Forschung am Menschen. Bundesgesetz
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates hat das Humanforschungsgesetz beraten (09.079). Intensiv diskutiert wurden insbesondere die Problematik der Heilversuche, die Einrichtung von Ombudsstellen und Haftpflichtfragen. Die Gesamtabstimmung wurde vertagt.

Nachdem der Nationalrat am 9./10. März 2011 das Humanforschungsgesetz debattiert und es in der Gesamtabstimmung angenommen hatte, beriet die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) die Vorlage. Sie führte zunächst Hearings durch, in denen Vertreterinnen und Vertreter der Forschung, der Pharmaindustrie, der Zentralen Ethikkommission und einer Patientenorganisation angehört wurden.

Die WBK-S trat anschliessend einstimmig auf das Gesetz ein. In der Detailberatung wurde unter anderen die Frage diskutiert, ob Heilversuche zum Geltungsbereich des Gesetzes gehören sollen und wie diese von Forschungsprojekten abzugrenzen seien. Es bestand Einigkeit, dass nicht nur Probandinnen und Probanden in Forschungsprojekten, sondern auch Patientinnen und Patienten in Heilversuchen des Schutzes bedürfen. Die Kommission gelangte jedoch zum Schluss, dass die beiden Themen zu trennen seien und die Heilversuche im Zusammenhang mit der von der Schwesterkommission eingereichten Motion (11.3001) geregelt werden sollen.

Weiter stimmte die Kommission einem Antrag mit 8 gegen 2 Stimmen bei einer Enthaltung zu, der eine Umformulierung des Artikels zur Relevanz (Art. 5) verlangte. Der Vorschlag bringt Klärung in die bereits im Nationalrat viel diskutierte Frage, ob sich die Relevanz auf die Forschungsfrage oder die Forschungsergebnisse zu beziehen habe, indem von der „wissenschaftlich relevanten Fragestellung“ gesprochen wird. Bezüglich der „unzulässigen Anonymisierung“ (Art. 14) schloss sich die WBK-S dem Nationalrat an, der den Artikel streichen möchte.

Länger diskutiert wurde das von einer externen Stellungnahme eingebrachte Anliegen, Ombudsstellen für Teilnehmende an Forschungsprojekten einzurichten. Die Kommission unterstützte diese Idee mehrheitlich und wünscht diese Aufgabe an die Kantone zu delegieren. Eine Minderheit möchte auf Ombudsstellen verzichten. Die Kommission einigte sich darauf, die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) in dieser Frage zu konsultieren, bevor die Schlussabstimmung zum ganzen Humanforschungsgesetz durchgeführt wird.

Auch die Frage der Haftung wurde von der WBK-S aufgegriffen. Mit 7 gegen 4 Stimmen bei einer Enthaltung wurde der Streichung des zweiten Satzes aus Art. 19 Abs. 2 zugestimmt, welcher die Möglichkeit vorsieht, für einzelne Forschungsbereiche längere Verjährungsfristen als 10 Jahre festzusetzen. Eine Minderheit ist gegen die Streichung. Bei Art. 20 Abs. 3 hielt sie mit 9 gegen 2 Stimmen bei einer Enthaltung an der bundesrätlichen Version fest, welche die geschädigten Personen schützen soll, indem diesen etwa ein Forderungsrecht gegen die Haftung sicherstellende Personen gewährt wird.

In mehreren weiteren Punkten hielt die WBK-S am Vorschlag des Bundesrates fest: Der vom Nationalrat eingefügte Art. 20a zum Einbezug urteilsunfähiger Personen in das Einwilligungsverfahren wurde von der Kommission mit 8 gegen 3 Stimmen abgelehnt. In der Frage der Frist, innerhalb derer die Bewilligung nach Einreichen des Gesuchs vorliegen soll (Art. 44 Abs. 2), folgte die WBK-S mit 8 gegen 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen dem Bundesrat, der keine solche Frist vorsieht. Und schliesslich verzichtete die WBK des Ständerates mit 7 gegen 2 Stimmen bei einer Enthaltung auch auf die vom Nationalrat vorgeschlagene Streichung des Art. 49 Abs. 2, der Beschwerde führenden Personen keine Möglichkeit zur Erhebung der Rüge der Unangemessenheit gewährt. Bei der Registrierungspflicht von Forschungsprojekten (Art. 55) nahm die Kommission mit 12 gegen 0 Stimmen eine eigene Variante an, welche diese Pflicht festschreibt, dem Bundesrat aber die Möglichkeit gibt, in Anlehnung an anerkannte internationale Regelungen Ausnahmen davon zu bezeichnen.

Obwohl die Detailberatung abgeschlossen werden konnte, wurde die Gesamtabstimmung aus den oben erwähnten Gründen verschoben. Die Kommission wird sie voraussichtlich in ihrer nächsten Sitzung vom 9. Mai 2011 durchführen, so dass das Geschäft in der Sommersession im Ständerat behandelt werden können sollte.

In derselben Sitzung wurde auch die Motion zu den Heilversuchen der WBK-N (11.3001) beraten. Die Kommission beschloss, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, welche zuhanden der Kommission einen Auftrag an den Bundesrat ausarbeitet.

Bern, 25. März 2011 Parlamentsdienste