Der Freitag, 22. März 2013
Schlussabstimmungen
Bern (sda) Mit den Schlussabstimmungen zu zwölf Vorlagen haben die
eidgenössischen Räte am Freitag die Frühjahrssession abgeschlossen.
Parlamentarisch unter Dach kamen:
- mit 141:41 Stimmen bei 7 Enthaltungen (Nationalrat) und 40:0 Stimmen bei 2 Enthaltungen (Ständerat) die Agrarpolitik 2014-2017 mit Änderungen des Landwirtschaftsgesetzes, die ein neues Direktzahlungssystem bringen;
- mit 130:56 Stimmen bei 1 Enthaltung und 28:10 Stimmen bei 4 Enthaltungen der Bundesbeschluss zur Volksinitiative "1:12 - Für gerechte Löhne", welche die Räte zur Ablehnung empfehlen;
- mit 128:57 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 32:8 Stimmen bei 2
Enthaltungen der Bundesbeschluss zur Volksinitiative "Ja zur Aufhebung
der Wehrpflicht", welche die Räte zur Ablehnung empfehlen; - der Bundesbeschluss über das Nationalstrassennetz: mit 159:26 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 40:0 Stimmen bei 2 Enthaltungen eine Anpassung des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen, mit welcher weitere Strassen ins Nationalstrassennetz aufgenommen werden, sowie mit 102:87 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 37:4 Stimmen bei 1 Enthaltungen eine Anpassung des Nationalstrassenabgabegesetzes, mit welcher der Preis für die Autobahn-Vignette auf 100 Franken steigt;
- mit 135:51 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 42:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen der Aktionsplan "Koordinierte Energieforschung Schweiz" mit Änderungen des Innovationsförderungsgesetzes, dank derer mehr Gelder in die Forschung zu erneuerbaren Energien und zur Energieeffizienz fliessen;
- mit 112:75 Stimmen bei 1 Enthaltung und 35:1 Stimmen bei 6 Enthaltungen eine Änderung des Bankengesetzes, die regelt, wie lange Eigentümer nachrichtenloser Vermögen ihre Ansprüche geltend machen können;
- mit 130:54 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 34:4 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Änderung des Umweltschutzgesetzes, mit der Unternehmen einfacher dazu verpflichtet werden können, für die Überwachung und Sanierung belasteter Standorte aufzukommen;
- mit 116:72 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 36:3 Stimmen bei 2 Enthaltungen eine Teilrevision des Gewässerschutzgesetzes, die ermöglicht, Bäche oder Flüsse zu verbauen, falls dies für die Deponie von unverschmutztem Aushubmaterial nötig ist;
- mit 160:26 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 41:0 Stimmen bei 1 Enthaltung eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, mit welcher die Pferdehaltung in der Landwirtschaftszone erleichtert wird;
- mit 187:2 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 39:0 Stimmen bei 3 Enthaltungen das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts, auf dessen Basis die Zusammenarbeit den Gerichten weitergeführt wird;
- mit 182:5 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 42:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen der Bundesbeschluss zur Ratifizierung von Internationalen Übereinkommen gegen Meeresverschmutzungen und mit 189:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 42:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen dafür nötige Änderungen des Seeschifffahrtsgesetzes;
- mit 188:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen und 42:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen das Bundesgesetz über die formelle Bereinigung der zeitlichen Bemessung der direkten Steuern bei den natürlichen Personen, mit welcher die Bestimmungen zur Vergangenheitsbesteuerung aus den Steuergesetzen entfernt werden;
Der Ständerat genehmigte:
- mit 28:14 Stimmen bei 0 Enthaltungen eine Änderung seines Geschäftsreglements, welche das elektronische Abstimmen in der kleinen Kammer ermöglicht;
Alle Beschlüsse ausser jenen zu den Volksinitiativen und jenem zur elektronischen Abstimmung im Ständerat unterstehen dem fakultativen Referendum. Die Initiativen kommen direkt zur Abstimmung.
Der Donnerstag, 21. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) PÄDOSEXUELLE: Der Nationalrat hat sich am Donnerstag überraschend für die Pädophilen-Initiative der Organisation Marche Blanche ausgesprochen. Diese verlangt für pädosexuelle Straftäter zwingend ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot im Umgang mit Kindern. Weil sie damit das Prinzip der Verhältnismässigkeit verletzt, steht die Initiative aber in Konflikt mit Verfassung und Völkerrecht. Der Rat konnte sich nicht auf eine Version für einen Gegenvorschlag einigen und verwarf das Ansinnen schliesslich ganz. Damit fand sich eine Mehrheit für die Initiative, die zwar in ihrer Umsetzung, nicht aber in der Stossrichtung umstritten ist.
- GELDWÄSCHEREI: Die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) soll künftig Finanzinformationen an ausländische Partnerbehörden weitergeben dürfen. Der Nationalrat hat als Zweitrat einer Änderung des Geldwäschereigesetzes zugestimmt. Mit einer kleinen Differenz geht die Vorlage zurück an den Ständerat. Wegen des Bankgeheimnisses befolgte die Schweiz bisher den internationalen Standard nicht: Die Schweizer Meldestelle erteilte keine Auskünfte über Bankkontonummern, Geldtransaktionen oder Kontosaldi. Neu soll sie dies tun dürfen. Die Schweiz erfüllt damit eine Empfehlung der internationalen Gruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (GAFI). Ohne Einlenken hätte ihr der Ausschluss aus der Egmont-Gruppe gedroht, einem Verbund von über 130 Geldwäscherei-Meldestellen.
- EXTRA MUROS: Der Nationalrat möchte eine Session in einem Bergkanton durchführen. Er hat eine parlamentarische Initiative des Walliser CVP-Nationalrats Yannick Buttet gutgeheissen. Dieser ortete einen "Alpengraben", der sich nach der Abstimmung über die Zweitwohnungs-Initiative aufgetan habe. In einer Session "extra muros" sieht er das geeignete Mittel, um das gegenseitige Verständnis zwischen den Landesteilen fördern. Namens des Büros warnte Edith Graf-Litscher (SP/TG) vergeblich vor dem grossen Aufwand für die Verwaltung und den Zusatzkosten, die eine Session "extra muros" verursachen würde. Der Nationalrat gab der Initiative mit 79 zu 77 Stimmen Folge.
- ARMEE: Der Streit zwischen Bundesrat und Parlament um das Armeebudget geht weiter. Nach dem Willen des Nationalrates soll der Ausgabenplafond auf 5 Milliarden Franken erhöht werden und nicht bloss auf 4,7 Milliarden, wie der Bundesrat dies möchte. Mit 99 zu 66 Stimmen bei 8 Enthaltungen stimmte die grosse Kammer einer Motion ihrer Sicherheitspolitischen Kommission zu. Sagt auch der Ständerat Ja, wird der Bundesrat beauftragt, den Beschluss der eidgenössischen Räte vom Herbst 2011 "ohne Abstriche umzusetzen". Damals hatten die Räte in einem Planungsbeschluss festgelegt, dass der Ausgabenplafond der Armee künftig bei 5 Milliarden Franken liegen soll.
- SCHIESSPFLICHT: Der Nationalrat will die ausserdienstliche Schiesspflicht nicht abschaffen. Er gab einer parlamentarischen Initiative der Grünliberalen keine Folge. Die Fraktion hatten mit dem Vorstoss auch verlangt, dass die Dienstwaffe ausserhalb der Dienstzeit in der Regel im Zeughaus gelagert werden soll. Die heutige Schiesspflicht sei nicht zeitgemäss, sagte Roland Fischer (GLP/LU). Neben dem hohen finanziellen Aufwand stelle sich auch die Frage, was der Nutzen des Obligatorischen für die Ausbildung sei. Viel sinnvoller wäre es, einen Tag des Wiederholungskurses in die Schiessausbildung zu investieren. Nach Abschaffung der Schiesspflicht wäre es dann auch nicht mehr nötig, die Waffe mit nach Hause zu nehmen.
- BANKGEHEIMNIS: Der Nationalrat will kein Gesetz zum Schutz der Privatsphäre von ausländischen Bankkunden. Er hat eine parlamentarische Initiative von Yves Nidegger (SVP/GE) mit 120 zu 42 Stimmen abgelehnt. Nidegger forderte unter anderem eine pauschale Abgeltungssteuer. Die Mehrheit folgte aber der vorberatenden Kommission, die den Vorschlag als "unausgegoren" bezeichnet hatte. Nidegger schrieb in seinem Vorstoss, das Bankgeheimnis gehöre zwar der Vergagenheit an, doch bleibe das Bedürfnis, die Privatsphäre zu schützen.
- STEUERSTREIT: Der Bund soll einen finanziellen Beitrag zur Beilegung des Steuerstreits mit den USA leisten. Das verlangte Christoph Mörgerli (SVP/ZH) mit einer parlamentarischen Initiative, welcher der Nationalrat aber keine Folge gab. Mörgeli hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei den Einnahmen aus der Verrechnungssteuer um eine staatliche Schwarzgeldstrategie handle. Die Bankkunden hätten mit den nicht eingeforderten Summen ihre Erträge im Grunde genommen versteuert. Als Profiteur solle der Bund daher einen grossen Teil der mit den USA ausgehandelten Summe zur Beilegung des Steuerstreits berappen.
Der Ständerat in Kürze
(sda) 1:12-INITIATIVE: Der Ständerat empfiehlt die JUSO-Initiative "1:12 - Für gerechte Löhne" zur Ablehnung. Er schloss sich damit am Donnerstag mit 26 zu 10 Stimmen dem Nationalrat an. Die Initiative wird dem Volk ohne Gegenvorschlag vorgelegt. Sie verlangt, dass in einem Unternehmen der höchste Lohn das Zwölffache des tiefsten Lohns nicht überschreiten darf. Die Chefs sollen also in einem Monat nicht mehr verdienen dürfen als die Mitarbeitenden in einem Jahr. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung in den Eidgenössischen Räten. Für die bürgerliche Mehrheit stellt die Initiative einen Angriff auf die Wirtschaftsfreiheit und damit das Erfolgsmodell Schweiz dar. Es stehe dem Staat nicht an, sich in die Lohnpolitik Privater einzumischen.
- WETTBEWERBSRECHT I: Im neuen Kartellgesetz setzt der Ständerat zum Kampf gegen die Hochpreisinsel Schweiz auf die Wettbewerbskommission (WEKO). Diese soll gegen ausländische Konzerne vorgehen, die Schweizer Kunden diskriminieren. Der Bundesrat warnt vor einer schwierigen Umsetzung. Mit unerwartet breiter Unterstützung - mit 25 zu 12 Stimmen - hat die kleine Kammer am Donnerstag einer Bestimmung zugestimmt, welche der WEKO ermöglicht, gegen ausländische Unternehmen vorzugehen, die sich weigern, Schweizer Händler zu lokalen Tarifen zu beliefern. Der Entscheid droht jedoch zur Symbolpolitik zu werden. Die Durchsetzung im Ausland sei ein Ding der Unmöglichkeit, stellte Kommissionssprecher Konrad Graber (CVP/LU) fest. Er fragte rhetorisch: "Wollen sie die Kavallerie schicken?"
- WETTBEWERBSRECHT II: Als Hauptpunkt der Revision des Kartellgesetzes hat der Ständerat einen Paradigmenwechsel bei der Ahndung von Kartellabsprachen abgesegnet. Fünf als besonders schädlich geltende Wettbewerbsabsprachen sollen verboten werden. Die WEKO soll nicht mehr nachweisen müssen, dass sie den Wettbewerb auch tatsächlich beseitigen. Der Bundesrat schlug die Änderung vor, um die heute teilweise beschwerliche Arbeit der WEKO zu vereinfachen. Aus einem vierstufigen werde ein zweistufiges Verfahren, sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Der Ständerat ergänzte den Bundesratsvorschlag vor allem mit zusätzlichen Regeln zur Beweisführung. Die Beweislast, ob eine Absprache der wirtschaftlichen Effizienz dient und damit zulässig ist, soll nicht nur beim Unternehmen, sondern auch teilweise bei der WEKO liegen.
- LANDWIRTSCHAFT I: Der Bundesrat soll die Folgen einer sektoriellen Milchmarktöffnung gegenüber der EU prüfen. Der Ständerat überwies eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat mit 16 zu 14 Stimmen, Einige Deputierte sahen den Inhalt des Berichts bereits voraus. Es sei absehbar, dass die Discounter die Schweiz bei einer Öffnung mit ausländischer Billigmilch fluten und einen Marktanteil von 30 Prozent erreichen würden, sagte Isidor Baumann (CVP/UR). Er wollte die Motion ablehnen. Die Ratsmehrheit hielt dem entgegen, es gehe ja lediglich um einen Bericht, der eventuell nötige Massnahmen aufzeigen könne.
- LANDWIRTSCHAFT II: Der Ständerat hat eine Standesinitiative des Kantons Waadt zum Agrarhandel mit der EU keine Folge gegeben. Der Kanton verlangt den Abbruch der sistierten Agrarfreihandelsverhandlungen mit der Union. Anita Fetz (SP/BS) warnte vor einem verfehlten Signal an die EU. Luc Recordon (Grüne/VD) hingegen befand: "Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende." Die Standesinitiative geht an den Nationalrat.
- LANDWIRTSCHAFT III: Der Bund stoppt die Zweckbindung aus den Einfuhrzöllen auf Agrarprodukten in den Sparstrumpf zugunsten der Landwirte nicht. Anita Fetz (SP/BS) forderte dies, bis wieder Freihandelsverhandlungen mit der EU laufen. Die Beiträge laufen von 2009 bis 2016 und sollen flankierende Massnahmen finanzieren. Bis 2016 sollen sie 4 Milliarden Franken erreichen. Der Bundesrat zeigte sich zwar bezüglich der Verhandlungen skeptisch. Die Zweckbindung laufe 2016 sowieso aus. Die Beiträge flössen unterdessen in die allgemeine Bundeskasse. 2016 gebe die Regierung die Gelder wie geplant frei. Bis dahin entstehe weder eine Einschränkung noch eine Mehrbelastung.
