Der Nationalrat und der Ständerat in Kürze

(sda)  SCHLUSSABSTIMMUNGEN: Mit den Schlussabstimmungen zu 17 Vorlagen haben die Eidgenössischen Räte am Freitag die Sommersession abgeschlossen. Parlamentarisch unter Dach und Fach kamen unter anderem die Unternehmenssteuerreform III, die Ermächtigung an den Bundesrat, die Personenfreizügigkeit auf Kroatien auszudehnen oder eine Änderung des Adoptionsrechts, die Homosexuellen erlaubt, die Kinder ihrer Partner zu adoptieren.

BREXIT: Nationalratspräsidentin Christa Markwalder (FDP/BE) und Ständeratspräsident Raphaël Comte (FDP/NE) haben ihr Beileid zum Tod der britischen Labour-Parlamentarierin Jo Cox ausgedrückt. Die brutale Tötung sei ein Angriff auf unsere Gesellschaft und deren Werte, sagte Markwalder. Laut Comte zeigt die Tat, dass man auch heute noch für seine Ideen oder wegen dieser sterben könne. Die Tragödie müsse die Bedeutung der Demokratie und des Respekts unterschiedlicher Meinungen ins Bewusstsein rufen, sagte er.

STEUERN: Der Startschuss zur Unternehmenssteuerreform III ist gefallen. Vor der Schlussabstimmung geisselte SP-Fraktionschef Roger Nordmann (VD) die Vorlage als "ungerecht, unsozial und verantwortungslos". Sie werde zu einem "Massaker am Service public" und höheren Steuern für natürliche Personen führen. Ins gleiche Horn stiessen die Grünen, die das Referendum der SP unterstützen. Die bürgerlichen Fraktionssprecher hingegen sehen in der Unternehmenssteuerreform III einen Kompromiss, dank dem zehntausende Arbeitsplätze gerettet werden können. In ihren Augen ist nicht die Reform, sondern das Referendum dagegen verantwortungslos.

PARLAMENTARISCHE ARBEIT: Der Nationalrat will nichts wissen von einer Ausstandspflicht bei Kommissionssitzungen, wenn das persönliche Einkommen unmittelbar betroffen ist. Er hat eine parlamentarische Initiative aus den Reihen der GLP mit 118 zu 64 Stimmen bei 12 Enthaltungen verworfen. Kathrin Bertschy (GLP/BE) ist es ein Dorn im Auge, wenn Parlamentarier sich in Kommissionen einwechseln lassen, um dort ihre Eigeninteressen einzubringen. Sie wollte deshalb, dass Parlamentarier ab wirtschaftlichen Eigeninteressen von 30'000 Franken bei Kommissionsberatungen in Ausstand treten. Der Nationalrat erachtet es jedoch als zu schwierig, Regeln zu definieren, welche wirklich alle Ratsmitglieder erfassen.

UBER: Der Nationalrat will Taxifahrer im Konkurrenzkampf gegen Dienste wie Uber stärken. Er hat stillschweigend eine Motion angenommen, die verlangt, dass berufsmässige Personentransporte dem Strassenverkehrsgesetz und dem Arbeitsgesetz unterstellt werden. Heute gilt für Taxifahrer eine spezielle Verordnung, welche die Arbeits- und Ruhezeit regelt. Nach Ansicht von Philippe Nantermod (FDP/VS), der die Motion eingereicht hatte, führt das zu einem verzerrten Wettbewerb zulasten der Taxis. Der Bundesrat sah dies ebenso und erklärte sich bereit, den Auftrag entgegenzunehmen.

PROSTITUTION: Es ist weiterhin an den Gerichten zu entscheiden, ob Prostituierte ihren Lohn vor Gericht einfordern können oder ob das nicht möglich ist, weil Prostitution sittenwidrig ist. Nach dem Ständerat hat es auch der Nationalrat abgelehnt, neue Regeln zu erlassen. Er hat eine Standesinitiative des Kantons Bern stillschweigend abgeschrieben. Dieser hatte vom Bund eine gesetzliche Bestimmung verlangt, die sicherstellt, dass der Vertrag zur Erbringung sexueller Handlungen gegen Entgelt rechtsgültig ist. Die Räte sind aber mehrheitlich der Auffassung, dass die Gerichte diese Frage regeln sollen.

