​Der Freitag, 15. Juni 2012 im Parlament

Schlussabstimmungen - Das Parlament verabschiedet 23 Vorlagen

(sda) Mit den Schlussabstimmungen zu 23 Vorlagen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Sommersession abgeschlossen. Mit 104 zu 8 Stimmen abgelehnt wurde im Nationalrat der direkte Gegenvorschlag zur Abzockerinitiative, welchen der Ständerat mit 26 zu 14 Stimmen gutgeheissen hatte. Parlamentarisch unter Dach kamen dagegen:

  • mit 109:76 bei 10 Enthaltungen (Nationalrat) und 36:4 bei 1 Enthaltung (Ständerat) der Bundesbeschluss über das Steuerabkommen mit Deutschland, mit dem die Schweiz künftig für den Vertragspartner auf unversteuerten Schwarzgeldern eine Abgeltungssteuer erheben wird;
  • mit 110:77 bei 8 Enthaltungen und 34:6 bei 1 Enthaltung der Bundesbeschluss über das Steuerabkommen mit Grossbritannien, mit dem die Schweiz künftig für den Vertragspartner auf unversteuerten Schwarzgeldern eine Abgeltungssteuer erheben wird;
  • mit 143:46 bei 3 Enthaltungen und 37:3 das Steuerabkommen mit Österreich, mit dem die Schweiz künftig für den Vertragspartner auf unversteuerten Schwarzgeldern eine Abgeltungssteuer erheben wird;
  • mit 96:86 bei 13 Enthaltungen und 37:0 bei 4 Enthaltungen das Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung, mit dem die Steuerabkommen im Schweizer Recht umgesetzt werden;
  • mit 181:9 bei 4 Enthaltungen und 41:0 das Bundesgesetz über eine Verschärfung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit;
  • mit 119:75 bei 1 Enthaltung und 21:16 bei 3 Enthaltungen ein Bundesbeschluss, in dem das Parlament die Landschaftsinitiative zur Ablehnung empfiehlt;
  • mit 108:77 bei 10 Enthaltungen und 30:10 bei 1 Enthaltung eine Revision des Raumplanungsgesetzes, die als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative dient;
  • mit 132:59 bei 4 Enthaltungen und 36:1 bei 4 Enthaltungen eine Revision des Strassenverkehrsgesetzes, mit der unter dem Stichwort "Via Sicura" unter anderem die Massnahmen gegen die Raserei verschärft werden;
  • mit 110:79 bei 6 Enthaltungen und 40:0 bei 1 Enthaltung eine Verordnung der Bundesversammlung über die Alkoholgrenzwerte;
  • mit 188:0 bei 7 Enthaltungen und 41:0 das Bundesgesetz über Massnahmen gegen Zwangsheiraten, mit dem erzwungene Ehen in der Schweiz grundsätzlich verboten werden;
  • mit 193:0 bei 1 Enthaltung und 40:0 bei 1 Enthaltung das Bundesgesetz zur Umsetzung der Unverjährbarkeitsinitiative, mit der schwere sexuelle Straftaten an Kindern bis zu zwölf Jahren nicht mehr verjähren;
  • mit 129:57 bei 2 Enthaltungen und 28:12 bei 1 Enthaltung der Bundesbeschluss über die Familienpolitik, mit dem ein neuer Artikel zur Familienpolitik in die Verfassung aufgenommen wird;
  • mit 166:16 bei 6 Enthaltungen und 25:15 bei 1 Enthaltung eine Revision des Tierschutzgesetzes, das ein Importverbot für Delfine bringt;
  • mit 195:0 und 41:0 das Bundesgesetz über Vereinfachungen bei der Besteuerung von Lotteriegewinnen, dank dem Lotterigewinne künftig erst ab 1000 Franken besteuert werden;
  • mit 150:45 und 38:2 bei 1 Enthaltung eine Revision des Verrechnungssteuergesetzes, mit der Pflichtwandelanleihen (CoCo-Bonds) von der Verrechnungssteuer befreit werden;
  • mit 153:36 bei 6 Enthaltungen und 38:1 bei 2 Enthaltungen eine Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, mit der die Kostenvergütungen für stationäre Massnahmen neu geregelt werden;
  • mit 149:10 bei 36 Enthaltungen und 40:0 bei 1 Enthaltung die Überarbeitung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Russland, mit der die Schweiz die Amtshilfe auch auf Fälle von Steuerhinterziehung ausdehnt;
  • mit 150:9 bei 36 Enthaltungen und 40:0 bei 1 Enthaltung die Überarbeitung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Spanien, mit der die Schweiz die Amtshilfe auch auf Fälle von Steuerhinterziehung ausdehnt;
  • mit 117:9 bei 67 Enthaltungen und 41:0 ein Doppelbesteuerungsabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten;
  • mit 187:3 bei 5 Enthaltungen und 41:0 ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Hongkong;
  • mit 136:51 bei 8 Enthaltungen und 35:3 bei 3 Enthaltungen ein Rechtshilfeabkommen mit Kolumbien;
  • mit 98:90 bei 7 Enthaltungen und 36:2 bei 3 Enthaltungen eine Verordnung der Bundesversammlung über den Teuerungsausgleich für die Einkommen und Entschädigungen der Ratsmitglieder, dank der die Räte künftig im Jahr 1000 Franken mehr verdienen.
  • Mit Ausnahme der beiden Verordnungen der Bundesversammlung unterstehen alle Vorlagen dem fakultativen Referendum. Referenden drohen beim Steuervertrag mit Deutschland sowie beim Raumplanungsgesetz.

 

Der Donnerstag, 14. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Der Nationalrat hat am Donnerstag das Asylgesetz zu Ende beraten und sich dabei für weitere umstrittene Verschärfungen ausgesprochen. Ob diese tatsächlich im Gesetz verankert werden, hat nun der Ständerat zu entscheiden. Der SP und den Grünen gehen die Verschärfungen entschieden zu weit. Die Linksparteien zeigten sich am Ende der Beratungen empört und lehnten das Gesetz in der Gesamtabstimmung ab. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga bat wiederholt darum, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Verschärft hat der Nationalrat unter anderem die Härtefallregelung für vorläufig aufgenommene Personen. Diese soll neu erst nach sieben statt wie heute nach fünf Jahren angewendet werden können.

  • NATIONALBANK: Die Parteien und der Bundesrat haben der Schweizerischen Nationalbank den Rücken gestärkt. Sie haben sich einhellig hinter den Mindestkurs von 1.20 Franken für einen Euro gestellt. In einer dringlichen Debatte im Nationalrat musste die SVP aber scharfe Kritik dafür einstecken, dass ihr Parteistratege Christoph Blocher öffentlich Ausstiegsszenarien aus dem Euro-Mindestkurs fordert. Diese Forderungen seien "unverständlich", "unverantwortlich" und "Schüsse von hinten", lautete der Tenor bei den anderen Parteien.
  • BÖRSENGESETZ: Insiderhandel und Marktmanipulation an der Börse werden künftig strenger geahndet. Der Nationalrat hat als Zweitrat die Verschärfungen ohne Gegenstimme gutgeheissen. Das Ausnützen von vertraulichen und kursrelevanten Informationen ist künftig auch für Hedgefonds und private Investoren verboten. Im noch geltenden Recht ist eng umschrieben, wer als Insider gelten kann. So können nur jene Marktteilnehmer bestraft werden, die unter der Aufsicht der Finanzmarktaufsicht stehen. Neu werden Insiderhandel und Kursmanipulation zudem als Vortaten zur Geldwäscherei gewertet. Ziel ist es, marktmissbräuchliches Verhalten zu bekämpfen und den Schweizer Finanzplatz zu stärken. Zudem wird mit den neuen Bestimmungen internationalen Regeln Rechnung getragen.
  • LEGISLATURPLANUNG: Die Legislaturplanung des Bundesrats 2011-2015 ist beinahe bereinigt. Als Erstrat hat die grosse Kammer die Entscheide der Einigungskonferenz gutgeheissen. Das Parlament verzichtet damit auf eine Reihe Massnahmen, die der Nationalrat in der ersten Beratung dem Bundesrat in seine Leitlinien für die laufende Legislatur schreiben wollte. Über die Vorschläge der Einigungskonferenz muss am Freitag noch der Ständerat beraten. Das Legislaturprogramm besteht aus sieben Leitlinien, die in Zielen und Massnahmen präzisiert werden. Zu den Zielen gehören unter anderem ein ausgeglichener Bundeshaushalt, ein attraktives und glaubwürdiges Steuersystem, ein gestärktes Verhältnis zur EU und der Ausstieg aus der Atomenergie.
  • ANWÄLTE: Der Nationalrat hat verschiedenen Gesetzesänderungen zugestimmt, welche den Umgang mit anwaltlichen Dokumenten als Beweismittel harmonisieren. Nun ist einheitlich geregelt, dass keine anwaltliche Korrespondenz herausgegeben werden muss - auch wenn sich diese bei einem Mandaten oder an einem dritten Ort befindet. Ausgenommen von der Herausgabepflicht sind auch Unterlagen und Dokumente von unabhängigen Patentanwälten. Weil der Nationalrat sämtliche Patentanwälte von der Herausgabepflicht befreien will, geht die Vorlage nochmals zurück in den Ständerat.

Der Ständerat in Kürze

(sda) Der Ständerat will Bildung und Forschung in den Jahren 2013 bis 2016 mit insgesamt 26 Milliarden Franken fördern. Die Kredite dafür hat er am Donnerstag ohne Gegenstimmen und mit höchstens zwei Enthaltungen bewilligt. Knapp nichts wissen wollte er von einer Aufstockung, welche die vorberatende Kommission vorgeschlagen hatte. Die grosse Kammer folgte damit als Erstrat dem Bundesrat. Die Kredite verteilen sich auf Berufsbildung, Hochschulen, Forschung und Innovation. Sie umfassen 23,878 Milliarden Franken in elf Kreditbeschlüssen. Mit den Geldern für die Teilnahme an EU-Forschungsprogrammen ergibt sich die Summe von rund 26 Milliarden. Damit erhöhen sich die Fördergelder des Bundes pro Jahr nominal durchschnittlich um 3,7 Prozent.

  • VERKEHRSVERLAGERUNG: Der Bund soll sich stärker dafür engagieren, den alpenquerenden Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene zu bringen. Der Ständerat hat eine Motion gutgeheissen, die unter anderem Verhandlungen mit der EU über eine Alpentransitbörse fordert. Die kleine Kammer folgt damit der grossen, die bereits am Dienstag über die Verlagerungspolitik debattiert hatte. Die Räte machten in den Debatten deutlich, dass sie vom Ziel vorderhand nicht abrücken wollen, die Anzahl Lastwagen, die die Schweizer Alpen auf der Strasse queren, bis 2018 auf 650'000 zu senken. Der Handlungsspielraum sei noch nicht ausgeschöpft, das Ziel zu erreichen. Mit Motionen zwei beinahe gleichlautenden Motionen wollen die Räte den Bundesrat nun zu weiteren Massnahmen zwingen.
  • WISSENSCHAFT: Der Ständerat hat stillschweigend drei Vorstösse an den Bundesrat überwiesen, welche die Förderung des Forschungsplatzes Schweiz zum Ziel haben. Eine Motion von Nationalrat Luc Barthassat (CVP/GE) beauftragt den Bundesrat, ein Massnahmenpaket vorzulegen, das die Spitzenposition der Schweiz bei den Verfahren zur Genehmigung klinischer Studien sicherstellen soll. Mit einer Motion verlangt die SVP-Fraktion innert sechs Monaten einen Masterplan zum Erhalt der Standortqualität der Schweiz für Forschung und biomedizinische Industrie. Und mit einem Postulat verlangt die ständerätliche Wissenschaftskommission einen Bericht, der die bisher ergriffenen Massnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an Schweizer Hochschulen beurteilt.
  • IWF-QUOTENREFORM: Die Schweiz erhöht ihren ordentlichen Beitrag an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Der Ständerat hat als Zweitrat der Quotenerhöhung sowie diversen IWF-Reformen zugestimmt. Mit dem höheren Beitrag ans ordentliche Budget will sich die Schweiz unter anderem den Sitz im IWF-Exekutivrat definitiv sichern.
  • STAATSRECHNUNG: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat die Staatsrechnung 2011 des Bundes oppositionslos gutgeheissen. Die Rechnung schloss positiv: Nach Abzug der ausserordentlichen Ausgaben blieben noch gut 200 Millionen Franken in der Kasse. Die Zustimmung erfolgte stillschweigend. Weiter bewilligte der Ständerat als Zweitrat dreizehn Nachtragskredite von insgesamt 90 Millionen Franken für das Budget 2012. Der grösste Brocken geht mit 60 Millionen Franken an die Technologie- und Innovationsförderung. Zudem rechnet der Bund mit zusätzlichen Kosten in Sachen Bankgeheimnis: Für die Amtshilfe an die USA - insbesondere im Zusammenhang mit der Grossbank Credit Suisse - stellt der Bund deshalb 5,8 Millionen zur Seite.
  • NEAT: Der Ständerat hat vom Tätigkeitsbericht der NEAT-Aufsichtsdelegation (NAD) für das Jahr 2011 zustimmend Kenntnis genommen. Die NAD rechnet mit Verzögerungen beim Bau des Ceneri-Basistunnels. Sie empfiehlt deshalb dem Bundesamt für Verkehr (BAV), bis spätestens Ende Jahr einen überarbeiteten Terminplan vorzulegen. Das BAV und die AlpTransit Gotthard planen, den Ceneri auf Dezember 2019 in Betrieb zu nehmen. In den Augen der NAD ist dies angesichts des derzeitigen Rückstands bei den Arbeiten eine optimistische Prognose.
  • GESCHÄFTSBERICHT DES BUNDESRATES: Nach den Nationalrat hat auch der Ständerat dem Geschäftsbericht 2011 des Bundesrates stillschweigend zugestimmt. Paul Niederberger (CVP/NW), Präsident der Geschäftsprüfungskommission (GPK), kündigte an, dass die Finanzdelegation allerdings vertieft abklären werde, wie die Bundesverwaltung externe Gutachten vergebe. Die Ergebnisse würden dann zeigen, ob weiteren Handlungsbedarf bestehe. Claude Janiak (SP/BL) wiederum hielt fest, dass eine Subkommission der GPK die Zusammenarbeit zwischen den Fachdepartementen und dem Aussendepartement untersuchen werde.
  • GESCHÄFTSBERICHT DES BUNDESGERICHTS: Der Ständerat ist zufrieden mit der Arbeit des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. Die kleine Kammer hat den Geschäftsbericht 2011 des Bundesgerichts genehmigt. Im Namen der vorberatenden Kommission äusserte Hans Hess (FDP/OW) insbesondere Zufriedenheit über die Arbeit der Richter am Bundesgericht in Lausanne. So sei die durchschnittliche Verfahrensdauer mit 126 Tagen deutlich kürzer als jene am Bundesverwaltungsgericht mit 327 Tagen. Aber auch in qualitativer Hinsicht wurde die Arbeit gelobt. Tadel musste das Bundesgericht dafür einstecken, dass es in der Öffentlichkeit verschiedentlich Parlamentsentscheide kritisierte, die dem Bundesgericht neue Aufgaben übertragen will.
  • WEITERE BERICHTE: Der Ständerat hat folgende drei Berichte zur Kenntnis genommen: Den Bericht der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie, den Bericht der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und den Legislaturbericht 2007-2011 der Delegationen für die Beziehungen zu den Parlamenten der Nachbarländer.
  • PETITIONEN: Der Ständerat hat 13 Petitionen keine Folge gegeben. Darunter befinden sich drei aus den Jugendsessionen 2010 und 2011. Die Jugendlichen hatten unter anderem die Einführung eines kostenneutralen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubes sowie die Rückführung der SBB in die Bundesverwaltung gefordert.

