Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates befürchtet, dass noch mehr Lobbyisten und Lobbyistinnen in das Parlamentsgebäude drängen würden, wenn sie sich akkreditieren könnten. Sie spricht sich deshalb gegen eine entsprechende parlamentarische Initiative aus.

Mit 8 zu 3 Stimmen und einer Enthaltung spricht sich die SPK des Ständerates gegen die parlamentarische Initiative von Nationalrat Andrea Caroni (RL, AR) aus, welche die Interessenvertretung im Parlamentsgebäude neu regeln will (12.430 Klare Spielregeln und Transparenz für die Interessenvertretung im Bundeshaus). Am 27. Mai 2013 hat sich die Nationalratskommission mit 16 zu 6 Stimmen für dieses Anliegen ausgesprochen (vgl. Medienmitteilung der SPK-NR vom 28. Mai 2013).

Die Kommission bezweifelt, dass es möglich ist, brauchbare Kriterien für die Zulassung von Lobbyisten zu finden. Es müsste eine rechtliche Definition des „Lobbyisten“ gefunden werden, was nahezu unmöglich erscheint. Die Vergabe und Kontrolle der Zutrittsberechtigungen wäre mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Die Schaffung einer neuen Kategorie von zutrittsberechtigten Personen bringt zudem die Gefahr mit sich, dass die Zahl der Lobbyisten im Bundeshaus weiter zunimmt. Die heute geltende Regelung, welche auf der Selbstverantwortung des einzelnen Ratsmitglieds für die Abgabe seiner zwei Gästekarten aufbaut, ist praktikabel und gewährleistet eine genügende Transparenz: Die Funktionen der Gäste müssen sowohl im Register als auch auf den Badges angegeben werden.

Der Ball liegt somit wieder bei der SPK des Nationalrates, welche sich wird entscheiden müssen, ob sie ihrem Rat beantragen will, der Initiative Folge zu geben oder nicht.

 

Mehr Transparenz bei der Offenlegung der Interessenbindungen von Ratsmitgliedern
Im Gegensatz zur Schwesterkommission des Nationalrates sieht die SPK des Ständerates keinen Mehrwert an Transparenz, wenn im Interessenregister der Ratsmitglieder zusätzlich angegeben wird, ob ein Ratsmitglied eine bestimmte Tätigkeit ehrenamtlich oder gegen Bezahlung ausübt. Die Kommission lehnte deshalb die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Isabelle Moret (RL, VD) mit 5 zu 3 Stimmen und zwei Enthaltungen ab (12.423 Pa.Iv. Interessenbindungen. Unterscheidung zwischen bezahlten und ehrenamtlichen Tätigkeiten.) Die Kommission ist der Ansicht, dass es nicht von grossem Interesse ist, ob die Tätigkeit eines Parlamentsmitglieds entschädigt ist oder nicht. Dagegen würde sich die Öffentlichkeit wohl mehr dafür interessieren, ob eine Tätigkeit mit 1000 Franken oder mit 300‘000 Franken pro Jahr entschädigt wird. Diese Angaben würden aber in erster Linie auf voyeuristisches Interesse stossen, so dass die Kommission hier gar keinen Handlungsbedarf sieht.

Die Nationalratskommission hat der Initiative am 27. Mai 2013 mit 12 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge gegeben (vgl. Medienmitteilung der SPK-N vom 28. Mai 2013). Sie wird sich nun entscheiden müssen, ob sie dem Rat beantragen will, der Initiative Folge zu geben oder nicht.