- PFLEGEPERSONAL: Der Bundesrat soll Vorschläge zur Behebung des Mangels an Pflegepersonal machen. Der Ständerat überwies gegen den Willen der Regierung eine Motion des Nationalrats mit 24 zu 3 Stimmen. Der Bundesrat anerkenne zwar den Fachkräftemangel in der Pflege, sagte Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG). Es tue sich auch schon viel. Mit der Motion gelte es aber, die Bemühungen nicht einschlafen zu lassen. Namentlich der Zugang zur Pflegeausbildung sei zu erleichtern, und die Auszubildenden müssten steuerlich entlastet werden. Den Mangel an Pflegepersonal in der Schweiz einfach mit Leuten aus dem Ausland zu entschärfen, verlagere das Problem.
- PETITIONEN: Der Ständerat hat zwei Petitionen gegen Anti-Rassismus-Normen abgelehnt. Die erste von einem verurteilten Holocaust-Leugner verlangte die Aufhebung der Rassismus-Strafnorm und der ihretwegen gefällten Urteile. Die zweite, ebenfalls von einem Revisionisten, wollte den Austritt aus dem internationalen Übereinkommen gegen die Rassendiskriminierung. Ebenfalls abgelehnt wurden zwei Petitionen der Jungendsession und Petitionen zum Wald, zur Verfassungsgerichtsbarkeit, zur Altersuntersuchung auf Strassenverkehrstauglichkeit sowie zur Oberlandautobahn im Kanton Zürich.
Der Mittwoch, 20. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) LEBENSMITTEL: Der Nationalrat will die Deklarationspflicht für Lebensmittel verschärfen. Neu soll bei vorverpackten Lebensmitteln für jeden Rohstoff die Herkunft angegeben werden. Dies beschloss der Rat unter dem Eindruck des Pferdefleisch-Skandals. Er nahm einen entsprechenden Antrag von Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) mit 101 zu 75 Stimmen bei 4 Enthaltungen an. Gesundheitsminister Alain Berset warnte vor Problemen bei der Umsetzung. Wenn keine Ausnahmen möglich seien, müsste künftig etwa aufgedruckt werden, woher die Trauben im Müesli kämen. Das revidierte Lebensmittelgesetz bringt auch Neues für Restaurant-Gäste. Wollen sie wissen, ob ein Restaurant bei der Lebensmittelkontrolle bestanden hat, sollen sie dies künftig erfahren. Der Nationalrat hat beschlossen, dass Lebensmittelbetriebe auf Verlangen Einsicht in die Bescheinigung der Behörden gewähren müssen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
- EINHEITSKRANKENKASSE: Die Initiative für eine Einheitskrankenkasse entzweit Parlament und Regierung. Während der Bundesrat an einem indirekten Gegenvorschlag arbeitet, wollen die Räte das Volksbegehren ohne Verzug an die Urne bringen. Der Ständerat hatte letzten Montag eine entsprechende Motion gutgeheissen, der Nationalrat stimmte am Mittwoch vier gleich lautenden Vorstössen mit 102 zu 71 Stimmen zu. Damit beauftragt er den Bundesrat, die Volksinitiative "für eine öffentliche Krankenkasse" Parlament und Volk rasch und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung zu unterbreiten. Die Regierung allerdings hatte schon Ende Februar den Entwurf für einen indirekten Gegenvorschlag in die Vernehmlassung geschickt. Dieser sieht vor, mit einer so genannten Rückversicherung eine Art Einheitskasse für die teuersten Patienten zu schaffen. An dem Gegenentwurf will Bundesrat Alain Berset weiter arbeiten.
- ERWERBSERSATZ: Der Bundesrat muss abklären, ob Militär- und Zivildienstleistende bezüglich Erwerbsersatz gleich behandelt werden. In beiden Fällen erhalten die Dienstpflichtigen, die unmittelbar vor dem Dienst eine Ausbildung abgeschlossen haben, eine Entschädigung auf der Basis des ortsüblichen Anfangslohns im betreffenden Beruf. Da Zivildienstleistende aber freier entscheiden können, wann sie ihren Dienst leisten wollen, können sie den Einsatz nach einem Studienabschluss absolvieren. Dadurch winkt ihnen eine höhere EO-Entschädigung. Der Nationalrat hiess ein Postulat seiner sicherheitspolitischen Kommission stillschweigend gut.
- ALTERSVORSORGE: Der Bundesrat soll im Rahmen von AHV- und BVG-Revision aufzeigen, wie die Situation von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern und von Arbeitnehmenden mit tiefen Einkommen in der beruflichen Vorsorge verbessert werden kann. Der Nationalrat hat eine Motion seiner Sozialkommission gutgeheissen. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, im Rahmen der umfassenden Reform der Altersvorsorge Lösungen zu prüfen und allenfalls geeignete Massnahmen vorzuschlagen. Der Nationalrat überwies ausserdem ein Postulat der Sozialkommission, das vom Bundesrat Vorschläge verlangt für die Verbesserung der Situation Selbständigerwerbender in der zweiten Säule.
- TIERVERSUCHE: Der Bundesrat muss abklären, wie Alternativen zu Tierversuchen gefördert werden könnten. Das verlangt der Nationalrat mit einem Postulat seiner Wissenschaftskommission. Der Bericht soll auch aufzeigen, wie die Stiftung Forschung 3R, die sich für Alternativen zu Tierversuchen einsetzt, unterstützt werden kann. Schliesslich muss der Bundesrat Massnahmen vorschlagen, wie staatlich untersützte Institutionen und Forscher zum Einsatz von Alternativmethoden verpflichtet werden können.
- AUSBILDUNGSZULAGEN: Der Bundesrat muss einen Bericht zu den Altersgrenzen für die Ausbildungszulagen verfassen. Er soll aufzeigen, wie hoch das durchschnittliche Alter zum Ende der Ausbildung liegt und ob die Altersgrenze für die Zulagen angepasst werden müsste. Der Nationalrat hat mit 87 zu 71 Stimmen bei 3 Enthaltungen ein entsprechendes Postulat seiner Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit angenommen. Heute liegt die Altersgrenze für Ausbildungszulagen bei 25 Jahren. Ausbildungen würden aber oft erst im Alter von 25 bis 29 Jahren abgeschlossen, sagte Silvia Schenker (SP/BS). Damit erhielten immer mehr Familien für einen Teil ihrer Kinder keine Ausbildungszulagen, was nicht dem Sinn des Gesetzes entspreche.
- GENETIK: Der Nationalrat will keine neuen Regeln für genetische Untersuchungen an Neugeborenen und auch keine nationale Datenbank mit den Resultaten. Er lehnte zwei entsprechende Motionen seiner Wissenschaftskommission ab. Die eine Motion forderte den Bundesrat zur Prüfung der beiden Anliegen auf, die andere zu konkreten Schritten. Gesundheitsminister Alain Berset begründete die bundesrätliche Ablehnung der beiden Motionen mit dem geltenden Gesetz. Dieses reiche aus. Eine nationale Datenbank für Forscher sei keine Bundesaufgabe.
- GERICHTE: Die Vereinigte Bundesversammlung hat je zwei Richterinnen und Richter für das Bundesverwaltungsgericht als Ersatz für zurückgetretene Richter gewählt. Die National- und Ständeräte folgten den Vorschlägen ihrer Gerichtskommission für die Richterwahlen. Gewählt wurden Sylvie Cossy (Jahrgang 1970), die mit den Grünen sympathisiert, Esther Karpathakis (1963, GLP), Pascal Richard (1977, CVP) sowie William Waeber (1966, SP). Zudem wählte sie Michael Beusch (Jahrgang 1969, SP) als neuen Richter an das Militärkassationsgericht, die höchste Instanz der Militärjustiz.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ALKOHOLGESETZ: Der Ständerat hat am Mittwoch ein Verbot von Alkoholverkäufen im Detailhandel zwischen 22 und 6 Uhr befürwortet. Im Kampf gegen Exzesse soll der Bundesrat Mindestpreise für Alkohol erlassen. Das neue Alkoholgesetz geht nun an den Nationalrat. Das nächtliche Verkaufsverbot für Alkohol trifft neben dem Detailhandel auch Pizzakuriere und das Gastgewerbe. Auf das vom Bundesrat vorgeschlagene Verbot von "Happy Hours" und anderen Sonderangeboten für Spirituosen sowie die zeitliche Einschränkung solcher Angebote bei Wein und Bier verzichtete der Rat indessen. Jugendlichem Komasaufen vorbeugen will der Rat insbesondere mit einem Mindestpreis für Alkohol. Die Alterslimiten für die Abgabe beliess der Ständerat bei 18 Jahren für Spirituosen und 16 Jahren für Wein und Bier. Um sie auch durchzusetzen, stimmte er einer Gesetzesgrundlage für Testkäufe durch Jugendliche zu. In den anderen Punkten des neuen Alkoholhandelsgesetzes folgte der Erstrat dem Bundesrat. Im Alkoholsteuergesetz änderte die kleine Kammer das Steuersystem: Statt der tatsächlich produzierten Menge reinen Alkohols soll die Ausbeutesteuer für die geschätzte Menge des Herstellungsprozesses als Bemessungsgrundlage gelten.
- VERSICHERUNGEN: Das über 100-jährige Versicherungsvertragsgesetz wird vorerst nicht revidiert. Auch dem Ständerat gehen die vorgeschlagenen Bestimmungen für einen besseren Schutz der Versicherten zu weit. Er wies das Gesetz als Zweitrat mit 25 zu 14 Stimmen bei 4 Enthaltungen an den Bundesrat zurück. Die Rückweisung ist mit dem Auftrag verbunden, lediglich einen Teil der Reform weiter zu verfolgen. Aus Sicht der Gegner hat der Bundesrat die Revision überladen, zu stark auf den Konsumentenschutz ausgerichtet und wird den Versicherungsgesellschaften damit hohe Kosten verursachen. Ein Dorn im Auge ist ihnen etwa das 14-tägige Widerrufsrecht, das der Bundesrat den Versicherten einräumen will. Die linke Ratsminderheit und Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf setzten sich dafür ein, die aus ihrer Sicht längst überfällige Revision nicht auf die lange Bank zu schieben.
- BANKEN: Für die Eigenmittelanforderungen nicht-systemrelevanter Banken wie den Kantonalbanken und der Raiffeisenbank will der Ständerat keine Obergrenze festlegen. Der Nationalrat verlangte, dass die Mindestanforderung nicht mehr als 13 Prozent betragen darf. Zum Vergleich: UBS und CS müssen voraussichtlich 14 bis 19 Prozent Eigenmittel halten. Der Ständerat zeigte sich zwar wie der Nationalrat einverstanden damit, dass die Anforderungen für nicht-systemrelevante Banken geringer sein sollen als für die Grossbanken. Allerdings lehnt er eine fixe Grenze von 13 Prozent ab und strich den entsprechenden Satz ohne Gegenstimme aus der Motion. Der Vorstoss geht zurück an den Nationalrat.
- NATO: Der Ständrat hat ohne Diskussion vom Bericht der Schweizer Delegation der Parlamentarischen Versammlung der NATO Kenntnis genommen. Mehrere National- und Ständerate nahmen als Delegationsvertreter im vergangenen Jahr an zwei Tagungen teil, nicht aber an Seminaren und Ausschusssitzungen, zu denen die Schweiz als assoziertes Mitglied ebenfalls Zugang hätte. Hauptthemen der Parlamentarischen Versammlung waren laut dem Bericht die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Verteidigungsbudgets und die NATO sowie die Lage in Nordafrika und im Nahen Osten. Der Nationalrat nahm vom Bericht auch bereits Kenntnis.
- GERICHTE: Die Vereinigte Bundesversammlung hat je zwei Richterinnen und Richter für das Bundesverwaltungsgericht als Ersatz für zurückgetretene Richter gewählt. Die National- und Ständeräte folgten den Vorschlägen ihrer Gerichtskommission für die Richterwahlen. Gewählt wurden Sylvie Cossy (Jahrgang 1970), die mit den Grünen sympathisiert, Esther Karpathakis (1963, GLP), Pascal Richard (1977, CVP) sowie William Waeber (1966, SP). Zudem wählte sie Michael Beusch (Jahrgang 1969, SP) als neuen Richter an das Militärkassationsgericht, die höchste Instanz der Militärjustiz.
Der Dienstag, 19. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) LADENÖFFNUNGSZEITEN: Läden sollen ihre Produkte künftig in der ganzen Schweiz werktags mindestens bis 20 Uhr verkaufen dürfen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer Motion zur Liberalisierung der Öffnungszeiten zugestimmt. Der Rat hiess die Motion von Filippo Lombardi (CVP/TI) mit 126 zu 57 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Lombardi verlangt, dass schweizweit alle Detailhandelsbetriebe das Recht erhalten, ihre Produkte werktags zwischen 6 Uhr und 20 Uhr und samstags zwischen 6 Uhr und 19 Uhr zu verkaufen. Die Befürworter der Liberalisierung sind der Ansicht, dass sich damit der Einkaufstourismus einschränken liesse. Ausserdem entspreche eine massvolle Verlängerung der Öffnungszeiten einem Bedürfnis der heutigen Konsumgesellschaft. Die Gegner aus den Reihen der Linken sprachen von "Zwängerei". Das Stimmvolk habe sich schon zehn mal gegen längere Öffnungszeiten ausgesprochen, zuletzt in den urbanen Zentren Zürich und Basel.
- SONNTAGSARBEIT: National- und Ständerat wollen die Bestimmungen über Sonntagsarbeit für Shopping-Center in Tourismusgebieten lockern. Der Nationalrat hiess eine Motion von Ständerat Fabio Abate (FDP/TI) mit 121 zu 56 Stimmen bei 7 Enthaltungen gut. Hintergrund ist der Streit um das Shopping-Center FoxTown in Mendrisio TI. Dort tolerieren der Kanton und die Gewerkschaften seit über 16 Jahren rechtswidrig Sonntagsarbeit. Weil ein anderes Center die gleichen Rechte verlangte, kam der Kanton unter Druck. Die Gegner befürchten, dass die Ausnahme nicht nur in klassischen Tourismusgebieten zur Anwendung kommen könnte. Die Ratslinke stellte sich jedoch vergeblich gegen die geplante Verordnungsänderung.