 

Der Mittwoch, 13. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Asylsuchende sollen künftig nur noch Nothilfe statt Sozialhilfe erhalten. Der Nationalrat hat sich am Mittwoch für diese Verschärfung des Asylgesetzes ausgesprochen. Weiter sollen Wehrdienstverweigerer nicht mehr als Flüchtlinge anerkannt werden. Andere umstrittene Verschärfungen lehnte der Rat ab. So beschloss er mit 90 zu 88 Stimmen bei 3 Enthaltungen, das Familienasyl nicht abzuschaffen. Ehegatten und Kinder von Flüchtlingen sollen demnach weiterhin als Flüchtlinge anerkannt werden. Nur für andere nahe Angehörige soll dies nicht mehr möglich sein. Nein sagte der Nationalrat auch zu Internierungslagern für Asylsuchende, welche die öffentliche Ordnung stören. Er will solche Personen aber in besonderen, nicht geschlossenen Zentren unterbringen. Der Nationalrat wird die Beratung des Asylgesetzes am Donnerstag fortsetzen. Anschliessend geht die Vorlage zurück an den Ständerat.

  • ZWANGSHEIRATEN: In der Schweiz werden Zwangsheiraten nicht mehr toleriert. Das Parlament hat in der Sommersession strenge Massnahmen verabschiedet. In einer letzten Differenz um "Zwangsscheidungen" ist der Nationalrat auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt. So muss ein Gericht künftig auch dann eine erzwungene Heirat aufheben, wenn die Eheleute die Ehe weiterführen wollen. Der Bundesrat hatte ursprünglich vorgeschlagen, in einem solchen Fall eine Heirat nicht für ungültig erklären zu lassen. Kernstück der Massnahmen gegen Zwangsheiraten ist eine strengere Strafbestimmung: Wer jemanden zu einer Ehe zwingt, kann neu mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.
  • SEXUELLE STRAFTATEN: Die vor knapp vier Jahren von Volk und Ständen angenommene Unverjährbarkeitsinitiative kann umgesetzt werden. Der Nationalrat hat in den ausführenden Gesetzesbestimmungen die letzte formale Differenz zum Ständerat ausgeräumt. Künftig werden schwere sexuelle Straftaten an Kindern bis zu zwölf Jahren nicht mehr verjähren. Auf diese Altersgrenze hatte sich das Parlament bereits am Dienstag geeinigt. In der Volksinitiative heisst es unscharf "vor der Pubertät". Täter können neu für sexuelle Handlungen mit Kindern sowie sexuelle Nötigung, Vergewaltigung und Schändung lebenslang zur Verantwortung gezogen werden. Hinzu kommen sexuelle Handlungen mit Anstaltspfleglingen, Gefangenen, Beschuldigten sowie die sexuelle Ausnützung einer Notlage
  • BUNDESGERICHT: Die Bundesversammlung hat zwei neue Richter ans Bundesgericht gewählt: die beiden Sozialdemokraten Lorenz Kneubühler und Niklaus Oberholzer. Kneubühler ist Richter am Bundesverwaltungsgericht und lehrt Verwaltungsrecht an der Universität St. Gallen. Oberholzer ist Präsident am St. Galler Kantonsgericht und lehrt ebenfalls an der Uni St. Gallen Strafprozessrecht. Der Anspruch der SP war unbestritten. Die beiden neuen Richter sind für den Rest der Amtsperiode 2009-2014 gewählt.

Der Ständerat in Kürze

(sda) Der Ständerat hat als Erstrat einer Teilrevision des Kollektivanlagegesetzes (KAG) zugestimmt. Er hat dabei den Vorschlägen des Bundesrats hinsichtlich des Anlegerschutzes die Zähne gezogen. Insbesondere beschloss die kleine Kammer am Mittwoch mit 16 zu 14 Stimmen, die Haftungsregeln für Depotbanken nicht den EU-Regeln anzunähern. Nach Ansicht von Finanzministerin Eveline Wimder-Schlumpf würde die Schweiz damit die neuen Anforderungen der EU an kollektive Kapitalanlagen nicht erfüllen. Damit drohe die Schweizer Fondsbranche ab Mitte 2013 den Zugang zum EU-Markt zu verlieren.

  • QUELLENBESTEUERUNG: Der Ständerat hat die letzte Differenz im Gesetz über die internationale Quellenbesteuerung ausgeräumt. Dieses regelt die Umsetzung der Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich in der Schweiz. Die kleine Kammer hat sich stillschweigend der grossen angeschlossen, die am Montag eine neue Differenz geschaffen hatte. Neu wird im Gesetz festgeschrieben, dass die Schweiz mit allen Ländern Abkommen abschliessen kann - insbesondere mit solchen, mit denen sie Investitionsabkommen hat. Der Nationalrat hätte das Gesetz beinahe scheitern lassen. In der ersten Beratung lehnte er es ab, machte dann aber eine Kehrtwende und sagte in der zweiten Runde Ja.
  • STAATSRECHNUNG: Der Ständerat hat die Beratungen zur Staatsrechnung 2011 des Bundes aufgenommen. Aus Zeitgründen wurde die Abstimmung darüber auf Donnerstag verschoben. Thema in mehreren Voten war das umstrittene Kapitaleinlageprinzip. Pankraz Freitag (FDP/GL) sagte, dass der sechste Überschuss in Folge der Schuldenbremse und solider Finanzpolitik zu verdanken sei. Zusätzlich hätten die Einnahmen bei der Verrechnungssteuer um einen Drittel über Budget und höher als im Vorjahr gelegen - und dies trotz des Kapitaleinlageprinzips. Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf hielt entgegen, dass das Kapitaleinlageprinzip bis anhin zu Mindereinnahmen von mindestens 1,2 Milliarden Franken geführt habe. Im laufenden Jahr gebe es Anmeldungen für die Rückerstattung von über 6 Milliarden Franken. Die Rechnung 2011 des Bundes schloss positiv: Nach Abzug der ausserordentlichen Ausgaben blieben noch gut 200 Millionen Franken in der Kasse.
  • BUNDESGERICHT: Die Bundesversammlung hat zwei neue Richter ans Bundesgericht gewählt: die beiden Sozialdemokraten Lorenz Kneubühler und Niklaus Oberholzer. Kneubühler ist Richter am Bundesverwaltungsgericht und lehrt Verwaltungsrecht an der Universität St. Gallen. Oberholzer ist Präsident am St. Galler Kantonsgericht und lehrt ebenfalls an der Uni St. Gallen Strafprozessrecht. Der Anspruch der SP war unbestritten. Die beiden neuen Richter sind für den Rest der Amtsperiode 2009-2014 gewählt.

 

Der Dienstag, 12. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

Der Bundesrat soll seine Bemühungen intensivieren, den alpenquerenden Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Der Nationalrat hat einer Motion zugestimmt, die unter anderem Verhandlungen über die Einführung einer Alpentransitbörse fordert. Im weiteren soll der Bundesrat mit der EU ein gemeinsames Verlagerungsziel für den Schwerverkehr aushandeln. Er soll mit der EU auch Massnahmen entwickeln, dank denen beim Überschreiten der Grenzwerte entlang der alpenquerenden Transitstrecken die Lärm- und Abgasemissionen gesenkt werden können. Nicht zuletzt fordert der Nationalrat in der Motion auch den durchgängigen Ausbau der Gotthard-Achse für den Transport von Lastwagen mit 4 Metern Eckhöhe. Dabei soll die Schweiz auch Projekte im Ausland mitfinanzieren. Gegen die Motion stellten sich einzig SVP und FDP. Der Vorstoss muss noch vom Ständerat behandelt werden.

  • VIA SICURA: Das Verkehrssicherheitspaket Via Sicura ist unter Dach und Fach. Der Nationalrat hat am Dienstag die letzte Differenz zum Ständerat ausgeräumt. Mit 120 zu 52 Stimmen nahm er das Paket an und folgte stillschweigend der kleinen Kammer: Künftig müssen nur Bund und Kantone Sicherheitsbeauftragte für den Strassenverkehr ernennen. Die Gemeinden werden von dieser Pflicht ausgenommen. Bereits im Jahr 2000 hatte der damalige Bundesrat Moritz Leuenberger seine "Vision Zero" initiiert - Ziel waren keine Todesopfer mehr im Strassenverkehr. Davon musste er aber Abschied nehmen. Es entstand stattdessen Via Sicura, mit dem die Zahl der Todesopfer um ein Viertel gesenkt werden soll. 2008 kam das Paket in die Vernehmlassung und drei Jahre später ins Parlament.
  • PARLAMENTARIERLÖHNE: National- und Ständeräte verdienen künftig gut 1000 Franken mehr im Jahr. Der Nationalrat hat mit 90 zu 84 Stimmen beschlossen, den Lohn für die laufende Legislatur an die Teuerung anzupassen. Letztmals war dies 2008 der Fall. Das Jahreseinkommen der Ratsmitglieder steigt damit von 25'000 auf 26'000 Franken und die Jahresentschädigung von 31'750 auf 33'000 Franken. Das Taggeld wird von 425 auf 440 Franken erhöht. Dies kostet zusätzlich gut 1,3 Millionen Franken.
  • GEWÄSSERSCHUTZ: Der Nationalrat möchte, dass bei der Renaturierung der Gewässer die Interessen der Bauern höher gewichtet werden. Er hat eine Motion angenommen, mit welcher der Bundesrat beauftragt werden soll, die gesetzlichen Regeln anders umzusetzen. Der Rat hiess den Vorstoss seiner Raumplanungskommission mit 94 zu 89 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Nun muss noch der Ständerat entscheiden. Die vom Bundesrat erlassene Verordnung zum revidierten Gewässerschutzgesetz stösst vor allem bei den Bauern auf Kritik. Auch die Kantone sind unzufrieden. Es brauche flexiblere Regeln, sagte Daniel Fässler (CVP/AI) im Namen der Nationalratskommission. Die Gegner und Umweltministerin Doris Leuthard argumentierten vergeblich, die Verordnung setze lediglich die Regeln um, welche das Parlament selbst beschlossen habe - als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Lebendiges Wasser" der Fischer.
  • UMWELTVERTRÄGLICHKEITSPRÜFUNG: Die Schweiz soll auch in Zukunft bei grenzüberschreitenden Grossprojekten die Nachbarstaaten konsultieren. Der Nationalrat hat einer Änderung der sogenannten Espoo-Konvention zugestimmt. Der Vertrag verpflichtet die bislang 45 Mitgliedstaaten dazu, die Nachbarländer bei Projekten zu konsultieren, die erhebliche grenzüberschreitende Umweltauswirkungen haben. Die Vertragsstaaten beschlossen, die Liste der Projekte zu ergänzen, bei denen die Nachbarn informiert werden müssen - etwa bei Windkraftanlagen und Hochspannungsleitungen. Gegen den Willen von SVP und FDP hiess der Nationalrat die Änderungen gut. Das Geschäft geht nun in den Ständerat.
  • WEGWERF-PLASTIKSÄCKE: Die kleinen weissen Wegwerf-Plastiksäcke sollen in der Schweiz verboten werden. Der Nationalrat hat eine Motion von Dominique de Buman (CVP/FR) mit 110 zu 73 Stimmen angenommen. Nun muss sich der Ständerat dazu äussern. De Buman argumentierte, dass ein Verbot zwar nur ein kleiner Beitrag zum Umweltschutz wäre. Auch sei die Situation in der Schweiz nicht derart gravierend wie in anderen Ländern. Trotzdem solle die Politik ein Zeichen setzen und sich zu einem besseren Schutz der Ressourcen bekennen. Bundesrätin Doris Leuthard sagte, dass ein Verbot unverhältnismässig sei.
  • STROMSPAREN: Schweizer Haushalte sollen nicht flächendeckend mit intelligenten Stromzählern ausgestattet werden. Der Nationalrat hat eine Motion von Beat Jans (SP/BS) mit 104 zu 82 Stimmen abgelehnt. Die sogenannten Smart Meter messen beim Endkunden, wann er wie viel Strom verbraucht. Dadurch könnten laut Jans 5 bis 6 Prozent des Stroms eingespart werden, weil der Verbrauch in billigere Zeiten verlagert werden könnte. Der Bundesrat wäre mit der Einführung der Geräte einverstanden gewesen, wie Energieministerin Doris Leuthard sagte. Sie verwies auf einen aktuellen Bericht des Bundesamts für Energie. Demnach würden die Geräte- und Installationskosten bis 2035 zu Mehrkosten von einer Milliarde Franken führen. Auf der anderen Seite stünde ein wirtschaftlicher Nutzen von 1,5 bis 2,5 Milliarden Franken.
  • HÖCHSTSPANNUNGSLEITUNGEN: Der Bundesrat soll aufzeigen, wo im Rahmen von Pilotprojekten Erdkabel auf Höchstspannungsebene verlegt werden können. Der Nationalrat hat eine Motion von Jean-François Steiert (SP/FR) mit 105 zu 73 Stimmen angenommen. Nun muss noch der Ständerat darüber befinden. Die Schweiz brauche den Ausbau ihres Versorgungsnetzes, sagte Steiert. Energieministerin Doris Leuthard warnte vor rechtsstaatlichen Problemen und davor, dass faktisch ein mindestens zehnjähriges Moratorium für den Ausbau des strategischen Stromübertragungsnetzes drohe, wenn man die Beurteilung der Leitungsvorhaben abwarte, welche in der Motion gefordert werden.
  • CAR-SHARING: Der Nationalrat will Mitfahrgemeinschaften fördern. Er hat mit 104 zu 81 Stimmen eine Motion von Sylvia Flückiger-Bäni (SVP/AG) gutgeheissen, mit welcher der Bundesrat beauftragt wird, für genügend Langzeitparkplätze auf Autobahnraststätten zu sorgen. Zurzeit fehlten genügend Plätze, sagte sie und setzte sich damit gegen Verkehrsministerin Doris Leuthard, die keinen Bedarf für solche Parkplätze ortete.
  • WINTERDIENST: Der Bundesrat muss keine gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass künftig im Winterdienst auf Strassen und Trottoirs Zucker statt Salz eingesetzt werden kann. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion von Oskar Freysinger (SVP/VS) mit 79 zu 67 Stimmen bei 42 Enthaltungen abgelehnt. Der Motionär hatte argumentiert, dass der Einsatz von Zucker ökologischer und billiger sei als der Einsatz von Salz. Der Rat folgte jedoch den Argumenten von Verkehrsministerin Doris Leuthard, die den vollständigen Ersatz von Salz durch Zucker als nicht möglich bezeichnete. Positive Resultate hätten aber Versuche mit Zucker-Salz-Gemischen gebracht. Dazu laufe eine dreijährige Studie.
  • VERKEHRSSCHILDER: Die Zahl der Verkehrsschilder in der Schweiz muss nicht halbiert werden. Der Nationalrat hat eine Motion von Markus Hutter (FDP/ZH) mit 92 zu 87 Stimmen abgewiesen. Hutter argumentierte, dass es in der Schweiz einen eigentlichen Schilderwald gebe. "Das lenkt ab und ist gefährlich." Bundesrätin Doris Leuthard teilte diese Einschätzung. Das Halbierungsziel der Motion sei aber eine zu starre Vorgabe. Auch gebe es in den Kantonen Widerstände gegen den Rückbau - die Gründe seien oft nachvollziehbar.
  • NEAT: Der Nationalrat hat vom Tätigkeitsbericht der NEAT-Aufsichtsdelegation (NAD) für das Jahr 2011 zustimmend Kenntnis genommen. Die NAD rechnet mit Verzögerungen beim Bau des Ceneri-Basistunnels. Sie empfiehlt deshalb dem Bundesamt für Verkehr (BAV), bis spätestens Ende Jahr einen überarbeiteten Terminplan vorzulegen. Das BAV und die AlpTransit Gotthard planen, den Ceneri auf Dezember 2019 in Betrieb zu nehmen. In den Augen der NAD ist dies angesichts des derzeitigen Rückstands bei den Arbeiten eine optimistische Prognose. Verkehrsministerin Doris Leuthard will hingegen von 2019 nicht abrücken. Es müsse auch das Ziel sein, den Druck auf die involvierten Unternehmungen aufrechtzuerhalten, sagte sie am Dienstag im Nationalrat.

