festschreiben, jedoch ohne die umstrittene Ehe-Definition. Diese Lösung ist umstritten, SP und FDP plädieren für die Individualbesteuerung. Den Ausschlag gab aber die Tatsache, dass der Bundesrat bereits an einer Vorlage arbeitet. Mit einer ersten Version war er letztes Jahr im Parlament aufgelaufen.
MEDIZIN: Der Bundesrat soll aufzeigen, wie in der Schweiz mehr Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden könnten. Er hat mit 20 zu 18 Stimmen eine Motion von Marina Carobbio Guscetti mit dieser Forderung angenommen. Carobbio Guscetti verlangte unter anderem eine Überprüfung der Aufnahmebedingungen oder ein grösseres Weiterbildungsangebot. Bildungsminister Guy Parmelin hatte sich gegen die Motion ausgesprochen. Er wies unter anderem auf die zusätzlichen Ausbildungsplätze hin, die in den letzten Jahren geschaffen worden seien. Die Zahl der Master-Abschlüsse soll bis 2025 um die Hälfte erhöht werden. Die Motion geht nun an den Nationalrat.
PHARMA: Der Bundesrat muss prüfen, wie der Pharma- und Biotech-Forschungs- und Unternehmensstandort Schweiz gesichert und gestärkt werden kann. Der Ständerat hat ein Postulat mit diesem Auftrag angenommen. Die Covid-Krise habe die Bedeutung der Branche in Erinnerung gerufen, sagte Martin Schmid (FDP/GR). Das gelte es für die Zukunft zu sichern. Es sei wichtig, dass die Schweiz an der Spitze bleibe, sagte Forschungsminister Guy Parmelin. Der Bundesrat hatte das Postulat zur Annahme empfohlen.
ZWANGSARBEIT: Der Ständerat will klären lassen, ob die Schweiz ein Einfuhrverbot für Waren verhängen soll, die in Zwangsarbeit hergestellt worden sind. Er hat eine Motion von Carlo Sommaruga (SP/GE), die vor allem auf Produkte aus China zielt, der zuständigen Kommission zur Prüfung zugewiesen. Gemäss der Motion müsste dem Verbot entsprechend ein Verfahren für die Kontrolle von Waren einrichten und sich auf Informationen von internationalen Institutionen, Forschungszentren und Privaten stützen.
WEINBAU: Der Ständerat lässt abklären, wie in der Corona-Krise den Schweizer Weinproduzenten geholfen werden kann. Eine Motion von Marianne Maret (CVP/VS), die fordert, dass Wein-Importeure auch Schweizer Wein in den Handel bringen müssten, hat er der zuständigen Kommission zugewiesen. Maret nannte die Situation des Schweizer Rebbaus "besorgniserregend". Der Bundesrat lehnt den Vorstoss ab. Eine Hilfe in der schwierigen Lage ist für ihn die Deklassierung von Schweizer Weinen. Pro Liter deklassierten AOC-Wein erhalten die Winzer einen Beitrag von 2 Franken.
ARBEITSMARKT: Der Ständerat lässt vom Bundesrat prüfen, wie in der Corona-Krise jungen Leuten der Einstieg in den Arbeitsmarkt mit Berufspraktika erleichtert werden könnte. Mit Stichentscheid von Präsident Hans Stöckli (SP/BE) hat er dazu ein Postulat von Daniel Jositsch (SP/ZH) angenommen. Mit solchen Praktika könnten Kenntnisse vertieft, Erfahrungen in der Arbeitswelt gesammelt und Netzwerke geknüpft werden, sagte Jositsch. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab. Wirtschaftsminister Guy Parmelin verwies auf die bereits bestehenden Möglichkeiten. Abgelehnt hat der Ständerat eine Motion von Jositsch, die einen Fonds verlangte, um die Anstellung von Lehrenden und jungen Berufsleuten zu fördern.
RESERVEN: Der Bundesrat soll Überlegungen dazu anstellen, wie Unternehmen dazu gebracht werden können, Reserven für Krisen anzulegen. Der Ständerat hat ein Postulat von Ruedi Noser (FDP/ZH) angenommen, das die abgeschafften Arbeitsbeschaffungsreserven wieder ins Spiel bringt. In der Corona-Krise habe sich gezeigt, dass Hunderte kleine und mittelgrosse Firmen offensichtlich keinen grossen Anreiz hätten, Reserven zu bilden, sagte Noser dazu. Wirtschaftsminister Guy Parmelin entgegnete, dass sich die 1951 eingeführten Arbeitsbeschaffungsreserven nicht bewährt hätten. Es gebe andere Stabilisierungsmassnahmen, etwa die Kurzarbeit.
E-VOTING: Der Ständerat will vorderhand keine Forderungen zum Neustart von E-Voting stellen. Er hat gleich drei Vorstösse dazu stillschweigend abgelehnt, auf Antrag seiner Staatspolitischen Kommission (SPK). Bund und Kantone haben Gespräche aufgenommen für einen neuen Versuchsbetrieb für die elektronische Stimmabgabe (E-Voting). Diesem Projekt wollte die Kommission keine Steine in den Weg legen. Im Juni 2019 hatte der Bundesrat entschieden, dass E-Voting vorläufig nicht als ordentlicher Stimmkanal eingeführt wird. Ein möglicher neuer Versuchsbetrieb wird derzeit gemäss strengeren Sicherheitsanforderungen neu konzipiert.
PETITIONEN: Der Ständerat hat zwei Petitionen abgelehnt. Mit einer davon verlangte die Jugendsession eine Anschubfinanzierung für einen automatisierten öffentlichen Nahverkehr. Nach Ansicht der Ratsmehrheit gibt es in dem Bereich genügend Förderinstrumente. Mit einer zweiten Petition verlangte eine Privatperson ein 5G-Verbot. Der Ständerat ist der Ansicht, dass die Bevölkerung und Umwelt genügend geschützt sind. Der Nationalrat hatte beide Petitionen schon früher verworfen.