- LANDWIRTSCHAFT: Die Landwirtschaftspolitik wird auf eine neue Basis gestellt. National- und Ständerat haben die Agrarpolitik 2014-2017 bereinigt. Bei der dritten Beratung der Reform von Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann musste der Nationalrat namentlich eine Differenz zur Regulierung von Milchverträgen ausräumen. Die grosse Kammer gab ihre Forderung auf, wonach der Staat detailliert die Milchverträge regeln und auch Sanktionen vorsehen soll. Die Reform hat zum Ziel, die Zahlungen an die Bauern besser auf die Ziele der Verfassung auszurichten. Die umstrittenen Tierbeiträge werden abgeschafft, eingeführt werden aber beispielsweise Beiträge, welche die Landschaftspflege abgelten sollen. Die Agrarpolitik 2014-2017 ist somit bereit für die Schlussabstimmung in beiden Räten vom Freitag. Über ein allfälliges Referendum entscheidet der Bauernverband Mitte April.
- STEMPELSTEUER: Wird Eigenkapital in ein Unternehmen eingeschossen, soll der Bund darauf keine Stempelsteuer mehr verlangen. Der Nationalrat sprach sich mit 120 zu 54 Stimmen bei 5 Enthaltungen für die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital aus. Der Steuerausfall beim Bund beträgt rund 240 Millionen Franken. Der Bundesrat zeigte sich zwar einverstanden mit der Abschaffung der Emissionsabgabe, wollte sie aber erst mit der Unternehmenssteuerreform III angehen. Der Nationalrat lehnte die Sistierung aber mit 97 zu 80 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab. Für die Abschaffung setzte sich die Ratsrechte ein. Die Ratslinke warnte vor den Steuerausfällen. Das Geschäft geht an den Ständerat.
- UNTERNEHMENSSTEUERREFORM: Der Nationalrat will nicht, dass die Steuerausfälle nach der Unternehmenssteuerreform II ganz oder teilweise kompensiert werden. Er hat eine Motion aus dem Ständerat mit 106 zu 71 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Im Nationalrat scheiterten schon mehrere Vorstösse zum Thema, weil die bürgerliche Mehrheit die Reform nicht rückgängig machen will. Die neue Motion sah deshalb explizit vor, am neuen Grundsatz festzuhalten, wonach Kapitaleinlagen steuerfrei zurückbezahlt werden können. Der Bundesrat sollte den Räten aber einen Vorschlag unterbreiten zur Kompensation der hohen Steuerausfälle vorlegen. Der Nationalrat wollte indes nichts davon wissen. Auch die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) lehnte er ab.
- ZUWANDERUNG: Der Bundesrat prüft, ob die negativen Auswirkungen des freien Personenverkehrs auf den Wohnungsmarkt mit flankierenden Massnahmen gemildert werden könnten. Der Nationalrat hat ihn damit beauftragt. Mit 89 zu 82 Stimmen nahm er ein Postulat der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) an. Die Ratsrechte stellte sich dagegen. Aus ihrer Sicht handelt es sich um Symptombekämpfung. Zu bekämpfen sei die Ursache, nämlich die Zuwanderung, sagte Walter Wobmann (SVP/SO). Diese müsse wieder gesteuert werden können. Staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt seien nicht die richtige Antwort.
- ENERGIEWENDE: Ein weiterer Versuch ist gescheitert, die Haftpflichtdeckung von Atomkraftwerk-Betreibern für einen Unfall zu erhöhen. Der Nationalrat lehnte einen parlamentarische Initiative mit 111 zu 68 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Mit Verweis auf die Katastrophe in Fukushima mit Schäden von über 100 Milliarden Franken wollten die Grünen die Deckung auf einen realistischen Betrag erhöhen. Heute liegt sie nach internationalen Vorgaben bei 1,2 Milliarden Euro. Die vorberatende Kommission räumte zwar ein, dass die AKW quasi eine Staatsgarantie genössen und es zu einer Marktverzerrung komme. Es gebe aber auch nach Fukushima keine politische Mehrheit für eine höhere Deckung, und kein Privater würde eine höhere Haftpflichtdeckung versichern.
- PARLAMENTARIER-LOHN: Das Parlament soll künftig am Ende der Legislatur über die Entschädigung für die kommenden Jahre befinden. Das wäre schon heute so vorgesehen, allerdings wurde das Gesetz in den letzten Jahren nie beachtet. Eine parlamentarische Initiative für eine Klärung des Gesetzes lehnte der Nationalrat zwar ab. Die zuständige Kommission will dem Gesetz aber Nachdruck verschaffen. Der Teuerungsausgleich als eines der ersten Geschäfte des neu gewählten Parlaments sorgt jeweils für hitzige Diskussion. Dass die Parlamentarier zuerst ihren Lohn erhöhen, kommt in der Öffentlichkeit eher schlecht an.
- KINDER: Der Nationalrat will die Kantone nicht dazu verpflichten, ein freiwilliges, aber unentgeltliches Vorkindergartenjahr anzubieten. Er hat eine parlamentarische Initiative von Jacqueline Fehr (SP/ZH) mit 115 zu 62 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Die vorberatende Kommission hatte sich ebenfalls dagegen gestellt. Zwar greife der Vorstoss ein wichtiges Thema auf, hielt sie fest. Studien wiesen darauf hin, dass sich frühkindliche Bildung positiv auf die soziale sowie die spätere schulische Entwicklung von Kindern auswirke. Zudem könne die Frühförderung zur Integration von Kindern femndsprachiger Herkunft beitragen und damit die Chancengleichheit stärken. Die Kantone zu einem Vorkindergartenjahr zu verpflichten, wäre aber nicht angemessen.
Der Ständerat in Kürze
(sda) VETORECHT: Der Ständerat hat am Dienstag ein Vetorecht von Standortkantonen oder -regionen beim Bau eines Tiefenlagers für radioaktive Abfälle mit 21 zu 16 Stimmen abgelehnt. Der Kanton Nidwalden hatte dies in einer Standesinitiative gefordert. Das dortige Kantonsparlament wollte mit dem Vorstoss das bis 2003 geltende Recht wieder ins Kernenergiegesetz einführen. Der Nidwaldner Wellenberg gilt als möglicher Standort für ein geologisches Tiefenlager. Die Kantonsbevölkerung hatte sich in mehreren Abstimmungen gegen dieses Vorhaben ausgesprochen und auch Vorbereitungshandlungen untersagt. Die Vorlage geht an den Nationalrat.
- ROAMING: Im Ständerat herrscht Einigkeit, dass die Roaming-Gebühren zu hoch sind. Zu einer Lösung des Problems konnte sich der Rat aber nicht durchringen. Er hat entschieden, eine Motion aus dem Nationalrat auf Eis zu legen und die Entwicklung abzuwarten. Der sistierte Vorstoss verlangt vom Bundesrat, wie in der EU verbindliche Höchsttarife für SMS, Anrufe und Datentransfers im Ausland festzulegen. Gegenüber einer solchen Regulierung zeigten sich viele Ratsmitglieder skeptisch. Die kleine Kammer nahm aber ein Postulat an, das vom Bundesrat bis Ende 2014 einen Bericht über die Entwicklung und allfälligen Regulierungsbedarf verlangt.
- ENERGIE: Wasserkraftwerke sollen in national bedeutenden Landschaften und Naturzonen erleichtert gebaut oder ausgebaut werden können. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion der BDP-Fraktion gutgeheissen. Sie verwies auf die Bedeutung der Wasserkraft für die Energiewende 2050. Damit diese gelinge, müssten die Rahmenbedingungen angepasst werden, sagte Werner Luginbühl (BDP/BE). Ziel ist vor allem eine höhere Gewichtung der Energiegewinnung in der Interessenabwägung mit dem Naturschutz.
- ALTLASTEN: Unternehmen können künftig einfacher dazu verpflichtet werden, für die Überwachung und Sanierung belasteter Standorte aufzukommen. Der Ständerat hat die letzte Differenz bei der Änderungen des Umweltschutzgesetzes gutgeheissen. Damit können die Behörden von den Verursachern frühzeitig Garantien verlangen. Für die Veräusserung oder Teilung von Grundstücken belasteter Standorte wird zudem eine Bewilligungspflicht eingeführt. Mit der Regelung soll vor allem verhindert werden, dass sich internationale Unternehmen aus der Verantwortung stehlen können.
- PFERDEHALTUNG: Die Kantone sollen die Haltung von Sport- und Freizeitpferden nicht mit strengeren Regeln einschränken. Der Ständerat schwenkte stillschweigend auf diese Linie des Nationalrats ein. Die Vorlag ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Die Gesetzesänderungen gehen auf eine parlamentarische Initiative von Christophe Darbellay (CVP/VS) zurück. Der CVP-Nationalrat hatte kritisiert, heute werde die Haltung von Pferden durch unsachgemässe Regeln behindert.
- WOLFSJAGD: Wollen Schweizer Wildhüter einen Wolf abschiessen, der allzu stark in den Herden wütet, braucht es keine Kündigung der Berner Konvention. Dieses Vertragswerk lasse solche Abschüsse und auch die Populationskontrolle zu, sagte Bundesrätin Doris Leuthard im Ständerat. Jean-René Fournier (CVP/VS) wollte in einer Interpellation wissen, was eigentlich mit den entsprechenden Motionen geschehen sei. In diesen Vorstössen verlangten beide Räte den Austritt aus der Berner Konvention zum Schutz der Grossraubtiere und den Wiedereintritt unter Vorbehalt. Schliesslich müsse der Bundesrat den Willen des Parlaments achten, sagte Fournier.
- PALMÖL: Der Bundesrat muss sich international für die Bekämpfung der umweltschädlichen Auswirkungen der Palmölproduktion einsetzen. Der Ständerat hiess als Zweitrat diskussionslos eine entsprechende Motion gut und überwies sie damit an den Bundesrat. Der intensive Anbau von Plantagen zur Palmölproduktion habe eine miserable Ökobilanz, war sich der Rat einig. Diesen Monokulturen fielen reihenweise Tropenwälder zum Opfer.
- KITESURFEN: Diskussionslos hat der Ständerat sechs gleichlautende Motionen aus dem Nationalrat überwiesen, die die Legalisierung des Kitesurfens auf Schweizer Seen verlangen. Es handelte sich um eine Formalie: Die kleine Kammer hatte einen Vorstoss gleichen Inhalts von Ständerat Hans Hess (FDP/OW) letzten September diskutiert und gutgeheissen. Der Nationalrat hat diese Motion bereits an den Bundesrat überwiesen. Ziel ist es, das Kitesurfen auf Schweizer Gewässern grundsätzlich zu erlauben und so die Kitesurfer den anderen Nutzern der Seen gleichzustellen.
- STROMNETZE: Die Stromnetzübertragung an die nationale Betreibergesellschaft ist ohne grössere Schwierigkeiten über die Bühne gegangen. Das sagte Bundesrätin Doris Leuthard auf eine Interpellation von Ständerat Stefen Engler (CVP/GR). Dieser hatte sich besorgt gezeigt, dass Werte der Kantone als Miteigentümer am Netz vernichtet oder gemindert werden können. Auch sorgte er sich um das Investitionsklima. Leuthard beruhigte ihn in beiden Belangen. Bei der Netzbewertung seien noch Fragen offen und harrten der gerichtlichen Klärung.
- ALPENSTRASSEN: Der Bundesrat muss nicht am Nationalen Finanzausgleich schrauben. Markus Stadler (GLP/UR) wollte im Ständerat eine vermeintliche Lücke schliessen, indem er dem Bund die Kosten für die Passstrassen auferlegen wollte. Nach etlichen Hinweisen auf die feine Austarierung des NFA, die vollumfängliche Übernahme der Nationalstrassenkosten durch den Bund und die Ernennung von Pässen zu Nationalstrassen, die Aufnahme von 390 Kilometern neuen Nationalstrassen sowie den geplanten Strassenfonds zog Stadler seine Motion zurück.
- AUTOBAHNEN: Der Ständerat lehnte es ab, die Hauptstrasse zwischen Kirchberg und Hasle-Rüegsau und die Anbindung des Oberaargaus von der A1 bis Langenthal als Autobahnzubringer ins Nationalstrassennetz aufzunehmen. Ebenso sprach er sich gegen den Bau eines Autobahnabschnitts zur Seeüberquerung östlich von Genf aus. Er hat die kantonalen Initiativen von Bern und Genf für nicht erheblich erklärt. Das Parlament hat sich erst letztes Jahr über die Aufnahme neuer Strassenabschnitte ins Nationalstrassennetz geeinigt.
- GOTTHARD: Der Ständerat hat eine Initiative des Kantons Tessin sistert, die den Bau einer zweiten Röhre durch den Gotthard verlangt. Er will zuerst den Bericht des Bundesrats auf ein Postulat seiner Verkehrskommission abwarten. Diese hatte Antworten verlangt auf Fragen im Zusammenhang mit der Sanierung des Gotthard-Strassentunnels. Der Bericht des Bundesrats wird nicht vor Herbst dieses Jahres erwartet.
Der Montag, 18. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) SCHWYZER WAHLRECHT: Mit 100 zu 91 Stimmen hat der Nationalrat am Montag das Wahlsystem in der Schwyzer Kantonsverfassung nicht garantiert. Er hielt damit an seinem vorherigen Entscheid fest, wonach die fehlende Stimmrechtsgleichheit die Bundesverfassung verletzt. Mit dem zweiten Nein des Nationalrats wird das System für die Wahlen in den Schwyzer Kantonsrat definitiv nicht vom Bund gewährleistet. Der Ständerat hätte die Verfassung vollumfänglich gewährleisten wollen. Der Nationalrat befasste sich am Montag nur noch mit dem bestrittenen Paragrafen 48 in der Verfassung. Für den Kanton Schwyz hat das Nein zur Folge, dass er sein Wahlsystem ändern muss.
- ARLAMENTSRECHT: Der Nationalrat will die Hürden für parlamentarische Initiativen und Standesinitiativen nicht erhöhen. Er lehnte am Montag den Vorschlag des Ständerates ab, parlamentarische Initiativen nur noch als ausgearbeitete Entwürfe zuzulassen. Auch beim Rederecht bei parlamentarischen Initiativen blieb der Nationalrat auf seiner Version und hielt eine Differenz aufrecht. Ebenfalls nicht streichen will die grosse Kammer die Regel, wonach die Präsidien der Geschäftsprüfungskommissionen nicht von einer Partei gehalten werden dürfen. Die Vorlage geht noch einmal an den Ständerat zurück.