Der Ständerat in Kürze

(sda) Schwere sexuelle Straftaten an bis zu 12-jährigen Kindern sollen künftig nicht mehr verjähren. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat mit dieser Altersgrenze einverstanden erklärt. Der Entscheid fiel mit 35 zu 2 Stimmen. Die Vorlage geht mit einer kleinen, formalen Differenz zurück an den Nationalrat. Wird diese ausgeräumt, ist die Gesetzesrevision bereit für die Schlussabstimmung. Dann kann die Unverjährbarkeitsinitiative umgesetzt werden. Volk und Stände hatten das Volksbegehren am 30. November 2008 gegen den Willen von Bundesrat und Parlament angenommen. Seither steht in der Bundesverfassung, dass die Verfolgung sexueller oder pornografischer Straftaten an Kindern vor der Pubertät und die Strafe für solche Taten unverjährbar sind. Die Räte mussten festlegen, was "vor der Pubertät" heisst.

  • POKERTURNIERE: Auch der Ständerat will Pokerturniere ausserhalb von Casinos zulassen. Allerdings nur unter Auflagen: Ein grosser Teil der Gewinne muss der AHV sowie gemeinnützigen Zwecken zukommen. Zudem sollen sich die privaten Anbieter für die Suchtprävention einsetzen. Der Ständerat hiess eine abgeänderte Motion aus dem Nationalrat mit 28 zu 3 Stimmen gut. Die Auflagen baute die kleine Kammer ein, weil sie Pokerspiele gegenüber anderen Glücksspielen nicht privilegieren und die neue Verfassungsbestimmung, die im März 2012 von Volk und Ständen angenommen wurde, respektieren will. Bundesrätin Simonetta Sommaruga sagte, die Vorbereitungsarbeiten für eine Gesetzesrevision zur Umsetzung des neuen Verfassungsartikels liefen auf Hochtouren. Sie bat erfolglos darum, diese Arbeiten abzuwarten.
  • ASYLPOLITIK: Asylsuchende sollen in der gleichen Befragung Angaben zur Person und zu den Asylgründen machen. Der Ständerat hat stillschweigend eine Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Der Bundesrat hatte das Anliegen befürwortet: Das Bundesamt für Migration sei bereits dazu übergegangen, in geeigneten Fällen die Erstbefragung zur Person und die Anhörung zusammen durchzuführen, hielt Justizministerin Simonetta Sommaruga fest. Im Sinne des Bundesrates ist auch eine zweite Motion, die der Ständerat stillschweigend überwiesen hat. Sie beauftragt ihn, so rasch als möglich die Probleme bei der Unterbringung von Asylsuchenden zu lösen.
  • PROTOKOLLE: Urteilende Gerichte sollen künftig darauf verzichten dürfen, Einvernahmeprotokolle vorzulesen oder der einvernommenen Person zum Lesen und zur Unterzeichnung vorzulegen. Das hat der Ständerat mit 38 zu 0 Stimmen beschlossen. Die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens steht einem Gericht allerdings nur offen, wenn die Einvernahme aufgenommen wird. Die vom Ständerat vorgeschlagenen Änderungen in der Strafprozessordnung und der Zivilprozessordnung gehen zurück auf eine parlamentarische Initiative seiner Kommission für Rechtsfragen. Das Geschäft geht an den Nationalrat.
  • DATENDIEBSTAHL: Wenn in einer Firma Daten gestohlen werden, gibt es bereits genügend rechtliche Bestimmungen, um gegen den Datendieb vorzugehen. Der Ständerat hat deshalb stillschweigend eine parlamentarische Initiative der ehemaligen Ständerätin Helen Leumann (FDP/LU) abgeschrieben. Die Kommission für Rechtsfragen sei nach Erläuterungen aus dem Bundesamt für Justiz zum Schluss gekommen, dass kein Handlungsbedarf bestehe, sagte Kommissionssprecherin Anne Seydoux (CVP/JU). Auch habe die Kommission darauf verzichten wollen, Datendiebstahl neu als Offizialdelikt zu definieren.
  • ERDBEBENVERSICHERUNG: Der Ständerat will nicht zusätzlich mit einer parlamentarischen Initiative auf die Schaffung einer obligatorischen Erdbebenversicherung hinwirken. Er hat einen entsprechenden Vorstoss aus dem Nationalrat abgelehnt. Kommissionssprecher Georges Theiler (FDP/LU) wies darauf hin, dass in der Frühlingssession bereits eine Motion an den Bundesrat überwiesen worden war. Diese beauftragt die Regierung, eine gesetzliche Grundlage mit Einheitsprämie auszuarbeiten. Gegen eine obligatorische Erdbebenversicherung wehrt sich der Hauseigentümerverband HEV.

 

Der Montag, 11. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Der Nationalrat hat am Montag eine Kehrtwende gemacht und nun doch Ja gesagt zum Gesetz über die internationale Quellenbesteuerung. Dieses regelt die Umsetzung der Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich in der Schweiz. In der ersten Runde Ende Mai hatte er das Gesetz mit 89 zu 85 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Nein sagten vor allem Vertreter von SVP und SP. Dass sie sich damals durchsetzten, dürfte auch daran gelegen haben, dass zahlreiche Mittepolitiker nicht im Saal waren. Am Montag hat die grosse Kammer - nach stillschweigender Zustimmung des Ständerats - ihren Entscheid nun korrigiert. Sie hiess das Gesetz knapp gut: mit 88 zu 85 Stimmen bei 12 Enthaltungen. Erneut lehnte der Rat Minderheitsanträge der SP ab. Diese wollte unter anderem im Gesetz festschreiben, dass die Abgeltungssteuer nur eine Ergänzung und keine Alternative zum automatischen Informationsaustausch ist. Das Gesetz muss wegen einer kleinen Differenz zurück in den Ständerat.

  • TIERQUÄLER: Bauern, die ihre Tiere quälen, sollen nicht alle Subventionen verlieren. Der Nationalrat widerspricht in dieser Frage dem Ständerat - er hat am Montag zwei Vorstösse abgelehnt. Sowohl die Motion von Ständerat This Jenny (SVP/GL) als auch die parlamentarische Initiative von Daniel Jositsch (SP/ZH) hatten ein Hauptziel: Landwirten, die ihre Tiere quälen, sollen alle Beiträge verweigert werden können und nicht nur jene Direktzahlungen, die in Zusammenhang mit der Tierhaltung stehen. Anders als der Ständerat im Dezember lehnte der Nationalrat Jennys Motion deutlich ab. Auch zu Jositschs Initiative sagte er als Erstrat Nein. Damit sind beide Vorstösse vom Tisch. Deren Hintergrund war der Fall eines Bauern, der vor Bundesgericht Recht bekam. Die zuständigen Behörden hätten ihm nur die Tierhalter- und nicht alle Beiträge streichen dürfen, befanden die Lausanner Richter.
  • FINANZPLATZ: Die Ausgabe von Pflichtwandelanleihen (CoCos) wird in der Schweiz ab dem nächsten Jahr von der Verrechnungssteuer befreit. Der Nationalrat hat bei einer Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechungssteuer die letzte Differenz ausgeräumt. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Nach dem letzten Entscheid des Nationalrats wird die Steuerbefreiung auf vier Jahre beschränkt. Die grosse Kammer verzichtete am Montag auf die ursprünglich geforderte Möglichkeit, die Regelung einmal um vier Jahre verlängern zu können.
  • KRANKENKASSEN: Eine Krankenkasse wird verdächtigt, Ärztenetzwerke dafür zu bezahlen, dass sie Werbung für die Managed-Care-Vorlage vom 17. Juni machen. Das Bundesamt für Gesundheit hat eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Kasse eingereicht. "Der Bundesrat hat Kenntnis von einem solchen Vertrag", sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Montag in der nationalrätlichen Fragestunde auf eine Frage von Bea Heim (SP/SO). Um welchen Versicherer es sich handelt, sagte Berset mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht. Es seien jedoch keine weiteren Fälle bekannt.
  • DIREKTZAHLUNGEN: Der Bundesrat soll die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass den Bauern im Rahmen der Direktzahlungen künftig pro Jahr mehrere Akonto-Überweisungen ausgerichtet werden können. Der Nationalrat hat eine Motion mit dieser Forderung mit 143 zu 30 Stimmen bei 14 Enthaltungen gutgeheissen. Der Motionär Erich von Siebenthal (SVP/BE) will damit Liquiditätsengpässen der Bauern entgegenwirken. Bundesrat Johann Schneider-Ammann hatte die Motion zu Ablehnung empfohlen, weil das Ziel auch über eine Verordnungsänderung erreicht werden könne.
  • BERUFSBILDUNG: Trotz geburtenschwacher Jahrgänge und damit rückläufigen Schülerzahlen, soll die Quote der Jugendlichen, die eine Berufslehre absolvieren, nicht abnehmen. Der Nationalrat hat den Bundesrat beauftragt zu prüfen, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Er hat dazu eine Motion von Daniel Jositsch (SP/ZH) mit 149 zu 33 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen. Vergeblich hatte Bildungsminister Johann Schneider-Ammann argumentiert, dass der Bundesrat bereits die nötigen Massnahmen getroffen habe.
  • BERGGEBIETE: Der Bund soll eine Strategie eigens für die Berggebiete und ländlichen Räume entwerfen. Der Nationalrat hat eine Motion mit dieser Forderung aus dem Ständerat mit 143 Stimmen bei 12 Enthaltungen gutgeheissen und an den Bundesrat überwiesen. Nach Ansicht der Räte gibt es bei der neuen Regionalpolitik ein Umsetzungsdefizit. In der vom früheren Bündner Ständerat Theo Maissen (CVP) geforderten Strategie soll der Bundesrat nun aufzeigen, wo die Zukunftschancen der Berggebiete liegen. Das Raumkonzept Schweiz solle konkret umgesetzt werden. Bundesrat Johann Schneider-Ammann hatte vergeblich argumentiert, dass es mit der Neuen Regionalpolitik seit 2007 bereits eine Strategie gebe. Ausserdem würden die Sektoralpolitiken bereits koordiniert.

Der Ständerat in Kürze

(sda) Das traditionelle Abstimmungsprozedere im Ständerat mit Handheben gerät ins Wanken. Die kleine Kammer hat am Montag knapp eine parlamentarische Initiative gutgeheissen, welche die Einführung der elektronischen Stimmabgabe verlangt. In einer Abstimmung mit Namensaufruf sprach sich die kleine Kammer mit 22 zu 21 Stimmen bei einer Enthaltung für einen Vorstoss von This Jenny (SVP/GL) aus. Die über zweistündige Debatte zeigte, dass die Ständeräte nicht den Knopfdruck fürchten, sondern die Ranglisten, die aus den registrierten Daten erstellt werden. Das könne die lösungsorientierte Dialogkultur im Ständerat gefährden und zu erhöhtem Druck der Parteien auf die Ständeräte führen, hielten die Gegner - vor allem aus der Mitte - fest.

  • VIA SICURA: Kinder müssen beim Velofahren auch künftig keinen Helm tragen. Der Ständerat ist auf die Linie des Nationalrates eingeschwenkt. Dieser hatte sich seit Beginn der Beratungen des Massnahmenpakets Via Sicura gegen ein Obligatorium gewehrt. Der Entscheid des Ständerates gegen eine Helmpflicht für Kinder bis vierzehn Jahre fiel stillschweigend. Die Vorlage geht nun wegen einer letzten Differenz zurück in den Nationalrat. Es geht um die Frage, ob die Behörden Sicherheitsbeauftragte für den Strassenverkehr ernennen müssen. Der Nationalrat hatte die Schaffung solcher Posten bis anhin mit jeweils knappen Mehrheiten abgelehnt. Der Ständerat schlug am Montag einen Kompromiss vor: Nur der Bund und die Kantone - nicht aber die Gemeinden - sollen einen Sicherheitsbeauftragten ernennen müssen.
  • BAHNINFRASTRUKTUR: In den kommenden vier Jahren sollen die SBB und die Privatbahnen rund 9,5 Milliarden Franken für Betrieb, Unterhalt und Substanzerhalt ihrer Infrastruktur erhalten. Der Ständerat hat als Erstrat der Finanzierung und der Leistungsvereinbarung zugestimmt. Der Löwenanteil geht an die SBB: Ihr Zahlungsrahmen beträgt 6,624 Milliarden Franken. 2,825 Milliarden Franken entfallen auf den Verpflichtungskredit für die Privatbahnen. Der Bundesrat will den Bahnen jährlich rund 600 Millionen Franken mehr zur Verfügung stellen als in den vergangenen Jahren. Der Ständerat schloss sich dem ohne Gegenstimmen an. Ein Grund für die Aufstockung der Mittel sind die höheren Trassenpreise.
  • PRESSEFÖRDERUNG: Der Bundesrat muss prüfen, wie die Medien in der Schweiz gefördert werden könnten. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat in abgeschwächter Form überwiesen. "Wenn wir die schönste Demokratie bleiben wollen, müssen wir der regionalen Presse - aber auch den grossen Zeitungen - bessere Waffen in die Hand geben", sagte Claude Hêche (SP/JU). Felix Gutzwiller (FDP/ZH) hielt entgegen, dass sich der Strukturwandel mit staatlichen Mitteln nicht aufhielten liesse. Die Motion "Sicherung der staats- und demokratiepolitischen Funktionen der Medien" aus der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates verlangt einerseits eine Gesamtschau aus regionaler und nationaler Optik. Andererseits muss der Bundesrat ein Förderkonzept erarbeiten. Auf die Setzung einer Frist verzichtete der Ständerat.
  • RELIGION: Kruzifixe im Klassenzimmer erhalten keinen verfassungsrechtlichen Schutz. Der Ständerat hat sich am Montag gegen ein Anliegen des Nationalrates gestellt. Somit werden christliche Symbole in der Schweiz auch künftig nicht bevorzugt behandelt. Der Ständerat lehnte die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Ida Glanzmann (CVP/LU) mit 21 zu 17 Stimmen ab. Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass sich der Staat in religiösen Fragen neutral verhalten solle. Zudem sei es Sache der Kantone das Verhältnis zur Religion festzulegen. "Daran sollten wir ohne Not nichts ändern", sagte Anita Fetz (SP/BS). Für die Initiative machte sich Stefan Engler (CVP/GR) stark: Es gebe eine neue Feindlichkeit gegen Kreuze und Kruzifixe, sagte er. Was in der Vergangenheit normal gewesen sei, werde heute beanstandet.
  • HÖHERES AUSBAUZIEL: Für die Stromproduktion aus Wasserkraft soll die Schweiz ein ambitiöseres Ziel anstreben. Zur Höhe sollen die Kantone und interessierten Kreise angehört werden. Der Ständerat hiess eine entsprechende Motion mit Stichentscheid des Vizepräsidenten gut. Im Energiegesetz ist eine Erhöhung der Jahreserzeugung von Wasserkraftstrom um 2 Terawattstunden (TwH) über den Stand von 2000 bis ins Jahr 2030 festgelegt. Motionär Markus Stadler (GLP) aus dem Wasserkraftkanton Uri verlangt eine Erhöhung, ohne aber ein konkretes Ziel zu nennen. Sein Anliegen ist es, dieses im Verbund mit allen relevanten Akteuren festzulegen. Der Bundesrat lehnte die Motion ab.
  • BERICHT ZUM GOTTHARD: Der Bundesrat soll einen Bericht über seine "strategische Vision der Nord-Süd-Achse der Bahn" erstellen. Der Tessiner Ständerat Fabio Abate (FDP) sieht die Verlagerungsstrategie des Bundes in Frage gestellt, weil nebst den neuen Tunnels am Gotthard und Monte Ceneri keine weiteren Investitionen geplant sind. Dem widerspricht Bundesrat zwar. Dennoch überwies die kleine Kammer Abates Postulat mit 29 gegen 3 Stimmen.
  • NOTRUFE: Der Ständerat hat die Motion "Nur noch eine Notrufnummer schweiz- und europaweit: 112" zur Vorprüfung an die Kommission für Verkehr- und Fernmeldewesen überwiesen. Er ist damit einem Ordnungsantrag von Motionär Thomas Minder (parteilos/SH) gefolgt. In der Kommission soll die Motion angepasst werden: Sie soll neu auch verlangen, dass geprüft wird, wie Notrufe ausgehend von Mobiltelefonen besser geortet werden können. Minder erinnerte an einen Fall im Alpstein, wo eine Frau trotz Anruf von einem Mobiltelefon erst drei Tage später gefunden wurde.

