Freitag, 18. Dezember 2015
Der Nationalrat und Ständerat in Kürze
(sda) SCHLUSSABSTIMMUNGEN: Mit den Schlussabstimmungen zu 13 Vorlagen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die erste Session der neuen Legislatur abgeschlossen. Parlamentarisch unter Dach und Fach kamen 12 Vorlagen. Gescheitert ist die Vorlage für die definitive Verankerung des Ärztestopps im Gesetz. Der Nationalrat versenkte diese mit 97 zu 96 Stimmen bei 1 Enthaltung. Äusserst knapp durchgesetzt hat sich damit die neue Mehrheit von SVP und FDP. Bei einem Ja hätten die Kantone die Zulassung neuer Ärztinnen und Ärzte weiterhin vom Bedürfnis abhängig machen können. Das Nein bedeutet, dass das ab Mitte nächsten Jahres nicht mehr möglich ist.
- FINANZAUSGLEICH: Der Nationalrat will beim Kompromiss über die Beiträge in den Finanz- und Lastenausgleich NFA bleiben. Eine Petition, die eine Korrektur im Sinn des gescheiterten Referendums gegen die neue Festlegung des Ressourcenausgleichs verlangte, lehnte er mit 124 zu 50 Stimmen ab. Die Petitionäre hielten die höheren Beiträge der Geberkantone an den Finanzausgleich nicht für gerechtfertigt, da die Ziele des NFA in allen Kantonen erreicht worden seien. Mit Blick auf die Zahlungen des Kantons Schwyz befanden sie, dass die finanzielle Last für die Steuerzahler des Kantons untragbar geworden sei. Die Mehrheit der Finanzkommission sah aber keinen Bedarf zum Handeln: Die Räte hätten die in der Petition kritisierte Regelung als Kompromiss gutgeheissen.
- DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO: Der Nationalrat hat stillschweigend eine Petitionen von Auslandkongolesen abgelehnt. Die Organisation "Convention des Congolais de l'Etranger" hätte der Schweiz empfehlen wollen, sich für den Demokratischen Wandel in der Demokratischen Republik Kongo einzusetzen. Der Rat folgte mit der Ablehnung der Mehrheit seiner Aussenpolitischen Kommission. In deren Augen tut die Schweiz bereits ihr Möglichstes, um Demokratie und Sicherheit in der Demokratischen Republik Kongo zu unterstützen und zu stärken.
- FRISTVERLÄNGERUNGEN: Der Nationalrat hat die Frist für verschiedene parlamentarische Initiativen verlängert. Darunter ist ein Vorstoss für Massnahmen gegen Littering. Jacques Bourgeois (FDP/FR) schlägt vor, dass der Bundesrat Mindestbussen für das Liegenlassen von Abfällen festlegt. Der Nationalrat hat nun länger Zeit, sich mit der Frage zu befassen.
Donnerstag, 17. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) BUDGET 2016: Nach zwei Wochen harten Ringens um das Bundesbudget ist dieses unter Dach und Fach. Der Nationalrat ist am Donnerstag wie tags zuvor der Ständerat dem Antrag der Einigungskonferenz gefolgt. Nur das Portemonnaie der Bauern wird nächstes Jahr vom Sparhammer verschont. Das Parlament sprach in der ablaufenden Wintersession den Landwirten 92,8 Millionen Franken mehr Geld zu als der Bundesrat budgetiert hatte. Die Ausgaben für die Direktzahlungen (2,8 Milliarden Franken) sowie für die Exportsubventionen für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte gemäss "Schoggigesetz" (94,6 Millionen Franken) bleiben damit auf dem Niveau des laufenden Jahres. Für das nächste Jahr budgetiert das Parlament ein Defizit von 496 Millionen Franken, bei Einnahmen von 66,733 Milliarden Franken und Ausgaben von 67,229 Milliarden Franken. Mit den ausserordentlichen Einnahmen beläuft sich das Defizit auf 351 Millionen Franken. Die Vorgaben der Schuldenbremse werden jedoch eingehalten, der strukturelle Überschuss liegt bei 104 Millionen Franken.
- ALKOHOL: Wer sich ins Koma trinkt, soll die Kosten für die Notfallbehandlung im Spital nun doch nicht selber tragen müssen. Der Nationalrat hat eine Gesetzesänderung beerdigt, die er zunächst unterstützt hatte. Der Erlassentwurf geht auf eine parlamentarische Initiative von alt Nationalrat Toni Bortoluzzi (SVP/ZH) von 2010 zurück. Mit 97 zu 85 Stimmen und bei 11 Enthaltungen beschloss die grosse Kammer nach einer intensiven Debatte, die Initiative abzuschreiben. Die Gegenstimmen kamen vor allem von der SVP und der FDP. Die Mehrheit der Gesundheitskommission (SGK) hatte ihre Meinung geändert und beantragt, auf den Erlass zu verzichten. Sie beurteilte ihn als kaum umsetzbar. In einer Vernehmlassung war der Entwurf mehrheitlich auf Ablehnung gestossen. Auch der Bundesrat hatte Bedenken angemeldet.
- ALKOHOL: Das Parlament hat die Revision des Alkoholgesetzes nach jahrelangem Hin und Her abgeschrieben. Strittig gewesen war vor allem die steuerliche Entlastung von einheimischen Schnapsbrennern. Der Nationalrat beschloss die Abschreibung oppositionslos und folgte damit dem Ständerat. Fast drei Jahre lang hatten die Räte über die Vorlage gestritten ohne zu einem Abschluss zu kommen. Neben der Steuerentlastung konnten sie sich auch über ein Nachtverkaufsverbot nicht einigen. Die Wirtschaftskommissionen (WAK) beider Kammern beantragten angesichts der unversöhnlichen Positionen schliesslich, die Vorlage abzuschreiben.
- ABSCHIED: Mit herzlichem Applaus hat der Nationalrat Abschied genommen von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP). Bei der Abschreibung des umstrittenen Alkoholgesetzes hatte die Bundesrätin ihren letzten Auftritt im Parlament. Widmer-Schlumpf war sichtlich gerührt. Sie dankte dem Rat für die Zusammenarbeit bei Sachvorlagen über alle Fraktionen hinweg und wünschte den Ratsmitgliedern alles Gute und "gutes Gelingen für Kompromisse, die unser Land weiterbringen", wie sie sagte. Ihr Nachfolger im Finanzdepartement wird der heutige Verteidigungsminister Ueli Maurer (SVP).
- SIGNATUR: Firmen und Behörden sollen künftig mit neuen Formen der elektronischen Signatur arbeiten können. Der Nationalrat hat eine Gesetzesrevision gutgeheissen, welche den elektronischen Geschäftsverkehr vereinfachen soll. Heute steht die qualifizierte elektronische Signatur, welche der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist, nur natürlichen Personen offen. Künftig sollen auch juristische Personen mit geregelten Zertifikaten arbeiten können. Der Bundesrat will mit den Änderungen den Bedürfnissen von Wirtschaft und Verwaltung Rechnung tragen. Die neuen Verwendungen haben keine direkten Rechtswirkungen. Sie dienen lediglich dazu, den Herkunftsnachweis sowie die Integrität einer Mitteilung zu gewährleisten. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
- SCHWEIZ - EU I: Das Parlament will keinen Sonderstatus für das Tessin, um negative Auswirkungen der Personenfreizügigkeit in dieser Region abzufedern. Und wie zuvor der Ständerat lehnt es auch der Nationalrat ab, dass Kantone ihre Grenzgänger-Kontingente selbst festlegen können. Die grosse Kammer lehnte drei Standesinitiativen des Kantons Tessin oppositionslos ab. Sie folgte damit dem Ständerat. Dieser hatte den Bundesrat zuvor beauftragt, Massnahmen darzulegen, um die Sorgen und Anliegen des Kantons Tessin aufzunehmen. Mit dem neuen Grenzgängerabkommen dürften die Forderungen des Kantons grösstenteils erfüllt werden, heisst es im inzwischen vorliegenden Bericht.
- VERRECHNUNGSSTEUER: Gewisse Finanzinstrumente von Schweizer Banken sollen bis Ende 2021 von der Verrechnungssteuer befreit sein. Der Nationalrat hat eine Änderung des Verrechnungssteuergesetzes mit 182 zu 0 Stimmen gutgeheissen. Bereits von der Verrechnungssteuer befreit sind Pflichtwandelanleihen (CoCos) und Anleihen mit Forderungsverzicht (Write-off-Bonds). Die Ausnahmen sind derzeit bis Ende 2016 befristet. Nun sollen sie um fünf Jahre bis Ende 2021 verlängert werden. Neu werden auch Bail-in-Bonds befristet von der Verrechnungssteuer befreit. Die Vorlage geht an den Ständerat.
- KINDERBETREUUNG: Der Bund soll die Schaffung von Krippenplätzen nicht unbefristet unterstützen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine Standesinitiative des Kantons Solothurn abgelehnt. Die grosse Kammer sprach sich mit 98 zu 84 Stimmen bei 3 Enthaltungen dagegen aus. Das Impulsprogramm war 2003 ins Leben gerufen worden. Ursprünglich war es auf acht Jahre befristet. Inzwischen wurde es jedoch zweimal verlängert, zuletzt bis Januar 2019. Für eine unbefristete Anschubfinanzierung machte sich Stefan Müller-Altermatt (CVP/SO) stark. Das Parlament solle endlich Massnahmen beschliessen statt über die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den Fachkräftemangel zu jammern, forderte er. Dagegen stellte sich Christian Wasserfallen (FDP/BE). Dauerhafte Subventionen seien nicht sinnvoll, befand er. Stattdessen solle die unnötige "Krippenbürokratie" abgebaut werden.
- VERSICHERUNGEN: Der Nationalrat hat ein Abkommen mit Liechtenstein über die Elementarschadenversicherung gutgeheissen. Dieses soll die Rechtssicherheit und die Transparenz im grenzüberschreitenden Versicherungsgeschäft bei Schäden erhöhen, die durch Naturereignisse verursacht werden. Das Abkommen ergänzt das Direktversicherungsabkommen von 1996. Damit wird Liechtenstein in den sogenannten Solidaritätskreis aufgenommen, der im Rahmen der privat organisierten Elementarschadenversicherung dafür sorgt, dass vergleichbare Gefahren zu denselben Prämiensätzen versichert werden.
- PENSIONSKASSEN: Der Nationalrat will nichts ändern an den Anlagevorschriften für Vorsorgeeinrichtungen. Mit 111 zu 69 Stimmen bei 1 Enthaltung hat er eine Standesinitiative des Kantons Neuenburg abgelehnt. Diese möchte im Gesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge verankern, dass Immobilienanlagen bis zu 50 Prozent der Investitionen ausmachen können.
Der Ständerat in Kürze
(sda) GRUNDEINKOMMEN: Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ist im Parlament nicht mehrheitsfähig. Nach dem Nationalrat hat am Donnerstag auch der Ständerat die Initiative mit diesem Anliegen abgelehnt. Diese will den Zusammenhang von Arbeit und Einkommen aufbrechen, indem alle in der Schweiz lebenden Menschen unabhängig von einer Erwerbstätigkeit ein Grundeinkommen erhalten sollen. Zur Höhe äussert sich der Initiativtext nicht. Die Initianten halten für Erwachsene 2500 Franken pro Monat für angemessen und 625 Franken für jedes Kind. Die Kosten dafür würden sich auf rund 208 Milliarden Franken im Jahr belaufen. Während die Initiative im Nationalrat noch einige Stimmen von links erhalten hatte, stimmte im Ständerat kein Ratsmitglied dafür.
- SERVICE PUBLIC: Eine Mehrheit des Ständerats spricht dem Bundesrat das Vertrauen aus: Sie möchte den Service-public-Bericht nicht schon vor dessen Publikation in eine Richtung lenken und lehnt eine Motion ab, die "einen vollständigen Bericht ohne Tabus" forderte. Die nur rund zwanzigminütige Sonderdebatte zum medialen Service public in der kleinen Kammer verlief unaufgeregt. Der Ständerat sah im Gegensatz zur grossen Kammer keinen Anlass, die teilweise schon emotional geführte Debatte um die SRG vor der Publikation des Bundesratsberichts weiter zu befeuern. Mit 27 zu 12 Stimmen bei 2 Enthaltungen lehnte er eine Motion von Hannes Germann (SVP/SH) ab. Im Nationalrat war ein gleichlautender Vorstoss von Natalie Rickli (SVP/ZH) mit 92 zu 75 Stimmen angenommen worden. Das Anliegen ist nun vom Tisch.
- SPRACHEN: Der Sprachenstreit spitzt sich zu. Angesichts der wachsenden Zahl von Kantonen, die den Französischunterricht auf die eine oder andere Art infrage stellen, erwägt Innenminister Alain Berset eine Änderung des Sprachengesetzes. Derzeit werde geprüft, ob die Erziehungsdirektorenkonferenz dazu angehört werden solle, sagte er im Ständerat. Für den Bundesrat sei es wesentlich, dass auf Primarstufe eine zweite Landessprache unterrichtet werde. Der Bund werde rasch einschreiten, falls ein Kanton einen definitiven Entscheid fälle, der in eine andere Richtung gehe. Solche stehen in Glarus und Thurgau vor der Tür, in anderen Kantonen dürfte es zu Volksabstimmungen mit der Stossrichtung kommen.
- HILFSSTOFFE: Auf Medikamentenpackungen sollen künftig alle Hilfsstoffe deklariert werden, die häufig Allergien oder Intoleranzen auslösen, insbesondere Laktose. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion mit diesem Anliegen angenommen. Diese stammt von Ignazio Cassis (FDP/TI). Nach Ansicht des Mediziners würde eine Deklarationspflicht vielen Leuten das Leben erleichtern. Heute müssten sich Personen mit Intoleranzen oder Allergien mühsam durch die Liste der Inhaltsstoffe kämpfen. Im Ständerat stiess Cassis' Motion auf keinerlei Widerstand. Auch der Bundesrat erklärte sich bereit, die heute freiwillige Volldeklaration für Hilfsstoffe obligatorisch zu erklären.
- GESUNDHEITSWESEN: Das Parlament will vorerst nicht über eine einheitliche Finanzierung von stationären und ambulanten Spitalleistungen entscheiden. Der Ständerat hat die Beratungen über eine Motion der CVP sistiert, damit das Anliegen zusammen mit einem allfälligen Entwurf zu einer parlamentarischen Initiative von Ruth Humbel (CVP/AG) behandelt werden kann. Im Laufe des Jahres hatte das Parlament das Geschäft bereits auf Eis gelegt. Es will zuerst die Kantone zu dieser Frage anhören. Der Bundesrat befürwortet das Anliegen grundsätzlich. Die Kantone decken heute einen Teil der Kosten im stationären Bereich, während ambulante Behandlungen ausschliesslich über die obligatorische Krankenversicherung finanziert werden. Wegen des medizinischen Fortschritts werden aber immer mehr Behandlungen ambulant vorgenommen, für welche früher ein Spitalaufenthalt nötig war.
- IMPFSTOFFE: Das Parlament will, dass sich praktizierende Ärzte in der Schweiz nicht zugelassene Einzelimpfstoffe erleichtert in die Schweiz liefern lassen können. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion von Yvonne Gilli (Grüne/SG) gutgeheissen - mit 18 zu 16 Stimmen. Seit der Revision des Heilmittelgesetzes seien solche Einfuhren zwar möglich, aber kostenpflichtig, argumentierten die Befürworter des Vorstosses. Es gehe um Impfstoffe, die in der Schweiz nicht en masse bezogen würden und deshalb vom Markt genommen worden seien. Der Bundesrat lehnte das Ansinnen ab und verwies auf gerade mit Impfstoffen verbundene Risiken.