- HILDEBRAND: Zur Affäre Hildebrand wird es keine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) geben. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative abgelehnt, mit welcher die SVP eine PUK verlangte. Die Partei hatte den Vorstoss vor rund einem Jahr eingereicht. Eine PUK hält sie immer noch für nötig: Der Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK), der gleichentags veröffentlicht wurde, reicht ihr nicht. Der Bericht gebe keine Antwort auf die wichtigen Fragen in der Hildebrand-Affäre, monierten die SVP-Vertreter. Der Nationalrat folgte jedoch seinem Büro und sprach sich mit 129 zu 52 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen eine PUK aus. Jakob Büchler (CVP/SG) hatte im Namen des Ratsbüros darauf hingewiesen, dass die Einsetzung einer PUK nur für Vorkommnisse von grosser Tragweite vorgesehen sei. Er verteidigte ausserdem den GPK-Bericht. Die Nationalbank unterstehe nur beschränkt der parlamentarischen Oberaufsicht.
- IWF-KREDITE: Der Nationalrat lehnt es ab, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, damit sämtliche Kredite an den Internationalen Währungsfonds (IWF) automatisch dem Referendum unterstellt sind. Er hat einer parlamentarischen Initiative von Alfred Heer (SVP/ZH) keine Folge gegeben. Heer hatte sein Anliegen damit begründet, dass der IWF mehr und mehr als Rettungsanker für marode Euro-Staaten verwendet werde. Es sei offensichtlich, dass die Gelder, welche in den IWF einbezahlt würden, nicht mehr sicher seien, argumentierte Heer. Die Kredite müssten dem Referendum unterstellt werden, damit das Volk die Möglichkeit hab, sie zu stoppen oder zu bewilligen. Die Mehrheit stellte sich dagegen. Die Schweiz kenne kein Finanzreferendum, argumentierten die Gegner, und es wäre nicht sinnvoll, ein solches für IWF-Kredite einzuführen.
- LÖHNE: Die Mitglieder des Nationalrates haben sich am Montag mit ihren eigenen Löhnen befasst. Sie lehnten es ab, alle Entschädigungen sowie Entscheide zu deren Erhöhung dem Referendum zu unterstellen. Der Rat gab zwei parlamentarischen Initiativen aus den Reihen der SVP keine Folge. Die Befürworter der Vorstösse argumentierten, damit könnte das Vertrauen des Souveräns ins Parlament gestärkt werden. Die Parlamentarier sollten darauf achten, sich nicht dem Vorwurf der Abzockerei auszusetzen, gab Alfred Heer (SVP/ZH) zu bedenken. "Niemand kann sich den Lohn selber geben." Die Gegner der Vorstösse wiesen darauf hin, dass die wichtigsten Entschädigungen bereits in einem Gesetz geregelt seien, das dem fakultativen Referendum unterstehe.
- AUFSICHT: Der Nationalrat hat den Jahresbericht 2012 der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) zur Kenntnis genommen. Unter die Lupe genommen hatten die GPK letztes Jahr etwa die Finma-Untersuchung zum Verkauf von Lehman-Brothers-Produkten durch die Credit Suisse oder die unbehandelten Asylgesuche irakischer Staatsangehöriger. Die für die Aufsicht über den Nachrichtendienst zuständige GPDel wiederum befasste sich mit den Einträgen in die Staatsschutz-Datenbank ISIS. Die GPDel werde an diesem Thema dranbleiben, sagte Corina Eichenberger (FDP/AG).
Der Ständerat in Kürze
(sda) KRANKENVERSICHERUNG I: Die Aufsicht über die Krankenkassen soll verschärft werden. Der Ständerat hiess am Montag das entsprechende Gesetz mit 31 zu 4 Stimmen bei 7 Enthaltungen gut. Dieses soll garantieren, dass Versicherte nicht wie in den letzten Jahren in einigen Kantonen zu hohe Prämien und in anderen zu tiefe bezahlen. Für die Regelung der zu hohen und zu tiefen Prämien in der Vergangenheit liegt noch keine Einigung vor. Bekämpft wurde das Gesetz von Seiten der Versicherungsvertreter, für die die Regulierungen zu weit gehen. Viel zu reden gab in der Kommission die Aufsicht über Versicherungsgruppen, in denen heute zahlreiche Krankenkassen organisiert sind. Der Ständerat will dem Bundesamt für Gesundheit weitergehende Kompetenzen geben, jedoch mit einem anderen System als es der Bundesrat wünscht. Das Geschäft geht in den Nationalrat.
- KRANKENVERSICHERUNGEN II: Der Ständerat verlangt vom Bundesrat, die Initiative für eine Einheitskrankenkasse rasch und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung zu bringen. Das Volk habe die Idee bereits verworfen, ausserdem blockiere die Initiative andere Reformvorhaben, sagte Urs Schwaller (CVP/FR), der die Motion eingereicht hatte. Deren Folgen sind unklar. Bundesrat Alain Berset will die Arbeiten am indirekten Gegenvorschlag trotz Motion fortsetzen. Die parlamentarische Beratung werde dadurch nur um zwei Monate verzögert, sagte er. Auch bei einem Gegenvorschlag sei eine Abstimmung 2014 möglich.
- KRANKENVERSICHERUNG III: Ausländische Forscherinnen und Forscher sollen bei der Krankenversicherung nicht mehr von einer günstigeren Sonderbehandlung profitieren. Der Ständerat überwies ohne Gegenstimme eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat. Heute können Dozenten und Forscher aus dem Ausland sowie deren Familien eine deutlich günstigere Krankenversicherung abschliessen, wenn sie nur für eine begrenzte Zeit im Land tätig sind. Diese Ausnahmeregelung untergrabe die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken, hält der Motionär Christophe Darbellay (CVP/VS) fest. Auch der Bundesrat zeigte sich mit der Forderung einverstanden.
- SCHWANGERSCHAFT: Schwangere sollen auch bei Komplikationen weder Selbstbehalt noch Franchise bezahlen müssen. Der Ständerat hat dieses unbestrittene Element der gescheiterten Managed-Care-Vorlage einstimmig gutgeheissen. Nach geltendem Recht sind nur die besonderen Leistungen bei Schwangerschaft von der Kostenbeteiligung ausgeschlossen. An den Kosten, die bei Risikoschwangerschaften oder Schwangerschaften mit Komplikationen auftreten, müssen sich die Frauen aber beteiligen: Diese gelten als allgemeine Leistungen bei Krankheit und unterliegen damit auch Franchise und Selbstbehalt.
- BEHANDLUNGEN: Die Versicherer sollen nicht mehr unterscheiden zwischen den Kosten einer medizinischen Behandlung innerhalb und ausserhalb des Wohnkantons eines Versicherten. Heute vergüten die Versicherer lediglich die Kosten im Wohnkanton. Den Versicherern verursacht die Bestimmung allerdings einen Verwaltungsaufwand von mindestens 15 Millionen Franken pro Jahr, weil sie stets den Unterschied eruieren müssen. Der Ständerat nahm ohne Gegenstimme eine entsprechende Motion an.
- PFLEGEHEIME: Der Bundesrat soll zur Wohnsitzproblematik bei ausserkantonalen Pflegeheimaufenthalten einen Bericht erstellen. Dazu nahm der Ständerat ohne Gegenstimme ein Postulat an. Tritt eine Person aus freien Stücken in ein Heim ein, wechselt auch ihr Wohnsitz und damit ist unter Umständen ein anderer Kanton für die Restfinanzierung der Pflegekosten zuständig. Erfolgt der Heimeintritt aber nicht aus freiem Willen, wechselt der Wohnsitz nicht. Dabei entstehen Rechtsunsicherheiten, wie Pascale Bruderer (SP/AG) festhält. Bruderer fordert den Bundesrat auf, zusammen mit den Kantonen eine ähnliche Regelung für die Krankenversicherung zu finden, wie sie heute bei den Ergänzungsleistungen gilt.
- MEDIZINBERUFE: Das Berufsgeheimnis in Gesundheitsberufen wird in den Kantonen unterschiedlich geregelt. Gegen deren Willen hat der Ständerat die Regierung damit beauftragt, eine kohärentere Regelung zu prüfen. Die kleine Kammer hiess ein Postulat von Luc Recordon mit 21 zu 10 Stimmen gut. Recordon zitierte Beispiele von Regelungen, die sich je nach Kanton diametral widersprechen. In einem Kanton seien Meldungen über aussergewöhnliche Todesfälle und Verletzungen strafbar, im anderen könne dagegen das Unterlassen einer solchen Meldung strafbar sein.
Der Donnerstag, 14. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) ENERGIEWENDE: Der Nationalrat hat am Donnerstag mit 122 zu 56 Stimmen die "Energiewende light" eingeläutet. Diese will den Stau bei der Subventionierung projektierter Anlagen für erneuerbare Energien schnell abbauen. Die Vorlage gilt als indirekter Gegenvorschlag zur SP-Cleantech-Initiative. Die punktuelle Änderung des Energiegesetzes soll die Zeit bis zum Inkrafttreten der Energiestrategie 2050 überbrücken. Für Haushalte und Betriebe bringt die Gesetzesänderung in erster Linie eine höhere Stromrechnung. So soll der Einspeisezuschlag für erneuerbare Energien ab 2014 von 0,45 auf 1,5 Rappen pro Kilowattstunde steigen. Um die Grossverbraucher vor allem aus der Papier-, Stahl- und chemischen Industrie nicht zusätzlich zu belasten, erhalten diese ihre Zuschläge zurück. Profitieren dürften 300 bis 600 Firmen. Die Vorlage geht an den Ständerat.
- AUSSENPOLITISCHER BERICHT 2012: Der Nationalrat hat den aussenpolitischen Bericht 2012 des Bundesrat zur Kenntnis genommen. Die Fraktionsvertreter nahmen in der Diskussion zum Anlass, ihre Haltungen zu bekräftigen. Vor allem zur EU-Politik musste sich Aussenminister Didier Burkhalter Kritik anhören: Die Linke forderte ein stärkeres Engagement der Schweiz. Im Bericht würden die Probleme in den Verhandlungen mit der EU zu wenig erörtert. Die SVP kritisierte die Personenfreizügigkeit mit der EU und das Engagement der Schweiz in der UNO. Burkhalter verwies darauf, dass der Dialog mit der EU über das künftige institutionelle Verhältnis laufe und in der kommenden Woche ein nächstes Treffen geplant sei.
- MIGRATION: Der Nationalrat hat Statutenänderungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mit 117 zu 34 bei 5 Enthaltungen gutgeheissen. Die wesentlichste Änderung betrifft den Umgang mit künftigen Änderungen: Sie treten schon in Kraft, wenn zwei Drittel der 146 IOM-Mitgliedsstaaten sie angenommen haben. Heute ist dafür die Zustimmung aller Mitglieder nötig. Die neue Regel kann dazu führen, dass Änderungen für die Schweiz bindend werden, bevor sie zugestimmt hat. Weitere Änderungen sollen die IOM mit Sitz in Genf strukturell stärken und ihre Entscheidungsprozesse vereinfachen. Für die Schweiz ist die Organisation wichtig im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe und bei Rückführungen von Asylbewerbern, wie Aussenminister Didier Burkhalter sagte. Das Geschäft geht an den Ständerat.
Der Ständerat in Kürze
(sda) BUNDESRAT: Die grosse Regierungsreform ist endgültig vom Tisch. Nachdem die Vorlage das Parlament während über einem Jahrzehnt immer und immer wieder heimgesucht hatte, gab der Ständerat dem Reformprojekt den Gnadenstoss. Die Staatsleitungsreform hat er schon in der Wintersession abgelehnt. Nun beerdigte er auch noch eine gesonderte Vorlage, die die Verlängerung des Bundespräsidiums auf zwei Jahre verlangte. Schliesslich schloss der Ständerat auch noch das letzte Kapitel der Staatsleitungsreform, indem er eine Standesinitiative des Kantons Tessin ablehnte. Diese verlangte die Vergrösserung des Bundesrats auf neun Mitglieder. Das Anliegen war von den Räten bereits im Rahmen der Staatsleitungsreform bachab geschickt worden. Von dem im Jahr 2001 aufgegleisten Reformprojekt bleiben damit nur vier bis sechs zusätzliche Staatssekretäre übrig.
- POLIZEI: Die Polizei soll einen erweiterten Zugriff auf die Ausweisdatenbank ISA erhalten und zu Fahndungszwecken Fotos einsehen können. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat mit 21 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Damit wird der Bundesrat beauftragt, die geltenden Regeln zu ändern. Der Datenschutz dürfe nicht höher gewichtet werden als die Polizeiarbeit, argumentierten die Befürworter des Vorstosses. Bundesrätin Simonetta Sommaruga rief den Rat vergeblich dazu auf, die Motion abzulehnen. Bei der Abstimmung über den biometrischen Pass habe man der Schweizer Bevölkerung versprochen, dass die Datenbank nicht für polizeiliche Zwecke verwendet werden dürfe, sagte die Justizministerin. Der Bundesrat möchte sich daran halten.
- KANTONSVERFASSUNG: Die Diskussion um die Schwyzer Kantonsverfassung geht weiter. Anders als der Nationalrat möchte der Ständerat die Verfassung ohne Ausnahme gewährleisten, obwohl das Wahlrecht im Kanton Schwyz Bundesrecht widerspricht. Mit 24 zu 18 Stimmen bei einer Enthaltung hat der Ständerat entschieden, an seinem früheren Beschluss festzuhalten. Er gewichtete damit den Entscheid des Schwyzer Stimmvolkes und die Kantonsautonomie höher als die Bundesverfassung. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Justizministerin Simonetta Sommaruga rief die kleine Kammer vergeblich dazu auf, von ihrer Haltung abzurücken. Die Organisationsautonomie der Kantone sei nicht absolut, gab sie zu bedenken. Die Grenze sei durch die Bundesverfassung gegeben, die Volk und Stände angenommen hätten.
