Der Nationalrat und der Ständerat in Kürze

(sda) SCHLUSSABSTIMMUNGEN: Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Sommersession abgeschlossen. 16 Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach. Verabschiedet wurde etwa der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Klimaübereinkommens von Paris, der die Schweiz verpflichtet, bis 2030 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 50 Prozent zu senken. Auch eine Änderung des Bundesgesetzes über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung meisterte die parlamentarische Hürde. Während fünf Jahren stehen nun neue Subventionen in Höhe von 96,8 Millionen Franken zur Verfügung. Über die Verlängerung der Erhebung der Mehrwert- und der Bundessteuer bis 2035 wird noch das Stimmvolk entscheiden, weil dafür eine Änderung der Verfassung nötig ist. Die anderen Vorlagen unterliegen dem fakultativen Referendum.

STAATSHAFTUNG: Der Staat soll künftig haften, wenn Gewalt- oder Sexualstraftäter rückfällig werden, die bedingt entlassen wurden oder Vollzugslockerungen erhielten. Der Nationalrat hat es mit 109 zu 77 Stimmen bei 10 Enthaltungen abgelehnt, eine parlamentarische Initiative von Natalie Rickli (SVP/ZH) abzuschreiben. Der Initiative hatten die Rechtskommissionen beider Räte zugestimmt. Damit konnte die Nationalratskommission eine Vorlage ausarbeiten. Im Zuge der Arbeiten gelangte sie jedoch zur Überzeugung, dass eine derartige Haftung das System der stufenweisen Wiedereingliederung infrage stellen würde. Die Mehrheit im Nationalrat sieht das anders, sie verlangt eine Vorlage.

VERWAHRUNG: Die Rechtskommission des Nationalrates hat bis im Sommer 2019 Zeit, Gesetzesänderungen zur Verwahrung auszuarbeiten. Der Nationalrat hat stillschweigend einer Fristverlängerung für die Umsetzung einer parlamentarischen Initiative von Natalie Rickli (SVP/ZH) zugestimmt. Diese fordert, dass schwere Gewalt- oder Sexualstraftäter automatisch verwahrt werden, wenn sie rückfällig geworden sind. Die Rechtskommissionen von National- und Ständerat hatten der Initiative Folge gegeben. Die Nationalratskommission will nun Anhörungen durchführen, bevor sie über das weitere Vorgehen beschliesst.

EHE: Die Rechtskommission des Nationalrates hat bis im Sommer 2019 Zeit, eine Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative "Ehe für alle" auszuarbeiten. Der Nationalrat hat beschlossen, die Frist zu verlängern. Den Antrag der SVP, den Vorstoss abzuschreiben, lehnte er mit 118 zu 71 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Die Initiative verlangt, dass auch homosexuelle Paare heiraten dürfen. Nach der Zustimmung der Kommissionen beider Räte begann die Nationalratskommission mit den Arbeiten zur Umsetzung. Sie kam indes zum Schluss, dass sie dafür auf Abklärungen der Verwaltung angewiesen ist.

ADOPTION: Wer ein Kind adoptiert, soll künftig das Recht auf einen bezahlten Mutterschafts- oder Vaterschaftsurlaub erhalten. Das verlangt eine parlamentarische Initiative von Marco Romano (CVP/TI), welcher die vorberatenden Kommissionen beider Räte zugestimmt haben. Die Nationalratskommission hat nun bis im Sommer 2019 Zeit, einen Erlassentwurf auszuarbeiten. Der Nationalrat hat stillschweigend einer Fristverlängerung zugestimmt.

AUTOS: Der Nationalrat verlangt vom Bundesrat gesetzliche Grundlagen für selbst fahrende Autos. Er hat zwei Motionen mit dieser Forderung stillschweigend angenommen. Eine davon stammt von der FDP-Fraktion, die andere vom Tessiner CVP-Nationalrat Fabio Regazzi. Beide verlangen vom Bundesrat, sich des Problems frühzeitig anzunehmen und die nötigen Gesetzesänderung auszuarbeiten. Die Regierung hatte sich bereit erklärt, den Auftrag entgegenzunehmen. Die Motionen gehen nun an den Ständerat.