 

Der Donnerstag, 7. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

Der Bund soll Sportanlagen von nationaler Bedeutung mit weiteren 70 Millionen Franken unterstützen. Der Nationalrat hat am Donnerstag einen Kredit in dieser Höhe bewilligt. Der Bundesrat hatte 20 Millionen weniger beantragt. Nun muss noch der Ständerat entscheiden. Mit den bisher gesprochenen Geldern habe zwar einiges verbessert werden können, doch sei der Nachholbedarf gross, sagte Sportminister Ueli Maurer. "Die Schweiz gehört in Sachen Sportanlagen zu den Entwicklungsländern." Die Bundesgelder sollen in elf Projekte fliessen, darunter ein nationales Fussballzentrum.

  • BOTSCHAFTSSCHUTZ: Nur noch bis Ende 2015 sollen Soldaten ausländische Botschaften in der Schweiz bewachen. Danach werden sie von Polizisten abgelöst. Der Nationalrat hat den Bundesbeschluss über die Einsätze der Armee zur Unterstützung ziviler Behörden mit 169 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. In einem Punkt änderte er die Vorlage des Bundesrats: Er fügte ein, dass die Einsätze "letztmals" bis Ende 2015 verlängert werden. Danach soll endgültig Schluss sein, und Polizisten sollen die Aufgaben übernehmen. Abgelehnt hat der Rat einen Minderheitsantrag, der den Einsatz privater Sicherheitsfirmen verbieten wollte.
  • ARMEE-BAUTEN: Der Nationalrat hat die Immobilienbotschaft 2012 des Verteidigungsdepartements gutgeheissen. Sie umfasst fünf Verpflichtungskredite von knapp 408 Millionen Franken. Damit sollen unter anderem der Waffenplatz Bure JU und der Flugplatz Payerne VD saniert werden. Insgesamt fliessen 160 Millionen in die Ausbildungsinfrastruktur und 90 Millionen in die Einsatzinfrastruktur. Laut Verteidigungsminister Ueli Maurer handelt es sich dabei um das "absolute Minimum" für den Werterhalt.
  • WORLD ECONOMIC FORUM: Bis zu 5000 Armeeangehörige sollen auch 2013, 2014 und 2015 das Jahrestreffen des WEF in Davos GR schützen. Der Nationalrat hat dem Assistenzdienst deutlich zugestimmt. Die Armee unterstützt den Kanton Graubünden am WEF vor allem beim Objekt- und Personenschutz, bei der Wahrung der Lufthoheit und der Sicherheit im Luftraum sowie beim Sanitätsdienst. Wie bis anhin beteiligt sich der Bund mit dem Kanton Graubünden, der Landschaft Davos und dem WEF an den Kosten für Sicherheitsmassnahmen für die nächsten drei WEF-Jahrestreffen. Dabei beläuft sich der Anteil des Bundes bei einem normalen Einsatz auf rund 3 Millionen Franken pro Jahr.
  • ARMEE UND STUDIUM: Studierende sollen wegen der Rekrutenschule künftig nicht mehr ein Jahr verlieren. Der Nationalrat will den Bundesrat beauftragen, Rekrutenschule und Studienbeginn so zu koordinieren, dass Maturanden wegen der RS vor dem Studium kein Zwischenjahr einlegen müssen. Mit 82 zu 71 Stimmen bei 4 Enthaltungen hat der Rat eine Motion aus den Reihen der SP angenommen. Diese geht nun an den Ständerat. Sagt er Nein, muss sich der Bundesrat dennoch mit dem Thema befassen. Der Nationalrat hat ihn beauftragt, einen Bericht zu verfassen zur besseren Vereinbarkeit von Militär und Ausbildung. Es überwies ein entsprechendes Postulat.
  • NACHRICHTENDIENST: Der Nationalrat will die Vorlage des Bundesrates zum neuen Nachrichtendienstgesetz abwarten und nicht mit Forderungen vorpreschen. Er hat zwei Vorstösse aus den Reihen der FDP abgelehnt, die mehr Kompetenzen für den Nachrichtendienst forderten, etwa für die Überwachung im privaten Raum. Verteidigungsminister Ueli Maurer versprach dem Rat, er werde schon im nächsten Jahr über das neue Gesetz beraten können. Das Problem müsse tatsächlich gelöst werden, sonst bestehe die Gefahr, dass die Schweiz zur Drehscheibe für kriminelle Tätigkeiten werde.
  • ARMEEWAFFEN: Armeeangehörige können die Ordonnanzwaffe beim Ausscheiden aus der Armee weiterhin zum reduzierten Preis von 100 Franken kaufen. Der Nationalrat hat mit 100 zu 54 Stimmen bei 7 Enthaltungen eine Motion von Chantal Galladé abgelehnt. Die Zürcher SP-Nationalrätin wollte den Bundesrat beauftragen, die Armeewaffen den ehemaligen Armeeangehörigen nur noch zum vollen Preis zu überlassen. Verteidigungsminister Ueli Maurer gab zu bedenken, dass heute nur noch wenige die Armeewaffe erwerben würden. Diese müssten einen Waffenerwerbsschein vorlegen. "Wir haben Massnahmen getroffen, damit kein Unfug betrieben werden kann."
  • PATROUILLE DES GLACIERS: Der Bundesrat muss dem Parlament einen Bericht über die Patrouille des Glaciers vorlegen. Damit hat ihn der Nationalrat mit der Annahme eines Postulats beauftragt. Der Bundesrat soll demnach prüfen, welche Auswirkungen der Skitouren-Wettbewerb von Zermatt nach Verbier auf das Bild der Schweiz im Ausland und das Ansehen der Armee in der Bevölkerung hat. Ausserdem soll er untersuchen, wie der Fortbestand der Patrouille des Glaciers gesichert werden kann.

Der Ständerat in Kürze

Die Ausgabe von Pflichtwandelanleihen (CoCos) soll in der Schweiz von der Verrechnungssteuer befreit werden. Hingegen soll der Bundesrat seine Vorschläge für einen grundlegenden Systemwechsel bei der Verrechnungssteuer überarbeiten. Dies beschloss nach dem Nationalrat auch der Ständerat. Für die bürgerliche Ratsmehrheit ist der Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip mit zu vielen Unsicherheiten, offenen Fragen und Risiken verbunden, wie Ständerat Hannes Germann (SVP/SH) sagte. Deshalb müsse der Bundesrat in einer Gesamtschau den Systemwechsel noch einmal genau unter die Lupe nehmen, erklärte er zu Begründung des Rückweisungsantrags.

  • REGIERUNGSREFORM: Der Bundesrat soll in seiner Arbeit künftig von mehr Staatssekretären und einem Präsidialdienst unterstützt werden. Das entschied der Ständerat. Die Änderungen stehen in Zusammenhang mit der Regierungsreform. Etwas Sorgen bereitete der Passus, wonach Staatssekretäre die Bundesräte in den Parlamentskommissionen vertreten dürfen. Schliesslich sprach sich der Rat aber deutlich mit 33 zu 9 Stimmen für mehr Staatssekretäre aus. Damit schuf die kleine Kammer eine Differenz zum Nationalrat. Weiter beschloss der Ständerat die Schaffung eines Präsidaldienstes - das in Übereinstimmung mit dem Nationalrat. Dieser Dienst soll die Bundespräsidentin oder den Bundespräsidenten insbesondere in der Pflege der internationalen Beziehungen unterstützen.
  • SCHULDENBREMSE: Der Bundesrat muss nicht prüfen, wie künftig mit dem Ausgleichskonto der Schuldenbremse umgegangen werden könnte. Der Ständerat hat ein Postulat von Anita Fetz (SP/BL) mit 20 zu 12 Stimmen abgelehnt. Fetz störte sich daran, dass auch Überschüsse aus nicht ausgeschöpften Krediten und aus Einnahmen, die höher ausfielen als budgetiert, dem Ausgleichskonto zugeleitet werden. Diese Regelungen habe seinerzeit das Parlament eingebaut, sagte Finanzministerin Eveline-Widmer Schlumpf. Sie zeigte sich bereit die Auswirkungen dieser Regelung im Rahmen eines bereits beschlossenen Evaluationsberichts zu prüfen. Davon wollte die Mehreit des Ständerates aber nichts wissen. Jean-René Fournier (CVP/VS) sagte, die Schuldenbremse sei in dieser Form vom Volk mit grossem Mehr genehmigt worden.
  • NFA UND WASSERZINSEN: Der Bundesrat muss nicht prüfen, wie der neue Finanzausgleich in Bezug auf nicht-fiskalische Einnahmen weiterentwickelt werden könnte. Der Ständerat hat ein Postulat von Anita Fetz (SP/BS) mit 18 zu 11 Stimmen abgelehnt. Fetz wollte insbesondere überprüfen lassen, ob neu auch die Wasserzinsen als kantonale Ressourcen im NFA miteinberechnet werden könnten. Dagegen stellten sich die Ständeräte aus den Bergkantonen. Felix Gutzwiller (FDP/ZH) warf diesen "präventives Mauern" vor. Finanzministerin Widmer-Schlumpf erinnerte daran, dass dem erst seit drei Jahren geltenden NFA fünfzehnjährige Verhandlungen vorausgegangen seien. Auch der frühere Thurgauer Finanzdirektor und heutige Ständerat Ronald Eberle (SVP/TG) warnte vor Neuverhandlungen. Der NFA befinde sich in einem "labilen Gleichgewicht".
  • STEUERSTREIT: Eine Standesinitiative des Kantons Tessin, die Verhandlungen mit Italien bezüglich Quellsteuern verlangt, ist definitiv vom Tisch. Der Ständerat hat der Initiative am Donnerstag zum zweiten Mal keine Folge geben. Der Tessiner Ständerat Fabio Abate (FDP) zeigte sich damit einverstanden. Der Bundesrat sei in der Zwischenzeit immerhin in einen Dialog getreten mit Italien. Er hoffe, es gebe bald substantielle Verhandlungen und der Bundesrat sei sich der Eigenheiten des Verhandlungspartners bewusst. Der Kanton Tessin stört sich daran, dass er 38,8 Prozent der bei italienischen Grenzgängern eingezogenen Quellsteuern deren Wohngemeinden zukommen lassen muss. Der Prozentsatz sei zu hoch. Ausserdem ist die Schweiz in Italien noch immer auf einer schwarzen Liste der Steuerparadiese. Um Druck auszuüben, hatte der Kanton Tessin die Zahlungen nach Italien vorübergehend blockiert.
  • UNTERNEHMENSSTEUERREFORM II: Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat bereits einen Vorschlag in der Schublade, wie die unerwartet hohen Steuerausfälle aus der Unternehmenssteuerreform II unterbunden werden können. Dies sagte sie im Ständerat. Dieser beschloss in diesem Zusammenhang, zwei Motionen zur Vorberatung in die Wirtschaftskommission zu schicken, die bei der Steuervorlage Korrekturen fordern.

 

Der Mittwoch, 6. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Für den Nationalrat ist die Landschaftsinitiative das falsche Mittel, um die Zubetonierung der Schweiz zu stoppen. Mit 114 zu 72 Stimmen hat er am Mittwoch beschlossen, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Er setzt auf die Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG), über die das Parlament am Ende der Session in der Schlussabstimmung zu befinden hat. Der Gewerbeverband droht mit dem Referendum für den Fall, dass die Revision angenommen wird. Die Volksinitiative "Raum für Mensch und Natur" aus Naturschutzkreisen fordert ein 20-jähriges Moratorium für die Einzonung von neuem Bauland. Für den haushälterischen Umgang des Bodens sollen Bund und Kantone gemeinsam zuständig sein. Gemäss revidiertem RPG sollen die Kantone nur noch Bauzonenreserven für 15 Jahre haben dürfen. Überschüssige Reserven sollen zurückgezont und die Eigentümer dafür entschädigt werden.

  • ENERGIEWENDE: Der Bundesrat soll geeignete Anreize schaffen, um die energetische Sanierung und insbesondere den Ersatz von Altbauten zu beschleunigen. Der Nationalrat hat gegen den Willen des Bundesrats eine Motion mit dieser Forderung gutgeheissen. Konkret stellt sich Motionär Filippo Leutenegger (FDP/ZH) vor, dass Altbauten in Zukunft einfacher durch Neubauten ersetzt werden können. Dabei soll die Ausnutzungsziffer des Neubaus höher ausfallen dürfen, wenn nach besonders ehrgeizigen Energiestandards gebaut wird. Leutenegger spricht in diesem Zusammenhang von einem Ökobonus. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, weil mit solchen Instrumenten zu stark in die kantonale Hoheit eingegriffen würde.
  • PALMÖL: Der Bundesrat muss sich auf internationaler Ebene aktiv für die Bekämpfung der umweltschädlichen Auswirkungen der intensiven Palmölproduktion einsetzen. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion mit 134 zu 33 Stimmen gutgeheissen. Der Bundesrat war einverstanden, die Motion entgegenzunehmen. Er sei bereits heute aktiv. Er sei aber bereit zu prüfen, wie er die Umweltauswirkungen von Palmölanbau künftig vermehrt auch in die laufenden Diskussionen zur Förderung von verantwortungsvollen Direktinvestitionen im Landwirtschaftssektor einbringen kann. Die intensive Produktion von Palmöl bedingt viele Waldrodungen un den Einsatz von Chemikalien. Die Produktion nimmt vor allem zu, weil in Schwellenländern wie Indien und China die Nachfrage für Speiseöl stark steigt.
  • POTENTATENGELDER: Der Nationalrat lehnt es ab, bei den Potentatengeldern die Beweislast umzukehren. Politisch exponierte Personen sollen also auch künftig nicht beweisen müssen, dass in der Schweiz deponierte Vermögenswerte nicht krimineller Herkunft sind. Der Nationalrat sprach sich mit 104 zu 73 Stimmen bei einer Enthaltung gegen eine parlamentarische Initiative von Carlo Sommaruga (SP/GE) aus. Neben der Umkehr der Beweislast hatte Sommaruga gefordert, dass Potentatengelder eingezogen werden können, ohne dass ein konkreter Zusammenhang zwischen den begangenen strafbaren Handlungen und der Schweiz besteht. Die Mehrheit vertrat die Auffassung, das neue Gesetz über die Potentatengelder genüge. Zudem seien weitere Schritte bereits geplant.
  • ATOMSTROM: Strom aus Atomkraftwerken soll nicht mit 5 Rappen pro Kilowattstunde belastet werden. Der Nationalrat hat mit 113 zu 70 Stimmen eine parlamentarische Initiative von Martin Bäumle (GLP/ZH) abgelehnt. Das Geld sollte zur Förderungen von erneuerbaren Energien eingesetzt werden. Bäumle begründete seinen Vorstoss damit, dass die Kosten des Restrisikos eines Atomunfalls nicht im Strompreis enthalten seien. Bei einer Vollkostenrechnung wäre jede Solaranlage billiger. Die Mehrheit folgte indes der vorberatenden Kommission. Sprecher Christian Wasserfallen (FDP/BE) sagte, dass die 5 Rappen pro Kilowattstunde keine Risikoprämie darstellten, weil sie gar nicht zur Risikoabsicherung eingesetzt würden. Ausserdem kämen 1,5 bis 2 Milliarden Franken Kosten auf die Schweizer Volkswirtschaft zu.

Der Ständerat in Kürze

(sda) Der Ständerat bleibt bei seinem Ja zum Gesetz über die internationale Quellenbesteuerung, das die Umsetzung der Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich in der Schweiz regeln soll. Dies hat er stillschweigend beschlossen. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Dieser hatte vergangene Woche die Steuerabkommen zwar gutgeheissen, das Umsetzungsgesetz aber abgelehnt. Das Nein des Nationalrates habe überrascht, sagte Konrad Graber (CVP/LU) am Mittwoch im Namen der vorberatenden Ständeratskommission. Er erinnerte daran, dass es sich lediglich um ein Umsetzungsgesetz handle. Die Steuerabkommen stehen über diesem Gesetz. Sollte im Gesetz etwas verankert werden, was vom Inhalt der Abkommen abweicht, gehen die Abkommen vor.