- RAUMPLANUNG: Personen aus dem Ausland können weiterhin nicht unbeschränkt in der Schweiz Grundstücke kaufen. Nach dem Nationalrat und dem Bundesrat hat sich auch der Ständerat dafür ausgesprochen, die Lex Koller beizubehalten. Der Ständerat folgte seiner Kommission und entschied, eine Vorlage zur Aufhebung des Gesetzes abzuschreiben. Der Bundesrat - der ursprünglich vorgeschlagen hatte, die Lex Koller aufzuheben - ist einverstanden. Allerdings seien damit nicht alle Probleme gelöst, sagte Sommaruga. Der Bundesrat werde weitere Überlegungen zum Thema anstellen.
- HÄUSLICHE GEWALT: Der Ständerat will Opfern häuslicher Gewalt mehr Gehör verschaffen. Er hat eine entsprechende Motion von Karin Keller-Sutter angenommen. Die St. Galler FDP-Ständerätin verlangt, dass vor einer definitiven Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft das Opfer nochmals angehört werden muss. Seine Äusserungen sollen im Rahmen eines allfälligen Einstellungsentscheids berücksichtigt werden. Die Staatsanwaltschaften hätten die Tendenz, ein Strafverfahren wegen häuslicher Gewalt möglichst provisorisch einzustellen, um den Aufwand zu minimieren, begründete Keller-Sutter ihr Anliegen. Der Bundesrat stellte sich nicht gegen das Anliegen. Der Vorstoss geht nun an den Nationalrat.
- ASYLUNTERKÜNFTE: Der Bundesrat muss eine strategische Reserve an Asylunterkünften bereitstellen, um die Unterbringung von Asylsuchenden bei einem starken Anstieg der Asylgesuchszahlen sicherzustellen. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Justizministerin Simonetta Sommaruga sagte, der Bundesrat nehme den Auftrag mit Überzeugung entgegen. Zum jetzigen Zeitpunkt verfüge der Bund über keinerlei Reserven. Die Kantone müssten sämtliche Schwankungen auffangen. Deshalb sei es wichtig, dass der Bund nicht nur die ordentlichen Strukturen schaffe, sondern auch Reserven schaffe. Die Umsetzung der Motion werde allerdings zusätzliche Kosten verursachen.
- GERICHTE: Der Ständerat verlangt vom Bundesrat, eine Plattform für den elektronischen Rechtsverkehr zu schaffen. Erstmals habe die Schweiz einheitliche Straf- und Zivilprozessordnungen, sagte Motionär Pirmin Bischof (CVP/SO). Nun gelte es zu verhindern, dass 26 verschiedene kantonale Plattformen für den elektronischen Rechtsverkehr entstünden. Mit dem Vorstoss sollen nicht zuletzt kleinere Kantone vor grösseren Investitionen bewahrt werden. Neben der Plattform für den Verkehr mit Rechtsschriften verlangt die Motion weiter, dass die Voraussetzungen für die elektronische Akten- und Archivführung im Justizbereich geschaffen werden.
- ANWÄLTE: Der Ständerat hat der Ausarbeitung eines umfassenden Anwaltsgesetzes oppositionslos zugestimmt. Dieses soll nicht nur wie der heutige Erlass die Freizügigkeit regeln, sondern den Anwaltsberuf in seiner Gesamtheit erfassen. Dazu gehören etwa die Zulassung zum Anwaltsberuf, Unabhängigkeit von beratend tätigen Anwältinnen und Anwälten, die Schaffung eines zentralen Registers oder die Organisationsformen von Anwaltskanzleien. Der Nationalrat hatte die Motion von Karl Vogler (CVP/OW) im letzten September angenommen.
- LOHN: Der Ständerat hat eine Motion zum Thema Lohngleichheit der Geschlechter sistiert. Die Wirtschaftskommission warnte, dass diese ein falsches Signal für den Lohngleichheitsdialog wäre, an dem sich inzwischen 33 Firmen beteiligen. Der Lohngleichheitsdialog soll bis Mitte 2014 ausgewertet werden. Die Mehrheit des Ständerats war der Meinung, dass im Bereich Lohngleichheit Freiwilligkeit staatlicher Kontrolle vorzuziehen ist. Der Vorstoss von alt Nationalrätin Chiara Simoneschi-Cortesi (CVP/TI) verlangt einen Mechanismus für die Kontrolle von Löhne nach dem Modell der Kontrollmechanismen im Bereich Arbeit.
Der Mittwoch, 13. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) BÜRGERRECHT: In Zukunft soll es schwieriger sein, den Schweizer Pass zu erhalten. Der Nationalrat hat am Mittwoch beschlossen, die Hürden für die Einbürgerung anzuheben. Ohne Niederlassungsbewilligung und gute Sprachkenntnisse soll niemand mehr eingebürgert werden. Weiter sollen Erleichterungen für Jugendliche wegfallen. Von den Verschärfungen betroffen sind auch Personen, die während Jahren als vorläufig Aufgenommene in der Schweiz gelebt haben. Der Nationalrat stimmte dem revidierten Bürgerrechtsgesetz nach siebeneinhalb Stunden Beratungen mit 80 zu 61 Stimmen bei 40 Enthaltungen zu. Nein sagten SP und Grüne, enthalten haben sich die Vertreter der SVP. Das Gesetz geht nun an den Ständerat.
- WAFFENREGISTRIERUNG: Zum Schutz vor Schusswaffen will der Nationalrat kantonale und nationale Behörden schnell vernetzen, den Informationsfluss zwischen Kantonen und Bund sowie zur Armee verstärken und die AHV-Nummer zur Identifikation eventuell problematischer Wehrleute nutzen. Der Nationalrat hiess vier entsprechende Motionen mit grossem Mehr gut. Sie gehen an den Ständerat. Die nationalrätliche Sicherheitskommission war tätig geworden, nachdem sie festgestellt hatte, dass die Kantone die im Abstimmungskampf zur Waffenschutz-Initiative versprochenen Massnahmen nicht ergreifen können. Wie Chantal Galladé als Kommissionssprecherin sagte, braucht es für Registerverknüpfungen Gesetzesänderungen.
- SORGFALTSPFLICHT: Der Bundesrat hat eine rechtsvergleichende Studie in Auftrag gegeben, wie eine Sorgfaltspflicht internationaler Konzerne mit Sitz in der Schweiz bei Auslandaktivitäten aussehen könnte. Der Nationalrat rannte mit einem entsprechenden Postulat offene Türen ein. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates verlangte eine Studie über die Inpflichtnahme internationaler Konzerne bezüglich Menschen- und Umweltrechten in anderen Ländern in einem Postulat. Auslöser dazu war die im Rat abgelehnte Petition "Klare Regeln für Schweizer Konzerne" mit rund 135'000 Unterschriften.
- KRIEGSVERBRECHEN: Die Schweiz soll die Zusammenarbeit mit internationalen Gerichten fortsetzen, welche die Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien und Ruanda untersuchen. Der Nationalrat hat als Zweitrat oppositionslos dafür gestimmt. Das Gesetz, das den Modus der Zusammenarbeit regelt, läuft 2013 aus. Mit dem Ja des Nationalrats wird die Geltungsdauer des Gesetzes über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts bis 2023 verlängert.
- DATENAUSTAUSCH: Der Bundesrat muss prüfen, ob Post und Einwohnerregister künftig automatisch und regelmässig Personendaten austauschen sollen. Der Nationalrat überwies ein entsprechendes Postulat stillschweigend.
Der Ständerat in Kürze
(sda) AGRARPOLITIK: Die Bauern sollen in den nächsten vier Jahren mehr Geld erhalten. Im Rahmen der Agrarpolitik 2014-2017 hat auch der Ständerat die Mittel für die Landwirtschaft um 160 Millionen Franken aufgestockt. Die grösste noch verbleibende Differenz mit dem Nationalrat betrifft den Milchmarkt. Die kleine Kammer hält daran fest, die Verantwortung für Milchverträge der Branche zu überlassen. In zahlreichen anderen Punkten schwenkte der Ständerat aber auf die Linie des Nationalrats ein. So verzichtet er etwa darauf, das Übergangsregime auszubauen. Ebenfalls fallen liess er die Abstufung der Direktzahlungen nach Einkommen und Vermögen oder den Schutz für die einheimischen Freiberger Pferde. Zudem will er Tierfutterbeiträge nun explizit im Gesetz festschreiben.
- ENERGIEFORSCHUNG Nach dem Nationalrat will auch der Ständerat mehr Mittel in die Erforschung erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz stecken. Er stockte dazu den Kreditrahmen für die ETH um 60 Millionen Franken auf. Den Aktionsplan "Koordinierte Energieforschung Schweiz" hiess er gut. Den aufgestockten Kredit für die beiden ETH von 2013 bis 2016 hiess die kleine Kammer mit 38 zu 0 Stimmen gut. Mit den bereits gesprochenen Mitteln stehen somit in den Jahren 2013 bis 2016 für die Energieforschung 746 Millionen Franken zur Verfügung. Der Aktionsplan sieht die Bildung von sieben neuen Kompetenzzentren für die Energieforschung vor.
- DIREKTZAHLUNGEN: Weil die Bauern bei zweimal jährlicher Ausrichtung der Direktzahlungen in die Klemme kommen können, muss der Bundesrat drei oder mehr übers Jahr verteilte Zahlungen einleiten. Der Ständerat überwies eine Nationalratsmotion mit 14 zu 10 Stimmen.
- VERBUSCHUNG: Ist ein Bauer nicht auf dem Quivive, ist eine Weide in Waldnähe schnell einmal verbuscht. Der Ständerat will dem Wald kein weiteres Weideland opfern, aktiv und mit Bundesmitteln zurückdrängen will er Strauch und Busch aber nicht. Er änderte darum mit 16 zu 3 Stimmen den Wortlaut einer Motion aus dem Nationalrat ab und schickte sie an diesen zurück.
- INVESTITIONSSCHUTZ: Der Ständerat hat als Zweitrat das Investitionsschutzabkommen mit Tunesien mit 24 zu 0 Stimmen bei 14 Enthaltungen genehmigt. Opposition kam aus der Ratslinken. Vom Aussenwirtschaftsbericht nahm der Rat ansonsten Kenntnis.
Der Dienstag, 12. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) ENERGIE: Der Nationalrat hat die Cleantech-Initiative der SP mit 111 zu 68 Stimmen abgelehnt. Das Volksbegehren "Neue Arbeitsplätze dank erneuerbarer Energien" verlangt, dass bis 2030 die Hälfte des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammt. Der Bund soll die entsprechende Versorgung sicherstellen und erneuerbare Energien fördern. Für die bürgerliche Ratsmehrheit war neben grundsätzlichen Bedenken gegen eine Subventionierung einer einzigen Industriebranche der Zeitplan der Initiative zu ehrgeizig. Die Initiative würde die Energie verteuern, die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft schmälern und damit letztlich Arbeitsplätze vernichten statt schaffen. Ausserdem habe der Bundesrat mit seiner Energiestrategie 2050 die Energiewende bereits eingeleitet. Allerdings zeichnete sich ein indirekter Gegenvorschlag mittels einer Änderung des Energiegesetzes ab.
- ROAMING: Wer das Handy im Ausland benutzt, soll weniger tief in die Tasche greifen müssen. Nicht das erste Mal hat der Nationalrat am Dienstag auf tiefere Roaming-Gebühren gepocht. Er stimmte einer Motion mit grosser Mehrheit zu. Der Vorstoss verlangt vom Bundesrat, verbindliche Höchsttarife für ein- und abgehende Anrufe und SMS im Ausland festzulegen. Die EU kenne seit Jahren solche Höchsttarife, sagte Natalie Rickli (SVP/ZH). Bundesrätin Doris Leuthard zeigte ein gewisses Verständnis für das Anliegen, erinnerte aber daran, dass sich die Roaminggebühren aus den Kosten ergäben, die der Schweizer Telekomanbieter dem ausländischen Netzbetreiber für die Netznutzung bezahlen müsse.
- ENERGIEWENDE: Der Nationalrat will verhindern, dass die Steuerzahler für die Stilllegung von AKW aufkommen müssen. Er verlangt, dass die Betreiber der Kraftwerke die dafür nötigen Mittel nach 40 Betriebsjahren in den Stilllegungs- und den Entsorgungsfonds eingezahlt haben. Für Beznau I und II und Mühleberg sollen die Beiträge bis 2015 vollständig eingegangen sein. Der Nationalrat stimmte einer Motion von Ruedi Noser (FDP/ZH) mit 112 zu 63 Stimmen zu. Die vorhandenen Mittel belaufen sich erst auf einen Bruchteil der geschätzten Kosten.
Der Ständerat in Kürze
(sda) INVALIDENVERSICHERUNG: Der Ständerat pocht bei der IV-Revision auf Sparmassnahmen. Eine volle IV-Rente soll künftig nur noch erhalten, wer zu mindestens 80 Prozent invalid ist. Heute wird eine volle Rente ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent zugesprochen. Der Nationalrat möchte dabei bleiben. Der Ständerat sprach sich am Dienstag jedoch erneut für eine Änderung aus, mit 25 zu 19 Stimmen. Wer zu 70 Prozent invalid sei, könne 30 Prozent arbeiten, lautete der Tenor. Auch in anderen Punkten blieb der Ständerat bei seinen früheren Entscheiden. So will er eine Schuldenbremse für die IV. Geeinigt haben sich National- und Ständerat in einem Punkt: Die Renten für Kinder von IV-Bezügerinnen und -Bezügern werden vorläufig nicht gekürzt. Die Räte haben die umstrittene Massnahme aus dem zweiten Teil der 6. IV-Revision ausgeklammert.
- ZULASSUNGSSTOPP: Nach dem Nationalrat ist auch der Ständerat im Prinzip für einen weiteren Ärztestopp. Die Details hat er allerdings noch nicht beraten, da die vorberatende Kommission das Geschäft an den Bundesrat zurückweisen wollte. Mit 23 zu 22 Stimmen - mit Stichentscheid von Ratspräsident Filippo Lombardi - sprach sich der Rat gegen die Rückweisung aus. Vor allem städtische und grenznahe Kantone haben eine Flut von Gesuchen für neue Praxisbewilligungen erlebt, nachdem der Ärztestopp Ende 2011 ausgelaufen war. Mit einer Neuauflage sollen diese Entwicklung gebremst und die Kosten eingedämmt werden. Der Bundesrat möchte den Stopp auf Anfang April in Kraft setzen, weshalb das Parlament das Geschäft im Dringlichkeitsverfahren behandelt. Vor Wochenfrist hatte sich bereits der Nationalrat dafür ausgesprochen.