- PETITIONEN: Der Ständerat hat neun Petitionen diskussionslos abgelehnt. Unter anderem hatte eine Schulklasse darum ersucht, dass Ohrfeigen verboten werden. Ein Verein, der gegen Unrecht im Strafvollzug kämpft, verlangte, dass der Straf- und Massnahmenvollzug in den nächsten zehn Jahren nicht verschärft wird. Eine weitere Petition hatte ein Umbau des Massnahmensystems im Sinn. Die Rechtskommission hatte sämtliche Petitionen zur Ablehnung empfohlen.
Mittwoch, 16. Dezember 2015
Der Nationalrat und die Vereinigte Bundesversammlung in Kürze
(sda) ALTERSVORSORGE: Die Volksinitiative "AHVplus" des Gewerkschaftsbunds kommt mit einer Nein-Empfehlung von Parlament und Bundesrat an die Urne. Der Nationalrat debattierte am Mittwoch während rund fünf Stunden über das Volksbegehren und beschloss danach das Nein mit 131 zu 49 Stimmen. Die Volksinitiative "AHVplus - für eine starke AHV" ist als Druckmittel zu den Reformplänen des Bundesrats für die Altersvorsorge gedacht. Sie verlangt eine Erhöhung aller AHV-Renten um zehn Prozent. Wie diese Erhöhung finanziert wird, lässt der Initiativtext offen. Die Debatte mit fast 50 eingetragenen Rednerinnen und Rednern verlief entlang der bekannten Fronten. Die bürgerlichen Fraktionen lehnten die Initiative ab, SP und Grüne unterstützten sie.
- SERVICE PUBLIC: Eine Mehrheit des Nationalrats meldet für den Mitte 2016 in Aussicht gestellten Service-public-Bericht des Bundesrats mehrere Wünsche an. Sie verlangt ein kritischeres Vorgehen der Regierung und untermauert diese Forderung mit Annahme einer entsprechenden Motion. Die grosse Kammer erhält den Druck auf die SRG aufrecht. Während der gut einstündigen Sonderdebatte zum medialen Service public waren viele kritische Voten zu hören, vor allem von der SVP, die die ausserordentliche Session verlangt hatte. Muskeln zeigte die grosse Kammer bei der Abstimmung einer Motion von SVP-Nationalrätin Natalie Rickli. Diese will den Bundesrat beauftragen, alle hängigen medienpolitischen Vorstösse im Bericht aufzunehmen, welche bis zum Ende der Herbstsession 2015 eingereicht worden sind. Mit 92 zu 75 Stimmen bei 8 Enthaltungen hiess der Nationalrat den Vorstoss gut. Die Motion geht nun an den Ständerat, der am (morgigen) Donnerstag eine Sonderdebatte zum selben Thema führen wird.
- STRASSENVERKEHR I: Autofahrerinnen und Autofahrer sollen sich statt wie heute nach dem 70. erst nach dem 75. Geburtstag regelmässig einer ärztlichen Untersuchung unterziehen müssen. Der Nationalrat will die Altersgrenze anheben. Mit 97 zu 82 Stimmen gab er einer parlamentarischen Initiative von Maximilian Reimann (SVP/AG) Folge, gegen den Willen der Mehrheit der Verkehrskommission. Die Mehrheit war der Auffassung gewesen, dass die periodische vertrauensärztliche Kontrolluntersuchung einen wichtigen präventiven Beitrag leiste. Initiant Reimann dagegen sah darin eine Diskriminierung älterer Lenker. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
- STRASSENVERKEHR II: Der Nationalrat will dem Bundesrat weiterhin die Kompetenz geben, über Änderungen eines internationalen Vertrags entscheiden zu können, der Berufschauffeure betrifft. Er stimmte mit 152 Stimmen oppositionslos für eine Aufhebung einer geltenden Befristung. Die Kompetenz hat der Bundesrat bereits heute, doch ist das entsprechende Gesetz auf 15 Jahre befristet und läuft Ende Jahr aus. Es geht um das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigen Fahrpersonals (AETR). Dieses regelt grenzüberschreitend die Lenk- und Ruhezeitvorschriften für Berufschauffeure. Das Geschäft geht nun noch an den Ständerat.
- BUNDESGERICHT: Cynthia Christen (FDP) ist neue nebenamtliche Richterin am Bundesgericht. Die Vereinigte Bundesversammlung wählte die 1979 geborene französischsprachige Walliserin mit 189 von 190 gültigen Stimmen für den Rest der Amtszeit 2015-2020. Laut Gerichtskommission ist die FDP am Bundesgericht untervertreten. Christen ist Nachfolgerin von Stephen Berti, der im April im Amt verstorben ist. Die selbständige Anwältin ist seit 2014 in Teilzeit Gerichtsschreiberin am Waadtländer Kantonsgericht. Sie präsidiert die Rekurskommission der Interkantonalen Zertifizierungsstelle GmbH, dem Kontroll-und Zertifizierungsorgan für AOP- und IGP-Produkte.
- MILITÄRJUSTIZ: Die Vereinigte Bundesversammlung hat das Militärkassationsgericht für die Amtsdauer 2016-2019 neu gewählt. Als neuer Richter wurde Oberst Laurent Schneuwly mit allen 190 gültigen Stimmen gewählt. Als neuen Ersatzrichter wählte die Bundesversammlung den Tessiner Mattia Pontarolo. Auch er erhielt alle 190 gültigen Stimmen. Wiedergewählt wurden Gerichtspräsident Theo Bopp (SVP), die drei Richter Paul Tschümperlin (CVP), André Jomini (FDP) und Michael Beusch (SP) sowie die drei Ersatzrichter Nicolas von Werdt (SVP), Olivier Derivaz (SP) und Beat Hirt (FDP).
Der Ständerat in Kürze
(sda) ALKOHOL: Der Ständerat hat am Mittwoch beschlossen, die Revision des Alkoholgesetzes abzuschreiben. Er hat die Hoffnung aufgegeben, dass die jahrelangen Arbeiten jemals zu einem befriedigenden Ergebnis führen werden. Die Räte hatten vor allem über die steuerliche Entlastung einheimischer Schnapsbrenner gestritten sowie über ein Nachtverkaufsverbot für Alkohol. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf begrüsste die "schickliche Beerdigung". Sie versprach, dass der Bundesrat die nicht umstrittenen Elemente den Räten rasch wieder vorlegen werde. Es handelt sich um die Liberalisierung des Ethanol- und Spirituosenmarkts und die Privatisierung von Alcosuisse. Widmer-Schlumpf wird das Geschäft allerdings nicht mehr vertreten. Die Abschreibung war ihr letzter Auftritt im Ständerat.
- BUDGET: Beim Voranschlag 2016 hat der Ständerat dem Antrag der Einigungskonferenz zugestimmt. Dieser sieht die Aufstockung der Exportsubventionen für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte gemäss "Schoggigesetz" um 26,7 Millionen Franken vor. Die Direktzahlungen für die Bauern hatten die Räte schon im Lauf der Debatte um 61,1 Millionen Franken erhöht. Eine Kompensation dieser Mehrausgaben durch Querschnittkürzungen in der Verwaltung über 125 Millionen Franken lehnte der Ständerat gemäss Antrag der Einigungskonferenz ab. Nun ist der Nationalrat am Zug. Bei Uneinigkeit gilt jeweils der tiefere Betrag. In der Version der Einigungskonferenz würde das Defizit im Budget 497 Millionen Franken betragen.
- BERGTOURISMUS: Pistenfahrzeuge sollen teilweise von der Mineralölsteuer befreit werden. Der Ständerat ist auf eine entsprechende Gesetzesvorlage eingetreten, gegen den Willen seiner Kommission. Bevor der Rat über die Details befinden kann, muss die Kommission diese nun beraten. Sie hatte die Vorlage versenken wollen, weil sie zum Schluss gekommen war, dass die Sonderbehandlung nicht zu rechtfertigen sei und zu Abgrenzungsproblemen führen würde. Auch zur Tourismusförderung taugt die Massnahme aus Sicht der Kommission nicht. Würde die Erleichterung für die Pistenfahrzeuge an die Konsumenten weitergegeben, würde der Preis einer Tageskarte von 58 Franken um gerade mal 54 Rappen sinken, stellte Kommissionssprecher Konrad Graber (CVP/LU) fest. Die Mehrheit im Rat befand jedoch, die Entlastung sei für den Bergtourismus wichtig.
- GRENZWACHTKORPS: Das Grenzwachtkorps soll aufgestockt werden. Der Ständerat hat ein weiteres Signal gesendet und zwei gleichlautende Standesinitiativen aus Basel-Stadt und Basel-Landschaft angenommen. Das Anliegen war in der kleinen Kammer zwar unbestritten. Die vorberatende Kommission hatte sich aber dagegen ausgesprochen, weil es sich aus ihrer Sicht um blosse Symbolpolitik handelt. Alex Kuprecht (SVP/SZ) erinnerte im Namen der Kommission daran, dass das Parlament bereits eine Motion des Tessiner CVP-Nationalrats Marco Romano angenommen hat, welche eine Aufstockung des Grenzwachtkorps (GWK) verlangt. Der Bundesrat habe den Handlungsbedarf erkannt, sagte Kuprecht. In den letzten Jahren sei das GWK um über 80 Stellen aufgestockt worden. Im Sommer habe der Bundesrat weitere 48 Stellen genehmigt. Bis 2017 würden insgesamt gegen 130 Stellen neu geschaffen. Die Mehrheit im Rat befand jedoch, das Parlament müsse nachdoppeln.
- HELIKOPTER: Der Bundesrat muss prüfen, ob die Schweiz allwettertaugliche Grossraumhelikopter für Armeeeinsätze im In- und Ausland kaufen sollte. Der Ständerat hat mit 26 zu 14 Stimmen bei 3 Enthaltungen ein entsprechendes Postulat angenommen. Für die Transporthelikopter machte sich Joachim Eder (FDP/ZG) stark. Lufttransporte würden zunehmend zu einem Schlüsselfaktor für die Armee, sagte er. Die Superpuma seien nicht unter allen Bedingungen einsetzbar. Der Bundesrat hatte sich dagegen gestellt. Das Verteidigungs- und das Aussendepartement hätten den Kauf solcher Helikopter bereits geprüft, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer. "Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir uns das nicht leisten können." Ein Ja zum Postulat wäre ein Auftrag an die Verwaltung für eine Schreibübung, sagte der künftige Finanzminister. "Und wir sollten ja sparen."
- RÜSTUNG: Der Ständerat will die Einfuhr von Rüstungsmaterial aus kriegführenden Ländern nicht einschränken. Er hat eine Motion von Roberto Zanetti (SP/SO) abgelehnt. Dieser erinnerte an die Diskussionen, die der Kauf von sechs Aufklärungsdrohnen aus Israel in der Sicherheitspolitischen Kommission ausgelöst hatte. Mehrere Kommissionsmitglieder hätten Bedenken geäussert. Im privaten Bereich würde man keine Waren von einem "Schelm" beziehen, sagte Zanetti. In kriegführende Länder liefere die Schweiz kein Rüstungsmaterial, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer. Der Import aus solchen Ländern hingegen sei aus neutralitätspolitischen nur dann unzulässig, wenn der Kauf einen erheblichen Beitrag zur Erhaltung der Rüstungsindustrie in diesem Staat leisten würde.
- ARMEEEINSATZ: Der Ständerat hat Kenntnis genommen vom Bericht des Bundesrates zu einem Armeeeinsatz im vergangenen Sommer. Die Armee hatte die Kantone Waadt und Freiburg bei der Wasserversorgung von Nutztieren auf Alpweiden unterstützt. Weil die Unterstützung länger als drei Wochen dauerte, musste der Bundesrat dem Parlament Bericht erstatten. Während der Assistenzdiensteinsätze leistete die Armee 1216 Manntage und flog in 318 Flugstunden mit gleichzeitig zwei bis vier Transporthelikoptern rund 2220 Kubikmeter Wasser in die Gebiete. Die Armee entnahm dabei auch Wasser in Frankreich. Es habe sich um ein Missverständnis gehandelt, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer. Die Sache habe mit einigen Flaschen Wein bereinigt werden können. Die Beziehungen hätten sich dadurch nicht verschlechtert, sondern sogar verbessert.
- ARMEEBUDGET: Die Armeeausgaben sollen nicht markant steigen. Der Ständerat hat eine Standesinitiative des Kantons Bern diskussionlos abgelehnt. Der Kanton verlangt, dass die Militärausgaben des Bundes auf mindestens 1,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) erhöht werden. Die vorberatende Kommission kam zum Schluss, dass das Anliegen aus finanzpolitischer Sicht nicht umsetzbar sei. Für das Jahr 2016 betrüge das Armeebudget laut der Kommission 7,5 Milliarden Franken. Das wäre nur mit einer höheren Mehrwertsteuer oder substanziellen Verzichten im gesamten Aufgabenspektrum des Bundes finanzierbar, hielt die Kommission fest.
Dienstag, 15. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) ARMEE: Der Nationalrat hat nach dem Nein zum Gripen-Kampfjet den Kauf von weiteren Rüstungsgütern bewilligt. Das Zusatz-Rüstungsprogramm hat einen Umfang von 874 Millionen Franken. Der Nationalrat genehmigte die Anträge des Bundesrates am Dienstag ohne Abstriche mit 138 zu 53 Stimmen. Die grösste Tranche im Paket gab am meisten zu diskutieren: 558 Millionen Franken will der Bundesrat in die Werterhaltung von leichten geländegängigen Lastwagen (Duro) investieren und damit deren Lebensdauer bis ins Jahr 2040 verlängern. 2220 der insgesamt 3000 Fahrzeuge sollen umgerüstet werden. Die Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission hatte beantragt, diesen Posten um 100 Millionen Franken zu kürzen. CVP, BDP und GLP unterstützten jedoch den Bundesrat, SVP und FDP waren gespalten. Die Vorlage geht an den Ständerat.
- BUDGET 2016: Das Parlament hat nach drei Runden Budgetdebatte keine Einigung in der Frage erzielt, ob die Mehrausgaben für die Bauern quer durch alle Departemente kompensiert werden sollen. Der Ständerat hatte sich am Montag dagegen ausgesprochen, der Nationalrat einen Tag später dafür. Damit geht das Budget 2016 in die Einigungskonferenz, an welcher am Mittwochmorgen je 13 Finanzkommissionsmitglieder beider Räte teilnehmen. Diese suchen eine Kompromisslösung. Verwirft der Ständerat am Mittwoch und/oder der Nationalrat am Donnerstag den Einigungsantrag, so gilt der Beschluss der dritten Beratung als angenommen, der den tieferen Betrag vorsieht. Insgesamt bestehen vier Differenzen. Beim grössten Posten, einem Sparantrag über alle Departemente in Höhe von 125,2 Millionen Franken, sitzt der Nationalrat am längeren Hebel.
- ZOLL: Das Grenzwachtkorps soll mindestens den Bestand vom 31. Dezember 2003 behalten. Anders als der Bundesrat und der Ständerat will der Nationalrat diese Klausel im Zollgesetz nicht streichen. Bei der Beratung folgte die grosse Kammer mit 127 zu 56 Stimmen der Mehrheit ihrer Sicherheitspolitischen Kommission (SiK). Demnach soll der Mindestbestand an Grenzwächtern im Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung der Assoziierung an Schengen und Dublin beibehalten werden. In der Gesamtabstimmung hiess die grosse Kammer die Revision des Zollgesetzes mit 178 Stimmen ohne Gegenstimme gut. Mit der Revision des Zollgesetzes soll beispielsweise explizit verankert werden, dass Grenzwächter Personen auf öffentlichem Grund observieren dürfen.
