Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates erachtet es als vordringliches Anliegen einer Regierungsreform, den Bundesrat als Kollegialbehörde zu stärken. Verschiedene Anpassungen auf Gesetzesebene können dazu beitragen, dem Kollegialprinzip mehr Gewicht zu verschaffen. Dazu gehören auch verschiedene Massnahmen zur Stärkung der Bundeskanzlei.

Im Rahmen seiner Zusatzbotschaft zur Regierungsreform vom 13. Oktober 2010 unterbreitete der Bundesrat auch eine Vorlage mit verschiedenen Änderungen des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (01.080 s Staatsleitungsreform, Vorlage 6: Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz, RVOG). Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll der Bundesrat als Kollegialbehörde gestärkt werden. So sollen die Mitglieder des Bundesrates neu verpflichtet werden, das Kollegium regelmässig über ihre Geschäfte und damit zusammenhängende Probleme zu informieren. Einzelne Bundesratsmitglieder sollen zudem vom Kollegium zur Herausgabe von Informationen verpflichtet werden können. Bei verschiedenen in den letzten Jahren aufgetretenen Krisensituationen (Finanzkrise / Libyen-Affäre) hat sich gezeigt, dass der Bundesrat als Kollegialbehörde nicht immer optimal funktioniert hat. Die Kommission will deshalb rasch gesetzgeberische Zeichen setzen und diese Vorlage unverzüglich behandeln.

Zur Stärkung des Bundesrates als Kollegialbehörde kann nach Ansicht der Kommission auch eine gestärkte Bundeskanzlei beitragen. So soll die Bundeskanzlerin neu ein erweitertes Antragsrecht im Bundesrat haben und sie soll von den Departementen direkt Auskünfte verlangen können. Weiter sind zusätzliche Unterstützungs- und Beratungsaufgaben der Bundeskanzlei im Bereich des Krisenmanagements vorgesehen. Mit 16 zu 8 Stimmen und einer Enthaltung stimmte die Kommission der Schaffung eines bei der Bundeskanzlei angesiedelten Präsidialdienstes zu. Ein erfahrener Dienst soll für eine professionelle und kontinuierliche Wahrnehmung der spezifischen Präsidialaufgaben wie zum Beispiel der Pflege der internationalen Beziehungen sorgen. Dadurch sollen unkoordinierte Sololäufe der jeweiligen Amtsinhaber vermieden werden. Die Kommissionsminderheit erachtet dies als nicht zielführende Aufblähung der Verwaltung.

Die Kommission hat die so modifizierte Vorlage in der Gesamtabstimmung einstimmig angenommen, so dass sie in der Wintersession behandelt werden kann. Die Vorlagen des Bundesrates für eine weitergehende Regierungsreform, womit insbesondere ein zweijähriges Bundespräsidium vorgeschlagen wird, werden später behandelt. Zurzeit ist eine Subkommission der SPK daran, noch weitere grundlegende Reformvorschläge zu prüfen.

10.534 Pa.Iv. Stahl. Änderung von Artikel 164 Bundesverfassung

Nationalrat Stahl (V, ZH) verlangt mit seiner parlamentarischen Initiative, dass die Bundesverfassung mit einer Bestimmung ergänzt wird, wonach die Bundesversammlung verpflichtet wird, im Rahmen der Gesetzgebung systematisch deren wirtschaftliche Auswirkungen und finanzielle Konsequenzen zu berücksichtigen. Die Kommission betrachtet das Anliegen der Initiative in der Sache als erfüllt: Sowohl das geltende Parlamentsgesetz als auch ausführende Bestimmungen des Bundesrates legen grosses Gewicht auf eine umfassende und detaillierte Überprüfung der finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetzgebung. Das Problem kann allenfalls darin gesehen werden, dass aus dieser Überprüfung nicht immer die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Dieses Problem wird aber durch eine zusätzliche Verankerung dieser Grundsätze auf der Stufe der Bundesverfassung nicht gelöst. Die Kommission beantragt daher mit 14 zu 9 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben.

11.417 n Pa.Iv. Heer. Einschränkung der Suspensionsverfügungen

Die Kommission will kriminellen Ausländern, die mit einem Landesverweis oder mit einer Einreisesperre belegt sind, keine befristeten Einreisebewilligungen mehr zugestehen. Mit 14 zu 10 Stimmen bei zwei Enthaltungen hat sie einer parlamentarischen Initiative von Nationalrat Heer (V, ZH) zugestimmt, die das Ausländergesetz so ändern will, dass die Behörden sogenannte Suspensionsverfügungen nur noch in eingeschränktem Mass ausstellen können. Solche Verfügungen können durch die Ausländerbehörden aus humanitären Gründen, so zum Beispiel für familiäre Angelegenheiten, erlassen werden. Die Kommission erachtet es als folgerichtig, dass für verurteilte Kriminelle, welche die Schweiz rechtmässig nicht mehr betreten dürfen, keine Ausnahmen gestattet werden sollen. Insbesondere soll eine vorübergehende Einreiseerlaubnis nicht zur Begehung neuer Straftaten missbraucht werden können. Die Kommissionsminderheit lehnt die Initiative ab, weil sie humanitäre Gründe für eine befristete Einreise höher gewichtet als die Gefahr einer neuerlichen Straffälligkeit während eines befristeten Aufenthaltes. Vor ihrer Umsetzung muss der Initiative noch die Ständeratskommission zustimmen.

11.409 n Pa.Iv. Frehner. Ausschluss vom Asylverfahren für Drogenhändler

Mit 17 zu 8 Stimmen hat die SPK eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Frehner (V, BS) abgelehnt, nach der Asylsuchende, die nach dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten oder mehr verurteilt wurden, vom Asylverfahren ausgeschlossen werden sollen. Die Kommission anerkennt zwar die vom Initianten aufgegriffene Problematik, bezweifelt jedoch, dass das Problem durch einen Ausschluss aus dem Asylverfahren gelöst werden kann. Die Einstellung des Asylverfahrens führt nicht automatisch dazu, dass ein Ausländer die Schweiz verlassen muss. Die Durchführbarkeit der Wegweisung muss dennoch geprüft werden. Diese Personen müssen unter Umständen dennoch vorläufig aufgenommen werden. Die Kommission erblickt in der vorgesehenen generellen Beschleunigung der Verfahren und in der prioritären Behandlung der Gesuche von straffälligen Asylsuchenden die besseren Massnahmen, um das Problem zu beheben. Die Minderheit der Kommission geht mit dem Initianten einig, dass sich Drogenhandel und Flüchtlingseigenschaft gegenseitig ausschliessen. Wer in seinem Gastland mit Drogen handelt, soll seinen Anspruch auf ein Asylverfahren verwirken. Durch eine entsprechende Änderung des Asylrechts könne diesem offensichtlichen Rechtsmissbrauch ein Riegel geschoben und eine präventive Wirkung erzielt werden.

Die Kommission tagte am 8. September 2011 unter dem Vorsitz von Nationalrat Yvan Perrin (V/NE).

 

Bern, 9. September 2011  Parlamentsdienste