- PATIENTENDOSSIER: Das elektronische Patientendossier soll möglichst rasch eingeführt werden. Zu diesem Zweck soll der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Ärzten verbindliche Standards festlegen. Dies verlangen National- und Ständerat mit einer Motion. Der Ständerat möchte allerdings weniger weit gehen als der Nationalrat. Er stimmte nur einem Punkt der Motion zu. Der Nationalrat hatte auch die anderen beiden Punkte gutgeheissen. Damit verlangte die grosse Kammer eine Anschubfinanzierung für die Einführung des elektronischen Patientendossiers in Arztpraxen sowie ein Anreizsystem für Ärzte, damit diese die Patientendaten elektronisch dokumentieren und austauschen. Dies ging dem Ständerat zu weit. Es sei nicht einzusehen, weshalb der Staat den Ärzten die Informatik finanzieren sollte, befand die Mehrheit.
Der Montag, 11. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) SWISSNESS: Bei der Swissness-Vorlage zum Schutz der Marke "Schweiz" nähern sich National- und Ständerat einer Einigung an. Lebensmittel sollen künftig dann als schweizerisch gelten, wenn mindestens 80 Prozent des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Für Rohstoffe, die es in der Schweiz nicht oder nicht in genügender Menge gibt, gelten Ausnahmen. Der Nationalrat stimmte dieser Lösung am Montag mit 107 zu 80 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Ursprünglich hatte er für stark verarbeitete Lebensmittel tiefere Hürden gewollt. Noch nicht einig sind sich die Räte, wann industrielle Produkte als "swiss made" verkauft werden dürfen. Hier hat der Nationalrat an seiner strengeren Lösung festgehalten: 60 Prozent der Herstellungskosten müssen in der Schweiz anfallen. Der Ständerat möchte eine tiefere Hürde.
- SCHWYZER KANTONSVERFASSUNG: Das Wahlrecht in der neuen Schwyzer Kantonsverfassung widerspricht dem Bundesrecht. Der Nationalrat hat sie darum mit 94 zu 92 Stimmen nicht gewährleistet. Nun ist wieder der Ständerat am Zug, der Volksabstimmung über Bundesverfassung gestellt hatte. Umstritten ist ein Paragraph in der neuen Schwyzer Kantonsverfassung. Wie die Kommissionssprecher Kurt Fluri (FDP/SO) und Andreas Gross (SP/ZH) sagten, steht dort, dass der Kantonsrat im Proporzsystem gewählt wird, die Sitze also nach der Parteienstärke vergeben werden. Das ist faktisch aber nur bei 30 der 100 Sitze der Fall. Die anderen Sitze werden im Majorz vergeben.
- KANTONSVERFASSUNGEN: Der Nationalrat hat als Zweitrat Verfassungsänderungen der Kantone Glarus, Appenzell Innerrhoden, Aargau, Thurgau, Waadt, Neuenburg, Genf, Solothurn, Basel-Landschaft und Graubünden gewährleistet. Sie entsprächen dem Bundesrecht und erfüllten damit die Voraussetzungen für die Gewährleistung. Die beiden Vorlagen sind bereit für die Schlussabstimmung.
Der Ständerat in Kürze
(sda) SCHULDENKRISE: Die Nationalbank kann dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bei Bedarf ein Darlehen gewähren, und der Bund übernimmt dafür die Garantie. Nach dem Nationalrat hat am Montag auch der Ständerat den Rahmenkredit gutgeheissen. Allerdings haben beide Kammern den Betrag gekürzt - von 15 Milliarden Franken, die der Bundesrat beantragt hatte, auf 10 Milliarden. Der Entscheid für die Kürzung fiel im Ständerat mit 23 zu 16 Stimmen. In der Gesamtabstimmung genehmigte der Rat den Kredit mit 36 zu 4 Stimmen. Die IWF-Mitgliedstaaten hatten vor knapp einem Jahr im Kampf gegen die Schuldenkrise in der Eurozone zusätzliche IWF-Mittel beschlossen. Der Krisenfonds soll um gegen 460 Milliarden US-Dollar aufgestockt werden. Rund 40 Staaten wollen Mittel einschiessen.
- MINERALÖLSTEUER: Der für Pistenfahrzeuge verwendete Treibstoff soll teilweise von der Steuerpflicht befreit werden. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion von Isidor Baumann (CVP/UR) angenommen. Baumann argumentierte, dass ein Teil der Mineralölsteuer sowie der Treibstoff-Zollzuschlag für die Kosten des Strassenverkehrs erhoben würden. Pistenfahrzeuge aber verkehrten nicht auf Strassen, sondern ausschliesslich in Ski- und Langlaufgebieten. Damit hätten sie keinen direkten Nutzen von der Mineralölsteuer. Aus dem gleichen Grund profitieren land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von Steuererleichterungen. Verschieden Ratsmitglieder hatten vergeblich vor einem Präjudiz gewarnt.
- POTENTATENGELDER: Unter den Milliarden, die ausländische Potentaten auf Schweizer Bankkonten deponieren konnten, hat der Ruf der Schweiz gelitten. Trotzdem will es der Ständerat Schweizer Banken nicht generell verbieten, Geld von ausländischen Staatschefs, Regierungsmitgliedern und deren Familien anzunehmen. Er hat eine Motion von Thomas Minder (parteilos/SH) mit 30 zu 4 Stimmen abgelehnt. Minder hatte argumentiert, dass seriöse Staatschefs ihr Geld immer im eigenen Land anlegen würden. Ganze Kundengruppen auszuschliessen würde dem Finanzplatz schaden, warnte aber Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie erinnerte daran, dass die Vorschriften bereits verschärft worden seien. Derzeit liefen Bemühungen, auch Funktionäre internationaler Organisationen zu erfassen.
- STEUERGESETZE: Die Bestimmungen zur Vergangenheitsbesteuerung werden aus den Steuergesetzen entfernt. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Vorlage angenommen. Der Entscheid in der kleinen Kammer fiel einstimmig. Weil alle Kantone die einjährige Gegenwartsbesteuerung eingeführt haben, sind die Bestimmungen zur zweijährigen Vergangenheitsbesteuerung überflüssig geworden. Mit dem Beschluss der Räte werden die Bundesgesetze über die direkte Bundessteuer und über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden bereinigt. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf sprach von einer "Entrümpelung".
- FINANZPLATZ: Der Ständerat will eine ausserordentliche Task-Force "Zukunft Finanzplatz" einsetzen. Gegen den Willen von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat er am Montag eine Motion von Pirmin Bischof (CVP/SO) mit 26 zu 15 Stimmen angenommen. Die Task-Force soll aus allen wesentlichen Akteuren bestehen und eine rollende Zukunftsstrategie für den Finanzplatz erarbeiten. Vergeblich wies Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf auf die bereits bestehende Arbeitsgruppe unter Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti hin. Motionär Bischof kritisierte, in der Arbeitsgruppe fehlten die Branchenvertreter. Nun muss sich der Nationalrat mit der Task-Force befassen.
- FINANZMARKT: Der Bundesrat soll prüfen, ob die Finanzmarktaufsicht FINMA durch ein unabhängiges externes Expertengremium beurteilt werden soll. Der Ständerat hat ein Postulat von Konrad Graber (CVP/LU) mit grosser Mehrheit angenommen. Es gehe nicht darum, die FINMA zu schwächen, sondern darum, eine Balance zwischen der Aufsicht und der Wettbewerbsfähigkeit der Finanzbranche zu finden, sagte Graber. Einige Fragen hätten schon in früheren Berichten geklärt werden können, viele andere seien aber noch offen. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mahnte an, die gestärkte Aufsicht nun nicht wieder zu schwächen.
- STEUERWETTBEWERB: Bevor der Bundesrat mit einem Land Verhandlungen aufnimmt, soll er einen Bericht erstellen über Steuerschlupflöcher und staatliche Hilfen für juristische Personen. Das verlangte Ständerat Jean-René Fournier (CVP/VS) mit einem Postulat. Zudem soll der Bundesrat das Parlament über seine Verhandlungsstrategie informieren. Fournier erhofft sich davon eine Stärkung der Position der Schweizer Verhandlungsführer. "Die Schweiz muss zeigen können, dass ihre Steuerpolitik wettbewerbsfähig ist, aber nicht unlauter", sagte er. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte davor, den Handlungsspielraum durch die Verknüpfung verschiedener Dossiers einzuengen. Der Ständerat nahm das Postulat trotzdem mit grosser Mehrheit an.
Der Donnerstag, 7. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) LANDWIRTSCHAFT: Der Nationalrat lehnt es ab, den grösseren Bauernbetrieben als Verlierern der Agrarpolitik 2014-2017 weiter entgegen zu kommen. Er sprach sich im Gegensatz zum Ständerat für die Bundesrats-Variante zu den Übergangsbeiträgen aus. Mehrere grosszügigere Varianten scheiterten. Für reiche Bauern will der Nationalrat die Direktzahlungen nicht reduzieren. Die Linke monierte, damit würden Dutzende Millionen von unten nach oben umverteilt, was der Akzeptanz der Landwirtschaftspolitik schade. Allerdings ist der Nationalrat wie auch der Ständerat damit einverstanden, dass flächenmässig grosse Betriebe weniger Zahlungen erhalten sollen. Im Sinne der Bauern beschloss der Nationalrat auch, dass die Subventionen für die Landwirtschaft insgesamt 13,83 Milliarden Franken für die Jahre 2014 bis 2017 betragen sollen. Mit 87 zu 90 Stimmen und 4 Enthaltungen hielt der Nationalrat an einer Erhöhung um 160 Millionen Franken gegenüber dem Bundesrat fest.
- ENERGIEFORSCHUNG: Für die Forschung zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz soll die ETH mehr Geld erhalten als der Bundesrat vorschlägt. Dies hat der Nationalrat als Erstrat beschlossen. Mit Blick auf die Energiewende will der Bundesrat im Rahmen eines Aktionsplans bis 2016 zusätzlich 202 Millionen Franken in die Energieforschung stecken. 60 Millionen Franken sollen jedoch nach seinem Willen nicht neu hinzukommen, sondern aus dem ETH-Kredit umgelagert und damit kompensiert werden. Dem widersetzte sich nun der Nationalrat. Er beschloss mit 109 zu 48 Stimmen, die 60 Millionen zusätzlich zu sprechen. Die SVP, die sich generell gegen die Aufstockung der Mittel stellte, plädierte für die Bundesratsversion.
- TOURISMUS: Die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) soll nicht dafür zuständig werden, die Folgen der Zweitwohnungs-Initiative abzumildern. Der Nationalrat lehnte eine entsprechende Motion aus dem Ständerat mit 93 zu 58 Stimmen bei 13 Enthaltungen ab. Unterstützen sollte die SGH nach dem Vorschlag beispielsweise Programme zur Aufwertung der Hotellerie oder zur Umwandlung kalter in warme Bette. Dafür wären neue Vorschriften notwendig gewesen. Die Gegner bezweifelten die Wirkung des Programmes. Bundesrat Johann Schneider-Ammann forderte den Rat auf, den Bericht der Regierung zu den Auswirkungen der Zweitwohnungs-Initiative abzuwarten. Dieser soll im Juni vorliegen. Ohne Diskussion wies der Nationalrat auch eine Motion ab, mit der es Berggebieten ermöglicht werden sollte, reiche Ausländerinnen und Ausländer zur Wirtschaftsankurbelung anzulocken.
- INVESTITIONSSCHUTZ: Der Nationalrat hat den Bericht des Bundesrates zur Aussenwirtschaftspolitik zur Kenntnis genommen. Dabei genehmigte er gegen den Willen einer linken Minderheit auch ein Investitionsschutzabkommen mit Tunesien. Die Minderheit forderte Nachverhandlungen mit Tunesien: Im Abkommen sei zu verankern, dass Investoren die Menschen-, Umwelt- und Arbeitsrechte einhalten müssten. Das Abkommen entspreche nicht den geltenden Standards, sagte Hans-Jürg Fehr (SP/SH). Seinen Antrag auf Rückweisung unterstützten die BDP und die GLP. Die Mehrheit befand jedoch, es sei wichtiger und auch im Sinne Tunesiens, das Abkommen rasch in Kraft zu setzen.
- LADENÖFFNUNGSZEITEN: Mit den Ladenöffnungszeiten wird sich der Nationalrat erst in der dritten Sessionswoche befassen. Er hat am Donnerstag mit der Diskussion über zwei Motionen zum Thema begonnen, aber aus Zeitgründen noch keine Entscheide gefällt. Ein Ordnungsantrag von Corrado Pardini (SP/BE), die Beratungen am Donnerstag trotz fortgeschrittener Zeit zu Ende zu führen, lehnte der Rat mit 81 zu 64 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Pardini ärgerte sich darüber, dass der Rat nicht bereit war, für dieses aus seiner Sicht wichtige Thema die Mittagspause zu verschieben, Nationalratspräsidentin Maya Graf rief zu Ruhe und Gelassenheit auf.
- MEDIEN: CVP-Nationalrätin Kathy Riklin (ZH) beschwerte sich im Nationalrat, weil sie in der aktuellen Ausgabe der "Weltwoche" zitiert wird - mit einem Votum zur Energiewende aus einer Kommissionssitzung. Die Voten in diesen Sitzungen sind geheim. Offenbar leiteten die "Weltwoche"-Mitarbeiter Christoph Mörgeli (SVP/ZH) und Peter Keller (SVP/NW), die auch in der fraglichen Kommission sitzen, Informationen jeweils direkt an die "Weltwoche" weiter, sagte Riklin. Sie verlangte vom Rat, einzugreifen. Mörgeli wies die "ungeheuerlichen Vorwürfe" zurück und warf Riklin Anfeindungen gegen ihn vor. Keller wollte die Riklins Aussagen nicht kommentieren. Er sehe keinen Anlass, eine persönliche Fehde in den Ratssaal zu tragen.
