Humanforschungsgesetz
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates führte die Detailberatung des Humanforschungsgesetzes zu Ende. Sie fordert dreimonatige Fristen für die Bearbeitung von Gesuchen, den Einsitz von Patientenvertretungen in der Ethikkommission und überträgt dem Bundesrat Kompetenzen für das Erlassen von Ausführungsvorschriften.

 

Die Kommission führte die Detailberatung ab Artikel 30 des Humanforschungsgesetzes (Bundesgesetz über die Forschung am Menschen; 09.079) zu Ende. Eine zweite Lesung sowie die Gesamtabstimmung werden im Januar 2011 in Angriff genommen.

Die Kommission folgte mehrheitlich der bundesrätlichen Version. Die Frage, ob den Ethikkommissionen Bearbeitungsfristen für Gesuche vorzuschreiben seien (Art. 44 Abs. 2) wurde rege diskutiert. Mit 13 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen stimmte die WBK-N dem Antrag für die Einführung einer dreimonatigen Bearbeitungsfrist zu. Gegner dieser Bestrebung argumentierten, dass die Ethikkommissionen sich aufgrund dieser Vorgabe jeweils drei Monate Zeit lassen könnten, auch wenn Dringlichkeit angesagt sei. Keine Zustimmung hingegen fand der Antrag für eine Verschärfung der Bewilligungserteilung. Beantragt wurde, dass neben den ethischen und rechtlichen auch die sozialen Anforderungen sowie die wissenschaftlichen Standards an die Forschungsmethode zu erfüllen seien, damit ein Gesuch bewilligt wird.

Diskussionen löste auch die Frage der Zusammensetzung der Ethikkommissionen für die Forschung aus (Kapitel 9, Art. 50-54). Umstritten war etwa, ob die Patientenvertretungen auf die Ebene der Sachverständigen gehoben und dadurch zum festen Bestandteil der Ethikkommissionen gemacht werden sollen. Im Gesetzesentwurf wird der Entscheid über deren Einsitz den Kantone überlassen (Art. 52 Abs. 1), was der heutigen Praxis entspricht. Die Kommission beschloss mit 12 Stimmen bei 12 Enthaltungen die Patientenvertretung in der Ethikkommission zu verankern. Nicht zugestimmt wurde dem Antrag eines Einbezugs von externen Fachpersonen als Gutachterinnen und Gutachter (Art. 52 Abs. 2) durch die Ethikkommission, falls Letztere nicht über die entsprechende Fachkompetenz verfüge.

Mit 16 zu 6 Stimmen bei 4 Enthaltungen wurde der Vorschlag, dass die Kantone nur im Falle von gewinnorientierter Forschung Gebühren erheben dürfen, abgelehnt. Mit 19 zu 1 Stimme bei 4 Enthaltungen wurde hingegen einer Änderung von Art. 54 Abs. 2 zugestimmt, so dass die Ethikkommissionen dem BAG nicht nur über die Art und Anzahl der beurteilten Forschungsprojekte jährlich Bericht zu erstatten haben, sondern auch über die Bearbeitungszeiten.

Einstimmig fand ein neuer Artikel zur Regelung von Ausführungsvorschriften Aufnahme ins Gesetz. Dieser überträgt dem Bundesrat die Kompetenz, die Ausführungsvorschriften zu erlassen. Der Bundesrat beachtet das mit den einzelnen Forschungsbereichen verbundene Ausmass der Gefährdung von Würde und Persönlichkeit, wenn er etwa die wissenschaftlichen Anforderungen oder Ausnahmen von der Haftung festlegt.

Mit dem Psychologieberufegesetz (09.075) wird eine Verbesserung des öffentlichen Gesundheitsschutzes aber auch des Konsumentenschutzes angestrebt.

Die Kommission ist mit 19 zu 2 Stimmen auf die Vorlage eingetreten. Mit demselben Stimmenverhältnis lehnte sie sodann einen Rückweisungsantrag ab, der den Regelungsbereich auf die Psychotherapie beschränken wollte.

Wie bereits ihre Schwesterkommission, diskutierte die WBK-N im Rahmen der Eintretensdebatte darüber, ob der Schutz der Berufsbezeichnung auf Masterstufe mit der Bolognareform an den Hochschulen vereinbar sei. In der Diskussion wurde deutlich gemacht, dass der Bachelorabschluss in Psychologie sehr wohl Zugang zu einer Reihe von Berufsfeldern etwa im Bereich des Personalwesens oder des Marketings gewährt, nicht aber die Fähigkeiten garantiert, die nötig wären, um eine selbständige Tätigkeit als Psychologin oder Psychologe auszuüben. Demnach muss die Präzisierung Bachelor in Psychologie angebracht werden, wogegen Psychologin oder Psychologe sich nur Absolventen auf Masterstufe nennen dürfen.

Ein anderes umstrittenes Thema sind die Zulassungskriterien zu Weiterbildungsgängen in Psychotherapie. Die Kommission bleibt hier bei der bundes- und ständerätlichen Fassung, die besagt, dass dazu ein Abschluss auf Masterstufe in Psychologie notwendig ist. Dank Bologna werden jedoch verwandte Studiengänge zu entsprechend verkürzten Nachholstudien in Psychologie verhelfen.

Die Kommission wird die Detailberatung Anfangs 2011 abschliessen und zu diesem Zeitpunkt ausführlicher informieren.

Weiter setzte sich die Kommission mit XFEL – der Name XFEL steht für Europäische Freie-Elektronen-Röntgenanlage – auseinander. Der Bau dieser Anlage in Hamburg wurde bereits 2009 in Angriff genommen. Diese Forschungsinfrastruktur soll der Wissenschaft neue Einblicke in die Struktur und Entstehung von Molekülen ermöglichen. Mit ultrakurzen Röntgenblitzen sollen ab 2014 neue Erkenntnisse des Nanokosmos gewonnen werden. Nach der einstimmigen Zusage des Ständerates für eine Teilnahme der Schweiz an dieser Forschungsanlage stimmte auch die WBK-N mit 21 Stimmen bei einer Enthaltung dem Bundesbeschluss über die Genehmigung der Schweizer Teilnahme an der internationalen Forschungsinfrastrukturanlage European XFEL (10.047) zu. Der für eine Schweizer Beteiligung bis 2015 benötigte Betrag von 26.7 Mio. CHF wurde bereits 2007 vom Parlament bewilligt. Der Nationalrat berät das Geschäft in der Wintersession.

Die Vertreter der Verwaltung informierten gleichzeitig auch über das Schweizerischen Projekt SwissFEL, welches am Paul Scherrer Institut realisiert werden soll.

Aufgrund einer Differenz zwischen dem National- und Ständerat hatte die Kommission auch über Eintreten oder Nichteintreten auf den von ihr erarbeiteten und vom Nationalrat angenommenen Erlassentwurf zur Regelung des Transportes von Schlachttieren zu beraten (07.417 pa. Iv. Marty Kälin. Grenzkontrollen und Tiertransporte). Der Ständerat hatte Nichteintreten beschlossen, da die Durchfuhr von Schlachttiertransporten bereits auf Verordnungsstufe geregelt sei. Die Mehrheit der WBK-N beschloss jedoch einstimmig an ihrem Erstentscheid festzuhalten und beantragt ihrem Rat, auf das Geschäft einzutreten.

Die Kommission tagte am 18./19. November 2010 unter dem Vorsitz von Nationalrat Lieni Füglistaller (SVP/AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Didier Burkhalter in Bern. 

 

Bern, 19. November 2010  Parlamentsdienste