- SPORTFÖRDERUNG: Der Nationalrat will mindestens drei nationale Zentren für Schneesport zugunsten des Breitensports schaffen. Er hat eine Motion von Christian Lohr (CVP/TG) mit diesem Anliegen angenommen - mit 91 zu 84 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Stimmt auch der Ständerat der Motion zu, wird der Bundesrat beauftragt, Pläne nicht nur für eines, sondern für mindestens drei nationale Zentren für Schneesport zu erarbeiten. Der Motionär will eine "vernünftige regionale Verankerung des Schneesports sicherstellen", wie er sagte. Es gehe darum, ein Zeichen für den Jugendsport zu setzen. Ein Schneesportzentrum auf der Lenzerheide im Kanton Graubünden reiche für Schneesportler aus der Westschweiz, dem Wallis und anderen Regionen nicht.
- ARMEE II: Rekruten sollen nicht schon am Freitagabend ins Wochenende entlassen werden. Der Nationalrat hat eine Motion von Nationalrat Jean-Paul Gschwind (CVP/JU) mit dieser Forderung abgelehnt. Die Ziele der Ausbildung könnten sonst nicht mehr erreicht werden. Der Vorstoss für ein früheres Abtreten für Rekruten am Freitagabend wurde klar mit 120 zu 67 Stimmen verworfen. Damit ist die Idee des Motionärs vom Tisch. Gschwind forderte, dass am Wochenende in der Rekrutenschule keine militärischen Aktivitäten stattfinden. Ein verkürztes Wochenende könne zu Müdigkeit und schlechter Laune führen und das Unfallrisiko erhöhen, sagte er im Rat. Der Bundesrat lehnte die Motion ab.
- RASERDELIKTE: Die Strafverfolgungsbehörden sollen bei der Verurteilung von Rasern im Strassenverkehr mehr Spielraum erhalten. Der Nationalrat will es ermöglichen, die Strafe besser den Umständen und dem tatsächlichen Fehlverhalten des Autofahrers anzupassen. Die grosse Kammer gab einer parlamentarischen Initiative von Fabio Regazzi (CVP/TI) mit 113 zu 72 Stimmen Folge. Regazzi hatte argumentiert, dass Raserurteile vor allem "normale Autofahrer" beträfen, die für einmal die zulässige Höchstgeschwindigkeit "krass missachtet" hätten. Die Mehrheit der Verkehrskommission hatte von der Initiative nichts wissen wollen.
- RADARFALLEN: Der Nationalrat will an den unterschiedlichen Toleranzwerten von Radarfallen und Laser-Tempomessgeräten nicht rütteln. Er gab einer parlamentarischen Initiativen aus der SVP-Fraktion mit 102 zu 85 Stimmen keine Folge. Walter Wobmann (SVP/SO), der den vom Zürcher alt Nationalrat Christoph Mörgeli eingereichten Vorstoss vertrat, plädierte für eine einheitliche Regelung für beide Geräte. Konkret sollte bei fest installierten Laser-Messgeräten die Toleranzmarge gegenüber heute um jeweils zwei Stundenkilometer erhöht werden. Die Mehrheit der Verkehrskommission stellte sich gegen das Anliegen. Es gehe um die Messgenauigkeit der Apparate. Bei beispielsweise 55 statt 53 Stundenkilometern werde der Bremsweg deutlich länger, argumentierte Sprecher Roger Nordmann (SP/VD).
- ARMEE III: Der Nationalrat will Emmen LU nicht jetzt als Haupteinsatzstandort der Pilotenschule für den Pilatus PC-21 definieren. Eine Motion von Ida Glanzmann (CVP/LU) mit diesem Anliegen hat er klar mit 159 zu 22 Stimmen bei 7 Enthaltungen verworfen. Der Bundesrat möchte die Standortfrage erst im Rahmen des Sachplans Militär beantworten, wie Ueli Maurer sagte. Das VBS werde zur Festsetzung des Stationierungskonzepts eine Anpassung des Sachplans vorbereiten und dem Bundesrat nach einer Anhörung der Kantone und Gemeinden sowie einer Mitwirkung der Bevölkerung Antrag stellen. Die Mehrheit folgte der Argumentation des Bundesrats.
- WAFFEN: Der Nationalrat lehnt eine Ergänzung des Militärgesetzes ab, wonach die Überlassung der persönlichen Waffe auch Personen verweigert werden kann, die wiederholt extreme Ideologien geäussert oder zur Schau gestellt haben. Mit ihrer Motion "Keine Ordonnanzwaffen für gewaltverherrlichende Extremisten" wollte Nationalrätin Chantal Galladé (SP/ZH) eine Verschärfung des Gesetzes erwirken.Die grosse Kammer lehnte Galladés Anliegen aber mit 98 zu 82 bei 8 Enthaltungen ab. Sie folgte damit dem Bundesrat. Dieser wies darauf hin, dass das geltende Militärgesetz bereits ausreichend Gewähr biete, nur Personen eine Armeewaffe zu überlassen, bei denen kein erhöhtes Gewaltpotenzial festgestellt werde.
- BEVÖLKERUNGSSCHUTZ: Die Gesetzgebung über den Bevölkerungs- und Zivilschutz wird nicht angepasst. Der Nationalrat hat sich dagegen ausgesprochen, die Organisation von Katastrophenschutzplätzen anzupassen. Eine Motion von Nationalrat Yannick Buttet (CVP/VS) forderte vom Bundesrat eine Reorganisation solcher Plätze "nach dem aktuellen Bedarf". Konkret sollte nicht mehr ein Schutzplatz pro Einwohnerin und Einwohner zur Verfügung stehen. Die zwingend vorgeschriebene Anzahl Plätze hätte regional definiert werden sollen. Zudem hätte mehr Zeit eingerechnet werden sollen, um den Schutzplatz zu erreichen. Der Nationalrat verwarf diese Idee knapp mit 96 zu 90 bei einer Enthaltung.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ASBEST: Asbestopfer sollen ein Jahr lang Zeit haben, bereits verjährte Ansprüche einzuklagen. Diese Sonderlösung hat der Ständerat am Dienstag im Rahmen der Revision des Verjährungsrechts beschlossen. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das die Schweizer Verjährungsfristen als zu kurz beurteilte. Der Nationalrat hatte sich letztes Jahr gegen eine Nachfrist für Asbestopfer ausgesprochen. Auch bei der Verlängerung der Verjährungsfrist für Ansprüche aus Personenschäden gibt es keine Einigung. Der Bundesrat schlug 30 statt wie bisher 10 Jahre vor, der Nationalrat sprach sich für 20 Jahre aus. Der Ständerat hingegen hat nun beschlossen, beim geltenden Recht zu bleiben. Nur die Frist ab Kenntnis eines Anspruchs wird von einem auf drei Jahre verlängert.
- STRAFVOLLZUG: Verwahrte Straftäter sollen das Gefängnis höchstens noch in Begleitung verlassen dürfen. Der Ständerat will unbegleitete Hafturlaube für diese Täter ausschliessen. Er hat eine abgeänderte Motion von Nationalrätin Natalie Rickli (SVP/ZH) angenommen. Rickli wollte Hafturlaube und Ausgänge für Verwahrte generell ausschliessen. Der Sinn der Verwahrung sei der Schutz der Bevölkerung vor Straftätern, argumentierte sie. Für lebenslang Verwahrte sind Hafturlaube bereits heute ausgeschlossen. Bei normal Verwahrten sind Vollzugsöffnungen dagegen möglich. Aus Sicht des Bundesrates sind sie wichtig für die Beurteilung des Täters. Würden sie verboten, würden Täter unter Umständen ohne Zwischenschritte in die Freiheit entlassen, warnte Justizministerin Simonetta Sommaruga.
- GELDSTRAFEN: Der Ständerat will das Strafgesetzbuch nicht erneut ändern. Er hat Standesinitiativen aus Genf und St. Gallen zur Kleinkriminalität stillschweigend abgelehnt. Aus Sicht des Rates sind die Anliegen mit dem revidierten Sanktionenrecht erfüllt. Die Kantone Genf und St. Gallen hatten die Geldstrafen im Visier. Der Kanton Genf forderte, dass das Gericht wieder vermehrt frei entscheiden kann, welche Art von Strafe es auferlegt. Der Kanton St. Gallen wollte die Vielfalt der Sanktionen einschränken und Geldstrafen für gewisse Delikte ausschliessen. Das Parlament hatte im Sommer eine Revision des Sanktionenrechts verabschiedet, mit welcher die Geldstrafen eingeschränkt wurden.
- MENSCHENRECHTE: Der Bundesrat soll sich dafür einsetzen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) das Subsidiaritätsprinzip und die nationalen Rechtsordnungen berücksichtigt. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat oppositionslos überwiesen. Der Bundesrat hatte die Annahme des Vorstosses beantragt. Die Schweiz setze sich von jeher dafür ein, dass die Subsidiarität gestärkt werde, schrieb er in seiner Antwort auf die Motion von Ruedi Lustenberger (CVP/LU). Sie werde sich auch weiterhin dafür einsetzen. Lustenberger hatte in der Begründung seiner Motion auf umstrittene Urteile hingewiesen.
- JAHRESZIELE: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hat im Ständerat die Jahresziele des Bundesrates für das Jahr 2016 präsentiert. Zu den Schwerpunkten gehört die Botschaft zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, die der Bundesrat im Frühjahr vorlegen will. In der Finanzpolitik erwähnte Sommaruga das Stabilisierungsprogramm, in der Sozialpolitik die Reform der Ergänzungsleistungen. Die Bundespräsidentin sprach auch über die Flüchtlingsbewegung. Deren Bewältigung sowie die Bekämpfung der Ursachen werde die Welt noch lange beschäftigen, sagte sie. Zum Thema Terrorismus wies sie auf die Bedeutung von Sicherheit sowie auf die Schwierigkeit hin, eine Balance zwischen Sicherheit und persönlichen Freiheitsrechten zu finden.
Montag, 14. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) ASIEN-INFRASTRUKTURBANK: Die Schweiz kann der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) beitreten. Nach dem Ständerat hat am Montag auch der Nationalrat zugestimmt, gegen den Willen von SP und Grünen. Zu Diskussionen Anlass gab die Kompensation der Finanzierung. SP und Grüne kritisierten, dass es nicht in erster Linie um Entwicklungsförderung gehe, sondern um die Stärkung der Schweizer Position in asiatischen Märkten. Die BDP forderte Mitverantwortung für das Erreichen der Klimaziele. Die SVP hätte den für den Beitritt nötigen Betrag ausschliesslich mit Geld bezahlen wollen, die für Entwicklungshilfe und -zusammenarbeit budgetiert ist. Schliesslich blieb der Nationalrat aber wie der Ständerat auf der Linie des Bundesrates. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung.
- REGULIERUNG: Kosten von rund 10 Milliarden Franken pro Jahr tragen Unternehmen aufgrund staatlicher Regulierung. Das hat der Bundesrat in einem Ende 2013 vorgestellten Bericht festgestellt. Das Parlament verlangt nun Sofortmassnahmen. Mit 128 zu 52 Stimmen bei 5 Enthaltungen stimmte die grosse Kammer einer Motion von Ständerat Jean-René Fournier (CVP/VS) zu. Damit wird der Bundesrat aufgefordert, die im Bericht aufgeführten Massnahmen sofort umzusetzen. Braucht es dafür Gesetzesänderungen, sollen diese innerhalb der nächsten neun Monate vorgelegt werden. Eine linke Minderheit im Nationalrat verwies wie Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann erfolglos darauf, dass die Mehrheit der verlangten Massnahmen bereits getroffen worden seien und andere noch vorgesehen seien.
- FAMILIENPOLITIK: Der Nationalrat möchte das Jawort in Zukunft unbürokratischer gestalten. Die zwingenden Erfordernisse von zwei Trauzeugen und einer zehntägigen Wartefrist zwischen Vorbereitungsverfahren und Trauung sollen aufgehoben werden. Mit 92 zu 86 Stimmen bei 9 Enthaltungen hiess die grosse Kammer eine Motion mit diesem Anliegen gut. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Vorstosses. Stimmt nun auch die kleine Kammer zu, wird der Bundesrat beauftragt, zwei Artikel im Zivilgesetzbuch anzupassen. Künftig soll es Verlobten freistehen, ob sie die Trauung direkt im Anschluss an das Vorbereitungsverfahren vollziehen möchten oder in einem separaten Akt innert der Dreimonatsfrist. Zudem soll es neu freiwillig sein, dass zwei Trauzeugen beigezogen werden.
- FLÜCHTLINGE: Der Nationalrat verlangt spezifische Ausbildungsgänge für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene. Der Bundesrat soll im Rahmen der Fachkräfte-Initiative das Potenzial von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen besser nutzen. Die spezifischen Ausbildungen sollen in Branchen mit Fachkräfte-Mangel angeboten und mit einem eidgenössischen Berufsattest abgeschlossen werden können. Der Nationalrat unterstützte eine Motion von Martina Munz (SP/SH) mit 112 zu 75 Stimmen, die vor allem von der SVP kamen. Deren Sprecher Pirmin Schwander (SZ) sagte mit Verweis auf das Ausländergesetz, dass bereits alles geregelt sei. Die Vorlage geht an den Ständerat.
- JUSTIZ: Das Auslieferungsverfahren soll beschleunigt und vereinfacht werden, dank Zusatzprotokollen zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen. Der Nationalrat hat sie als Erstrat mit 104 zu 59 Stimmen aus der SVP gutgeheissen. Das Europäische Auslieferungsübereinkommen von 1957 gehöre zu den wichtigsten Rechtsgrundlagen für die Auslieferung, schrieb der Bundesrat in der Botschaft. Etwa 80 Prozent der Auslieferungsfälle fänden zwischen der Schweiz und einem Europarats-Staat statt, sagte Margret Kiener Nellen (SP/BE) als Sprecherin der Rechtskommission. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
- UNO-ABKOMMEN: Die Schweiz soll sich auf dem internationalen Parkett glaubwürdig gegen das Verschwindenlassen von Personen einsetzen. Der Nationalrat hat die letzte Differenz in der Vorlage diskussionslos bereinigt. Im Abkommen geht es um Menschen, die vom Staat oder mit dessen Billigung festgenommen und verschleppt werden. Nicht selten folgten Folter oder Tötung, schrieb der Bundesrat. Weil die Behörden das Verschwindenlassen bestreiten, haben weder die Betroffenen noch Angehörige eine Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Mit dem Abkommen verpflichten sich die Vertragsstaaten, jedes Verschwindenlassen unter Strafe zu stellen und Präventionsmassnahmen zu ergreifen.
- STROMMARKT: Der Bundesrat rechnet nicht mehr damit, dass der Strommarkt ab 2018 für Kleinkunden liberalisiert ist. Eine vollständige Marktöffnung per 2018 sei aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, schreibt er in seiner schriftlich nachgelieferten Antwort zu einer Frage aus dem Nationalrat. Dies auch deshalb, weil die vollständige Marktöffnung eine Voraussetzung für das Stromabkommen mit der EU darstelle und der Bundesrat die weiteren Schritte in Abhängigkeit von den Entwicklungen der Verhandlungen mit der EU festlegen werde. Der Walliser CVP-Nationalrat Roberto Schmidt hatte vom Bundesrat in der Fragestunde wissen wollen, ob er sich vorstellen könne, die zweite Etappe der Strommarktöffnung zu verschieben. Bisher hat der Bundesrat eine vollständige Liberalisierung ab 2018 geplant.