Der Ständerat in Kürze
(sda) NEUES ABSTIMMUNGSVERFAHREN: Der Ständerat stimmt künftig elektronisch ab. Am Donnerstag änderte er mit 27 zu 17 Stimmen sein Geschäftsreglement. Heute beschliesst der Ständerat per Handerheben und zählt die Stimmen von Hand aus. Mit der von This Jenny (SVP/GL) beantragten Änderung wollte der Rat Diskussionen über nicht korrekt ermittelte Stimmenzahlen ein Ende machen. Spekulationen über Zählpannen in der kleinen Kammer waren immer wieder ein Thema, zuletzt am Dienstag im Zusammenhang mit der Freigabe des Geldes für den Kauf der Gripen-Kampfjets. Veröffentlicht werden im Ständerat nicht alle Abstimmungsresultate, Abstimmungen zu einzelnen Punkten werden weiterhin nicht offiziell kommuniziert. Wann die Neuerung eingeführt wird, entscheidet das Ständeratsbüro.
- JA ZUM FLUGLÄRMVERTRAG: Mit deutlichem Zähneknirschen und ebenso deutlichen 40 zu 2 Stimmen hat der Ständerat als Erstrat dem Bundesrat grünes Licht zur Ratifizierung des Fluglärmvertrags mit Deutschland gegeben. Dort liegt der Vertrag allerdings auf Eis. Schwierig an dem Vertragswerk wird daneben die innerschweizerische Verteilung des zusätzlichen Fluglärms, wie aus den Voten im Rat hervorging. Zusatzlärm über seinem Kanton nämlich will jeder Standesvertreter soweit wie möglich verhindern. Einhellig kritisierte die kleine Kammer, die Staatsvertragsbedingungen für den Flughafen Zürich gingen weit über die innerdeutschen Standards hinaus.
- DIFFERENZEN BEI DER PARLAMENTSREFORM: Um dem Parlament die Arbeit zu erleichtern, will der Ständerat weiterhin die Hürden für gewisse Vorstösse erhöhen. Er hielt namentlich an verschärften Anforderungen für parlamentarische Initiativen fest. Der Nationalrat hatte davon nichts wissen wollen. Am meisten kam der Ständerat der grossen Kammer bei den kantonalen Initiativen, den Standesinitiativen, entgegen. Entgegen der ursprünglichen Absicht bei der kleinen Parlamentsreform müssen diese Initiativen doch nicht als ausformulierter Entwurf eingereicht werden. Das hatte auch der Nationalrat gestrichen, weil die Kantone praktisch unisono opponiert hatten. An einer Begründung samt Zielsetzung hielt der Ständerat aber fest. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.
- EINWOHNERREGISTER: Der Ständerat will, dass die Post und die Einwohnerkontrollen Adressdaten automatisch austauschen. Er gab mit 28 zu 4 Stimmen einer parlamentarischen Initiative Folge, die eine Anpassung des Registerharmonisierungsgesetzes fordert. Initiant Hannes Germann (SVP/SH) wies darauf hin, dass die Post den Gemeinden derzeit auf Anfrage Zustelladressen mitteile. Mit dem Vorstoss werde das Vorgehen automatisiert. Anita Fetz (SP/BS) als Gegnerin gab zu bedenken, dass Fragen des Datenschutzes und die rechtliche Situation bei einem automatischen und direkten Austausch zwischen Post und Gemeindeämtern nicht geklärt seien. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
- BUNDESRATSWAHLEN: Der Ständerat will das Wahlsystem für den Bundesrat nicht ändern. Er will es dabei belassen, dass die sieben Bundesräte und Bundesrätinnen nach dem Anciennitätsprinzip hintereinander und nicht gleichzeitig gewählt werden. Die kleine Kammer gab mit 30 zu 8 Stimmen einer parlamentarischen Initiative von Thomas Minder (parteilos/SH) keine Folge. Damit ist das Anliegen vom Tisch. In der Staatspolitischen Kommission (SPK) waren Mehr- und Minderheit noch fast gleich stark gewesen - mit Stichentscheid des Präsidenten Robert Cramer (Grüne/GE) hatte sie die Initiative von Thomas Minder (parteilos/SH) unterstützt.
- STANDESINITIATIVEN ABGESCHRIEBEN: Im weiteren hat der Ständerat Standesinitiativen der Kantone Aargau und Solothurn abgeschrieben. Deren Anliegen für die Verkehrssicherheit sind mit Via Sicura erfüllt, wurden abgelehnt oder werden bei der Revision der Ahndung von Verkehrsdelikten im Strafgesetzbuchs berücksichtigt.
Der Mittwoch, 6. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) ÄRZTESTOPP: Nicht jeder Spezialarzt soll in der Schweiz eine Praxis eröffnen dürfen. Der Nationalrat hat der Wiedereinführung der Zulassungsbeschränkung zugestimmt, mit der die Kantone die Zahl der Praxisbewilligungen nach Bedarf begrenzen können. Allerdings lockerte er das Regime für Ärzte, die sich in der Schweiz während mindestens fünf Jahren weitergebildet haben. Für sie gilt die Beschränkung wie für Hausärzte nicht. Der Bundesrat möchte den Ärztestopp auf Anfang April in Kraft setzen, weshalb das Parlament das Geschäft im Dringlichkeitsverfahren behandelt. Der Ständerat ist nächsten Dienstag am Zug. Nachdem Ende 2011 die Beschränkung der Zulassung für Spezialärzte aufgehoben worden war, kam es in einigen Kantonen zu einer wahren Flut von Gesuchen für Praxisbewilligungen.
- HAUSÄRZTEMANGEL: National- und Ständerat empfehlen dem Stimmvolk, die Initiative "Ja zur Hausarztmedizin" abzulehnen. Beide Räte setzen auf einen direkten Gegenvorschlag. Beim Inhalt sind sie sich allerdings noch nicht einig. Der Nationalrat stimmte am Mittwoch einer Version zu, die den Initianten stark entgegen kommt. Die Initiative "Ja zur Hausarztmedizin" verlangt eine gezielte Förderung dieser Berufsgruppe. Hausärzte sollen in der Regel die erste Anlaufstelle sein für Patienten. Der Bund müsste bei einem Ja Vorschriften erlassen über die Ausbildung, den Zugang zum Beruf und die Abgeltung der Leistungen. Der Berufsverband "Hausärzte Schweiz" sammelte über 200'000 Unterschriften für das Volksbegehren. Dass es angesichts des drohenden Hausärztemangels Massnahmen braucht, ist kaum umstritten. Die Schweiz habe zu viele Spezialärzte und zu wenige Hausärzte, zu viele Ärzte in den Städten und zu wenige auf dem Land, stellten im Nationalrat viele fest.
- LANDWIRTSCHAFT: In der Reform der Agrarpolitik hat sich der Nationalrat für staatliche Regelungen zu Gunsten der Landwirtschaft ausgesprochen. Der Bund soll unter anderem im Detail festlegen, welche Anforderungen Milchverträge erfüllen sollen und auch Sanktionen für Verstösse vorsehen. Dies beschloss der Rat mit 95 zu 80 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Ständerat und Bundesrat wollen die Verantwortung der Milchbranche und deren Branchenorganisationen in die Hände legen. Ausserdem entschied der Nationalrat, dass einheimischen Schlachtbetrieben künftig wieder 40 Prozent der Kontingente für Fleischimporte zugeteilt erhalten sollen und dass der Anbau von Futtergetreide staatlich gefördert werden soll. Diese Entscheide sind im Sinne der Bauern. Entscheide zu Direktzahlungen und zur Finanzierung fällt der Nationalrat erst am Donnerstag.
Der Ständerat in Kürze
(sda) SCHUTZ DER MEERE: Die Schweiz soll ihren Beitrag zum besseren Schutz der Weltmeere vor Verschmutzung durch Schiffe leisten. Nach dem National- stimmte der Ständerat am Mittwoch dem Beitritt zu vier internationalen Übereinkommen zu. Die von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) vorgelegten Abkommen nehmen in erster Linie die schweizerischen Seereedereien in die Pflicht. In einer weiteren Vorlage erhält der Bundesrat die Kompetenz, selber über technische und nautische IMO-Übereinkommen zu entscheiden.
- ARBEITSRECHT AM CERN: Für Arbeitnehmer, welche am Forschungsinstitut CERN in Genf Aufträge ausführen, soll nur noch ein Arbeitsrecht gelten, das schweizerische oder französische. Das entschied der Ständerat ohne Gegenstimme. Ausschlaggebend ist das Landesgebiet, auf dem die Beschäftigten hauptsächlich arbeiten.
- AUSSENPOLITIK 2012: Der Ständerat hat vom Aussenpolitischen Bericht 2012 Kenntnis genommen. Dabei unterstrich Aussenminister Didier Burkhalter die Notwendigkeit intensiverer Kontakte mit den Nachbarländern. Mit der Ventilklausel befasse sich der Bundesrat im April.
- GESCHÄFTSPRÜFUNGSKOMMISSIONEN: Der Rat nahm ebenfalls Kenntnis von den Berichten seiner Geschäftsprüfungskommission und der Geschäftsprüfungsdelegation.
Der Dienstag, 5. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) AUS- UND WEITERBILDUNG: Wer sich aus- und weiterbildet, soll die Kosten dafür in unbegrenzter Höhe von den Steuern abziehen können. Dafür sprach sich am Dienstag der Nationalrat aus und lehnte damit die vom Ständerat beschlossene Obergrenze von 12'000 Franken ab. Die bürgerliche Mehrheit hiess den unbegrenzten Abzug mit 103 zu 83 Stimmen gut. Der unbeschränkte Abzug bedeutet Steuerausfälle von 15 Millionen Franken auf Bundesebene und von 70 Millionen Franken für die Kantone und Gemeinden. Wegen des anhaltenden Mangels an gut qualifizierten Personen sei es wichtig, die Weiterbildung zu fördern, hielte die Befürworter fest. Die Gegner - vorab die SP - kritisierte, dass die Förderung über Steuerabzüge jenen nütze, die sich sowieso weiterbilden würden, nicht aber den einkommensschwachen Schichten, die es am meisten nötig hätten.
- NACHRICHTENLOSE VERMÖGEN: Ansprüche auf nachrichtenlose Vermögen lassen sich nach 62 Jahren nicht mehr durchsetzen. Nach jahrelangem Seilziehen zwischen National- und Ständerat ist die grosse Kammer auf die Linie des Ständerats und der Regierung eingeschwenkt. Der Nationalrat hiess die kürzere Verwirkungsfrist mit 100 zu 88 Stimmen gut. Banken können nachrichtenlose Vermögen nach 50 Jahren liquidieren. Mit weiteren Fristen dauert es danach insgesamt 62 Jahre, bis Erben den Anspruch auf die Vermögenswerte nicht mehr geltend machen können. Die Minderheit sprach sich für eine weitere Frist von 50 Jahren aus, die zu einer Verwirkung nach insgesamt 112 Jahren geführt hätte. Betroffen sein dürften rund 600 Millionen Franken nachrichtenlose Vermögen.
- IMMOBILIENMARKT: Bei Grundstückverkäufen muss der bezahlte Preis weiterhin nicht veröffentlicht werden. Der Nationalrat lehnte die Forderung der SP nach einer Publikationsvorschrift mit 130 zu 57 Stimmen deutlich ab. Die SP-Fraktion erhoffte sich mit ihrer parlamentarischen Initiative, dass die Massnahme sich dämpfend auf die Preise und damit zu Gunsten der Käufer auswirkt. Spekulation und Geldwäscherei könnten ebenso bekämpft werden. Die bürgerliche Mehrheit sah in der zwingenden Publikation der Handänderungen und des Preises einen Eingriff in die Privatsphäre, für den es kein öffentliches Interesse gebe. Sie zweifelte auch an der Wirkung.
- ZOLL: Der Nationalrat will gewürztes Fleisch dem gleichen Zolltarif unterstellen wie Frischfleisch. Er leistete einer parlamentarischen Initiative aus der SVP-Fraktion mit 97 zu 89 Stimmen Folge. Aus Sicht der Befürworter setzen die gestiegenen Trockenfleisch-Importe einheimische Produzenten unter Druck. Die Gegner gaben zu bedenken, dass die Schweiz mit einem tieferen Tarif für gewürztes Fleisch eine WTO-Regelung unterlaufe. Das Geschäft geht nun in den Ständerat. Das Gewürzfleisch-Problem beschäftigt die Schweizer Politik schon längere Zeit. Als Auslöser des berühmten Bündnerfleisch-Lachanfalls von alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz im Nationalrat ging der Streit 2010 via Youtube um die Welt.
- GRENZWACHE: Der Nationalrat macht Druck, um das Grenzwachtkorps weiter aufzustocken. Er gab mit 98 zu 89 Stimmen einer parlamentarischen Initiative Folge, die eine Gesetzesgrundlage verlangt, damit das Korps genügend Personal rekrutieren kann. Die grenzüberschreitende Kriminalität in Genf und greife auch auf die Waadt, Freiburg und Bern über, sagte Initiant Yves Nidegger (SVP/GE). Eine knappe Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK) unterstützte das Anliegen. Minderheitssprecherin Corina Eichenberger (FDP/AG) erinnerte daran, dass seit der Einreichung der Initiative 2010 das Grenzwachtkorps 35 zusätzliche Stellen erhalten habe. Über das Budget lasse sich der Personalbestand des Grenzwachtkorps rascher aufstocken als mit der verlangten Gesetzesänderung.
- STEUERN I: Der Nationalrat hat sieben Doppelbesteuerungsabkommen nach dem aktuellen OECD-Standard mit der Möglichkeit für Gruppenanfragen gutgeheissen. Die Abkommen mit Irland, Portugal, Bulgarien, Slowenien, Tschechien, Turkmenistan und Peru wurden mit deutlichen Mehrheiten angenommen. Als nächstes beschäftigt sich der Ständerat mit den Verträgen. Laut Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf verfügt die Schweiz nun über 30 OECD-konforme Abkommen, die in Kraft sind. Weitere 10 sind unterzeichnet. Ob dies reiche, um das nächste Examen der OECD zu bestehen, werde sich zeigen, sagte sie.