SCHULDEN: Der Nationalrat will den Staat nicht bevorzugen gegenüber anderen Gläubigerinnen und Gläubigern. Er hat eine parlamentarische Initiative des Genfers Roger Golay (MCG) abgelehnt, die überwiesene Steuerraten für unpfändbar erklären wollte. Golay wollte damit den Teufelskreis der Verschuldung durchbrechen. Bei einer Pfändung könnten Schuldnerinnen und Schuldner den Steuerzahlungen nicht nachkommen und müssten sich daher noch weiter verschulden, erklärte er. Die Mehrheit war jedoch nicht bereit, den Grundsatz der Gleichheit der Gläubiger zu durchbrechen und sprach sich gegen die Initiative aus.

PETITIONEN: Der Nationalrat will den Hitlergruss nicht ausdrücklich unter Strafe stellen. Er hat eine Petition mit dieser Forderung abgelehnt. Stillschweigend verwarf er sechs weitere Petitionen. Mit einer davon hatte eine Berner Schulklasse ein gesetzliches Verbot von Ohrfeigen verlangt. Weitere Petitionen betrafen den Schutz der Schweizer Grenze oder besseren Schutz vor Stalking.

 

Das Parlament verabschiedet 17 Vorlagen

(sda) Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Sommersession abgeschlossen. 17 Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach:

mit 139 zu 55 Stimmen bei 2 Enthaltungen (Nationalrat) und 29 zu 10 Stimmen bei 4 Enthaltungen (Ständerat) das Unternehmenssteuerreformgesetz III, das international nicht mehr akzeptierte Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen durch andere Vergünstigungen ersetzt;

mit 128 zu 62 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 40 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen der Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Protokolls zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien;

mit 125 zu 68 Stimmen bei 3 Enthaltungen und 32 zu 5 Stimmen bei 7 Enthaltungen Änderungen des Adoptionsrechts, die Homosexuellen ermöglichen, Kinder ihrer Partner zu adoptieren, und das Mindestalter für die Adoption senken;

mit 127 zu 69 Stimmen und 42 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen eine Änderung des Zinsbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und der EU, mit welcher der automatische Informationsaustausch in Steuersachen zwischen der Schweiz und der EU ermöglicht wird;

mit 147 zu 48 Stimmen und 43 zu 1 Stimmen Änderungen des Strafregistergesetzes, mit welchen der Zugang zum Strafregister neu geregelt wird;

mit 191 zu 1 Stimme und 33 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen die Verlängerung des Zulassungsstopps für Ärztinnen und Ärzte im Krankenversicherungsgesetz;

mit 130 zu 65 Stimmen bei 1 Enthaltung und 41 zu 3 Stimmen das Innosuisse-Gesetz, mit dem die Kommission für Technologie und Innovation in die öffentlich-Rechtliche Agentur Innosuisse umgewandelt wird;

mit 194 zu 0 Stimmen und 44 zu 0 Stimmen eine Änderung des Militärstrafprozesses, die Opfern und Angehörigen ermöglicht, als Privatkläger aufzutreten;

mit 195 zu 0 Stimmen und 40 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen Änderungen des Landesversorgungsgesetzes, die den Behörden ermöglichen sollen, bei Mangellagen rascher einzugreifen;

mit 196 zu 0 Stimmen und 44 zu 0 Stimmen Änderungen des Arbeitszeitgesetzes, mit welchen die Pausen- und Ruhetagsregelungen für Angestellte im öffentlichen Verkehr flexibilisiert werden;

eine Reihe von Abkommen zum Informationsaustausch in Steuersachen:

mit 129 zu 62 Stimmen bei 5 Enthaltungen und 42 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen das Abkommen zwischen der Schweiz und Belize über den Informationsaustausch in Steuersachen;

mit 129 zu 60 Stimmen bei 6 Enthaltungen und 42 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen das Abkommen zwischen der Schweiz und Grenada über den Informationsaustausch in Steuersachen;

mit 131 zu 53 Stimmen bei 12 Enthaltungen und 43 zu 0 Stimmen das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Oman;

mit 157 zu 27 Stimmen bei 11 Enthaltungen und 44 zu 0 Stimmen das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein;

mit 154 zu 31 Stimmen bei 11 Enthaltungen und 44 zu 0 Stimmen das Bundesgesetz über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung;

mit 139 zu 39 Stimmen bei 18 Enthaltungen und 44 zu 0 Stimmen das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Norwegen;

mit 129 zu 57 Stimmen bei 10 Enthaltungen und 41 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Albanien.

Sämtliche Beschlüsse unterliegen dem fakultativen Referendum.