  • LEGISLATURPLANUNG I: Der Ständerat hat einige wenige Korrekturen an der Legislaturplanung des Bundesrates vorgenommen. Die vom Nationalrat eingefügte Leitlinie zur Förderung der Gleichstellung hiess die kleine Kammer gut. Mehrere Massnahmen, die der Nationalrat eingebaut hatte, strich die Ständerat allerdings wieder. So sollen Emissionsabgaben wie die CO2-Abgabe nicht abgeschafft und die Entwicklungshilfe nicht an Rückübernahmeabkommen für abgewiesene Asylsuchende gekoppelt werden. Ausserdem wurde im Ständerat ein Vorstoss angekündigt, der das Recht des Parlamentes, Änderungen in der Legislaturplanung vorzunehmen, wieder abschaffen will.
  • LEGISLATURPLANUNG II: Der Bundesrat muss Indikatoren entwickeln, mit denen er die Fortschritte in der Gleichstellung von Mann und Frau messen kann. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat stillschweigend überwiesen. Die Motion steht im Zusammenhang mit der neuen Leitlinie 7 in der Legislaturplanung 2011-2015 des Bundesrates. Die vom Nationalrat eingebaute Leitlinie besagt, dass die Landesregierung für die Gleichstellung von Mann und Frau sorgen soll.
  • ZURÜCK IM RAT: Der Urner Ständerat Markus Stadler (GLP) hat nach seinem Schwächeanfall vor einer Woche am Mittwoch zum ersten Mal wieder an der Session teilnehmen können. Vergangenen Mittwoch hatte Stadler im Vorzimmer des Ständeratssaals einen Schwächeanfall erlitten. Zwecks medizinischer Abklärungen wurde er in ein Spital gebracht. Der 63-jährige Stadler gehört dem Ständerat seit Juni 2010 an.

 

Der Dienstag, 5. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

Der Nationalrat hat am Dienstag die Entwicklungshilfe für die nächsten vier Jahre auf 11,35 Milliarden Franken aufgestockt. Damit steigert die Schweiz ihre Ausgaben für die Entwicklungshilfe auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Das Parlament hatte vor anderthalb Jahren in alter Besetzung entschieden, die Mittel bis 2015 auf diesen Wert zu erhöhen. Damit liegt die Schweiz im Mittelfeld der OECD-Länder. Die SVP wollte die Ausgaben auf 9,6 Milliarden Franken kürzen - unter anderem, weil es laut Adrian Amstutz (SVP/BE) nicht um echte Hilfe gehe, sondern um die Finanzierung der "Entwicklungshilfe-Industrie". Eine deutliche Mehrheit erteilte dem Antrag jedoch eine Abfuhr. In den 11,35 Milliarden Franken für die Jahre 2013 bis 2016 sind die Kredite für wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen (1,28 Mrd.) und für die Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten (1,125 Mrd.) enthalten. Die Vorlagen gehen nun an den Ständerat.

  • POSTINITIATIVE: Die Schweizerische Post soll kein flächendeckendes Poststellennetz betreiben müssen. Auch soll nach dem Willen des Nationalrates eine weitere Liberalisierung des Postmarktes möglich bleiben. Er hat deshalb die Volksinitiative "Für eine starke Post" zur Ablehnung empfohlen. Der Entscheid fiel mit 123 zu 56 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Für das Anliegen sprachen sich die SP und eine Mehrheit der Grünen aus. Die bürgerlichen Parteien - auch Vertreter aus den Randregionen - lehnten die Initiative ab. Die Mehrheit war zwar der Ansicht, dass die gesamte Schweiz mit Postdiensten versorgt werden müsse. Doch dies sei auch mit einem Hausservice oder einer Postagentur im Dorfladen möglich. Ein Dorfladen könne überdies längere Öffnungszeiten bieten, sagte BDP-Präsident Martin Landolt (GL). Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
  • VERKEHRSPOLITIK I: Der Bundesrat soll einen Bericht erstellen, der Massnahmen zur Verflüssigung des Verkehrs aufzeigt. Der Nationalrat hat ein Postulat von Christian Wasserfallen (FDP/BE) mit 112 zu 54 Stimmen bei 9 Enthaltungen angenommen. Es geht nun in den Ständerat. Wasserfallen denkt etwa an abgestimmte Ampelsteuerungen und Grünphasen. Ein flüssigerer Verkehr reduziere zudem den CO2-Ausstoss. Das Thema sei an sich unbestritten, sagte Verkehrsministerin Doris Leuthard. Der Bund habe Massnahmen eingeleitet und laufend umgesetzt. Die von Wasserfallen geforderten Massnahmen seinen deshalb zum Teil überflüssig.
  • VERKEHRSPOLITIK II: Cars sollen künftig bis zu einem Gesamtgewicht von 19 Tonnen statt wie bisher 18 Tonnen zugelassen werden. Der Nationalrat hat eine Motion von alt Nationalrat Simon Schenk (SVP/BE) mit 88 zu 83 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Sowohl Komforteinrichtungen wie Toiletten und Küchen als auch das Gewicht der Passagiere seien in den letzten Jahren gestiegen, lautete die Begründung. Der Bundesrat war gegen den Vorstoss. Laut Verkehrsministerin Doris Leuthard würde mit der 19-Tonnen-Limite die zulässige Achslast überschritten. Das Postulat geht an den Ständerat.

Der Ständerat in Kürze

Das Bundesgericht soll auch in Zukunft Gesetze anwenden müssen, die der Verfassung widersprechen. Der Ständerat hat am Dienstag mit 27 zu 17 Stimmen eine Verfassungsänderung abgelehnt. Anders als der Nationalrat stellt er sich gegen die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit. Diese ist sowohl im linken als auch im rechten Lager umstritten. Aus Sicht der Befürworter würde damit der Rechtsstaat gestärkt, aus Sicht der Gegner die Demokratie geschwächt. Am Ende überwog im Ständerat die Angst davor, das Bundesgericht könnte zu viel Gewicht erhalten und politische Entscheide fällen. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat. Sollten sich am Ende beide Räte für eine Verfassungsänderung aussprechen, hätte das Volk das letzte Wort.

  • ZWANGSEHEN: Zwangsheiraten werden in der Schweiz nicht mehr toleriert. Wie der Nationalrat hat der Ständerat entsprechende Anpassungen in sechs Gesetzen gutgeheissen. Insbesondere wird das Strafgesetz verschärft: Wer jemanden zu einer Ehe zwingt, soll dafür härter bestraft werden. Neu droht dafür eine Höchststrafe von fünf statt drei Jahren Freiheitsentzug. Ausserdem wird Zwangsheirat zu einem Offizialdelikt, das von Amtes wegen verfolgt werden muss. Der Ständerat will in einem Punkt weiter gehen als der Nationalrat: So sollen unter Zwang geschlossene Ehen in jedem Fall für ungültig erklärt werden müssen, dies auch dann wenn die Betroffenen die Ehe freiwillig weiterführen wollen. Das Geschäft geht zurück in den Nationalrat, der in dieser Frage den Gerichten einen Ermessensspielraum gewähren will.
  • GRATIS-DOWNLOADS: Der Bundesrat muss im Streit um Gratis-Downloads nach Lösungen suchen, mit welchen sowohl die Kulturschaffenden als auch die Internetnutzer leben könnten. Der Ständerat hat ihn damit beauftragt. Die kleine Kammer überwies stillschweigend ein Postulat von Luc Recordon (Grüne/VD). Der Bundesrat stellte sich nicht gegen den Auftrag: Er sei bereit, einen Bericht zu erstellen, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Allerdings werde es wohl nicht ganz einfach sein, eine Lösung zu finden. Nach dem Willen Recordons soll der Bundesrat insbesondere untersuchen, welche Pauschalen von den Internetnutzerinnen und -nutzern erhoben werden könnten.
  • INTERESSENKONFLIKTE: Der Bundesrat muss einen Bericht vorlegen über die Grundsätze und Lösungsansätze bei Interessenkonflikten im Schweizer Bundesrecht. Dabei soll er aufzeigen, wo Verbesserungspotenzial besteht. Der Ständerat hat ein Postulat von Luc Recordon (Grüne/VD) überwiesen. Als Beispiel für Interessenkonflikte nannte Recordon die Wahl eines Mitglieds der Geschäftsleitung der Bank Wegelin in die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft.
  • KINDERPORNOGRAFIE: Der Ständerat hat die Frist für die Behandlung einer Standesinitiative des Kantons Basel-Landschaft zur Strafbarkeit des Konsums von Kinderpornografie verschoben. Er will ein vom Bundesrat in Aussicht gestelltes Gesetzesprojekt abwarten.

 

Der Montag, 4. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

(sda) Am Dienstag entscheidet der Nationalrat über die Entwicklungshilfe-Kredite für die nächsten vier Jahre. Mit Ausnahme der SVP haben am Montag in der Eintretensdebatte alle Fraktionen Zustimmung signalisiert. Vor anderthalb Jahren hatte das Parlament entschieden, die Mittel der Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen. Am Montag beriet der inzwischen neu zusammengesetzte Nationalrat über die Kredite, mit welchen der Bundesrat die Vorgabe umsetzen will. In den nächsten vier Jahren soll die Schweiz insgesamt 11,35 Milliarden Franken für die internationale Zusammenarbeit ausgeben. Zu einem Entscheid kam es nicht mehr: Ratspräsident Hansjörg Walter (SVP/TG) unterbrach die Beratungen nach der Eintretensdebatte.

  • PERSONENFREIZÜGIGKEIT: Der Nationalrat will die Solidarhaftung von Firmen gegenüber ihren Unterakkordanten definitiv nicht in der der Vorlage über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit umsetzen. Er verzichtet darauf, im öffentlichen Beschaffungswesen eine solche Solidarhaftung zu verlangen. Stillschweigend hat der Nationalrat beschlossen, diesen Passus wieder aus der Vorlage zu streichen. Eine allgemeine und umfassende Solidarhaftung hatte die grosse Kammer bereits in der ersten Beratungsrunde von letzter Woche abgelehnt. Nun will er auch von Firmen, die sich für einen öffentlichen Auftrag bewerben, keine Solidarhaftung verlangen. In zwei Nebenpunkten hielt der Nationalrat jedoch an Differenzen fest, so dass das Geschäft zurück in Ständerat muss.
  • AUSSENPOLITIK: Der Nationalrat hat neuen Regeln für die Beziehungen des Parlaments mit internationalen Gremien und anderen Parlamenten zugestimmt. Anders als der Ständerat will die grosse Kammer aber keine ständigen Delegationen für den Empfang ausländischer Parlamentarierdelegationen gründen. Gemäss dem von der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Ständerats ausgearbeiteten Vorlage sollten sich zwei siebenköpfige Delegationen, bestehend aus vier Angehörigen des Nationalrats und drei des Ständerats, künftig um den Empfang ausländischer Parlamentarierdelegationen kümmern. Für die Mehrheit des Nationalrats bringt das bloss mehr Bürokratie und Kosten.
  • GESCHÄFTSBERICHT: Der Nationalrat hat den Geschäftsbericht 2011 des Bundesrats genehmigt. Kritik war wenig zu hören. Die Fraktionen zeigten sich grundsätzlich zufrieden mit der Arbeit der Verwaltung und nutzten die Gelegenheit, ihre politischen Anliegen einzubrigen. Je nach politischer Couleur wurden Unterlassungen oder Fehlleistungen der Regierung kritisiert oder ein rascheres Vorgehen angemahnt.
  • TUNESIEN: Aussenminister Didier Burkhalter hat in der Fragestunde des Nationalrats den tunesischen Präsidenten Moncef Marzouki kritisiert. Dieser hatte via Medien die Schweiz zur Rückgabe der blockierten Vermögen des Ben-Ali-Clans gedrängt. Der Bundesrat sei darüber erstaunt gewesen, sagte Burkhalter. Er betrachte das Vorgehen des tunesischen Präsidenten als "unangemessen". Burkhalter betonte, der Bundesrat sei entschlossen, die Gelder so rasch als möglich an Tunesien zurückzuerstatten. Es gelte aber, die rechtsstaatlichen Vorgaben einzuhalten. Vor kurzem seien wichtige Fortschritte erzielt worden, die Schweiz und Tunesien hätten Beweismittel ausgetauscht.
  • PERSONENFREIZÜGIGKEIT: Der Nationalrat will die Solidarhaftung von Firmen gegenüber ihren Unterakkordanten definitiv nicht in der der Vorlage über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit umsetzen. Er verzichtet darauf, im öffentlichen Beschaffungswesen eine solche Solidarhaftung zu verlangen. Stillschweigend hat der Nationalrat beschlossen, diesen Passus wieder aus der Vorlage zu streichen. Eine allgemeine und umfassende Solidarhaftung hatte die grosse Kammer bereits in der ersten Beratungsrunde von letzter Woche abgelehnt. Nun will er auch von Firmen, die sich für einen öffentlichen Auftrag bewerben, keine Solidarhaftung verlangen. In zwei Nebenpunkten hielt der Nationalrat jedoch an Differenzen fest, so dass das Geschäft zurück in Ständerat muss.
  • PROTESTE GEGEN XSTRATA: Der Bundesrat will im Konflikt zwischen dem Zuger Bergbauunternehmen Xstrata und einer lokalen Protestbewegeung in Peru nicht vermitteln. Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann hat in der Fragestunde des Nationalrats erklärt, dass die Schweiz dort ihre guten Dienste nicht anbieten will. Er begründete die Haltung des Bundesrats damit, dass es für die Schweizer Regierung äusserst delikat wäre, sich in einen Konflikt einzumischen, in dem sich eine Schweizer Firma, ein anderer Staat und die lokale Bevölkerung gegenüberstehen.
  • INTERNIERUNGSLAGER: Der Bundesrat stellt sich gegen den Vorschlag der SVP, straffällig gewordene Asylsuchende in Internierungslagern unterzubringen. Dies würde das Völkerrecht verletzen, schreibt er in seiner schriftlich nachgereichten Antwort auf Fragen von SVP-Nationalräten. Ohne Urteil sei die Unterbringung in einer geschlossenen Unterkunft in einem Rechtsstaat nicht möglich. Dies gelte auch für den Ausschluss aus dem Asylverfahren. Der Bundesrat hält weiter fest, er sei besorgt über das renitente Verhalten einer kleinen Minderheit von Asylsuchenden und verurteile dieses. Den aktuellen Problemen könne nach seiner Einschätzung mit einer konsequenten Anwendung der bestehenden Instrumente begegnet werden.

Der Ständerat in Kürze

(sda) CANNABISKONSUM: Wer über 18 Jahre alt ist und Cannabis konsumiert, wird in der Schweiz nur noch mit Busse bestraft. Anzeigen und Strafverfahren fallen weg. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat den Änderungen im Betäubungsmittelgesetz zugestimmt. Noch uneinig sind sich die Räte allerdings in der Höhe der Busse. Der Ständerat hält 100 Franken für richtig. Der Nationalrat hatte sich in der Frühjahrssession für 200 Franken ausgesprochen. Eine Kommissionsminderheit im Ständerat wollte die Höhe gar bei 50 Franken ansetzen, unterlag aber mit 30 zu 12 Stimmen. Mit Anzeige und Strafverfahren muss weiterhin rechnen, wer mit mehr als 10 Gramm Cannabis erwischt wird.