- STEUERN II: Der Bundesrat muss zu Handen des Nationalrats verschiedene Fragen zu Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und Steuerinformationsaustauschabkommen (TIEA) mit Entwicklungsländern klären. Die grosse Kammer nahm ein entsprechendes Postulat mit 102 zu 65 Stimmen an. Wissen will der Nationalrat beispielsweise, wie es sich für den Partnerstaat sowie für Schweizer Investitionen auswirkt, wenn Quellensteuersätze gesenkt werden. Geklärt werden soll auch, wie der Bundesrat entscheidet, ob mit einem Land über ein DBA oder über ein TIEA verhandelt wird.
Der Ständerat in Kürze
(sda) KAMPFFLUGZEUGE: Der Kauf von Kampfflugzeugen bleibt im Parlament höchst umstritten. Der Ständerat hat am Dienstag dem Kauf von 22 schwedischen Gripen zwar zugestimmt, doch lehnte er es ab, die Gelder dafür freizugeben. Er löste die Ausgabenbremse zum Verpflichtungskredit von 3,126 Milliarden Franken nicht. Eine einzige Stimme fehlte für das absolute Mehr. Der knappe Ausgang hatte sich in der Debatte nicht abgezeichnet. Die meisten Redner sprachen sich für den Flugzeugkauf aus. Die Bedenken zu den Risiken seien ausgeräumt, befanden viele. Aus den Reihen der Bürgerlichen gab es nur vereinzelt kritische Stimmen. Weniger umstritten war das Gripen-Fonds-Gesetz. Da es dem fakultativen Referendum untersteht, kann sich allenfalls das Stimmvolk zum Kauf der neuen Kampfjets äussern.
- WEHRPFLICHT: Der Ständerat will wie der Bundesrat und der Nationalrat an der allgemeinen Wehrpflicht festhalten. Die kleine Kammer empfiehlt mit 34 zu 7 Stimmen ein Nein zur Volksinitiative der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) für die Aufhebung der Wehrpflicht. Das letzte Wort hat nun das Stimmvolk. Nur mit einer allgemeinen Wehrpflicht stünden der Armee weiterhin genügend Ressourcen und ziviles Wissen zur Verfügung, lautete der Tenor der bürgerlichen Mehrheit im Ständerat. Eine rot-grüne Minderheit der sicherheitspolitischen Kommission (SIK) hätte die Initiative annehmen wollen. Ihr Vertreter sprach die problematische Selektion an, die sich bei einer Milizarmee ebenso stellten wie bei der Freiwilligenarmee. Die Armee brauche heute weniger Männer als diensttauglich seien.
Der Montag, 4. März 2013
Der Nationalrat in Kürze
(sda) VERKEHR: 100 Franken soll die Autobahn-Vignette ab 2015 kosten. Der Nationalrat ist am Montag im dritten Anlauf auf die Linie des Bundesrates und Ständerats eingeschwenkt. Zuvor hatte er sich für eine Erhöhung auf lediglich 70 Franken ausgesprochen. Mit 97 zu 89 Stimmen hiess der Nationalrat die Erhöhung auf 100 Franken gut und lehnte damit einen Kompromissvorschlag für eine Erhöhung auf 80 Franken ab. Zustande kam die Einigung, weil die SP nun mehrheitlich für 100 Franken stimmte. Eine Minderheit aus der SVP hatte gefordert, an der Erhöhung auf 70 Franken festzuhalten. Sie scheiterte aber mit 88 zu 63 Stimmen bei 35 Enthaltungen gegen die Variante mit 80 Franken. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Preiserhöhung sind für rund 390 Kilometer neue Nationalstrassen vorgesehen.
- EREIDIGUNGEN: Im Nationalrat sind vier Frauen als neue Nationalrätinnen vereidigt worden. Die 52-jährige Naturwissenschaftlerin Claudia Friedl (SP/SG) rückt für Hildegard Fässler nach. Die 57-jährige Geschäfts- und Hausfrau Verena Herzog (SVP/TG) folgt auf den Unternehmer Peter Spuhler. Für Ursula Wyss und Franziska Teuscher, die in die Berner Stadtregierung gewählt worden waren, rücken zwei jünge Bernerinnen in die grosse Kammer nach. Die 28-jährige Nadine Masshardt (SP) ist Historikerin und arbeitet in einer Kommunikationsagentur. Die 29-jährige Aline Trede (Grüne) studierte Umweltwissenschaften und arbeitet als Kampagnenleiterin. Weil drei der vier neuen Frauen für Frauen nachrücken, steigt der Frauenanteil im Nationalrat nur geringfügig von 29 auf 29,5 Prozent. In der grossen Kammer sitzen 59 Frauen.
- ELEKTRO-FAHRZEUGE: Kleine, schwach motorisierte Fahrzeuge wie Segways sollen nicht mehr nach den strengen Regeln für Motorfahrzeuge beurteilt werden. Der Nationalrat hiess ohne Gegenstimme eine Motion gut, welche die Fahrzeuge den E-Bikes gleichstellt. Diese gelten als Leichtmotorfahrräder, welche bereits 14-Jährige mit einem Mofa-Ausweis und alle Über-16-Jährigen fahren dürfen. Betroffen von der Lockerung sind elektrisch betriebene Kleinmotorräder mit einer Höchstgeschwindigkeit von höchsten 20 km/h einer Breite von unter einem Meter und einer Motor-Dauerleistung von unter 2 Kilowatt.
- UMWELT: Der Nationalrat ist einverstanden damit, dass die Schweiz die Aarhus-Konvention ratifiziert. Diese regelt den Zugang zu Umweltinformationen und die Beteiligung an Verfahren. Die Konvention ist umstritten: Die Umweltkommission des Nationalrates hatte ursprünglich gar nicht erst auf die Beratungen eintreten wollen. Der Rat entschied sich im Herbst aber für das Eintreten. Nun hat er die nötigen Anpassungen des Umweltschutzgesetzes gutgeheissen.
- ALTLASTEN: Unternehmen können künftig einfacher dazu verpflichtet werden, für die Überwachung und Sanierung belasteter Standorte aufzukommen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat Änderungen des Umweltschutzgesetzes gutgeheissen. Damit können die Kantone von den Verursachern frühzeitig Garantien verlangen. Für die Veräusserung oder Teilung von Grundstücken belasteter Standorte wird zudem eine kantonale Bewilligungspflicht eingeführt. Gegen die Neuerungen stellte sich die SVP-Fraktion. In der Schweiz gibt es heute rund 38'000 belastete Standorte.
- FLIESSGEWÄSSER: Bäche und Flüsse sollen kein Hindernis für die Deponie von unverschmutztem Aushubmaterial sein. Der Nationalrat hiess am Montag als Zweitrat eine entsprechende Lockerung des Gewässerschutzgesetzes gut. Damit soll es möglich sein, Bäche oder Flüsse zu verbauen oder zu korrigieren, falls dies für eine Deponie notwendig ist. Die grosse Kammer stimmte mit 109 zu 69 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Der Ständerat hatte ohne Gegenstimme zugestimmt. Angeregt hatte die Änderung der Kanton Bern in einer Standesinitiative. Die heutige starre Regelung habe dazu geführt, dass im Alpenraum Aushubmaterial lastwagenweise ins Tal habe befördert werden müssen, statt es vor Ort deponieren zu können.
- RAUMPLANUNG: Der Bundesrat wird voraussichtlich noch in diesem Jahr eine weitere Revision des Raumplanungsgesetzes vorschlagen. Die Arbeiten zur geplanten zweiten Etappe seien bereits im Gang, sagte Umweltministerin Doris Leuthard im Nationalrat. In dieser Etappe werde es unter anderem auch um einheitliche Regeln zur Nutzung landwirtschaftlicher Gebäude gehen. Leuthard empfahl dem Nationalrat aus diesem Grund, eine Motion dazu abzulehnen. Der Rat nahm die Motion der CVP-Fraktion dennoch an.
- ABFALL-ENTSORGUNG: Durch die Liberalisierung der Abfall-Entsorgung befürchten die Gemeinden Einnahmeausfälle von 150 Millionen Franken pro Jahr. Der Nationalrat nahm mit 116 zu 58 Stimmen bei 9 Enthaltungen eine Motion an, welche die Folgen der Liberalisierung lindern soll. Weil der Begriff Siedlungsabfall neu definiert werden soll, könnten zahlreiche Betriebe ihre Abfallentsorgung selbst organisieren. Sie müssten dann auch keine Grundgebühren mehr bezahlen, was zu den Einnahmeausfällen führe, hielt Kurt Fluri (FDP/SO) fest. Die vom Nationalrat angenommene Motion verlangt, dass die die Kantone und Gemeinden für die Sammlung und Verwertung von Gewerbekehricht für Klein- und Mittelbetriebe zuständig bleiben. Der Vorstoss geht an den Ständerat. Der Bundesrat kündigte eine gemeindeverträgliche Umsetzung an.
- PFERDE: Das Halten von Sport- und Freizeitpferden auf Bauernhöfen soll erleichtert werden. National- und Ständerat haben sich auf eine Lockerung der Bestimmungen geeinigt. Noch offen ist jedoch, ob die Kantone strengere Regeln beschliessen dürfen oder nicht. Der Ständerat will den Kantonen ermöglichen, strengere Bestimmungen zu erlassen. Der Nationalrat ist dagegen. Die Gesetzesänderungen gehen auf eine parlamentarische Initiative von Christophe Darbellay (CVP/VS) zurück. Der CVP-Nationalrat hatte kritisiert, heute werde die Haltung von Pferden durch unsachgemässe Regeln behindert.
- NOTRUFE: In Notrufsituationen sollen Blaulichtorganisationen via GPS-Handy-Ortung automatisch erfahren, wo sich der Hilfesuchende befindet. Dies fordert der Nationalrat. Er hat eine Motion mit 117 zu 56 Stimmen bei 9 Enthaltungen angenommen. Die Motion fordert den Bundesrat auf, die Verordnung über Fernmeldedienste zu ändern und der technischen Entwicklung anzupassen. Der Standort, ab dem Notrufe abgesetzt werden, soll den den Blaulichtorganisationen so genau als möglich mitgeliefert werden - sowohl durch GPS-Ortung von Mobiltelefonen als auch durch die Identifikation der Notrufquelle innerhalb von IP-Netzwerken. Über den Vorstoss entscheidet nun der Ständerat.
- BIOGAS: Zum internationalen Biogasmarkt und dessen Auswirkungen auf die Schweiz wird der Bundesrat einen Bericht erstellen. Der Nationalrat nahm ein entsprechenedes Postulat ohne Gegenstimme an. Die Regierung begrüsste es ebenfalls, einen Bericht zu erstellen. Unter anderem soll darin aufgezeigt werden, inwiefern Regelungen aus der EU sich auf die Schweiz übertragen lassen und wie das internationale Umfeld sich auf die einheimische Produktion auswirken wird.
Der Ständerat in Kürze
(sda) SORGERECHT: Eltern sollen bei der Scheidung in der Regel gemeinsam das Sorgerecht für ihre Kinder erhalten. Auch bereits geschiedene Väter und Mütter, die auf das Sorgerecht verzichten mussten, sollen dies beantragen können. Nach dem Willen des Ständerats darf die Scheidung bei Inkrafttreten der Gesetzesrevision aber nicht länger als fünf Jahre zurückliegen. Auch beim Verfahren im Falle eines Umzugs oder beim Namensrecht gibt es noch Differenzen zwischen den Räten. Mit der ZGB-Revision soll das Sorgerecht angesichts einer Scheidungsrate von fast 50 Prozent der gesellschaftlichen Realität angepasst werden. Heute wird das Sorgerecht in der Regel einem Elternteil zugesprochen.
- STIEFKINDERADOPTION: Der Ständerat hat sich dem Nationalrat angeschlossen und der Adoption von Stiefkindern in einer eingetragenen Partnerschaft zugestimmt. Zuvor wollte die kleine Kammer weiter gehen, schwenkte aber auf die geänderte Fassung ihres Vorrats ein. Der Entscheid erfolgte mit 26 zu 16 Stimmen. Der Nationalrat hatte die Motion abgeändert und die Vorlage auf die Stiefkinderadoption eingeschränkt. Der Bundesrat nimmt nun eine entsprechende Änderung des Adoptionsgesetzes an die Hand, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga erklärte.
- AUSZÄHLFEHLER: Die Informationsplattform Politnetz darf im Moment nicht mehr im Ständerat filmen. Dies hat das Büro der kleinen Kammer entschieden. Es betrachtete ein erläuterndes Schreiben von Politnetz als Rückzug des Gesuchs, die Abstimmungen filmen zu dürfen. Politnetz will nun ein neues Gesuch einreichen, wie Geschäftsführer Thomas Bigliel sagte. Er geht zudem davon aus, dass im Saal fotografiert werden darf. Auf diesem Weg will Politnetz auch in Zukunft Abstimmungen des Ständerats auswerten. Aufgrund von Filmaufnahmen hatte Politnetz in der letzten Wintersession mehrere Auszählfehler bei Abstimmungen nachgewiesen.
- JURA-POLITIK: Die geänderte Verfassung des Kantons Jura wird vom Bund gewährleistet, wenn der kantonale Souverän ihr zugestimmt hat und wenn sie dem Bundesrecht entspricht. Eine im neuen Artikel 139 festgeschriebene Pflicht der Kantonsregierung zum Einsatz für eine Vereinigung mit dem Berner Jura darin würde zumindest theoretisch Bundesrecht widersprechen, hielt der Bundesrat in der Antwort auf eine Interpellation von Hans Stöckli (SP/BE) fest. Da die Verpflichtung sich aber auf die Absichtserklärung für die anstehenden Abstimmungen über die Kantonszugehörigkeit beziehe, falle sie nach den Urnengängen dahin. Die Jurafrage sei dann vereinbarungsgemäss und definitiv geklärt.
- KANTONSVERFASSUNGEN: Der Ständerat hat Verfassungsänderungen der Kantone Glarus, Appenzell Innerrhoden. Aargau, Thurgau, Waadt, Neuenburg, Genf, Solothurn, Basel-Landschaft und Graubünden gewährleistet. Sie entsprächen dem Bundesrecht und erfüllten damit die Voraussetzungen für die Gewährleistung. Die beiden Vorlagen gehen an den Nationalrat.
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