- FREIHANDEL: Der Bundesrat soll sich für Freihandel einsetzen. Insbesondere soll er darauf hinwirken, dass die Euro-Med-Konvention möglichst rasch angewendet werden kann. Der Nationalrat hat eine Motion aus dem Ständerat stillschweigend überwiesen. Der Bundesrat hatte sich dafür ausgesprochen. Das Ziel der Euro-Med-Konvention ist ein zollfreier Handelsraum mit einheitlichen Ursprungsregeln. Der Handelsraum umfasst die EU, die EFTA-Staaten, die Mittelmeerländer und den Westbalkan. Für die international ausgerichtete Schweizer Wirtschaft entstehe so die Möglichkeit, Produkte in einem Vertragsstaat zu verarbeiten und dann zollfrei in die EU zu exportieren oder umgekehrt, hatte Ständerätin Karin Keller-Sutter (FDP/SG) argumentiert. Das sei insbesondere für die Textil- und Bekleidungsindustrie wichtig.
- KESB: Der Bundesrat soll bei der Evaluation des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts auch prüfen, ob die Beschwerdefristen angepasst werden müssen. Der Nationalrat hat im Einverständnis mit dem Bundesrat ein Postulat von Silvia Schenker (SP/BS) angenommen. Die Resultate der Evaluation werden in der ersten Hälfte 2016 vorliegen, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga im Nationalrat sagte. Mit dem neuen Kindes- und Erwachsenenschutzgesetz wurde die Beschwerdefrist bei der Errichtung von Beistandschaften von zehn Tagen auf dreissig Tage verlängert. Die lange Beschwerdefrist bedeute, dass der eingesetzte Beistand erst etwa fünfzig Tage nach Entscheid tätig werden könne, argumentierte Schenker. Gegen das Postulat stellte sich Pirmin Schwander (SVP/SZ).
Der Ständerat in Kürze
(sda) UNTERNEHMENSSTEUERREFORM: Der Ständerat hat der Unternehmenssteuerreform III am Montag mit 31 zu 9 Stimmen zugestimmt. Das Massnahmenpaket soll verhindern, dass Firmen die Schweiz verlassen, weil sie ihre kantonalen Steuerprivilegien verlieren. Diese muss die Schweiz unter internationalem Druck aufgeben. Mit einem höheren Anteil an der Bundessteuer sollen die Kantone den finanziellen Spielraum erhalten, die Gewinnsteuern für alle Unternehmen zu senken. Der Ständerat will den Kantonen sogar noch etwas mehr Geld zukommen lassen als der Bundesrat. Weitere Anreize für Unternehmen sind erhöhte Steuerabzüge für Forschungsaufwendungen und die Patentbox zur privilegierten Besteuerung von Erträgen aus Immaterialgüterrechten. Eine Vereinheitlichung der Teilbesteuerung von Dividenden auf 70 Prozent lehnte der Ständerat ab. Als nächstes berät der Nationalrat über die Vorlage.
- BUDGET 2016: Sieg für die Bauern in der dritten Runde der Budgetberatungen im Ständerat: Mit der Differenz von nur zwei Stimmen hat die kleine Kammer beschlossen, die Direktzahlungen vom Sparhammer zu verschonen. Damit erhalten die Landwirte gleich viel Geld wie bisher. Zwei Wochen lang war der Ständerat auf der Linie des Bundesrats geblieben, nun gab er nach. Im nächsten Jahr bekommen Landwirte Direktzahlungen in Höhe von 2,8 Milliarden Franken. Das sind 61,1 Millionen Franken mehr als vom Bundesrat vorgeschlagen. Insgesamt verbleiben noch drei Differenzen zwischen den Räten. Dabei geht es unter anderem um vom Nationalrat verlangte Querschnittkürzungen sowie die Beiträge betreffend "Schoggigesetz". Diese müssen bis Ende dieser Woche bereinigt sein. Spätestens in der Einigungskonferenz am Mittwochmorgen kommt es zum Showdown.
- BANKGEHEIMNIS: Ausländische Bankkunden können sich nicht länger auf das Bankgeheimnis verlassen. Das Parlament hat den rechtlichen Grundlagen für den automatischen Informationsaustausch zugestimmt. Nachdem der Ständerat eine letzte kleine Differenz ausgeräumt hat, ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmung am Ende der Session. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf brachte es zum Ende ihrer Amtszeit mühelos durchs Parlament. Mit Ausnahme der SVP sprachen sich alle Parteien dafür aus. Über Abkommen mit einzelnen Ländern wird das Parlament später entscheiden. Der Bundesrat wollte auch neue Sorgfaltspflichten für Banken einführen. Diese sollten verhindern, dass Schweizer Banken Schwarzgelder aus Ländern annehmen, mit welchen kein automatischer Informationsaustausch vereinbart wurde. Das lehnte das Parlament jedoch ab.
Donnerstag, 10. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) FLÜCHTLINGE: Eine systematische Kontrolle der Landesgrenzen ist keine Option in der Flüchtlingskrise. Zu diesem Schluss ist nach dem Ständerat auch der Nationalrat gekommen. Er hat am Donnerstag eine Motion der SVP abgelehnt. Die Redner der SVP stellten fest, die Kontrolle der Schengen-Aussengrenzen funktioniere nicht mehr. Deshalb müssten die Landesgrenzen systematisch kontrolliert werden, wenn nötig mit Hilfe der Armee. Die Mehrheit im Rat war der Auffassung, das sei bei täglich 750'000 Grenzübertritten gar nicht möglich. Und verstärkte Kontrollen würden bereits durchgeführt. Angenommen hat der Nationalrat zwei Punkte aus einer Motion der Grünen. Demnach soll die Schweiz Italien und Griechenland bei der Bewältigung der Herausforderungen direkt unterstützen. Auch soll sie die Hilfe vor Ort für die Flüchtlinge des syrischen Bürgerkriegs verstärken. Die Sonderdebatte zur Flüchtlingskrise hatte die SVP gefordert.
- BUDGET 2016: National- und Ständerat sind sich weiterhin uneinig in der Frage, ob die Bauern im Budget 2016 von Kürzungen verschont werden sollen. Der Nationalrat hält an seiner landwirtschaftsfreundlichen Linie fest. Er beantragte zum zweiten Mal eine Aufstockung bei der Landwirtschaft um rund 93 Millionen Franken - beim "Schoggi-Gesetz", bei den Direktzahlungen sowie bei den landwirtschaftlichen Investitionskrediten. Die grosse Kammer hat ein Druckmittel in der Hand. Um die Mehrausgaben in der Landwirtschaft zu kompensieren, will sie Querschnittskürzungen von 125 Millionen Franken für alle Departemente beim Sach- und Betriebsaufwand durchsetzen. Wird keine Einigung erzielt, sitzt der Nationalrat am längeren Hebel, weil ohne Einigung der Räte die tiefere Variante gilt. Umgekehrt ist die Ausgangslage bei den Bauerngeldern: Dort träten die Sparvorschläge des Ständerats in Kraft. Der Ständerat debattiert am Montag das Budget zum dritten Mal.
- ORGANISIERTE KRIMINALITÄT: Im Kampf gegen die organisierte Kriminalität fordert das Parlament wirksamere Strafbestimmungen. Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat für eine Änderung des Strafgesetzbuches ausgesprochen. Mit 96 zu 83 Stimmen folgte die grosse Kammer der knappen Mehrheit ihrer Rechtskommission. Der Ständerat hatte die Motion seiner Rechtskommission im Herbst gutgeheissen. Der Bundesrat wird damit beauftragt, den Tatbestand der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation durch zusätzliche Tatbestandsmerkmale zu ergänzen. Damit soll die Durchführung von Strafverfahren erleichtert werden. Eine Anpassung wünscht sich nicht zuletzt der Bundesanwalt.
- JAHRESZIELE BUNDESRAT: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (SP) hat dem Nationalrat die Ziele der Schweizer Regierung für 2016 präsentiert. Zum Auftakt der Legislatur gälten drei Leitlinien: "Die Schweiz sorgt für Sicherheit, sichert ihren Wohlstand nachhaltig und fördert den nationalen Zusammenhalt." Finanzpolitisch sei das Stabilisierungsprogramm 2017-2019 prioritär, sagte Sommaruga. Europapolitisch stehe die Lösungsfindung mit der EU im Zentrum, um den bilateralen Weg im Rahmen der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative zu bewahren. Der Nationalrat nahm die Jahresziele zur Kenntnis.
- LEIHMUTTERSCHAFT: Der Nationalrat will keine nationale Sensibilisierungskampagne, die auf die Probleme einer Leihmutterschaft im Ausland hinweist. Er hat ein Postulat seiner Rechtskommission mit dem Anliegen abgelehnt. Die Rechtskommission begründete den Vorstoss damit, dass sich für in der Schweiz wohnhafte Paare nach wie vor zahlreiche Fragen in Bezug auf die Leihmutterschaft im Ausland stellten. Diese ist in der Schweiz verboten. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga argumentierte dagegen, über Medien und Gerichtsurteile finde eine breite allgemeine Diskussion zum Thema statt, die über Einzelfälle hinausgehe. Eine flächendeckende, allgemeine Information zur Leihmutterschaft erübrige sich deshalb. Die Mehrheit folgte ihr.
- STRAFPROZESSE: Der Bundesrat wird im Rahmen der Anpassung der Strafprozessordnung bis Ende 2018 auch die Problematik der Teilnahmerechte prüfen und dem Parlament die hierzu erforderlichen Gesetzesänderungen vorlegen. Der Nationalrat hat ein vom Bundesrat unbestrittenes Postulat mit diesem Anliegen stillschweigend gutgeheissen.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ENTWICKLUNGSHILFE: Der Ständerat hat am Donnerstag dem Beitritt der Schweiz zur Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) zugestimmt. Die Kosten dafür will er bei der internationalen Zusammenarbeit kompensieren. Laut Kommissionssprecherin Karin Keller-Sutter (FDP/SG) wird das allenfalls zu punktuellen Kürzungen führen. Eine Minderheit argumentierte, die Schweiz verfolge mit dem Beitritt zur AIIB vor allem Exportförderung. Dies dürfe nicht auf Kosten der Entwicklungshilfe geschehen. Die Mittel dafür würden in den nächsten Jahren ohnehin gekürzt. Die Schweiz steuert 706,4 Millionen Dollar zum Kapital der neuen Bank bei. Der grösste Teil davon ist Garantiekapital, 141,28 Millionen Dollar muss die Schweiz aber tatsächlich einzahlen, und zwar in fünf jährlichen Raten.
- FORSCHUNG: Die Schweiz kann sich weiterhin am Röntgenlaser European XFEL beteiligen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat die Fortsetzung der Zusammenarbeit bewilligt. European XFEL ist eine Synchrotronstrahlungsquelle, eine Art Supermikroskop. Sie soll der Wissenschaft ab 2018 neue Einblicke in die Struktur von Molekülen ermöglichen. Sie besteht aus einem rund sechs Kilometer langen Tunnelsystem. An dem Grossprojekt in Hamburg sind elf Länder beteiligt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf mehr als eine Milliarde Euro.
- BILDUNG: Der National- und der Ständerat wollen Bildung, Forschung und Innovation als prioritäre Aufgaben des Bundes bezeichnen. Für sie soll ausreichend Geld zur Verfügung stehen. Das verlangt der Ständerat mit einer abgeänderten Motion aus dem Nationalrat. Die grosse Kammer hatte in der BFI-Botschaft 2017 - 2020 ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 3,9 Prozent vorsehen wollen. Der Ständerat sprach sich nun aber wie der Bundesrat für genügend Mittel aus, aber ohne fixen Wert. Zugute kommen soll dieses Geld der höheren Berufsbildung, der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, der Erhöhung der Zahl der Abschlüsse in Humanmedizin und langfristige Massnahmen für die Innovationsförderung.
- WEITERBILDUNG: Der Ständerat will die Berechnungsart der Pauschalbeiträge an die Kantone für die berufliche Grundbildung nicht ändern. Das würde einen grossen administrativen Aufwand verursachen, sagte Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG). Zudem würde das auch nicht zwingend zu mehr Geld für die berufliche Weiterbildung führen. Vor allem Frauen mit Kindern seien auf zusätzliche berufliche Qualifikation angewiesen, sagte Liliane Maury Pasquier (SP/GE) . Darum sollten die Mittel nicht einzig nach der Zahl der Bildungsverhältnisse, sondern nach den zu erreichenden Zielen zugeteilt werden. Der Ständerat lehnte die Motion aus dem Nationalrat 28 zu 13 Stimmen ab.
- NAHRUNGSMITTEL: Die Umsetzung der Swissness-Vorlage konnte die Nahrungsmittelindustrie nicht verhindern. Nun hat sie aber erreicht, dass der Bundesrat einen Überblick erstellen muss über die Situation der Branche. Der Ständerat nahm ein Postulat von Isidor Baumann (CVP/UR) mit diesem Auftrag an. Dieser beklagte, die Auswirkungen der Swissness-Vorlage seien zu wenig bedacht worden. Der drohende Wegfall der "Schoggi-Gesetz"-Beiträge treffe die Nahrungsmittelbranche und die Landwirtschaft. Baumann verlangte auch Vorschläge, wie den Zuckerrübenproduzenten geholfen werden könnte. Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann gestand ein, dass Arbeitsplatzverluste drohten. Er wies aber vergeblich darauf hin, dass die Auswirkungen der Swissness-Vorlage genau beobachtet würden. Auch die Suche nach Alternativen zum "Schoggi-Gesetz" sei bereits im Gang.
- INNOVATION: Der Ständerat ist gegen eine Aufstockung der Mittel der Kommission für Technologie und Innovation (KTI). Er hat eine Motion aus dem Nationalrat mit dem Anliegen abgelehnt. Seiner Ansicht nach wird das Begehren mit dem Nachtragskredit für das laufende Jahr erfüllt. Zudem könne über die Aufstockung der KTI-Mittel bei der Beratung der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) beraten werden, sagte Kommissionssprecherin Géraldine Savary (SP/VD). Diese wird in der ersten Jahreshälfte 2016 vorgelegt. Die KTI ist zuständig für die Förderung wissenschaftsbasierter Innovationen.
- FOTOGRAFEN: Der Ständerat will mehr Kontrolle über die Arbeit von ausländischen Fotografen und Fotografinnen in der Schweiz. Er hat mit 18 zu 14 Stimmen eine Motion angenommen, die verlangt, dass Fotografen, die zum Beispiel eine Hochzeitfeier ablichten, unabhängig von der Dauer ihres Einsatzes meldepflichtig sind. "Die Motion entspricht einem Anliegen meines Kantons", sagte Motionär Fabio Abate (FDP/TI). Dass nicht von Anfang an eine Meldepflicht bestehe, mache es schwierig, ihre tatsächliche Anwesenheit in der Schweiz zu kontrollieren. Sie könnten darum auch länger auf Schweizer Boden gearbeitet haben als die acht meldefreien Tage. Die Motion geht nun an den Nationalrat.
- KRANKENKASSEN I: Der Ständerat ist gegen die strikte Trennung von Grund- und Privatversicherungen. Er hat eine Standesinitiative des Kantons Genf klar abgelehnt. Die Versicherten hätten schon heute die Möglichkeit, die Grund- und Zusatzversicherung bei verschiedenen Versicherten abzuschliessen, sagte Joachim Eder (FDP/ZG). Die überwiegende Mehrheit der Zusatzversicherten entschieden sich aber für den Service aus einer Hand. Der Ständerat hat eine Vorlage des Bundesrat, der die Trennung von Grund- und Zusatzversicherung durchsetzen wollte, im März abgelehnt. Der Nationalrat ist ihm am letzten Dienstag gefolgt.
- EINHEITSKASSE: Die Kantone sollen keine öffentlichen Krankenkassen einführen dürfen. Der Ständerat hat Standesinitiativen der Kantone Jura und Genf mit diesem Anliegen abgelehnt. Die Mehrheit sah keinen Handlungsbedarf. Kommissionssprecher Joachim Eder (FDP/ZG) erinnerte an die deutlich abgelehnte Initiative für eine öffentliche Krankenkasse. Es gebe auch keinen Hinweis darauf, dass eine Einheitskasse für bessere oder günstigere Leistungen sorge.