  • HAUSARZTMEDIZIN: Der Ständerat lehnt die Initiative "Ja zur Hausarztmedizin" ohne Gegenstimme ab. Er folgte seiner vorberatenden Kommission und unterstützt den direkten Gegenvorschlag des Bundesrats in abgeänderter Form: Er will - anders als es der Bundesrat ursprünglich vorgeschlagen hatte -, dass der Bund Leistungen der Hausarztmedizin erlässt. Der Rat beschloss zudem eine Fristverlängerung bis zum 1. Oktober 2013. Dadurch bekommt Gesundheitsminister Alain Berset Zeit, gemeinsam mit allen wichtigen Akteuren einen Masterplan auszuarbeiten.
  • FAMILIENPOLITIK: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll in der Bundesverfassung verankert werden. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat dem revidierten und ergänzten Verfassungsartikel zugestimmt - mit 30 zu 4 Stimmen. Der Artikel schreibt vor, dass Bund und Kantone für ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen sorgen. Reichen die Bestrebungen der Kantone oder Dritter nicht aus, legt der Bund Grundsätze über die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung fest.
  • PATIENTENSICHERHEIT: Der Bundesrat muss ein Forschungsprogramm für Patientensicherheit initiieren und mit den Kantonen strategische und konkrete Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit veranlassen. Der Ständerat hat diskussionslos zwei Motionen aus dem Nationalrat an den Bundesrat überwiesen. Auch der Nationalrat hatte sie ohne Gegenstimme angenommen.
  • MEHR MEDIZIN-STUDIENPLÄTZE: Der Bundesrat muss zusammen mit den Kantonen dafür sorgen, dass es in der Schweiz mehr Studienplätzen für Medizin gibt. Der Ständerat überwies stillschweigend eine entsprechende Motion an den Bundesrat. Die Zahl der Studienplätze muss dabei so angesetzt werden, dass der Bedarf der Schweiz an Ärzten gedeckt wird. "Es handelt sich um ein wichtiges Anliegen", sagte Felix Gutzwiller (FDP/ZH). Die Erhöhung der Studienplätze sei aber nur eine der nötigen Massnahmen, um den Ärztemangel zu beheben. Der Bundesrat hatte Annahme der Motion beantragt.
  • MEHR PRAKTIUMSPLÄTZE: Der Bundesrat soll zusammen mit den Kantonen dafür sorgen, dass Medizinstudierenden genügend Praktikumsplätze zur Verfügung stehen. Der Ständerat hiess mit 34 zu 3 Stimmen eine entsprechende Motion von Ständerat Robert Cramer (Grüne/GE) gut. Wenn dereinst die Zahl der Studienplätze erhöht werde, müsse es auch mehr Praktikumsplätze geben, begründete Cramer sein Anliegen. Die Motion geht in den Nationalrat.
  • NEUE SPITALFINANZIERUNG: Der Ständerat ist dagegen, dass die Auswirkungen der neuen Spitalfinanzierung weitergehend untersucht werden, als dies der Bundesrat in seiner Wirkungsanalyse tun will. Die kleine Kammer hat eine entsprechende Motion der nationalrätlichen Gesundheitskommission mit 17 zu 15 Stimmen abgelehnt. Die Motion wollte, dass auch Fragestellungen untersucht werden, die speziell chronisch kranke, multimorbide und geriatrische Menschen betreffen. Der Bundesrat hatte Annahme der Motion beantragt: Diese Patientengruppe würde in der Wirkungsanalyse berücksichtigt, wenn auch nicht in gesonderten Studien.
  • FRISTVERLÄNGERUNG: Der Ständerat hat stillschweigend einer Fristverlängerung zur Behandlung einer Genfer Standesinitiative gutgeheissen. Diese verlangt unter anderem, dass der Bundesrat den Krankenkassen vorschreibt, wie hoch ihre Reserven sein dürfen. Der Ständerat hat nun bis im Sommer Zeit, das Genfer Anliegen zu beraten. Die Fristverlängerung erfolgte, weil der Ständerat die Initiative zusammen mit anderen Vorlagen behandeln will.

 

Der Freitag, 1. Juni 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

Der Der Nationalrat beharrt auf einem Verfassungsartikel zum Service public. Er hat es am Freitag mit 95 zu 46 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt, eine Motion abzuschreiben, welche die Verankerung der Grundversorgung in der Bundesverfassung verlangt. Der Nationalrat stellt sich damit gegen den Entscheid des Bundesrats vom letzten Jahr, auf einen neuen, allgemeinen Verfassungsartikels über die Grundversorgung zu verzichten. Sollte der Bundesrat die Umsetzung des Parlamentsauftrags weiter verzögern, wird das Parlament die Angelegenheit vermutlich selber an die Hand nehmen. Bereits hat die ständerätliche KVF einer parlamentarischen Initiative zugestimmt, die einen solchen Verfassungsartikel fordert.

  • KRIMINALITÄT: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat das Rechtshilfeabkommen mit Kolumbien genehmigt. Dieses regelt die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern im Kampf gegen Drogenhandel, Geldwäscherei, Korruption oder Terrorismus. Die Rechtshilfeverfahren zwischen der Schweiz und Kolumbien werden vereinfacht und beschleunigt. Drohen Menschenrechtsverletzungen, kann die Rechtshilfe verweigert werden. Entsprechende Abkommen wurden bereits mit anderen Ländern Lateinamerikas vereinbart.
  • JUSTIZ: Der Nationalrat hat einer parlamentarische Initiative der SP-Fraktion nicht Folge gegeben, welche ein Verbandsbeschwerderecht bei Korruption, Geldwäscherei, kriminellen Organisationen oder ungetreuer Amtsführung verlangte. In solchen Fällen gebe es oft keine geschädigten Personen, die das Recht hätten, in der Schweiz einen Strafantrag zu stellen, sagte Carlo Sommaruga (SP/GE). Die Mehrheit folgte dem Argument der Kommission, dass es sich bei den Tatbeständen um Offizialdelikte handelt. Die SP hatte mit ihrer Initiative insbesondere Täter aus gescheiterten Staaten im Auge.
  • WOHNUNGSTAUSCH: Der Nationalrat will den Wohnraumtausch nicht fördern. Mit einer parlamentarischen Initiative wollte Carlo Sommaruga (SP/GE) erreichen, dass Mieter ihre Wohnung und die Mietverträge zu unveränderten Bedingungen tauschen dürfen. So soll verhindert werden, dass die Miete beim Mieterwechsel angehoben wird. Personen, die in zu grossen Wohnungen leben, sollten ohne administrative Hindernisse oder Mietzinserhöhungen in eine kleinere Wohnung ziehen können. Der Rat lehnte es mit 102 zu 51 Stimmen ab, der Initiative Folge zu geben.
  • INTERNATIONALE SCHIEDSGERICHTE: Die Gesetzgebung zum internationalen Schiedsgerichtswesen nimmt mehr Zeit in Anspruch und soll umfassender ausfallen als zunächst geplant. Der Nationalrat hat stillschweigend eine Motion gutgeheissen, die den Bundesrat beauftragt, eine umfassende Vorlage auszuarbeiten. Die Schweiz soll dank dem Gesetzesprojekt als Standort für internationale Schiedsgerichte attraktiv bleiben. Der Nationalrat beschloss gleichzeitig, die Behandlungsfrist zur Umsetzung einer parlamentarischen Initiative von Christian Lüscher (FDP/GE) um zwei Jahre zu verlängern.
  • ABSCHREIBUNGEN: Entgegen den Anträgen des Bundesrats hat der Nationalrat beschlossen, diverse Motionen und Postulate nicht abzuschreiben. Den Druck aufrechterhalten will er unter anderem, dass international anerkannte Medikamente in der Schweiz schneller in verkehr gebracht werden können. Der Bundesrat soll auch dafür sorgen, dass das Bundesamt für Polizei die notwendigen Ressourcen für die Internetausforschung nach geewaltextremistischen Websites erhält und dass der Bund den Nutzen der Landesverteidigung berechnen lässt.
  • GESCHÄFTSBERICHT DES BUNDESGERICHTS: Der Nationalrat zeigt sich zufrieden mit der Arbeit des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. Die grosse Kammer hat vom Geschäftsbericht 2011 des Bundesgerichts zustimmend Kenntnis genommen.
  • GESCHÄFTSBERICHT: Der Nationalrat hat sich über den Geschäftsbericht 2011 des Bundesrats gebeugt. Kritik war insbesondere zur Reorganisation des Bundesamts für Migration und zu den langen Asylverfahren zu hören. Die Fraktionen zeigten sich aber grundsätzlich zufrieden mit der Arbeit der Verwaltung. Die Debatte wird am Montag fortgesetzt.

Der Ständerat in Kürze

Der Bund soll eine rechtliche Grundlage erhalten, um die Massnahmen zur Krankheitsvorsorge und Gesundheitsförderung besser steuern und koordinieren zu können. Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat dem Präventionsgesetz zugestimmt. In der kleinen Kammer bleibt das Gesetz allerdings höchst umstritten: Nur ganz knapp - mit Stichentscheid von Ratspräsident Hans Altherr (FDP/AR) - beschloss der Ständerat am Freitag, auf die Vorlage einzutreten. Je 21 Ratsmitglieder votierten dafür und dagegen. In der Gesamtabstimmung passierte das Gesetz dann mit 20 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung. Die Gegner aus den Reihen der Bürgerlichen betrachten die Vorlage als unnötig. In ihren Augen ist Prävention Privatsache.

  • INVALIDENVERSICHERUNG: Die Kantone müssen weiterhin für einen Teil der Spitalbehandlungen von IV-Rentnerinnen und -Rentnern aufkommen. National- und Ständerat haben einer entsprechenden Regelung zugestimmt. Der Ständerat räumte am Freitag diskussionslos eine letzte, kleine Differenz aus. Es geht um stationäre Massnahmen in einem Spital, die wegen eines Geburtsgebrechens oder mit Blick auf die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt nötig sind. National- und Ständerat wollen, dass die Kosten zwischen der Invalidenversicherung (IV) und den Kantonen in Zukunft wieder so verteilt werden wie früher: Die IV muss 80 Prozent tragen, der Wohnkanton des IV-Rentners 20 Prozent.
  • EPIDEMIENGESETZ: Der Bund soll in Notlagen Impfungen für besonders gefährdete Personengruppen obligatorisch erklären können. Der Ständerat hiess am Freitag das Epidemiengesetz mit 29 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Das alte Regelwerk stammt aus dem Jahr 1970. Mit dem neuen will sich die Schweiz besser wappnen gegen übertragbare Krankheiten wie SARS oder die Schweinegrippe. Zwei Minderheitsanträge, welche das Obligatorium aus der Vorlage kippen wollten, hatten keine Chance. Die Minderheit hatte argumentiert, mit einem Obligatorium greife der Staat in die Freiheit des Einzelnen ein und verletze das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit.
  • TABAK-ALTERSGRENZE: Für den Kauf von Tabakwaren soll in der ganzen Schweiz dieselbe Altersgrenze gelten. Das Parlament beauftragt den Bundesrat, eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu schaffen. Der Ständerat hat eine Motion von Nationalrätin Ruth Humbel (CVP/AG) diskussionslos überwiesen. Heute regeln die Kantone die Tabakabgabe unterschiedlich. In elf Kantonen können Jugendliche ab 16 Jahren Zigaretten kaufen. In sieben Kantonen beträgt die Altersgrenze 18 Jahre, und in acht Kantonen gibt es gar keine Vorschriften. Der Vorstoss lässt offen, ob der Kauf von Zigaretten bereits ab 16 oder erst ab 18 Jahren erlaubt sein soll. Der Bundesrat bevorzugt eine Altersgrenze von 18 Jahren.
  • BERUFLICHE VORSORGE: Der Bundesrat muss prüfen, wie die berufliche Vorsorge von Angestellten in Berufen mit typischerweise mehreren Arbeitgebern verbessert werden kann. Der Ständerat hat ein Postulat von Anita Fetz (SP/BS) angenommen, das ihn damit beauftragt. Der SP-Ständerätin geht es beispielsweise um Dentalhygienikerinnen. Für solche Berufsgruppen sei die Unterscheidung zwischen versichertem Haupterwerb und nichtversichertem Nebenerwerb nicht sinnvoll, gab sie zu bedenken. Der Bundesrat zeigte sich bereit, Lösungen zu prüfen.
  • BUCHMARKT: Nach dem Nein zur Buchpreisbindung lässt der Bundesrat die Situation des schweizerischen Buchmarktes untersuchen. Der Ständerat stimmte zwei Postulaten zu, die ihn damit beauftragen. Die Arbeiten seien bereits in Gang, sagte Bundesrat Alain Berset in der kleinen Kammer. Géraldine Savary (SP/VD) wünscht sich vor allem verlässliche Daten zum Buchmarkt - etwa zur Rolle des Online-Handels, zur Zahl der Buchhandlungen und zur Preisfestsetzung. Luc Recordon (Grüne/VD) erwartet vom Bundesrat Vorschläge, wie die schwierige Situation der Schweizer Literatur und des Buchs in der Schweiz gelindert werden könnte.
  • ERGÄNZUNGSLEISTUNGEN: Stillschweigend hat der Ständerat eine Motion der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit an den Bundesrat überwiesen. Neu soll bei den Ergänzungsleistungen zur AHV und IV soll der maximale Beitrag für den Mietzins erhöht werden. Letztmals gab es vor zehn Jahren eine Anpassung. Die Motion beauftragt den Bundesrat, den Maximalbetrag für den Mietzins, der bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen berücksichtigt wird, anzupassen. Ausserdem sollen regionale Mietzinsunterschiede sowie Mehrpersonenhaushalte gesondert betrachtet werden.
  • ANEKDOTE: Ständeratspräsident Hans Altherr (FDP/AR) hat den Ratsmitgliedern zum Ende der ersten Sessionswoche ein "schönes Wochenende mit vielen Genüssen ohne schlechtes Gewissen" gewünscht. Er spielte damit auf das Präventionsgesetz an, das der Rat am Freitagmorgen beraten hatte. Der Ratspräsident verabschiedete sich alsdann mit einer Anektote über alt Bundesrat Pascal Couchepin. Dieser habe vor drei Jahren festgestellt, dass das Bild im Ständeratssaal perfekt sei - mit Ausnahme einer jungen Dame, die Wein ausschenke. Und er habe prophezeit, dass in einigen Jahren zweifellos darüber diskutiert werden, diesen Teil des Bildes zu verbieten.

 

Der Donnerstag, 31. Mai 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

Der Preis der Autobahnvignette soll nur von 40 auf 70 Franken angehoben werden. Der Nationalrat hat die vom Bundesrat beantragten 100 Franken abgelehnt. Gleichzeitig sprach sich der Rat am Donnerstag dafür aus, das Nationalstrassennetz über die Anträge des Bundesrats hinaus zu ergänzen. Die Debatte über die Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz an die heutigen Bedingungen endete damit mit einem Resultat, das Verkehrsministerin Doris Leuthard unbedingt verhindern wollte: Einerseits fliessen dem Bund wegen des tieferen Vignettenpreises nur 150 statt 275 Millionen zu. Andererseits fallen die Kosten der Eidgenossenschaft wegen zusätzlicher Nationalstrassen-Abschnitte höher aus als vorgesehen. Zusätzlich in den Netzbeschluss aufnehmen will der Nationalrat die Autoverladestrecken am Lötschberg und am Vereina.

  • STRASSENVERKEHR II: Der Bundesrat soll ein strategisches Entwicklungsprogramm zur Strasseninfrastruktur ausarbeiten. Wie beim Bahnverkehr soll der Bundesrat aufzeigen, welche Ausbauprojekte er im Strassenverkehr bis 2030 plant. Der Nationalrat hat eine Motion mit dieser Forderung stillschweigend gutgeheissen. Ziel sei es, dass das Parlament über die Weiterentwicklung der Bahn- und Schieneninfrastruktur aufgrund vergleichbarer Grundlagen entscheiden könne.
  • ZERSIEDELUNG: Die Revision des Raumplanungsgesetzes, die als Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative dienen soll, ist parlamentarisch unter Dach und Fach. Der Nationalrat hat die letzte Differenz ausgeräumt. Während sich die Initianten freuen, droht der Gewerbeverband mit einem Referendum. Die Räte einigten sich nun darauf, dass mindestens 20 Prozent der Wertsteigerung abgeschöpft werden soll, die ein Grundstück nach einer Einzonung erfährt. Fällig wird die Mehrwertabgabe bei der Überbauung oder Veräusserung des Grundstücks. Tiefer ausfallen soll die Abgabe für Landwirte, die nach dem Verkauf des neu eingezonten Grundstücks in ein neues Landwirtschafsgebäude investieren, das sie selber nutzen wollen. Bereits zuvor hatten sich die Räte nach zähem Ringen darauf geeinigt, dass die Kantone künftig nur noch Bauzonenreserven für 15 Jahre haben dürfen. Überschüssige Bauzonenreserven sollen zurückgezont und die Eigentümer dafür entschädigt werden.
  • VIA SICURA: Kinder sollen beim Velofahren keinen Helm tragen müssen. Bei den Beratungen von Via Sicura hielt der Nationalrat seine Opposition gegen ein Obligatorium mit 136 zu 46 Stimmen aufrecht. Auf die Linie des Ständerates schwenkte der Nationalrat hingegen bei der Frage ein, wie gemessen werden soll, ob ein Autofahrer zu viel Alkohol getrunken hat: Neu wird dies in der Regel auch ab 0,8 Promille mit einem Atemtest gemacht und nicht mehr mit einem aufwändigeren Bluttest. Der Entscheid fiel mit 96 zu 87 Stimmen. Mit 125 zu 52 Stimmen folgte der Nationalrat dem Ständerat, dass Kinder bis 6 Jahren auf Hauptstrassen nur in Begleitung einer mindestens 16-jährigen Person Velofahren dürfen. Fest steht nach den Beratungen der grossen Kammer weiter, dass der Bund Vorschriften für bauliche Massnahmen bei Fussgängerstreifen erlassen kann. Dieser Entscheid fiel mit 97 zu 72 Stimmen. Das Massnahmenpaket Via Sicura kommt nun zur dritten Beratungsrunde in den Ständerat.
  • LANDSCHAFTSSCHUTZ: Der Nationalrat hat seine Zustimmung gegeben, auf die Beratung der europäischen Landschaftskonvention einzutreten. Eine Mehrheit der vorberatenden Raumplanungskommission hatte sich noch dagegen ausgesprochen. Die Zustimmung erfolge knapp mit 89 zu 86 Stimmen. SVP, FDP und Teile der CVP stellten sich dagegen. Nicht wenige SVP-Parlamentarier verpassten allerdings die Abstimmung. Albert Rösti (SVP/BE) sagte, dass die Schweiz wegen der Konvention riskiere, ihre Gesetze anpassen zu müssen. Dieser Einschätzung trat Bundesrätin Doris Leuthard vehement entgegen. Die Konvention enthalte weder direkt anwendbare Verpflichtungen noch einklagbare Rechte. Silva Semadeni (SP/GR) sagte, eine Nicht-Ratifikation würde ein schlechtes Signal aussenden an Staaten, die ihren Landschaftsschutz erst aufbauten. Das Geschäft geht nun zur Detailberatung zurück in die Kommission.