ANHÄNGER: Anhänger und Wohnwagen sollen auf Autobahnen künftig 100 Stundenkilometer schnell fahren dürfen. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion, die er stillschweigend angenommen hat. Heute gilt ein Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde. FDP-Nationalrat Thierry Burkart (AG), der den Vorstoss eingereicht hatte, geht es um die Sicherheit: Autos mit Anhänger würden häufig von Lastwagen überholt, was zu gefährlichen Situationen führe und den Verkehrsfluss behindere, argumentiert er. Der Bundesrat teilt diese Ansicht. Er stellte in seiner Stellungnahme klar, dass er der Forderung mit einer Verordnungsänderung nachkommen könnte. Die Motion geht nun an den Ständerat.

TIERE: Schweizer Nutztiere werden in der Tierverkehrsdatenbank verzeichnet. Während bei Rindern alle Geburten, Standortwechsel oder Schlachtungen eingetragen sind, ist bei Schafen nur die Identität registriert. Das möchte der Nationalrat ändern. Er hat eine Motion des Berner SVP-Nationalrats Andreas Aebi angenommen, der verlangt, dass für Schafe die gleichen Vorgaben wie für Rinder und Pferde gelten. Seiner Meinung nach würde das die Rückverfolgbarkeit von Schweizer Schaffleisch sichern und das Vertrauen der Konsumenten stärken. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Auftrag entgegenzunehmen. Die Motion geht nun an den Ständerat.

ROBOTER: Der Bundesrat muss untersuchen, welche Auswirkungen die Robotisierung, künstliche Intelligenz und die Digitalisierung auf das Steuerwesen und auf die Finanzierung der Sozialversicherungen haben werden. Das verlangt der Nationalrat mit einem Postulat. Die Grundannahme ist, dass die Robotisierung und die Digitalisierung in der Wirtschaft zu einer Änderung des Verhältnisses zwischen Kapitalerträgen und Arbeitseinkommen führen werden. Der Bundesrat hatte sich bereit gezeigt, sich der Fragestellung anzunehmen.

SICHERHEIT: Der Nationalrat will vorhandenes Know-how besser für die Sicherheit der Schweiz nutzbar machen. Er hat den Bundesrat mit der Ausarbeitung zweier Berichte dazu beauftragt. Einer soll differenzierte Kriterien für die Diensttauglichkeit untersuchen. Ziel ist es, dass die Armee ihren Bedarf an Know-how zur Abwehr neuer Bedrohungen wie Cyberangriffe oder autonome Systeme decken kann. Der andere Bericht soll die Förderstrategie des Bundes zur Stärkung von Unternehmen beleuchten, die aufgrund der besonderen Natur ihre Technologie oder ihrer Tätigkeit für den wirtschaftlichen Fortschritt und für die nationale Sicherheit wesentlich sind. Darin sollen auch Anreize für die Entwicklung solcher Technologien untersucht werden.

PETITIONEN: Der Nationalrat hat beschlossen, einer Petition der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht für ein Verbot von Genitalverstümmelungen an intersexuellen Personen keine Folge zu geben. Nur die Ratslinke wollte das Anliegen aufnehmen und den Bundesrat verpflichten, einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Auch sechs weitere Petitionen hat der Nationalrat verworfen. Eine betraf die Reduzierung der Lebensmittelverluste um mindestens die Hälfte bis 2025, eine andere die Überprüfung der Verfahren der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB), weitere die Abschaffung des Grundsatzes der Einheit der Materie oder die obligatorische Kastration und Sterilisation von Katzen in der Schweiz. Eine Petition aus der Jugendsession forderte, die Unterrichtszeiten auf Tertiärstufe so anzupassen, dass der Pendelverkehr zu Stosszeiten entlastet wird. Mit dem Nein sind die Geschäfte vom Tisch.