Mittwoch, 9. Dezember 2015
Die Vereinigte Bundesversammlung in Kürze
(sda) BUNDESRATSWAHLEN I: Der neue Bundesrat heisst Guy Parmelin. Die Vereinigte Bundesversammlung hat den 56-jährigen SVP-Nationalrat am Mittwoch im dritten Wahlgang gewählt. Wilde Kandidaten der SVP und Sprengkandidaten anderer Parteien waren chancenlos. Der Waadtländer Landwirt Parmelin lag von Beginn weg an der Spitze. Im ersten Wahlgang erhielt er 90 Stimmen. An den Zuger Thomas Aeschi gingen 61 Stimmen, an den Tessiner Norman Gobbi 50 Stimmen. Im zweiten Wahlgang erhielt Parmelin dann bereits 117 Stimmen, und im dritten wurde er mit 138 von 237 gültigen Stimmen gewählt. Parmelin hatte in den vergangenen Tagen als Favorit gegolten. Das hängt allerdings weniger mit seiner besonderen Eignung für das Amt zusammen als mit der - aus Sicht der anderen Parteien - mangelnden Eignung der anderen Kandidaten. Insbesondere in der SP wird Parmelin als das "geringste Übel" betrachtet.
- BUNDESRATSWAHLEN II: Teilweise mit Spitzenresultaten und durchwegs mit guten Resultaten sind die sechs bisherigen Mitglieder des Bundesrates im Amt bestätigt worden. Am besten schnitt Aussenminister Didier Burkhalter mit nicht weniger als 217 Stimmen ab. Burkhalters Wiederwahl-Resultat ist das zweithöchste seit dem Jahr 1962, als die Zahl der Nationalratsmitglieder bei 200 festgesetzt wurde. Das Rekordresultat stammt aus dem Jahr 1971, als der Baselstädter Sozialdemokrat Hans-Peter Tschudi mit 220 Stimmen im Amt bestätigt wurde. Mit ebenfalls sehr guten 215 Stimmen wurde die amtsälteste Bundesrätin Doris Leuthard wiedergewählt. Innenminister Alain Berset (SP) wurde mit 210 Stimmen im Amt bestätigt, Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (FDP) mit 191, Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) mit 182 und Verteidigungsminister Ueli Maurer (SVP) mit 173.
- VERABSCHIEDUNG: Nationalratspräsidentin Christa Markwalder (FDP/BE) hat die Ende Jahr zurücktretende Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) verabschiedet. Sie würdigte ihre Beharrlichkeit und Dossierfestigkeit und auch ihren feinen, trockenen Humor. Widmer-Schlumpf, die während ihrer Amtszeit oft von ihrer ehemaligen Partei SVP kritisiert wurde, bedankte sich für das Vertrauen. In ihrer Abschiedsrede sprach sie über den Sinn der Teilung von Macht. Die Bundesverfassung lege fest, welche Kompetenzen das Volk, das Parlament, die Regierung und die Justiz hätten. Für alle seien Grenzen festgelegt, betonte Widmer-Schlumpf. Der Weg der Schweiz bestehe darin, einander zuzuhören, andere Meinungen und Minderheiten zu respektieren und Kompromisse zu suchen.
- BUNDESPRÄSIDIUM: Johann Schneider-Ammann ist im kommenden Jahr Bundespräsident. Der Berner Freisinnige wurde mit 196 von 208 gültigen Stimmen gewählt. Das ist im Vergleich mit früheren Bundespräsidenten und -präsidentinnen ein gutes Resultat. Bei der Wahl von Schneider-Ammann wurden 27 Stimmzettel leer eingelegt. Zwölf Parlamentarierinnen und Parlamentariern schrieben einen anderen Namen als den des Wirtschaftsministers auf ihre Zettel. Vizepräsidentin des Bundesrates wird im nächsten Jahr Doris Leuthard (CVP) sein. Sie wurde mit 180 von 203 gültigen Stimmen gewählt.
- BUNDESKANZLER: Der neue Bundeskanzler heisst Walter Thurnherr. Die Vereinigte Bundesversammlung hat den 52-Jährigen glanzvoll zum Nachfolger von Corina Casanova gewählt. Thurnherr erhielt 230 von 234 gültigen Stimmen. Thurnherr ist seit 2011 Generalsekretär des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Er ist wie seine Vorgängerin Casanova Mitglied der CVP. Die Wahl von Thurnherr kam nicht überraschend - die CVP hatte als einzige Partei einen Kandidaten nominiert. Ihren erneuten Anspruch auf den Posten hatte die CVP im Vorfeld mit ihrer Funktion als "Ausgleichspartei" begründet.
Dienstag, 8. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) KREBSREGISTER: Der Nationalrat ist damit einverstanden, dass Krebserkrankungen künftig landesweit und vollständig nach einheitlichen Kriterien registriert werden. Im Gegensatz zum Bundesrat will er aber die Daten bis zu 80 Jahre lang aufbewahren. Mit dem Krebsregister sollen die Prävention, Früherkennung und Behandlung von Krebserkrankungen verbessert werden. Vorgesehen ist, dass Spitäler, Ärzte und Gesundheitsinstitutionen Krebsfälle dem zuständigen kantonalen Register melden müssen. Dieses leitet die Daten in anonymisierter Form an das nationale Register weiter. Der Nationalrat hiess die Vorlage am Dienstag als Erstrat mit 171 zu 3 Stimmen gut.
- ÄRZTE: Das Parlament hat den befristeten Zulassungsstopp definitiv ins Gesetz geschrieben. Die Kantone können die Zulassung neuer Ärztinnen und Ärzte von einem Bedürfnis abhängig machen, wobei der Bundesrat die Kriterien für den Bedürfnisnachweis festlegt. Die Regelung zielt vor allem auf ausländische Ärztinnen und Ärzte, die sich in der Schweiz niederlassen wollen. Mediziner, die mindestens drei Jahre an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben, benötigen nämlich keinen Bedürfnisnachweis. Offen ist, ob der Ärztestopp vereinbar ist mit dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU.
- HEILMITTEL: Bei der Revision des Heilmittelgesetzes nähern sich die Räte nur langsam an. Weiterhin umstritten sind beispielsweise die Bedingungen, unter welchen Apotheker oder Ärzte Vorteile annehmen dürfen für den Einkauf oder die Verschreibung von Heilmitteln. Bei den Forschungsanreizen für Arzneimittel gegen seltene Krankheiten stimmte der Nationalrat einem Kompromiss zu. Er liess die umstrittene Marktexklusivität fallen, verlängerte aber den Schutz der Zulassungsunterlagen auf 15 Jahre. Bei den Regeln für Versandapotheken schwenkte er auf die Linie des Ständerats ein: Diese können das Rezept weiterhin erst nach der Bestellung durch die Kunden beschaffen.
- KRANKENKASSEN: Die strikte Trennung von Grund- und Zusatzversicherung ist vom Tisch. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat den Vorschlag des Bundesrats abgelehnt. Mit der juristischen und operativen Trennung wollte der Bundesrat für mehr Transparenz sorgen und Quersubventionierungen verhindern. Die Mehrheit im Parlament war allerdings der Meinung, dass mit dem Krankenkassenaufsichtsgesetz, das nächstes Jahr in Kraft tritt, schon viel in diese Richtung getan wird. Der Bundesrat habe den Handlungsbedarf nicht aufzeigen können. Kritisiert wurden auch die hohen Kosten: Der Krankenkassendachverband santésuisse spricht von 400 Millionen Franken im Jahr.
- FAMILIEN: Der Nationalrat will den Bundesrat nicht verpflichten, in seinen Botschaften zu Erlassentwürfen die Auswirkung auf Familien zu untersuchen. Er hat eine parlamentarische Initiative von Yvonne Feri (SP/AG) mit diesem Anliegen abgelehnt. Familien seien eines der Fundamente unserer Gesellschaft, sagte die Initiantin. Der Staat dürfe daher nichts unternehmen, was den Familien schaden könnte. Familienpolitik sei kein geschlossenes Politikfeld und darum schwer überschaubar. Der Staat müsse die Auswirkungen seines Handelns darauf systematisch überprüfen. Die Mehrheit war anderer Meinung. Wenn ein Erlass Auswirkung auf die Familien habe, werde der Bundesrat das in der Botschaft ohnehin darstellen, sagte Kommissionssprecherin Céline Amaudruz (SVP/GE).
- STRAFPROZESS: Der Nationalrat will das Teilnahmerecht von Mitbeschuldigten an Einvernahmen vorerst nicht einschränken. Er hat eine parlamentarische Initiative von Lukas Reimann (SVP/SG) abgelehnt, der eine Änderung der Strafprozessordnung verlangt. Ziel von Reimann ist es, die Wahrheitsfindung zu erleichtern, indem Mitbeschuldigte einzeln befragt werden können. Der Nationalrat ist nicht grundsätzlich gegen dieses Anliegen. Er will es aber erst zusammen mit weiteren nötigen Anpassungen der Strafprozessordnung vornehmen. Eine entsprechende Vorlage muss der Bundesrat bis 2018 vorlegen.
- POST: Der Nationalrat will nicht am Verfahren für die Schliessung von Poststellen oder für die Einrichtung von Postagenturen rütteln. Er lehnt ein Vetorecht für betroffene Gemeinden ab, wenn eine Poststelle geschlossen werden soll. Mit 124 zu 60 Stimmen sprach er sich gegen eine parlamentarische Initiative aus der SP-Fraktion aus. Gehe es um die Schliessung oder Verlegung einer Poststelle, würden die Gemeindebehörden und die Einwohner zu oft vor vollendete Tatsachen gestellt, hiess es im Vorstoss. Doch der Rat folgte der Mehrheit der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF). Diese war der Ansicht, dass ein Veto der Gemeinden auf unverhältnismässige Art die unternehmerische Freiheit der Post gefährde.
- PARLAMENT: Der Nationalrat will nicht, dass Bundesparlamentarier nach einem Erwerbsersatzsystem entschädigt werden, analog der Erwerbsersatzordnung (EO). Er hat mit 120 zu 66 Stimmen eine parlamentarische Initiative von Toni Brunner (SVP/SG) abgelehnt. SVP-Parteipräsident Brunner führte das Milizprinzip ins Feld und kritisierte, dass das Parlament zunehmend zum Berufsparlament werde. Die Entschädigung aller National- und Ständeräte sollte deshalb über den Arbeitgeber vollzogen werden. Analog der Erwerbsersatzordnung sollten Zulagenregelungen und Mindest- und Höchstbeträge gelten. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission wandte ein, dass die Einkünfte der Parlamentarier mit dem Wechsel etwa halbiert würden.
Der Ständerat in Kürze
(sda) BUDGET 2016: Der Ständerat will die Bauern weiterhin nicht von den Sparmassnahmen im Bundesbudget 2016 verschonen. Er hält an all seinen Entscheiden der ersten Runde fest und widerspricht damit der deutlichen Mehrheit des Nationalrats. Die kleine Kammer hat am Dienstag knapp Nein gesagt zu der beantragten Aufstockung bei der Landwirtschaft um rund 93 Millionen Franken - mit 22 zu 19 Stimmen bei 3 Enthaltungen beim "Schoggigesetz" sowie mit 23 zu 21 Stimmen bei den Direktzahlungen. Auch eine Querschnittkürzung in Höhe von 125 Millionen Franken beim Sach- und Betriebsaufwand in allen Departementen kommt für den Ständerat nicht infrage. Insgesamt verbleiben fünf Differenzen. Am Donnerstag ist wieder der Nationalrat am Zug. Ein Ende des Budgetstreits ist nicht in Sicht.
- FLEISCH: Gewürztes Fleisch wird dem gleichen Zolltarif unterstellt wie ungewürztes. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Änderung zugestimmt - gegen den Willen des Bundesrats. Heute kann gewürztes Fleisch dank eines tieferen Zolltarifs günstiger importiert werden als ungewürztes. Das sei ein "Zollschlupfloch", befanden die Befürworter der Änderung. Aus Sicht der Gegner gibt es kein solches Schlupfloch. Den Befürwortern gehe es bloss um den Schutz der Schweizer Rindfleischproduktion, kritisierten sie. Weil mit der Änderung WTO-Bestimmungen verletzt werden, warnt der Bundesrat vor Gegenmassnahmen bei Schweizer Exportprodukten. Die Zolltarife für Fleisch beschäftigen die Politik schon länger. Eine Frage dazu löste im Jahr 2010 den berühmten Bündnerfleisch-Lachanfall des damaligen Bundesrats Hans-Rudolf Merz aus.
- BUNDESHAUSHALT: Der Bundesrat soll die Ausgaben des Bundes um jährlich 1,5 Milliarden Franken kürzen. Nach dem Nationalrat ist auch der Ständerat dieser Meinung. Er hat eine entsprechende Motion der nationalrätlichen Finanzkommission mit 24 zu 16 Stimmen angenommen. Damit muss der Bundesrat eine strategische Überprüfung der Bundesaufgaben an die Hand nehmen mit dem Ziel, den Haushalt ausgabenseitig um jährlich 1,5 Milliarden Franken zu entlasten. Die Umsetzung soll in Schritten über die Voranschläge 2017 bis 2019 erfolgen. Der Bundesrat selbst hatte beantragt, die Motion anzunehmen. "Die Annahme hat keinen Einfluss auf unsere Entscheide betreffend Budget und Stabilisierungsprogramm der nächsten Jahre", sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie verstehe ein Ja aber als Signal, die Sparanstrengungen des Bundes mitzutragen.
- IMMOBILIEN: Der Ständerat hat für den Bau, den Unterhalt und die Miete von zivilen Bundesbauten 253,5 Millionen Franken gesprochen. Er genehmigte die Immobilienbotschaft für das Jahr 2015 als Zweitrat oppositionslos. Den grössten Brocken bildet ein Rahmenkredit von 100 Millionen Franken, mit dem unter anderem Neu- und Umbauten sowie der Unterhalt von Gebäuden der Bundesverwaltung finanziert werden sollen. Aus einem zweiten Rahmenkredit von 50 Millionen Franken werden Verpflichtungskredite für die neuen Bundeszentren des Staatssekretariats für Migration (SEM) abgetreten. Der Gesamtkredit "Zumiete" von 88,1 Millionen Franken teilt sich in zwei Verpflichtungskredite auf.
- FINANZPLATZ: Der Bundesrat wird in einem Bericht darlegen, inwiefern der Finanzplatz Schweiz und die Schweiz als Sitzstaat weltweit tätiger Handelsfirmen in die Problematik unlauterer und unrechtmässiger Finanzflüsse aus Entwicklungsländern ("illicit financial flows") involviert ist. Zudem evaluiert er Reputationsrisiken und die Frage, wie der Zufluss solcher Gelder in die Schweiz unterbunden werden kann. Der Ständerat hat ein entsprechendes Postulat von Liliane Maury Pasquier (SP/GE) stillschweigend überwiesen. Der Bundesrat zeigte sich bereit, einen Bericht vorzulegen, der auch Fragen kürzlich angenommener ähnlicher Postulate behandelt.
- NATIONALBANK: Der Bundesrat soll einen Bericht über die Governance der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vorlegen. Der Ständerat hat ein Postulat mit dieser Forderung angenommen. Geprüft werden soll, ob und inwieweit die Governance der SNB unter Wahrung der Unabhängigkeit den heutigen Gegebenheiten anzupassen ist. Auch soll der Bundesrat die geltenden Regeln mit jenen im Ausland vergleichen. Pirmin Bischof (CVP/SO) hatte seinen Vorstoss damit begründet, dass sich seit der letzten Totalrevision des Nationalbankgesetzes das regulatorische und währungspolitische Umfeld stark gewandelt habe. Der Bundesrat zeigte sich mit dem Auftrag einverstanden.