Der Ständerat in Kürze

Das Stimmvolk wird sich bald zur Abzockerinitiative äussern können. Und es wird die Wahl haben zwischen der Initiative und einem Gegenvorschlag, der eine Bonussteuer beinhaltet. Die Räte haben sich geeinigt. Der Ständerat sprach sich am Donnerstag mit 23 zu 15 Stimmen dafür aus, dem Volk die Bonussteuer als direkten Gegenvorschlag zur Initiative vorzulegen. Mit 21 zu 15 beschloss er, dem Volk den Gegenvorschlag zur Annahme und die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Damit ist der "letzte Akt einer unendlichen Geschichte" vollzogen, wie es Pirmin Bischof (CVP/SO) ausdrückte. Der Bundesrat kann nun den Abstimmungstermin festsetzen, die Abstimmung muss in den nächsten zehn Monaten stattfinden. Bereits in der letzten Session hatten sich die Räte auf einen indirekten Gegenvorschlag in Form einer Aktienrechtsrevision geeinigt. Dieser nimmt zentrale Forderungen der Initiative auf.

  • SANIERUNGSRECHT: Kriselnde Firmen sollen künftig einfacher vor dem Aus bewahrt werden. Der Ständerat hat das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz angenommen, an dessen Revision seit der Swissair-Pleite gearbeitet wurde. Der Nationalrat war im vergangenen Herbst gar nicht erst darauf eingetreten. Der Bundesrat ging daraufhin nochmals über die Bücher und präsentierte einen Kompromissvorschlag, den der Ständerat nun mit 28 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen guthiess. Das Sanierungsrecht sieht vor, dass Firmen im Insolvenzverfahren nicht zwingend im Konkurs enden. Gemäss Kompromissvorschlag sollen Firmen nur dann von der Sozialplanpflicht befreit werden, wenn das Konkursverfahren tatsächlich in einem Nachlassvertrag endet. Gelingt die Sanierung, besteht die Pflicht weiterhin. Allerdings nur für Firmen ab 250 Angestellten. Diese machen 0,37 aller Unternehmen aus und beschäftigen rund ein Drittel aller Arbeitnehmer in der Schweiz.
  • WAFFEN: Der Ständerat möchte, dass Polizei und Strafverfolgungsbehörden Waffen einziehen, wenn es Hinweise auf eine Gefährdung gibt. Der Bundesrat soll beauftragt werden, die dafür notwendigen Massnahmen zu treffen. Der Ständerat folgte seiner Kommission und beschloss oppositionslos, eine Motion aus dem Nationalrat entsprechend abzuändern. Der Nationalrat hatte ursprünglich verlangt, dass die Armee automatisch über hängige Strafverfahren informiert wird. Die Ständeratskommission fand aber, das Problem sei nicht primär, dass der Armee die Informationen fehlten. Das Problem sei viel mehr, dass Polizei und Strafverfolgungsbehörden Waffen nicht automatisch beschlagnahmten, wenn es Zweifel bezüglich des Gefahrenpotenzials ihrer Besitzer gebe.
  • WAFFENSYSTEME: Der Ständerat möchte, dass das Parlament bei der Liquidation von Rüstungsgütern mitreden kann. Der Bundesrat müsse dem Parlament solche Pläne künftig vorlegen. Ausserdem soll der Bundesrat die Vernichtung der Festungsminenwerfer stoppen. Eine entsprechende Motion von Paul Niederberger (CVP/NW) nahm der Ständerat am Donnerstag mit 14 zu 13 Stimmen an. Der Vorstoss geht nun an den Nationalrat. Die Festungsminenwerfer seien ein Eckpfeiler gegen die militärische Bedrohung "als gefährlichsten Fall", begründete Niederberger sein Anliegen. Was die Festungsminenwerferanlagen betrifft, hat sich die Motion erübrigt: Deren Liquidation sei bereits gestoppt, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer. Der Bundesrat beantragte dem Parlament dennoch, die Motion abzulehnen.
  • CHAUFFEURE: Die Armee soll Chauffeure ausbilden, die nach der Rekrutenschule als Berufschauffeure im Transportgewerbe arbeiten können. Mit 30 zu 3 Stimmen hat der Ständerat eine entsprechende Motion von Alex Kuprecht (SVP/SZ) angenommen. Der Fahrermangel sei eine der grössten Herausforderungen für das Schweizer Transportgewerbe, begründete Kuprecht seinen Vorstoss. In der Armee würden rund 1350 Motorfahrer pro Jahr für militärische Zwecke ausgebildet, gab Kuprecht zu bedenken. Leider verzichte die Armee jedoch auf die abschliessende Ausbildung für den Fähigkeitsausweis, der für gewerbsmässige Berufschauffeure seit 2009 obligatorisch sei. Die Motion geht nun an den Nationalrat. Der Bundesrat stellt sich gegen das Anliegen.
  • PARLAMENT: Die Altersvorsorge für Parlamentarier wird vorerst nicht neu geregelt. Der Ständerat hat nachgegeben und sich damit einverstanden gezeigt, das Vorhaben aufzugeben. Der Nationalrat hatte es abgelehnt, auf eine Vorlage zum Teuerungsausgleich und zur Altersvorsorge für Parlamentarier einzutreten. In der Folge wurde die Vorlage in zwei Teile aufgeteilt, einen zum Teuerungsausgleich und einen zur Vorsorge. Die Vorlage zur Regelung der Vorsorge ist nun sistiert. Aufgeschoben wird damit der angestrebte Systemwechsel bei der beruflichen Vorsorge von einer Pauschale zu einer einkommensabhängigen Lösung. Dies würde rund 700'00 Franken pro Jahr kosten. Ob der Lohn der National- und Ständeräte an die Teuerung angepasst wird, entscheidet kommenden Montag der Nationalrat.

 

Der Mittwoch, 30. Mai 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

Das Schweizer Parlament hat die Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich gutgeheissen. Nach dem Ständerat sagte am Mittwoch der Nationalrat Ja zur Abgeltungssteuer. Das Abkommen mit Deutschland passierte im Nationalrat mit 108 zu 81 Stimmen bei 2 Enthaltungen, jenes mit Grossbritannien mit 109 zu 81 bei 1 Enthaltung und jenes mit Österreich mit 138 zu 51 bei 2 Enthaltungen. Nun müssen noch die Parlamente der betroffenen Länder entscheiden. Die Abkommen unterstehen zudem dem fakultativen Referendum. Sollte dieses ergriffen werden und zustande kommen, würde die Abstimmung voraussichtlich am 25. November stattfinden. Nein sagte der Nationalrat zum Gesetz, das die Umsetzung der Abkommen in der Schweiz regelt.

  • WETTERDIENSTE: MeteoSchweiz soll auf dem freien Markt nicht mehr Spielraum erhalten. Der Nationalrat hat es mit 168 zu 1 Stimmen abgelehnt, das revidierte Meteorologiegesetz zu beraten. Der kostenlose Zugang zu Wetterdaten soll aber trotzdem eingeführt werden. Karl Vogler (CVP/OW) sagte im Namen der vorberatenden Umweltkommission, MeteoSchweiz könne schon heute auf dem freien Markt tätig sein. Eine Überführung in eine öffentlich-rechtliche Anstalt würde die privaten Wetterdienste zu stark konkurrenzieren. Zudem würde mit einem solchen Schritt die Kontrolle des Parlamentes über MeteoSchweiz geschwächt. Einen Passus aus dem Gesetz will der Nationalrat allerdings retten. MeteoSchweiz soll künftig grundlegende Wetterdaten und Basisdienstleistungen frei zur Verfügung stellen - auch privaten Wetterdiensten. Der Rat hat einer entsprechenden Kommissionsmotion zugestimmt.
  • GLÜCKSSPIELE: Lottogewinne müssen neu erst ab 1000 Franken versteuert werden. Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat einstimmig dafür ausgesprochen. Bisher lag die Freigrenze bei 50 Franken. Der Rat folgte der Argumentation, wonach eine höhere Grenze den Nachteil der Lotteriegesellschaften gegenüber den Casinos mindere. Casino-Gewinne unterliegen im Gegensatz zu Lottogewinnen nicht einer Verrechnungssteuer von 35 Prozent. Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf kündigte an, die Besteuerung von Glücksspielgewinnen demnächst aus einer ganzheitlichen Sicht zu betrachten. Es gebe keinen Grund, dass Gewinne aus Lotterien anders besteuert würden als Gewinne in Spielbanken.
  • INVALIDENVERSICHERUNG: Die Kantone müssen weiterhin für einen Teil der Spitalbehandlungen von IV-Rentnerinnen und -Rentnern aufkommen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer entsprechenden Regelung zugestimmt. Es geht um stationäre Massnahmen in einem Spital, die wegen eines Geburtsgebrechens oder mit Blick auf die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt nötig sind. National- und Ständerat wollen, dass die Kosten zwischen der Invalidenversicherung (IV) und den Kantonen in Zukunft wieder so verteilt werden wie früher: Die IV muss 80 Prozent tragen, der Wohnkanton des IV-Rentners 20 Prozent.
  • STAATSRECHNUNG: Der Nationalrat hat die Staatsrechnung 2011 des Bundes einstimmig gutgeheissen. Die Rechnung 2011 schloss positiv: Nach Abzug der ausserordentlichen Ausgaben blieben noch gut 200 Millionen Franken in der Kasse. Alle Sprecherinnen und Sprecher zeigten sich erfreut. Im internationalen Vergleich stehe die Schweiz ausserordentlich gut da. Markus Hutter (FDP/ZH) stellte in Aussicht, dass sich seine Fraktion gegen alle Angriffe auf die Schuldenbremse wehren werde. Die SP hat bereits entsprechende Vorstösse eingereicht. Marina Carobbio (SP/TI) sagte dazu, dass die Schuldenbremse gemäss einer Studie investitionshemmend wirke. Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf erwiderte, der Bundeshaushalt sei auch wegen der Schuldenbremse im Lot.
  • HOCHSCHULEN: Der Kanton Basel-Landschaft soll als Universitätskanton anerkannt werden. Der Nationalrat hat eine Motion aus dem Ständerat angenommen. Der Bundesrat wird damit beauftragt, die nötige gesetzliche Grundlage zu schaffen. Im Nationalrat fiel der Entscheid mit 80 zu 78 Stimmen. Das Anliegen eingebracht hatte der Kanton Basel-Landschaft mit einer Standesinitiative. Diese lehnten die Räte aus formalen Gründen ab. Die Berechtigung des Anliegens haben sie nun aber anerkannt. Der Kanton Basel-Landschaft ist seit 2007 paritätischer Mitträger der Universität Basel und leistet darüber hinaus finanzielle Beiträge an die Universität Basel und die Fachhochschule Nordwestschweiz.
  • ÄRZTEMANGEL: Die Schweiz soll mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer Motion von Urs Schwaller (CVP/FR) zugestimmt. Er überwies den Vorstoss mit 138 zu 29 Stimmen an den Bundesrat. Damit muss der Bund zusammen mit den Kantonen gesamtschweizerisch eine Mindestzahl von Studienplätzen an den medizinischen Fakultäten festlegen. Die Mindestzahl muss so angesetzt werden, dass der Bedarf in der Schweiz gedeckt werden kann. Es handelt sich nicht um den ersten Vorstoss zum Thema: Beide Räte haben schon ähnlichen Anliegen zugestimmt.
  • BISPHENOL A: Der Bundesrat erstellt einen Bericht über die Nutzen und Gefahren von Bisphenol A. Der Nationalrat hat ihn damit beauftragt, indem er ein Postulat annahm. Die Substanz wird in Verpackungen, Spielzeuten und Babyflaschen verwendet. Sie steht im Verdacht, Krebs, Diabetes und andere Krankheiten auszulösen. Das Bundesamt für Gesundheit vertrat bisher im Einklang mit der Weltgesundheitsorganisation die Meinung, dass kein Risiko besteht. Umweltorganisationen warnen dagegen vor der Substanz.
  • PHARMAINDUSTRIE: Der Bundesrat muss einen Masterplan zum Erhalt und zur Stärkung des Standorts Schweiz für Forschung, Entwicklung und die Produktion der Biotech- und Pharmaindustrie vorlegen. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion aus dem Ständerat zugestimmt. Die Motionärin hatte mit der grossen Bedeutung der biomedizinischen Forschung und Industrie für die Volkswirtschaft argumentiert. Allein die Pharma sei für einen Drittel der Schweizer Exporte verantwortlich.
  • RÄTOROMANISCH: Der Bundesrat muss sich in Zusammenarbeit mit den Kantonen für den Erhalt und die Förderung der rätoromanischen Sprache und Kultur einsetzen. Insbesondere soll an Universitäten ein Hochschulbilungsangebot in rätoromanischer Sprach- und Literaturwissenschaft gewährleistet sein. Der Nationalrat hat eine Motion aus dem Ständerat an den Bundesrat überwiesen. Der Bundesrat stellte sich nicht gegen den Auftrag.

Der Ständerat in Kürze

Der Ständerat will wie Bundesrat und Nationalrat die flankierenden Massnahmen zum freien Personenverkehr mit der EU verschärfen. Erst in einer separaten Vorlage soll nach der Sommerpause entschieden werden, ob Unternehmer für die Arbeitsbedingungen ihrer Subunternehmer haften. Er hat sich wie schon der Nationalrat gegen die Solidarhaftung ausgesprochen. Dabei ging er einen Schritt weiter und lehnte die Solidarhaftung auch für Auftragnehmer im öffentlichen Beschaffungswesen ab. Ansonsten sprach sich der Ständerat wie der Erstrat dafür aus, zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit eine Dokumentationspflicht für ausländische Dienstleistungserbringer sowie diverse Sanktionsmöglichkeiten für fehlbare Anbieter einzuführen. Die Vorlage hiess er am Mittwoch einstimmig und ohne Enthaltung gut. Sie geht nun mit minimen Differenzen zurück in den Nationalrat.

