Die «Gabelsbergeraner» – die Anhänger des Systems von Franz Xaver Gabelsberger – muss es schwer getroffen haben, als ihr führender Kopf, Prof. Dr. Adolf Socin, zum Lager der «Vereinfachten» und damit zum System von Ferdinand Schrey überlief. Von nun an befehdeten die «Gabelsbergeraner» die Schrey-Anhänger noch erbitterter, während die «Stolzeaner» – die Anhänger des Systems von August Wilhelm Heinrich Stolze – als lachende Dritte triumphierten, da sich die «Gabelsbergeraner» bei der Reform ihres Systems angeblich der «Stolzeschen Zeichen» bedient hatten. Nach jahrelangem Zwist kreierten in der Schweiz 1897/1898 zwei der drei rivalisierenden Schulen das «Einigungssystem Stolze-Schrey».

 

Franz Xaver Gabelsberger. Seine Kurzschrift bildete nebst denjenigen von Heinrich Wilhelm Stolze und Ferdinand Schrey die Grundlage für viele spätere Stenographie-Systeme.
Aus: Reber-Alge 1909, S. 5

 

Nicht wenige Mitarbeiter des noch jungen Stenographischen Büros der eidgenössischen Räte spielten im auch länderübergreifenden Netzwerk ihrer «Schriftgenossen» eine herausragende Rolle. Mit Wucht verteidigten sie jeweils «ihre» Stenographie-Schule, regten Reformen derselben an, waren aktiv in den zahlreichen regionalen und nationalen Vereinen wie auch in der Aus- und Weiterbildung und verfassten Grundlagenwerke und Lehrbücher zur Stenographie.

Ein sportliches Gepräge gaben der Zunft die Wettkämpfe, bei denen auch Bundesstenographen ganz vorne mittaten. So wurde beispielsweise Carl Jäger an «Jahreswettschreiben» in der Kategorie Schnellschreiben von den ausgehenden 1880er Jahren bis in die 1890er Jahre mehrmals zum Sieger gekürt.

Dr. Otto Vollenweider, ab 1921 langjähriger Leiter des Stenographischen Dienstes, wurde 1908 als «Meisterschaftsschreiber» prämiert – das Kulturmagazin «Du» porträtierte ihn rund dreissig Jahre später übrigens mit Superlativen wie «Mann mit der Schnellsten Handschrift» und «grösster Meister der deutschsprachigen Länder»; er soll eine Schreibleistung von bis zu 400 Silben pro Minute erreicht haben.

 

Aus: Du, Nr. 2/1941, S. 63 (Abdruck mit Genehmigung der Du Kulturmedien AG, Zürich)