- INFORMATIK: Die Computer-Arbeitsplätze in der Bundesverwaltung werden bis 2020 auf die nächste Generation aufgerüstet. Der Ständerat hat einen Verpflichtungskredit über gut 70 Millionen Franken oppositionslos angenommen. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf rund 89 Millionen Franken. Grund für die Aufrüstung ist das Lebensende von Windows 7 von Microsoft per Ende 2019. Damit ende auch der Produktsupport des Lieferanten. Deshalb müssten die Arbeitsplatzsysteme der Bundesverwaltung auf eine neue Betriebssystemgeneration migriert werden, begründete das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) die Aufrüstung in der bundesrätlichen Botschaft. Als Nächstes ist die grosse Kammer an der Reihe.
- BUNDESVERWALTUNG: Der Ständerat hat einstimmig einen Verpflichtungskredit im Umfang von 67 Millionen Franken für ein neues Produkt zur elektronischen Geschäftsverwaltung (GEVER) gutgeheissen. Darüber muss noch der Nationalrat befinden. Die Einführung des neuen Produkts soll gemäss Projektplanung bis 2018 abgeschlossen sein.
- ARBEIT: Der Bund und bundesnahe Betriebe sollen keine speziellen Praktikumsstellen für Wiedereinsteigerinnen anbieten müssen. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat stillschweigend abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Auch der Bundesrat hatte sich gegen die Motion ausgesprochen. Wiedereinsteigerinnen sollten aus seiner Sicht eine feste Anstellung mit einem angemessenen Lohn für ihr Alter und ihre Berufserfahrungen erhalten. Um den Wiedereinstieg zu erleichtern, ermögliche die Bundesverwaltung moderne Arbeitszeitformen wie Teilzeitarbeit und flexible Arbeitsmodelle wie gleitende Arbeitszeiten, hielt der Bundesrat fest.
- VEREIDIGUNG: Am Dienstag sind im Ständerat die neuen Zürcher Vertreter Daniel Jositsch (SP) und Ruedi Noser (FDP) vereidigt worden. Beide hatten in der ersten Sessionswoche noch im Nationalrat politisiert. Im Ständerat hatten zunächst noch die Zürcher Bisherigen Verena Diener (GLP) und Felix Gutzwiller (FDP) Einsitz genommen. Grund der Verzögerung ist das Zürcher Wahlrecht. Es erlaubt es den Gewählten erst nach Ablauf von Einsprachefristen, ihr Amt anzutreten. Noser wird im Nationalrat vom Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (FDP) abgelöst. Für Jositsch rutschte Angelo Barrile (SP) in den Nationalrat nach.
Montag, 7. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) BUDGET: Nach der ersten Runde der Budgetdebatte im Parlament zeichnet sich wie in den Vorjahren ein Ringen um die Landwirtschaftsgelder ab. Nach der Niederlage im Ständerat hat sich die Bauernlobby am Montag im Nationalrat durchgesetzt. Die grosse Kammer will den Agrarbereich vom Sparhammer verschonen. Rund 93 Millionen Franken mehr für die Bauern budgetiert der Nationalrat im Vergleich zum Ständerat und zum Bundesrat. Allein für die Direktzahlungen will er 61,1 Millionen Franken mehr ausgeben als vorgeschlagen. Ebenfalls zugunsten der Bauern beschloss der Nationalrat eine Aufstockung der Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte ("Schoggigesetz") um 26,7 Millionen auf 94,6 Millionen Franken. Am morgigen Dienstag behandelt der Ständerat insgesamt fünf Differenzen.
- BUNDESHAUSHALT: Das Asylwesen kostet im laufenden Jahr mehr als erwartet. Der Bundesrat beantragte dem Parlament deshalb Nachtragskredite im Umfang von rund 207 Millionen Franken. Das Parlament hat diesen nun deutlich zugestimmt. Nach dem Ständerat nahm auch der Nationalrat die Nachtragskredite an - mit 146 zu 44 Stimmen. Zu reden gaben in den Räten nur die Asylzahlen. Insgesamt unterbreitete der Bundesrat dem Parlament mit dem Nachtrag II zum Budget 2015 Kredite von 258,8 Millionen Franken. Auf die Beschaffungsvorbereitung von Armeematerial entfallen 22 Millionen Franken, auf die Finanzierung von Projekten im Bereich der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) 20 Millionen.
- BUNDESPERSONAL: Das Parlament will den Personalbestand des Bundes auf dem Stand von 2015 einfrieren. Das wären 35'000 Vollzeitstellen. Nach dem Ständerat stimmte auch der Nationalrat einer Motion mit diesem Anliegen zu. Mit 96 zu 77 Stimmen bei 2 Enthaltungen nahm er eine Motion seiner Finanzkommission an. Damit muss der Bundesrat einen Erlassentwurf vorlegen oder eine Massnahme treffen. Die Kommission hatte angemerkt, dass der Personalbestand des Bundes seit 2007 um 2665 Vollzeitstellen zugenommen hat. Das entspricht einer Steigerung von 8,3 Prozent. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf anerkannte das Anliegen im Nationalrat, warnte aber vor einer unbefristeten Plafonierung. Der Bundesrat habe bereits Massnahmen eingeleitet, sagte sie. Das Personalwachstum habe verlangsamt werden können.
- BANKGEHEIMNIS: Ausländische Kunden können nicht mehr auf die Verschwiegenheit der Schweizer Banken zählen. Bis auf eine letzte technische Differenz hat der Nationalrat die Vorlage zum automatischen Informationsaustausch bereinigt. Auf eine zusätzliche Steueramnestie verzichtet er. Eine solche beschloss der Nationalrat im Herbst überraschend, die Idee hatte im Ständerat aber keine Chance. Auch in der Frage, wie Schweizer Bürger mit Konten im Ausland identifiziert werden sollen, gab der Nationalrat nach. Statt der vom Bundesrat vorgeschlagenen Steueridentifikationsnummer, die hohe Kosten verursacht hätte, soll dafür die AHV-Nummer verwendet werden. Die Vorlage geht wieder an den Ständerat.
- VERRECHNUNGSSTEUER: Der Nationalrat hält daran fest, eine Änderung des Verrechnungssteuergesetzes rückwirkend in Kraft zu setzen. Das könnte den Bund über eine halbe Milliarde Franken kosten, weil er auf seit 2011 erhobene Verzugszinsen verzichten müsste. Nach Ansicht des Nationalrats wurden die Zinsen erst nach einer Praxisänderung der Eidgenössischen Steuerverwaltung erhoben, was viele Unternehmen überrascht hat. Für die Zukunft sind sich die Räte einig: Verzugszins soll nicht erhoben werden von Unternehmen, die anstelle der Verrechnungssteuer konzerninterne Dividendenzahlungen melden und die Meldefrist verpassen.
- FINANZPLATZ: Italien soll künftig auf Anfrage Informationen über Steuersünder erhalten. Der Nationalrat hat sich für eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens ausgesprochen und zwar mit 129 zu 13 Stimmen bei 39 Enthaltungen. Die grosse Kammer folgte damit ihrer Wirtschaftskommission, die sich mit 18 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen für das Abkommen ausgesprochen hatte. Stimmt auch der Ständerat dem Abkommen zu, ist es unter Dach und Fach. Das Abkommen erleichtert es italienischen Staatsangehörigen mit Bankkonten in der Schweiz, am italienischen Selbstanzeigeprogramm teilzunehmen. Und es soll den Abfluss von Kapital vom schweizerischen Finanzplatz verhindern. Die Mehrheit im Nationalrat geht davon aus, dass das Änderungsprotokoll zu einer Verbesserung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird.
- DSCHIHAD: Der Nationalrat will das Problem des Dschihadismus in der Schweiz mit Ausbürgerungen lösen. Er hat eine parlamentarische Initiative von SVP-Präsident Toni Brunner (SG) angenommen, welche Söldnern mit einem Doppelbürgerrecht das Schweizer Bürgerrecht automatisch aberkennen will. Dabei könne man den Vollzugsbehörden keinen Ermessensspielraum geben, sagte Brunner. Kommissionssprecher Kurt Fluri (FDP/SO) warnte, dass dadurch die Gewaltenteilung verletzt werde. Zudem werde Symbolpolitik betrieben. SVP und CVP verhalfen der Initiative dennoch zum Durchbruch.
- AUFSICHT: Die SUVA soll nicht der Finanzaufsicht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) unterstellt werden. Der Nationalrat hat eine Motion seiner Finanzkommission mit diesem Ziel abgelehnt. Diese hielt es weder für zeitgemäss noch sachgerecht, die Suva von der Finanzaufsicht und damit auch von der Oberaufsicht durch das Parlament auszunehmen. Nach Ansicht des Bundesrats genügt es, wenn er selber die Oberaufsicht über die Suva ausübt. Er zeigte sich aber bereit, die Unterstellung unter die Aufsicht der EFK zu prüfen. Davon wollte das Plenum jedoch nichts wissen.
- SCHWEIZ - EU: Die bilateralen Verträge mit der EU und die enge Beziehung der Schweiz mit der EU sollen nicht in der Verfassung verankert werden. Der Nationalrat gab zwei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen der CVP- und der BDP-Fraktion keine Folge. Volk und Stände hätten am 9. Februar 2014 mit dem Ja zur SVP-Zuwanderungsinitiative nicht ausdrücklich entschieden, ob die Zusammenarbeit mit der EU fortgesetzt oder abgebrochen werden solle, begründeten CVP und BDP die Vorstösse. Mit der Verfassungsänderung wollen sie das Verhältnis der Schweiz zur EU langfristig klären. Eine knappe Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission hatte die Initiativen abgelehnt und obsiegte im Rat.
- BANKEN: Der Nationalrat ist dagegen, dass die Raiffeisen-Banken Partizipationsscheine ausgeben dürfen. Es handelt sich um eine Art Aktien ohne Stimmrecht. Die heutige Rechtslage verbietet es Genossenschaftsbanken, ihre Eigenmittel auf diesem Weg aufzustocken. Das wollte der Ständerat ändern und nahm eine Motion von Fabio Abate an. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats sprach sich jedoch einstimmig gegen die Motion aus. Der Nationalrat folgte dem Antrag stillschweigend und lehnte den Vorstoss ab.
- MANDATE: Mitglieder des Bundesparlaments dürfen weiterhin auf der Lohnliste von Krankenkassen stehen. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Jean-François Steiert (SP/FR) abgelehnt, der die Regeln für die Unvereinbarkeit ausweiten wollte. Heute dürfen Parlamentarier nicht Einsitz nehmen in Unternehmen, bei welchen der Bund eine beherrschende Stellung hat. Obwohl Grundversicherer laut Bundesgericht öffentliche Aufgaben wahrnehmen und hoheitliche Befugnisse haben, sind sie nach Auslegung des Büros des Nationalrats von dem Verbot nicht betroffen.
- VERWAHRUNG: Auch bei der ordentlichen Verwahrung kann ein Täter lebenslänglich verwahrt werden. Daran hat Justizministerin Simonetta Sommaruga in der Fragestunde des Nationalrates erinnert. Es ging um ein Bundesgerichtsurteil, das Ende November für Aufsehen gesorgt hatte. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine lebenslängliche Verwahrung bei einem mehrfachen Sexualstraftäter nicht gegeben sind. Der Bundesrat sieht das nicht als Indiz für eine Gesetzeslücke. Für die lebenslange Verwahrung gälten besonders hohe Voraussetzungen, stellte Sommaruga fest. Diese seien laut dem Bundesgericht im erwähnten Fall nicht erfüllt. "Das bedeutet aber in keiner Art und Weise, dass der Verurteilte in die Freiheit entlassen wird", betonte sie. In Frage komme die ordentliche Verwahrung, für welche die Voraussetzungen weniger hoch seien. Und diese könne ebenfalls lebenslänglich dauern.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ÜBERWACHUNG: Die Telefonranddaten sollen nicht länger aufbewahrt werden. Der Ständerat hat sich am Montag dafür ausgesprochen, bei der geltenden Frist von sechs Monaten zu bleiben. Er kam damit auf einen früheren Entscheid zurück, um die BÜPF-Vorlage nicht zu gefährden. Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich einverstanden damit. Randdaten geben Auskunft darüber, wer wann mit wem wie lange telefoniert hat oder wer wann an wen einen Brief geschickt hat. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat. Der Bundesrat will mit der Gesetzesrevision vor allem die Überwachung der technologischen Entwicklung anpassen. Das Abhören von Telefongesprächen im Rahmen von Strafverfahren ist schon heute möglich. Kriminelle können sich aber einer Überwachung entziehen, wenn sie über das Internet telefonieren.
- GRENZKONTROLLEN: Der Ständerat will keine systematischen Grenzkontrollen. Er hat im Rahmen einer Sonderdebatte einen Vorstoss der SVP-Fraktion mit 37 zu 6 Stimmen abgelehnt. Die Vertreter der SVP begründeten ihre Forderung mit der Flüchtlingskrise, aber auch mit den Terroranschlägen von Paris und mit Kriminaltourismus. Dem Bundesrat warfen sie vor, die Lage nicht im Griff zu haben und untätig zu sein. Die Gegner wiesen darauf hin, dass eine lückenlose Kontrolle bei 750'000 Grenzübertritten pro Tag nicht möglich sei. Eine solche habe auch vor "Schengen" nie stattgefunden. Justizministerin Simonetta Sommaruga wies den Vorwurf der Untätigkeit zurück und äusserte Kritik an den Kritikern: "Machen Sie der Bevölkerung nicht vor, dass Sie mit solchen Motionen etwas zur Verbesserung der Sicherheit oder für das Asylwesen tun", sagte sie.
- STRAFRECHT: Ordnungsbussen sollen künftig nicht mehr nur Verkehrssünder bezahlen müssen. Auch andere kleine Straftaten sollen auf diese unbürokratische Weise geahndet werden. Der Ständerat hat als Erstrat eine Revision des Ordnungsbussengesetzes mit 35 zu 0 Stimmen angenommen. Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates sollen künftig geringfügige Gesetzesverstösse einfach, einheitlich und an Ort und Stelle mit Ordnungsbussen sanktioniert werden können. Der Ständerat erklärte sich mit dem Entwurf in allen Punkten einverstanden. Insgesamt 17 Gesetze sind von der Vorlage tangiert. Den genauen Deliktkatalog wird der Bundesrat später in einer Verordnung festlegen. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
- MENSCHENRECHTE: Der Ständerat hat einen Bericht des Bundesrates zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zur Kenntnis genommen, den das Parlament anlässlich des EMRK-Beitritts der Schweiz vor 40 Jahren bestellt hatte. Eine Kündigung der EMRK kommt für den Bundesrat nicht in Frage. Das sei keine Option, auch wenn nicht alle Strassburger Urteile gleichermassen überzeugen könnten, schreibt er im Bericht. Die EMRK sei ein zentraler Baustein der europäischen Grundwertegemeinschaft. Die Kündigung würde die Schweiz aussenpolitisch isolieren und dem System zum Schutz der Menschenrechte erheblich schaden. Das Bekenntnis zur Konvention schliesst nach Ansicht des Bundesrates aber nicht aus, die Rechtssprechung kritisch zu verfolgen und sich für Reformen stark zu machen.