  • ZERSIEDELUNG: Bei der Revision des Raumplanungsgesetzes, mit der Bundesrat und Parlament die Landschaftsinitiative bekämpfen wollen, verbleibt nach der letzten Beratung durch den Ständerat am Mittwoch noch eine Differenz. Diese dürfte bereits am Donnerstag im Nationalrat ausgeräumt werden. Der Ständerat lenkte ein, auf einen Teil der beschlossenen Mehrwertabschöpfung zu verzichten. Nutzniesser der Bestimmung sollen Landwirte sein, die nach dem Verkauf eines neu eingezonten Grundstücks in ein neues Landwirtschaftsgebäude investieren wollen, das sie selber nutzen. Der Ständerat stimmte einem entsprechenden Einzelantrag von Ständerat Roland Eberle (SVP/TG) zu.
  • ARBEITSMARKT: Die Schweiz soll nach Ansicht des Ständerats das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Beschäftigungspolitik ratifizieren. Er hat den Vorschlag des Bundesrats einstimmig und ohne Enthaltungen gutgeheissen, das Abkommen aus dem Jahr 1964 zu ratifizieren. Gemäss Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann braucht es in der Schweiz zur Ratifikation keine neuen Gesetze. Die Sozialpartner unterstützten den Beschluss.
  • ZIVILDIENST: Wer in der Pflege Zivildienst leistet, soll künftig länger ausgebildet werden. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat an den Bundesrat überwiesen, wonach die Ausbildung von Zivildienstleistenden im Sozial- und Gesundheitswesen künftig mindestens zwei und höchstens vier Wochen dauern soll. Heute dauert der Ausbildungskurs in Pflege und Betreuung eine Woche. Die Räte versprechen sich von einer Verlängerung einen grösseren Nutzen der Zivildiensteinsätze.
  • ZWEITWOHNUNGSINITIATIVE: Vertreter der Gebirgskantone haben die Ständeratsdebatte über eine Motion zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative genutzt, um ihren Unmut über das Volksbegehren und das Vorgehen von Bundesrätin Doris Leuthard auszudrücken. Sie habe mit ihrer Empfehlung, Baugesuche zu sistieren, bei den betroffenen Gemeinden und Kantonen für grosse Verunsicherung gesorgt. Die Raumplanungsministerin selber wies die Kritik zurück und betonte, dass die Gemeinden erhebliche Risiken eingingen, die trotz der mangelnden Rechtssicherheit nun Baubewilligungen aufgrund des alten Rechts erteilten. Die Motion selber, die stillschweigend gutgeheissen wurde, stiess beim Bundesrat offene Türen ein. Sie verlangt eine Verordnung, in der die offenen Fragen geklärt werden. Der Bundesrat schickte letzte Woche einen entsprechenden Entwurf bereits in die Vernehmlassung.
  • SCHWÄCHEANFALL: Der Urner Ständerat Markus Stadler ist am Mittwochmorgen nach einem Schwächeanfall ins Spital eingeliefert worden. Dies gab Ständeratspräsident Hans Altherr bekannt. Stadler habe im Vorzimmer des Ständeratssaals einen Schwächeanfall erlitten. Er sei sofort medizinisch betreut worden. Seine Situation sei stabil und im Grunde genommen unauffällig. Dennoch sei er zur Sicherheit ins Spital überführt worden, um dort die nötigen medizinischen Abklärungen vorzunehmen, sagte Altherr und wünschte dem 63-jährigen Grünliberalen im Namen des Rats gute Besserung.
  • GEOTHERMIE: Der Ständerat hat zwei Motionen von Felix Gutzwiller (FDP/ZH) zur Förderung der Geothermie an den Bundesrat überwiesen. Zuvor hatte die kleine Kammer die letzten Differenzen zum Nationalrat ausgeräumt. Die eine Motion will bessere Voraussetzungen für Investitionen in Geothermie-Projekte, die andere verlangt vom Bundesrat ein Programm zur schweizweiten geologischen Erkundung des Untergrunds im Hinblick auf geothermische Bohrungen. Energieministerin Doris Leuthard warnte wie bereits im März im Nationalrat vergeblich vor Milliardenkosten für das Programm. Der Rat nahm die Motion mit 27 zu 4 Stimmen an.
  • PUMPSPEICHERWERKE: Der Bundesrat muss mit den Kantonen die gesetzlichen Voraussetzungen für den weiteren Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken fördern. Der Ständerat hat mit 27 zu 4 Stimmen eine Motion von alt Ständerat Rolf Büttiker (FDP/SO) an die Regierung überwiesen. Der Bundesrat hatte die Ablehnung beantragt. Energieministerin Doris Leuthard begründete dies unter anderem damit, dass das in der Motion geforderte Mittel des Sachplans nicht angebracht sei.
  • WINDENERGIE: Der Bund soll mit den Kantonen dafür sorgen, dass geeignete Gebiete für die Windenergienutzung in den kantonalen Richtplänen ausgeschieden werden. Stillschweigend hat der Ständerat eine Motion der nationalrätlichen Umwelt- und Energiekommission an den Nationalrat zurückgeschickt, nachdem er formaljuristische Änderungen angebracht hatte. Ziel des Vorstosses ist die Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens.
  • WASSERKRAFT: Innert Jahresfrist soll der Bundesrat in Zusammenarbeit mit den Kantonen eine gesamtschweizerische Erhebung der Potenziale der Wasserkraftnutzung erarbeiten. Der Ständerat nahm den entsprechenden Punkt einer Motion von Ständerat Werner Luginbühl (BDP/BE) mit 25 zu 7 Stimmen an. Er strich jedoch drei weitere Punkte, die unter anderem Ausbauziele festlegen und den Kantonen bei der Unterschutzstellung von Gebieten Vorschriften machen wollten. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
  • BIOGAS: Die CO2-Abgabe auf importiertem Biogas soll gestrichen werden. Dies verlangt Urs Schwaller (CVP/FR) in einer Motion, die vom Ständerat mit 24 zu 4 Stimmen angenommen wurde. Der Bundesrat soll die notwendigen Grundlagen dafür schaffen. Nun muss sich der Nationalrat mit dem Vorstoss befassen.
  • GEBÄUDEINVESTITIONEN: Wer zwecks Nutzung respektive Erzeugung erneuerbarer Energien in Gebäudesanierungen investiert, soll keine weiteren Abgaben oder Gebühren wie Abwasser- oder Abfallgebühren zahlen müssen. Dies fordert Ständerat Hans Hess (FDP/OW) in einer Motion. Der Ständerat hat sie mit 13 zu 9 Stimmen angenommen, obwohl sie Energieministerin Doris Leuthard als verfassungswidrig bezeichnet hatte. Leuthard argumentierte unter anderem damit, dass es sich ausschliesslich um kommunale und kantonale Gebühren handle.
  • ATOMDEBATTE: Der Ständerat hat zwei kantonale Initiativen zur Atomenergie stillschweigend abgelehnt. Beide gehen nun an den Nationalrat. Der Kanton Bern verlangt von der Bundesversammlung, das Problem der Entsorgung von radioaktiven Abfällen "umgehend zu lösen". Und der Kanton Basel-Stadt verlangt von National- und Ständerat, "alle denkbaren Schritte" zu unternehmen, die zur Stilllegung des AKW Fessenheim in Frankreich unweit der Schweizer Grenze führen. Mehrere Votanten äusserten die Hoffnung, dass Fessenheim mit dem neuen französischen Präsidenten François Hollande ohnehin nicht mehr lange am Netz bleiben dürfte.
  • MIKROVERUNREINIGUNGEN: Der Bundesrat soll untersuchen, welche Massnahmen bisher getroffen wurden, um Mikroverunreinigungen im Wasser aN der Quelle zu verringern. Zudem soll er zusätzliche Möglichkeiten aufzeigen. Dies fordert Ständerat Claude Hêche (SP/JU) in einem Postulat, das auch beim Bundesrat Zustimmung fand. Der Ständerat überwies es stillschweigend an den Bundesrat.

 

Der Dienstag, 29. Mai 2012 im Parlament

Der Nationalrat in Kürze

Der Nationalrat befürwortet schärfere flankierende Massnahmen zum freien Personenverkehr mit der EU. Er hat den entsprechenden Vorschlägen des Bundesrats - etwa gegen die Scheinselbständigkeit oder gegen Verstösse gegen zwingende Lohn- und Arbeitsbedingungen - am Dienstag mit grossem Mehr zugestimmt. Die grosse Kammer will die Schraube aber nicht zu stark anziehen und lehnte eine umfassende Solidarhaftung mit 94 zu 86 Stimmen bei 6 Enthaltungen ab. Gleichzeitig sprach sich der Nationalrat dafür aus, dass im öffentlichen Beschaffungswesen, Anbieter dafür verantwortlich sind, dass von ihnen engagierte Subunternehmen die hiesigen Arbeitsbedingungen einhalten. Kommissionssprecher Christophe Darbellay sprach im Anschluss an die Debatte von einem "inkohärenten Entscheid". Bereits am Mittwoch gelangt das Geschäft in den Ständerat. Dessen Kommission steht der Solidarhaftung skeptisch gegenüber und empfiehlt, die Frage in einer separaten Vorlage zu regeln. Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann versprach dazu, den Kommissionen im Sommer Vorschläge zu unterbreiten.

  • DELFIN-IMPORTVERBOT: In die Schweiz dürfen keine Delfine mehr eingeführt werden. Der Nationalrat ist auf die Linie des Ständerates eingeschwenkt und hat vom strengeren Haltungsverbot abgesehen. Damit hat das Parlament eine "Lex Connyland" geschaffen. Der Entscheid fiel mit 99 zu 72 Stimmen bei 8 Enthaltungen. Für ein Halteverbot, wie es der Nationalrat zuvor gewollt hatte, machte sich niemand mehr stark. Zur Debatte stand hingegen eine verschärfte Bewilligungspraxis für die Haltung von Delfinen und Walen. Diese war von den Verbotsgegnern um Kathy Riklin (CVP/ZH) ins Spiel gebracht worden. Ob der Freizeitpark Connyland das Referendum ergreift ist noch unklar. Ohne Partner fehlten die finanziellen Mittel, sagte Connyland-Geschäftsführer Erich Brandenberger auf Anfrage.
  • ROBBENJAGD: Der Nationalrat will den Import von Robbenprodukten verbieten. Er hat eine entsprechende Motion von SVP-Nationalrat Oskar Freysinger (VS) mit 132 zu 28 Stimmen gutgeheissen. Ausgenommen vom Einfuhrverbot wären Produkte, die aus der traditionellen Jagd von Urvölkern. Kommissionsprecherin Chantal Galladé (SP/ZH) wies darauf hin, dass die Schweiz nach dem EU-Importverbot zur Handelsdrehscheibe für Robbenprodukte wie Felle, Häute oder Öle werden könnte. Das Geschäft geht nun in den Ständerat. Dieser hatte das gleiche Anliegen vor knapp zwei Jahren abgelehnt. Das erneute Vorbringen eines Importverbotes begründete Motionär Freysinger unter anderem mit einer Petition von Umweltschützer Franz Weber und der Tierschutzorganisation OceanCare
  • TITELSCHUTZ: Weiterbildungsmaster-Titel wie MAS oder EMBA von Fachhochschulen sollen eidgenössisch anerkannt bleiben. Der Nationalrat hat eine Motion aus dem Ständerat mit dieser Forderung mit 142 zu 16 Stimmen bei 4 Enthaltungen gutgeheissen. Der Bundesrat hält die heutige eidgenössische Anerkennung für Titel wie Master of Advanced Studies (MAS) oder Executive Master of Business Administration (EMBA) für verwirrend, weil der Bund die Titel nicht prüft. Deshalb sollen die Anerkennung und der Titelschutz ab Anfang 2013 wegfallen. Nach dem Ständerat lehnt sich nun auch der Nationalrat gegen dieses Ansinnen auf. Die Verwirrung werde so nur noch grösser.
  • CYBERKRIMINALITÄT: Mit 117 zu 48 Stimmen hat der Nationalrat eine parlamentarische Initiative zur Cyberkriminalität abgelehnt. Alt Nationalrat Norbert Hochreutener (CVP/BE) hatte verlangt, dass Hostingprovider zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie die Nutzung deliktischer Informationen wider besseres Wissen nicht unterlassen. Der Nationalrat folgte nun seiner Rechtskommission. Diese hatte die Initiative zunächst angenommen, ist nach dem Nein der ständerätlichen Schwesterkommission aber nochmals darauf zurückgekommen. Laut den Kommissionssprechern sind inzwischen verschiedene Massnahmen ergriffen worden, welche die Initiative überflüssig machen. So seien etwa die Ressourcen beim Bundesamt für Polizei (fedpol) erhöht und das Fernmeldegesetz ergänzt worden. Zudem sei die internationale Zusammenarbeit verbessert worden.
  • VEREIDIGUNG: Zum Auftakt der Sommersession der eidgenössischen Räte hat die SP-Politikerin Ursula Scheider Schüttel ihr Gelübde als Nationalrätin abgelegt. Die Deutschfreiburgerin rutschte für SP-Präsident Christian Levrat nach, der im März in den Ständerat gewählt wurde. Die 50-jährige Anwältin hatte bei den Wahlen vom vergangenen Herbst den ersten Ersatzplatz auf der SP-Liste belegt. Schneider Schüttel ist Vize-Stadtpräsidentin von Murten und Ersatzrichterin am Freiburger Kantonsgericht. Bis vor kurzem war sie auch Mitglied im Freiburger Kantonsparlament.

Der Ständerat in Kürze

Die Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich haben eine weitere Hürde genommen: Der Ständerat hat den Abkommen am Dienstagabend deutlich zugestimmt. Am Mittwoch dürfte auch der Nationalrat Ja sagen. Zwar stellen sich die Fraktionen der SVP und der SP gegen die Abkommen. Damit es im Nationalrat für ein Nein reicht, müssten die beiden Fraktionen aber praktisch geschlossen stimmen. Die SP-Fraktion wird dies aller Voraussicht nach nicht tun, sie ist gespalten. Im Ständerat hatten die Abkommen nur eine Handvoll Gegner. Die Mehrheit sieht in der Abgeltungssteuer eine pragmatische Lösung, um die Steuerbehörden der betroffenen Länder zufrieden zu stellen, ohne das Bankgeheimnis aufzugeben.

  • GRUPPENANFRAGEN: Der Ständerat will im Gegensatz zum Nationalrat Gruppenanfragen in Amtshilfeverfahren zulassen. Diskussionslos hat er die Formulierung "im Einzelfall" aus dem Steueramtshilfegesetz gestrichen. Das Gesetz als Ganzes nahm er ohne Gegenstimme an. Die Wirtschaftskommission hatte der kleinen Kammer beantragt, Gruppenanfragen zu erlauben. Kommissionspräsident Konrad Graber argumentierte mit dem OECD-Standard, welcher diese Anfragen künftig ohnehin zulassen wird. Auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf verwies auf diese Tatsache. Nach dem Willen des Ständerats soll die Schweiz also künftig auch dann Steueramtshilfe leisten, wenn sich die Anfrage auf eine Gruppe von nicht einzeln identifizierten Personen bezieht und der Verdacht auf einem bestimmten Verhaltensmuster gründet.
  • QUELLENSTEUERGESETZ: Der Ständerat hat das Gesetz über die internationale Quellenbesteuerung genehmigt, das den Vollzug der Steuerabkommen in der Schweiz regelt. Er folgte seiner Kommission und brachte eine Präzisierung an: Im Gesetz soll verankert werden, dass ausländische Behörden in der Schweiz keine Prüfungen vornehmen dürfen.
  • DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN: Der Ständerat hat diskussionslos vier Doppelbesteuerungsabkommen genehmigt. Es handelt sich um die Abkommen mit Spanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Hongkong und Russland. Die kleine Kammer hiess die Abkommen einstimmig gut. Diese sind damit bereit für die Schlussabstimmung am Ende der Session. Seit der Bundesrat 2009 beschloss, den OECD-Standard zu übernehmen und nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung Amtshilfe zu leisten, hat die Schweiz zahlreiche neue Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen und bestehende angepasst.
  • VEREIDIGUNG: SP-Präsident Christian Levrat ist am ersten Sessionstag als neuer Ständerat vereidigt worden. Er ersetzt im Stöckli Alain Berset, der im Dezember als Nachfolger von Micheline Calmy-Rey in den Bundesrat gewählt wurde. Der 41-jährige Freiburger Levrat vertrat die Sozialdemokraten von 2003 bis zur letzten Session im Nationalrat. Seit 2008 ist er Präsident der SP Schweiz.

 

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