Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“
Die SGK-SR lehnt die Volksinitiative  „Ja zur Hausarztmedizin“ einstimmig ab, beantragt einen modifizierten direkten Gegenvorschlag zur Stärkung der gesamten medizinischen Grundversorgung  und will die Initianten mit kurz- und mittelfristigen Massnahmen zugunsten der Hausarztmedizin für einen Rückzug der Volksinitiative motivieren.

Die SGK-SR hat die Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“ und den direkten Gegenvorschlag des Bundesrates (11.062 s) beraten. Sie fasste alle Beschlüsse einstimmig. Den Anliegen der Initianten bringt sie grosse Sympathie entgegen. Sie ist sich mit dem Bundesrat aber einig, dass die privilegierte Verankerung eines Berufsstandes in der Verfassung und die verfassungsmässige Verankerung von Massnahmen auf ganz unterschiedlichen Ebenen ein falscher Weg ist und lehnt deshalb die Volksinitiative ab. Hingegen spricht sie sich für einen modifizierten direkten Gegenvorschlag aus, der einige Elemente des bundesrätlichen Vorschlags zur Sicherung der medizinischen Grundversorgung aufnimmt, in einem Punkt den Initianten aber mehr entgegenkommt. Demgemäss erlässt der Bund auch Vorschriften über die angemessene Abgeltung der Leistungen der Hausarztmedizin. Gleichzeitig beantragt die Kommission für die Beratung eine Fristverlängerung um ein Jahr (Art. 105 Abs. 1 ParlG).
 
Um den berechtigten Anliegen der Initianten entgegenzukommen, stehen für die Kommission in erster Linie konkrete kurz- und mittelfristige Massnahmen im Vordergrund. Sie nahm in diesem Zusammenhang mit Befriedigung von den vom zuständigen Departement eingeleiteten Massnahmen zugunsten eines Masterplans zur Stärkung der Hausarztmedizin Kenntnis. An der nächsten Sitzung im Juni will sie zugunsten von konkreten kurz- und mittelfristigen Massnahmen eine Kommissionsmotion verabschieden, um den Initianten auch seitens des Parlaments eine Verbindlichkeit zu geben.
 
Für 100 Franken Ordnungsbusse bei Cannabiskonsum
 
Ohne Gegenstimme trat die Kommission auf die Revision des Betäubungsmittelgesetzes (Pa. Iv. 04.439 n; Fraktion C) ein, mit der ein Ordnungsbussenverfahren bei Cannabiskonsum eingeführt werden soll. Der Nationalrat hatte in der Frühlingssession 2012 beschlossen, dass die Polizei bei Erwachsenen, die Cannabis konsumieren und nicht mehr als 10 Gramm des Betäubungsmittels auf sich tragen, eine Ordnungsbusse von 200 Franken verhängen kann. Damit werde die Sanktionierung des Konsums etwas vereinfacht, was eine Mehrheit der Kantone unterstütze, wurde in der SGK-SR festgehalten. Sie war sich einig, dass Ordnungsbussen nur bei Erwachsenen möglich sein sollen.
In der Detailberatung fasste die Mehrheit folgende, vom Beschluss des Nationalrats abweichenden Anträge: Die Polizei soll die Kompetenz erhalten, in leichten Fällen von einer Ordnungsbusse abzusehen (7 zu 6 Stimmen; Art. 28b Abs. 1bis);  die Ordnungsbusse soll auf 100 Franken festgelegt werden (11 zu 2 Stimmen; Art. 28b Abs. 2); falls es zum ordentlichen Strafverfahren kommt, soll der Staatsanwaltschaft oder dem Richter die minimale Höhe der Busse nicht vorgeschrieben werden (einstimmig; Art. 28l).
In der Gesamtabstimmung hiess die Kommission die Vorlage, die in der Sommersession in den Ständerat kommt, mit 10 zu 2 Stimmen gut.
 
 
Zustimmung zum Verfassungsartikel über Familienpolitik
 
Mit 8 zu 3 Stimmen trat die Kommission auf den Entwurf zur Verfassungsbasis für eine umfassende Familienpolitik (Pa. Iv. 07.419; Hochreutener) ein. Der Nationalrat hatte in der Frühlingssession 2012 einen neuen Artikel 115a BV beschlossen, gemäss welchem Bund und Kantone die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung fördern und insbesondere für ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen sorgen. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sei ein wichtiges Anliegen der Familien, valorisiere die Ausbildung der Frauen, sei volkswirtschaftlich sinnvoll und beuge der Familienarmut vor, wurde in der SGK-SR argumentiert. Anders als der Nationalrat beantragt die Kommission mit Stichentscheid der Präsidentin, dass der Bund Grundsätze für die Harmonisierung der Alimentenbevorschussung festlegen kann, wenn die Bestrebungen der Kantone nicht ausreichen. Schliesslich stimmte die Kommission der Vorlage, die in der Sommersession in den Ständerat kommt, mit 8 zu 2 Stimmen zu.
 
Epidemiengesetz bereit für den Ständerat
 
Die Kommission war im April auf die Vorlage zur Totalrevision des Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz) (10.107) eingetreten und hatte die Detailberatung durchgeführt. Sie ist nun auf einen Punkt des Entwurfs zurückgekommen und hat einstimmig beschlossen, bei Art. 231 des Strafgesetzbuchs (Verbreiten menschlicher Krankheiten) für den qualifizierten Tatbestand aus gemeiner Gesinnung eine Mindeststrafe von einem Jahr einzufügen. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 12 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung gutgeheissen. Das Geschäft wird anlässlich der Sommersession im Ständerat behandelt.
 
Mehr Spielraum für patronale Wohlfahrtsfonds
 
Wohlfahrtsfonds, die von Arbeitgebern freiwillig alimentiert werden und Arbeitnehmende mit Ermessensleistungen unterstützen, sollen nicht wegen eines zu engen regulatorischen Korsetts verschwinden. Einstimmig unterstützte die Kommission die parlamentarische Initiative „Stärkung der Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen“ (11.457 n, Pelli). Die SGK-NR kann jetzt einen Erlassentwurf ausarbeiten. In der SGK-SR wurde festgehalten, dass Ermessensleistungen von Wohlfahrtsfonds grundsätzlich der AHV-Beitragspflicht unterstehen.
 

Die Kommission tagte am 21. Mai 2012 unter dem Vorsitz von Christine Egerszegi-Obrist (FDP, AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset in Bern. Am 22. Mai 2012 informierte sie sich am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen und im Spital Leuggern über die Protonenstrahlentherapie und das elektronische Patientendossier (im Zusammenhang mit der Motion 11.3007 und dem vom Bundesrat angekündigten Gesetzesentwurf zum elektronischen Patientendossier).
 
Bern, 22. Mai 2012 Parlamentsdienste