Donnerstag, 3. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) BUDGET 2016: Drastische Kürzungen haben im ersten Teil der Budgetdebatte im Nationalrat am Donnerstagmorgen keine Mehrheit gefunden. Der neu zusammengesetzte Nationalrat war sich während der fünfstündigen Debatte grösstenteils einig darin, dass ein weiterer Anstieg der Bundesausgaben verhindert werden muss. Grosse Baustellen im Voranschlag 2016, welcher der Bundesrat vorgeschlagen und der Ständerat praktisch unverändert angenommen hatte, stellten die meisten Fraktionen in den bisher beratenen Blöcken nicht fest. Für die einzige Differenz zum Ständerat sorgte im ersten Teil der nationalrätlichen Budgetdebatte ein erfolgreicher Antrag von Albert Vitali (FDP/LU). Dieser will den Sach- und Betriebsaufwand in den Departementen um 125 Millionen Franken auf 4,08 Milliarden Franken kürzen. Der Nationalrat befindet am Montagnachmittag über weitere Anträge - unter anderem zur Landwirtschaft.
Der Ständerat in Kürze
(sda) UMWELT: Das Parlament will keine neuen Umweltschutzregeln. Der Ständerat ist am Donnerstag dem Nationalrat gefolgt und hat Änderungen des Umweltschutzgesetzes abgelehnt, mit welchen der Bundesrat den Verbrauch natürlicher Ressourcen senken wollte. Die Gesetzesänderungen waren als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative "Grüne Wirtschaft" der Grünen Partei gedacht. Diese empfiehlt das Parlament zur Ablehnung. Dem Bundesrat geht das Volksbegehren ebenfalls zu weit. Weil er das Anliegen an sich für berechtigt hält, legte er dem Parlament aber Gesetzesänderungen vor. Diese sind nun vom Tisch. Der Ständerat beschloss mit 25 zu 17 Stimmen bei 2 Enthaltungen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Über die Initiative wird das Stimmvolk entscheiden.
- GEWÄSSERSCHUTZ: Beim Gewässerschutz steht der Ständerat zu seinem Wort. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, die den Kompromiss mit dem Fischerei-Verband zur Initiative "Lebendiges Wasser" nach kurzer Zeit wieder unterlaufen hätte. Der Vorstoss aus dem Nationalrat verlangte insbesondere, dass die minimale Breite des Gewässerraums unterschritten werden darf. In dem Gebiet ist die landwirtschaftliche Nutzung und die Bautätigkeit eingeschränkt, als Alternative zur Renaturierung stark verbauter Gewässer. Die Mehrheit des Ständerat lehnte es ab, die Vereinbarung mit den Fischern zu verwässern, bevor sie überhaupt umgesetzt werden konnte. Anerkannte Vollzugsprobleme hat der Bundesrat auf dem Verordnungsweg behoben.
- WALD: Baut oder arbeitet der Bund mit Holz, muss er nach Möglichkeit die Verwendung von nachhaltig produziertem Holz fördern. Dieser Meinung ist der Ständerat. Demgegenüber will der Nationalrat, dass in öffentlichen Bauten und subventionierten Bauten ausdrücklich Schweizer Holz verwendet wird. Die kleine Kammer folgte bei der Beratung des geänderten Waldgesetzes der Mehrheit seiner Umweltkommission (UREK). Anders als der Nationalrat will der Ständerat zudem nicht, dass der Bund Erschliessungsanlagen im Wald - ausserhalb von Schutzwäldern - mitfinanziert. Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat.
- GEFÄHRLICHE TRANSPORTE: Der Ständerat will Aufschluss darüber erhalten, wie Risiken beim Transport von gefährlichen Gütern vermindert werden können. Er erwähnt dabei namentlich Chlorgas. Der Ständerat überwies stillschweigend ein Postulat seiner Verkehrskommission (KVF). Sprecherin Géraldine Savary (SP/VD) wies darauf hin, dass durchschnittlich jeden Tag ein Wagen mit in Frankreich produziertem Chlor dem Genfersee entlang in Industriebetriebe im Wallis fahre. 840'000 Menschen seien an dieser Strecke der potenziellen Gefahr sehr schwerer Vergiftungen ausgesetzt. Auch andernorts in der Schweiz, etwa in Basel oder im Tessin, gebe es Besorgnisse wegen Gefahrguttransporten.
- WASSERKRAFT: Der Bundesrat soll bei der Neuregelung der Wasserzinsen nach 2019 die schwierige Situation vieler Wasserkraftwerke berücksichtigen. Das fordert der Ständerat. Ein Vorstoss aus dem Nationalrat geht ihm aber zu weit: Die Kantone sollen nicht auf Wasserzinsen verzichten müssen. Die Motion der nationalrätlichen Energiekommission verlangt, dass die Kantone für Anlagen, die Investitionsbeiträge erhalten, während zehn Jahren ganz oder teilweise auf die Wasserzinsen für die zusätzliche Produktion verzichten. Der Ständerat hat diesen Teil der Motion gestrichen und den geänderten Vorstoss oppositionslos angenommen. Nun entscheidet nochmals der Nationalrat.
- MEDIEN I: Der Bund soll die Zustellung von Zeitungen weiterhin verbilligen. Das Parlament beauftragt den Bundesrat, an der indirekten Presseförderung festzuhalten. Der Ständerat hat eine leicht abgeänderte Motion aus dem Nationalrat oppositionslos gutgeheissen. Der Vorstoss war mit Blick auf ein früheres Sparprogramm eingereicht worden, das eine Streichung der Presseförderung vorsah. Die Räte strichen die Massnahme. Nun wollen sie mit dem Auftrag an den Bundesrat Klarheit schaffen: Auf eine Streichung der indirekten Presseförderung via Abgeltung an die Schweizerische Post soll verzichtet werden, solange keine echte Alternative besteht. Im Ständerat wiesen die Redner auf die schwierige finanzielle Situation vieler Zeitungen hin.
- MEDIEN II: Ein Qualitätslabel ist in den Augen des Ständerates nicht das richtige Mittel, um Kinder und Jugendlichen von für sie nicht geeigneten Internetseiten zu schützen. Die kleine Kammer lehnte eine entsprechende Motion von Nationalrätin Viola Amherd (CVP/VS) ab und folgte dabei der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Die WBK hatte unter anderem auf die erfolgreich verlaufenen Programme "Jugend und Medien" sowie "Jugend und Gewalt" verwiesen. Auch Medienministerin Doris Leuthard vertrat die Ansicht, dass ein Qualitätslabel keinen besseren Schutz bringe. Bei der anstehenden Revision des Fernmeldegesetzes würden Anliegen des Jugendschutzes - etwa Filter - aufgenommen.
- QUECKSILBER: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat die Minamata-Konvention einstimmig gutgeheissen. Diese soll die Freisetzung des gesundheits- und umweltschädlichen Schwermetalls Quecksilber weltweit verringern. Die Konvention schränkt die Produktion von Quecksilber und dessen Verwendung bei der Herstellung von Produkten und in industriellen Prozessen ein. Quecksilberhaltige Produkte werden verboten, sofern eine Alternative zur Verfügung steht. Die Schweiz erfüllt die meisten Verpflichtungen aus der Konvention, Massnahmen sind nur beim Export von Quecksilber nötig.
- WILDSCHUTZ: Jagdbanngebiete sollen künftig Wildschutzgebiete heissen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion mit diesem Anliegen angenommen. Die Begriffsänderung soll die veränderte Funktion der Schutzgebiete abbilden. Es gehe nicht mehr ausschliesslich um den Schutz vor der Jagd, sondern auch vor anderen Störungen, sagte Ivo Bischofberger (CVP/AI), Präsident der Umweltkommission. Es gebe heute andere Gefahren für Wildtiere, sagte auch Umweltministerin Doris Leuthard. Zusätzliche Schutzflächen oder neue Kompetenzen werden mit der Gesetzesänderung nicht geschaffen.
Mittwoch, 2. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) ARMEE: Auch der Nationalrat steht nun hinter der Armeereform. Mit nur sieben Gegenstimmen genehmigte er am Mittwoch die Vorlage, die er vergangenen Sommer noch abgelehnt hatte. Dabei beschloss er, die Armee ganz von den Sparanstrengungen des Bundes auszunehmen. Sie soll 20 Milliarden Franken für vier Jahre erhalten, und nicht wie vom Bundesrat vorgeschlagen 18,8 Milliarden. Neben dem Armeebudget gab auch die Grösse der Truppe zu reden, der Nationalrat blieb aber bei einem Sollbestand von 100'000 Mann. Mit der Reform soll die Armee etwas verkleinert, aber besser ausgerüstet und ausgebildet werden. Zudem soll sie schneller eingesetzt werden können. Diese Stossrichtung der Armeereform war weitgehend unbestritten. Noch keine Einigkeit besteht zur Anzahl Wiederholungskurse: Der Ständerat will fünf, der Nationalrat sechs WK zu je drei Wochen.
- US-GEHEIMDIENSTAFFÄRE: Laut dem Nationalrat muss die Regierung keinen öffentlichen Bericht erarbeiten, der die Hintergründe der NSA-Abhöraffäre und die Rolle des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) vertieft. Bundesrat Ueli Maurer wies darauf hin, dass verschiedene Abklärungen dazu im Gange seien. Diese seien aber vertraulich und nur für die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) zugänglich. Zudem sei eine Expertengruppe daran, die künftige Datensicherheit sicherzustellen. Der Nationalrat liess sich von Maurers Argumenten überzeugen. Mit 125 zu 58 Stimmen lehnte er ein Postulat von Nationalrat Jean Christophe Schwaab (SP/VD) ab.
- ARMEE: Der Bundesrat wird im ersten Quartal 2016 einen umfassenden Bericht zur Zukunft der Wehrpflicht in die Vernehmlassung schicken. Darin werden laut Bundesrat Ueli Maurer verschiedene Szenarien - vom Status quo bis zur allgemeinen Wehrpflicht für Frauen und Männer - diskutiert. Der Bericht wurde von einer Arbeitsgruppe verfasst, die nach dem klaren Nein zur Aufhebung der Wehrpflicht im Jahr 2013 eingesetzt worden war. Maurer erwähnte dies in der Antwort auf ein Postulat von Nationalrat Hugues Hiltpold (FDP/GE), das einen ebensolchen Bericht fordert. Hiltpold zog seinen Vorstoss zurück.
Der Ständerat in Kürze
(sda) BANKGEHEIMNIS I: Das Ende des Bankgeheimnisses für ausländische Kunden ist besiegelt. Der Ständerat hat am Mittwoch als Zweitrat den rechtlichen Grundlagen zum automatischen Informationsaustausch zugestimmt. Im Gegensatz zum Nationalrat mochte er keine Grundsatzdebatte mehr führen. Er genehmigte Vorlagen mit drei beziehungsweise vier Gegenstimmen aus den Reihen der SVP. Zu reden gaben Einzelheiten - insbesondere die Frage, ob bei der Abwicklung eine spezielle Steueridentifikationsnummer oder die AHV-Nummer verwendet werden soll. Der Bundesrat schlägt eine spezielle Nummer vor. Auf Wunsch der kantonalen Finanzdirektoren sprach sich der Rat deutlich dafür aus, die AHV-Nummer zu verwenden. Chancenlos war im Ständerat die Steueramnestie, die der Nationalrat überraschend ins Gesetz eingebaut hatte. Die Mehrheit sah darin einen Affront gegenüber ehrlichen Steuerzahlenden. Die Vorlagen gehen nun zur Differenzbereinigung an die grosse Kammer zurück.
- BANKGEHEIMNIS II: Das Parlament ist zwar für den automatischen Informationsaustausch (AIA), will aber keine strengeren Regelungen für Kunden aus Ländern ohne solche Abkommen. Der Ständerat trat mit 28 zu 15 Stimmen auf eine entsprechende Änderung des Geldwäschereigesetzes nicht ein. Gleiches hatte im Herbst schon der Nationalrat getan. Damit ist die Vorlage vom Tisch. Die knappe Mehrheit der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) nannte die vorgeschlagene Bestimmung einen "Swissfinish", der der Finanzbranche Standort- und Wettbewerbsnachteile brächte. Namentlich die SP-Vertreter hätten eine Debatte gewünscht. Für sie ging es um die Reputation des Finanzplatzes Schweiz.
Dienstag, 1. Dezember 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) UMWELT: Das Parlament empfiehlt dem Stimmvolk, die Initiative "Grüne Wirtschaft" abzulehnen. Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat dagegen ausgesprochen, mit 129 zu 61 Stimmen. Für ein Ja plädierten am Dienstag die Vertreter der Grünen, der SP, der Grünliberalen und der EVP. Mit der Initiative wollen die Grünen den Ressourcenverbrauch senken. Heute verbraucht die Schweiz viel mehr Ressourcen als im gleichen Zeitraum nachwachsen. Würde sich die gesamte Erdbevölkerung so verhalten, bräuchte es rund drei Erden. Die Initianten fordern, dass der ökologische Fussabdruck bis ins Jahr 2050 auf eine Erde reduziert wird. Bei einem Ja müsste der Bund Zwischenziele festlegen. Würden diese nicht erreicht, müsste er Massnahmen ergreifen, etwa Vorschriften für Produkte oder Lenkungsabgaben erlassen. Die bürgerliche Mehrheit ist der Auffassung, dies wäre schädlich für die Wirtschaft.
- ENTEIGNUNGEN: Die Räte verlangen vom Bundesrat, das Enteignungsrecht vertieft auf Revisionsbedarf zu prüfen. Der Nationalrat hat zwei Motionen dazu überwiesen. Die Motionäre Fabio Regazzi (CVP/TI) und Markus Ritter (CVP/SG) hatten zunächst verlangt, das Enteignungsrecht vollständig zu revidieren. Regazzi hatte Rechtsunsicherheiten ins Feld geführt. Ritter verlangte eine marktkonforme Entschädigung der Landeigentümer bei Enteignungen. Beide Motionen wurden von den Räten dann aber zu Prüfaufträgen umformuliert.
- HÄUSLICHE GEWALT: Der Nationalrat will die Kantone nicht gesetzlich verpflichten, für Opfer von häuslicher Gewalt genügend Plätze in Institutionen anzubieten. Er gab einer parlamentarischen Initiative aus der SP mit 99 gegen 84 Stimmen keine Folge. Der Vorstoss stammt von alt Nationalrätin Jacqueline Fehr (SP/ZH). Rund jede zweite Schutz suchende Frau habe 2012 in Frauenhäusern mangels Platz abgewiesen werden müssen, schrieb sie. Die Mehrheit der Rechtskommission des Nationalrates unterstützte das Anliegen. Dagegen äusserte sich die SVP. Sprecherin Natalie Rickli (ZH) verwies auf die Zuständigkeit der Kantone bei der Umsetzung des Opferhilfegesetzes. "Eine Einmischung des Bundes ist nicht nötig."
- LANDWIRTSCHAFT: Der Nationalrat will den Bundesrat und die Bundesverwaltung nicht dazu verpflichten, bei der Aushandlung und Änderung von Staatsverträgen die einheimische Landwirtschaft zu schützen und zu diesem Zweck die Einfuhr von Lebensmitteln zu beschränken. Er hat eine parlamentarische Initiative von Rudolf Joder (SVP/BE) mit 114 zu 72 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Im Blick hatte der Initiant vor allem Freihandelsabkommen. Für das Anliegen machte sich Andreas Aebi (SVP/BE) stark. Er wies auf die sinkende Zahl von Landwirtschaftsbetrieben und den tiefen Selbstversorgungsgrad hin. Der Mehrheit im Rat ging der Vorstoss aber zu weit.
- ENERGIE: Der Nationalrat will die Förderung der erneuerbaren Energien nicht aufheben. Er hat mit 108 zu 80 Stimmen bei 2 Enthaltungen eine parlamentarische Initiative der FDP-Fraktion abgelehnt. Die FDP-Fraktion forderte eine Änderung der Bundesverfassung. Wie bereits heute sollte der Bund auf Brennstoffen eine CO2-Lenkungsabgabe erheben können. Die Erträge sollten aber vollständig an Haushalte und Unternehmen zurückerstattet werden. Eine Teilzweckbindung wäre damit nicht mehr möglich. Ausserdem sollte der Netzzuschlag zur Finanzierung der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) aufgehoben werden, mit dem die Förderung erneuerbarer Energien finanziert wird. Christian Wasserfallen (FDP/BE) sah den FDP-Vorschlag als Alternative zur zweiten Etappe der Energiestrategie.