 

Keine Änderung des Verfahrens für die vorläufige Anwendung von Staatsverträgen
Nachdem der Bundesrat im Jahre 2010 gegen den Willen der konsultierten Kommissionen beider Räte das UBS-Amtshilfeabkommen mit den USA, für dessen definitive Genehmigung das Parlament zuständig ist, vorläufig angewendet hat, ist diese Zuständigkeit des Bundesrates in Frage gestellt worden. Zur Umsetzung von zwei angenommenen Motionen hat der Bundesrat einen Vorschlag für ein neues Verfahren eingebracht: Er möchte zwar an seiner Zuständigkeit festhalten, müsste aber auf die vorläufige Anwendung verzichten, wenn zwei Drittel der Mitglieder jeder der beiden zuständigen Parlamentskommissionen die vorläufige Anwendung ablehnen (12.069 Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Vorläufige Anwendung und Verträge von beschränkter Tragweite).

Dieser Vorschlag des Bundesrates wurde vom Nationalrat als ungenügend abgelehnt; er fand nun aus anderen Gründen auch in der Kommission des Ständerates keine Unterstützung. Die Zuständigkeiten würden dadurch verwischt. Während der Nationalrat die Zuständigkeit für die vorläufige Anwendung an die zuständigen Kommissionen beider Räte übertragen will, möchte die Kommission des Ständerates beim geltenden Recht bleiben. Im Interesse der aussenpolitischen Handlungsfähigkeit soll der Bundesrat die Zuständigkeit behalten, in dringenden und wichtigen Fällen Staatsverträge, die später vom Parlament genehmigt werden müssen, vorläufig anzuwenden.

 

Keine „Lex Südjura“ für Nationalratswahlen
Die Ständeratskommission ist der Ansicht, dass es nicht Aufgabe des Bundes ist, für eine angemessene Vertretung der kantonalen sprachlichen Minderheiten im Nationalrat zu sorgen. Die Kommission spricht sich gegen eine Standesinitiative des Kantons Bern aus (12.314 n Kt.Iv. BE. Zusammensetzung des Nationalrates), welche bereits vom Nationalrat ohne Gegenantrag abgelehnt worden war. Die Initiative fordert eine Änderung der Bundesverfassung, mit welcher den sprachlichen Minderheiten in den mehrsprachigen Kantonen eine bestimmte Anzahl Sitze im Nationalrat zugesichert werden soll. Die Initiative ist geprägt von den Erfahrungen bei den letzten Nationalratswahlen, als kein Vertreter des französischsprachigen Berner Juras in den Nationalrat gewählt wurde. Die Kommission stellt fest, dass andere mehrsprachige Kantone dieses Problem nicht kennen und es deshalb keine Bundeslösung braucht. Eine derartige Lösung würde den Verfassungsgrundsatz in Frage stellen, dass jeder Kanton für die Nationalratswahlen einen Wahlkreis bildet; diese Lösung wird übrigens auch vom Nationalrat selbst nicht gewollt.

 

Volksinitiativen ohne Abstimmungsempfehlung: Kommunikation des Bundesrates
Die Kommission spricht sich mit 4 zu 2 Stimmen und zwei Enthaltungen Stimmen gegen eine parlamentarische Initiative von Ständerat Thomas Minder (SH) aus, welcher dem Bundesrat mehr Zurückhaltung verordnen will, falls die Bundesversammlung keine Abstimmungsempfehlung zu einer Volksinitiative abgibt (13.431 s Pa.Iv. Volksinitiativen ohne Abstimmungsempfehlung. Zurückhaltende Information an die Stimmberechtigten durch den Bundesrat). Der Bundesrat hat nach Ansicht der Kommission bei den bisherigen Fällen genügend transparent gemacht, dass das Parlament keine Empfehlung abgegeben hat. Er ist verpflichtet, über die Position der Behörden zu informieren, auch wenn das Parlament keine Empfehlung abgibt. Die Kommissionsminderheit bestreitet nicht, dass der Bundesrat zu informieren hat. Sie ist aber der Ansicht, dass die Information im Falle eines Fehlens einer Abstimmungsempfehlung neutral sein muss, indem sie sich auf die Darlegung der Argumente Pro und Contra beschränkt.

Die Kommission tagte am 11. November 2013 unter dem Vorsitz von Ständerat Robert Cramer (GE) in Bern.

 

Bern, 12. November 2013   Parlamentsdienste