Kernenergiehaftpflicht
​Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates hat sich gegen eine parlamentarische Initiative ausgesprochen, welche eine Erhöhung der Deckungssumme bei einem Nuklearunfall in der Schweiz verlangt. Im Gegenzug hat sie beschlossen, sich vertieft mit sicherheitstechnischen und rechtlichen Fragen zum Langzeitbetrieb von Kernkraftwerken zu befassen.

​Die Kommission hat mit 14 zu 9 Stimmen beschlossen, der parlamentarischen Initiative van Singer (12.420 Haftpflichtversicherung für Kernkraftwerk: Anpassung des Betrags) keine Folge zu geben. Die Initiative verlangt eine Anpassung der Deckung im Kernenergiehaftpflichtgesetz (KHG). In Kenntnis des Ausmasses der Schäden und der damit verbundenen Kosten der Nuklearkatastrophe von Fukushima im März 2011 müsse die Höhe der Versicherungsdeckung neu beurteilt werden, argumentiert der Initiant.

Die Mehrheit der Kommission ist jedoch der Meinung, die gegenwärtige Versicherungsdeckung im KHG sei international abgestützt und akzeptiert. Zudem werde sie, sobald die internationalen Übereinkommen von Paris und Brüssel ratifiziert sind und das neue KHG in Kraft treten wird, auf 1.2 Milliarden Euro erhöht. Auch hätte die Vernehmlassung 2005 zum neuen KHG gezeigt, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Deckung von 2.25 Milliarden Franken keine politische Mehrheit fand. Eine weitaus beträchtlichere Erhöhung der Versicherungsdeckung im Sinne des Initianten könnte erst recht nicht umgesetzt werden. Eine Kommissionsminderheit allerdings verweist auf die veränderte Situation nach dem Unfall in Fukushima und ist der Meinung, die Frage nach der Höhe der Versicherungsdeckung bei Nuklearschäden müsse im Rahmen der parlamentarischen Initiative erneut geprüft werden. Sie beantragt, der Initiative Folge zu geben.

Hingegen ist die Kommission überzeugt, die Frage des Langzeitbetriebs von Kernkraftwerken müsse genauer betrachtet werden, insbesondere im Rahmen des schrittweisen Ausstiegs aus der Kernenergie im Zusammenhang mit der Vorlage des Bundesrates zur Energiestrategie 2050. Zu diesem Schluss kam sie, nachdem sie sich vom ENSI und der Verwaltung ausführlich zu sicherheitstechnischen und rechtlichen Aspekten beim Langzeitbetrieb von Kernkraftwerken unterrichten liess. Damit sie ihre Arbeit optimal koordinieren kann, hat die Kommission beschlossen, die Behandlung der parlamentarischen Initiative 12.421 „Maximale Laufzeit für die bestehenden AKW festlegen“ zu sistieren, bis sie sich im Laufe der Beratungen zur Energiestrategie 2050 mit der Betriebsdauer von Kernkraftwerken auseinander setzen wird.

Wasserkraftpotenziale erheben

Im Weiteren hat die Kommission zwei Motionen vorberaten, die die Wasserkraftenergie in der Schweiz erhöhen möchten. Die Motion Stadler („Erhöhung des Ausbauziels für die einheimische Wasserkraft“, 11.3851) will das Ausbauziel der schweizerischen Wasserkraftproduktion erhöhen und die Bewilligungs¬verfahren zum Bau solcher Kraftwerke vereinfachen. Mit 14 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen empfiehlt die Kommission die Ablehnung dieser Motion. Eine Minderheit möchte sie annehmen. Mit 19 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen empfiehlt die Kommission hingegen die Überweisung des ersten Punkts der Motion Luginbühl („Erhebung der Potenziale zur Nutzung der Wasserkraft“, 11.3926). Dieser verlangt eine gründliche Erhebung der Wasserkraftpotenziale in der Schweiz. Da die Wasserkraft¬ wie alle erneuerbaren Energien in der Schweiz eine ausschlaggebende Rolle bei der Energiewende spielen wird, möchte die Kommission damit sicherstellen, dass sie in Zukunft ihr volles Potenzial entfalten kann.

Raumkonzept Schweiz

Die Kommission hat sich auch über das Raumkonzept Schweiz vom Bundesamt für Raumentwicklung informieren lassen. Bei diesem Konzept geht es um die langfristige Raumentwicklung der Schweiz. Die Kommission hat das überarbeitete Raumkonzept Schweiz kritisch geprüft und betont, dass das Parlament bei der Erarbeitung nicht miteinbezogen wurde. Das Raumkonzept Schweiz wurde von den Kantonen, Städten und Gemeinden erarbeitet und bereits verabschiedet. Es ist vorgesehen, dass der Bundesrat das Konzept in den kommenden Wochen genehmigen wird. Aus diesem Grund hat die Kommission entschieden, dass sie in den nächsten Jahren regelmässig über die Entwicklung und den Stand der Arbeiten des Raumkonzepts informiert werden möchte.

Schliesslich hat die Kommission beschlossen, an ihrer nächsten Sitzung die NAGRA zu den offenen Fragen in Bezug auf die Standortsuche für geologische Tiefenlager einzuladen.

Die Kommission hat am 08./09. Oktober 2012 in Bern unter dem Vorsitz von Nationalrat Eric Nussbaumer (S/BL) getagt.

 

Bern, 9. Oktober 2012   Parlamentsdienste