- VERTRAUENSÄRZTE: Patientenorganisationen sollen kein Mitspracherecht erhalten bei der Auswahl von Vertrauensärzten. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Thomas Hardegger (SP/ZH) abgelehnt. Der Initiant argumentierte, heute seien die Verbände der Versicherer und der Ärzte Parteien des Vertrauensarztvertrages. Die Patientinnen und Patienten hätten dagegen keinerlei Rechtsstellung. Über sie werde verfügt, zum Beispiel mit der Bestimmung, dass die Vertrauensärztin sie mit Zustimmung der behandelnden Ärztin persönlich untersuchen könne. Damit die Vertrauensärztin unabhängig agieren könne, müssten die Patienten zum Gesprächspartner werden und eine Rechtsstellung erhalten.
- STEUERN: Der Nationalrat will an der straflosen Selbstanzeige einer Steuerhinterziehung nichts ändern. Er gab einer parlamentarischen Initiative aus der SP, die diese Möglichkeit befristen und damit Anreize zur Steuerhinterziehung beseitigen wollte, mit 135 zu 56 Stimmen keine Folge. Die straflose Selbstanzeige dürfe nicht verwechselt werden mit der Steueramnestie, da die Steuern mit Verzugszins nachträglich eingezogen würden, sagte Sprecher Dominique de Buman (CVP/FR). Initiantin Margret Kiener Nellen (SP/BE) wollte die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige aufheben, aus Anreiz zur Steuerehrlichkeit und im Interesse der Weissgeldstrategie.
- STRAFRECHT: Der Nationalrat will nach der Revision des Sanktionenrechts vom Sommer nicht mehr über Anpassungen bei den Geldstrafen reden. Er hat zwei parlamentarische Initiativen aus der SVP-Fraktion keine Folge gegeben. Geldstrafen sollten dazu beitragen, die überfüllten Gefängnisse zu entlasten. Schon kurz nach ihrer Einführung Anfang 2007 wurde Kritik laut. Bemängelt wurde namentlich, dass sie gegenüber Haftstrafen nicht wirkten, lächerlich tief seien oder Kriminelle mit bedingt ausgesprochenen Geldstrafen davonkämen. Im vergangenen Sommer genehmigten die Räte Anpassungen bei den Geldstrafen.
Der Ständerat in Kürze
(sda) BUDGET 2016: Der Ständerat hat das vom Bundesrat vorgeschlagene Budget 2016 und die Nachtragskredite am Dienstag deutlich gutgeheissen. Einzig in einem vergleichsweise kleinen Posten wurde der Betrag aufgestockt. Als einzige Änderung gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag beschloss sie die Erhöhung der Beiträge an die Dachverbände der Familienorganisationen um 0,8 Millionen auf 2 Millionen Franken. Zwei Einzelanträge von Ständerat Stefan Engler (CVP/GR), die eine Aufstockung der Beiträge für die Exportförderung sowie für Schweiz Tourismus forderten, scheiterten im Plenum genauso wie der Vorschlag von Isidor Baumann (CVP/UR), die Direktzahlungen in der Landwirtschaft zu erhöhen. Kontroverser dürfte die Debatte am Donnerstag im Nationalrat sein. Dieser könnte die Landwirtschaft von den Sparmassnahmen ausnehmen.
- UNO-ABKOMMEN: Die Schweiz soll sich auf dem internationalen Parkett glaubwürdig gegen das Verschwindenlassen von Personen einsetzen können. Mit diesem Ziel hat das Parlament einem UNO-Abkommen und der zur Umsetzung nötigen Gesetzesänderungen zugestimmt. Damit kann der Bundesrat das Abkommen nun ratifizieren. Dabei geht es um Menschen, die vom Staat oder mit dessen Billigung festgenommen und an einen unbekannten Ort verschleppt werden. Nicht selten folgten dem Folter oder Tötung, schreibt der Bundesrat in der Botschaft ans Parlament. Weil die Behörden das Verschwindenlassen bestreiten, haben weder die Betroffenen noch Angehörige eine Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Mit dem Abkommen verpflichten sich die Vertragsstaaten daher, jedes Verschwindenlassen unter Strafe zu stellen und Präventionsmassnahmen zu ergreifen.
- VOLKSRECHTE: Knappe Abstimmungsresultate sollen nicht automatisch nachgezählt werden. Das hat der Ständerat beschlossen, und zwar mit einem sehr deutlichen Ergebnis: Er lehnte eine parlamentarische Initiative von Thomas Minder (parteilos/SH) mit 39 zu 2 Stimmen ab. Auslöser war die Abstimmung über das Radio- und Fernsehgesetz im vergangenen Juni. Damals hatten knapp 4000 Stimmen den Ausschlag gegeben. Minder schlug einen Schwellenwert von 0,3 Prozent vor: Nachgezählt werden müsste, wenn die Differenz zwischen Ja- und Neinstimmen darunter liegt. Kommissionssprecher Stefan Engler (CVP/GR) erinnerte daran, dass die jüngste Reform der politischen Rechte erst seit kurzem in Kraft ist. In diesem Rahmen wurde über die automatische Nachzählung diskutiert. Das Parlament entschied aber, weiterhin nur dann nachzuzählen, wenn es zu Unregelmässigkeiten gekommen ist.
- PARLAMENT: Der Ständerat ist dagegen, den Rotstift auch bei den Fraktionssekretariaten anzusetzen. Einstimmig hat er eine parlamentarische Initiative der SVP abgelehnt, die auch bei den Fraktionen sparen möchte, wenn das Bundesbudget gekürzt wird. Der Nationalrat, der mit gutem Beispiel vorangehen wollte, hatte der Initiative zugestimmt, wenn auch knapp. Gezielte Einsparungen seien zielführender als flächendeckende Kürzungen, sagte dagegen Ivo Bischofberger (CVP/AI) als Sprecher des Ratsbüros des Ständerats. Solche würden sich negativ auf die Qualität und Effizienz der Arbeit des Parlaments auswirken.
- GOLD: Der Bundesrat muss die Rolle der Schweiz am Handel mit Gold untersuchen, das unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen abgebaut wird. Der Ständerat hat ein Postulat von alt Ständerat Luc Recordon (Grüne/VD) mit diesem Auftrag angenommen. Dieses verlangt vom Bundesrat auch Vorschläge, was die Schweiz gegen diese Art des Rohstoffabbaus tun könnte. Liliane Maury Pasquier (SP/GE) erinnerte im Ständerat daran, dass siebzig Prozent der weltweiten Goldproduktion in der Schweiz raffiniert werde. Der Bundesrat selber habe in einem früheren Bericht festgestellt, dass Gold beispielsweise in Burkina Faso unter menschenunwürdigen Bedingungen teilweise von Kindern abgebaut und via Togo in die Schweiz gebracht werde. Die Regierung hatte sich bereit erklärt, die Goldindustrie unter die Lupe zu nehmen.
Montag, 30. November 2015
Der Nationalrat in Kürze
(sda) PRÄSIDENTIN: Christa Markwalder leitet für ein Jahr die Sitzungen des Nationalrates. Der Rat hat die 40-jährige Berner FDP-Nationalrätin am Montag zur Präsidentin gewählt. Damit ist Markwalder formell höchste Schweizerin. Mit 159 von 183 gültigen Stimmen erreichte sie kein Glanzresultat. Ihre Vorgänger waren mit 170 beziehungsweise 175 Stimmen gewählt worden. Die so genannte Kasachstan-Affäre könnte Markwalder ein paar Stimmen gekostet haben. 14 Stimmzettel waren leer, 12 Stimmen gingen an FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Für die feierliche Umrahmung der Wahl sorgte Markwalder gleich selbst: Bevor sie die Leitung des Rates übernahm, trat sie als Cellistin auf, in einem parlamentarischen Streichquartett. Das Zusammenspiel sei sowohl in der Musik als auch in der Politik essenziell, sagte Markwalder.
- POTENTATENGELDER: Die Schweiz soll illegale Gelder auch dann einziehen dürfen, wenn die Straftaten eines gestürzten Machthabers verjährt sind. Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat in der zweiten Beratung diesem Vorschlag des Bundesrats zugestimmt. Die grosse Kammer bereinigte diese und eine zweite verbliebene Differenz zum Ständerat und folgte damit ihrer vorberatenden Rechtskommission. Das Geschäft ist nun bereit für die Schlussabstimmung. Bei der Frage der Verjährung folgte der Nationalrat mit 120 zu 62 Stimmen dem Vorschlag des Ständerats. Alle Parteien mit Ausnahme der SVP stimmten gegen eine Verjährung. Das gleiche Bild bei der zweiten Differenz: Wie in der vorberatenden Kommission wollte nur noch die SVP den Kreis auf "nahestehende beteiligte Personen" beschränken, die erkennbar dazu Hilfe leisteten, unrechtmässig erworbene Vermögensdelikte dieser Personen zu halten.
- FIPOI: Der Nationalrat hat Darlehen von 54,4 Millionen Franken für Bauten im internationalen Genf bewilligt. Die Darlehen gehen an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen FIPOI, die wegen Führungsmängeln in die Kritik geraten ist. Aussenminister Didier Burkhalter betonte im Rat, es gehe beim anstehenden Entscheid nicht um die FIPOI, sondern um die Frage, ob das Gebäude der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) neu gebaut werden solle oder nicht. Das Gebäude sei gewissermassen das "humanitäre Herz" von Genf. Der Rat lehnte einen Rückweisungsantrag aus den Reihen der SVP ab und sprach sich mit 130 zu 48 Stimmen bei 3 Enthaltungen für das Darlehen aus. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
- ALTERSPRÄSIDENT: Nationalrat Luzi Stamm (SVP/AG) hat als amtsältestes Ratsmitglied die 50. Legislatur eröffnet. Stamm war 1991 gewählt worden. Einerseits sei die Wahl eine Ewigkeit her, andererseits scheine ihm, als sei es gestern gewesen, sagte der Alterspräsident. Er liess in der Folge Ereignisse der letzten 24 Jahre Revue passieren. Stamm zitierte in seiner Rede aus den Liedern "Ich hatt' einen Kameraden", "Der Mond ist aufgegangen" sowie "What A Wonderful World". Und er pries das Schweizer System als "Bastion gegen Leute, die denken, sie sollten die Macht an sich reissen". Wichtig sei, dass man sich nicht von der Macht überrollen lasse, erklärte der SVP-Nationalrat.
- ZUKUNFT: Die jüngste Neugewählte, die 27-jährige Lisa Mazzone (Grüne/GE), hat in ihrer Rede vor dem Nationalrat darauf hingewiesen, dass die Schweiz Teil des "grossen Ganzen" sei. Das Mandat der Gewählten sei auf vier Jahre begrenzt, doch die Konsequenzen ihrer Entscheide beschränkten sich nicht auf diesen Zeitraum. Manches - etwa der Ausstieg aus der Atomenergie - habe eine langfristige Wirkung. Die Nationalrätin der Grünen rief dazu auf, die Zukunft des Planeten nicht auszublenden. Die Politik dürfe sich nicht nur mit Problemen beschäftigen, die ihr heute dringend schienen. Wenn die nötigen Entscheide ständig auf später verschoben würden, sei es eines Tages zu spät.
- VEREIDIGUNG: Zum Auftakt der neuen Legislatur sind die Mitglieder des Nationalrates vereidigt worden. Sie hatten die Wahl zwischen dem Eid und dem Gelübde. Wer den Eid ablegte, sprach mit erhobenen Schwurfingern die Worte "ich schwöre es", wer das Gelübde ablegte, sagte "ich gelobe es". 54 der 200 Nationalratsmitglieder wurden zum ersten Mal vereidigt. Sie waren am 18. Oktober neu gewählt worden. Nach der Vereidigung spielte das Parlamentarier-Streichquartett die Schweizer Nationalhymne, stehend sangen die Nationalrätinnen und Nationalräte die erste Strophe des Schweizerpsalms in ihrer jeweiligen Landessprache.
Der Ständerat in Kürze
(sda) RATSPRÄSIDIUM: Der Ständerat hat am Montag den Neuenburger Freisinnigen Raphaël Comte zu seinem neuen Präsidenten gewählt. Der erst 36-jährige Jurist erhielt alle 44 gültigen Stimmen. Er ist der achte Ständeratspräsident aus dem Kanton Neuenburg und Nachfolger des Jurassiers Claude Hêche (SP). Sein Präsidialjahr will Comte unter dem Zeichen der Kultur und der Öffnung führen. An seine Ratskolleginnen und -kollegen richtete Comte mahnende Worte angesichts von anstehenden Themen wie Aussenbeziehungen, Rentenreform, Energiestrategie oder Unternehmenssteuerreform: "Das Volk erwartet von uns, dass wir lösungs- und nicht problemorientiert sind und dass wir uns nicht in kleinlichem Gezänk verlieren".
- VEREIDIGUNG: Im Ständerat sind zehn neue Mitglieder vereidigt worden: Philipp Müller (FDP/AG), Andrea Caroni (FDP/AR), Josef Dittli (FDP/UR), Hans Wicki (FDP/NW), Beat Vonlanthen (CVP/FR), Peter Hegglin (CVP/ZG), Olivier Français (FDP/VD), Erich Ettlin (CVP/OW), Beat Rieder (CVP/VS) und Damian Müller (FDP/LU), der mit 31 Jahren das jüngste Mitglied des Ständerats ist. Die beiden Zürcher Daniel Jositsch (SP) und Ruedi Noser (FDP) fehlten, weil ihre Wahl noch nicht rechtskräftig ist. Sie werden voraussichtlich nächste Woche vereidigt.
- ÄRZTESTOPP: Der provisorische Zulassungsstopp für Ärzte wird dauerhaft ins Gesetz geschrieben. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat für die Einschränkung ausgesprochen. Die Kantone können damit künftig die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten von einem Bedürfnis abhängig machen, wobei der Bundesrat die Kriterien für den Bedürfnisnachweis festlegt. Mediziner, die mindestens drei Jahre an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben, benötigen keinen Bedürfnisnachweis. Der Bundesrat wollte weitergehende Einschränkungen. Für Gesundheitsminister Alain Berset stand aber im Vordergrund, dass es überhaupt eine Möglichkeit zur Steuerung des ambulanten Bereichs gibt.
- JUGENDFÖRDERUNG: Der Ständerat lehnt es ab, die Kinder- und Jugendförderung in der Bundesverfassung zu verankern. Er hat eine neue rechtliche Grundlage einstimmig abgelehnt. Diese war von der Bildungskommission des Nationalrats aufgrund einer parlamentarischen Initiative ausgearbeitet worden. Schon der Nationalrat stimmte nur einem Teil der Vorlage zu, der Ständerat hat sie nun ganz versenkt. Wie der Bundesrat ist auch die kleine Kammer der Auffassung, dass es in dem Bereich keinen Handlungsbedarf gibt.
- BERUFLICHE VORSORGE: In der beruflichen Vorsorge sollen Versicherte, welche die Anlagestrategie für ihr Vorsorgeguthaben selbst wählen, künftig auch das Risiko dafür tragen. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat für die Revision des Freizügigkeitsgesetzes ausgesprochen. Betroffen sind ausschliesslich Lohnanteile über dem Anderthalbfachen des oberen Grenzbetrages der obligatorischen beruflichen Vorsorge - derzeit 126'900 Franken - und Vorsorgeeinrichtungen, die nur im überobligatorischen Teil tätig sind. Diese können ihre Versicherten unter unterschiedlichen Anlagestrategien auswählen lassen.