Energiewende
​Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates hat die Vorlage zur Energiestrategie mit 11 zu 0 Stimmen und einer Enthaltung in der Gesamtabstimmung angenommen (13.074). Die Kommission weicht in ihren Entscheidungen in wesentlichen Punkten vom Beschluss des Nationalrates ab und führt die Vorlage dabei wieder näher an den Entwurf des Bundesrates. Sie setzt aber neue Akzente insbesondere bei der Unterstützung der Wasserkraft, und sie befristet das System zur finanziellen Förderung erneuerbaren Energien.

​Nach ausführlicher Analyse verschiedener Varianten hat die Kommission mit 9 zu 4 Stimmen eine Notfalllösung für einzelne, im Weiterbetrieb gefährdete Wasserkraftwerke beschlossen (Art. 33a-33c). Die Massnahme sieht vor, dass der Bund Anlagen der Grosswasserkraft (mehr als 10 MW), die sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden und deren langfristiger Weiterbetrieb gefährdet ist, eine Finanzhilfe gewähren kann. Sie erfolgt nur im Einzelfall nach eingehender Prüfung, vorausgesetzt, dass alle Betroffenen mit entsprechenden Massnahmen zur Entlastung der Kraftwerke beitragen. So müssen Betreiber und Eigner einen Eigenbeitrag leisten, aber auch die Standortkantone sollen mit einer Reduktion der Wasserzinsen auf 90 Franken/kWbr beim Werk, das Unterstützung erhält, ihren Teil beitragen. Der Bund steuert den Restbetrag bei. Dieser soll mit 0.2 Rappen/kWh aus dem Netzzuschlag finanziert werden (Art. 38 Abs. 1), dessen Höhe die Kommission wie Bundesrat und Nationalrat auf 2.3 Rappen/kWh festlegt (Art. 37 Abs. 3). Die Finanzhilfe ist befristet und soll längstens bis fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen können.

Die Kommissionsmehrheit hält fest, diese gezielte, im Bedarf rasch verfügbare Notfalllösung müsse geschaffen werden, damit die Stromproduktion aus Schweizer Wasserkraft gesichert werden könne. Strom aus Wasserkraft sei eine tragende Säule der inländischen Produktion aus erneuerbaren Energien und unverzichtbar für die erfolgreiche Umsetzung der Energiestrategie 2050. Eine erste Minderheit ist gegen eine Unterstützung der bestehenden Wasserkraft und lehnt zusätzliche Subventionen und damit verbundene Marktverzerrungen ab. Sie ist der Auffassung, noch bestünde kein Handlungsbedarf, und eine Notfalllösung könne im Bedarfsfall rasch geschaffen werden. Die Minderheit stellt sich aber auch gegen die konkrete Massnahme der Kommissionsmehrheit mit der Kritik, sie bevorteile die hochverschuldeten Betreiber und sei keine zweckdienliche Lösung. Sie beantragt, die Höhe des Netzzuschlages lediglich auf 2.1 Rappen/kWh festzulegen. Eine andere Minderheit stimmt zwar der Unterstützung der Grosswasserkraft zu, lehnt aber eine Reduktion der Wasserzinse ab.

Die Kommission hält auch an der verstärkten Förderung für den Ausbau der Wasserkraft fest, wie sie der Nationalrat beschlossen hatte (Art. 30). Ausserdem beantragt sie die Einführung einer CO2-Abgabe auf "Dreckstrom" (Art. 29 Abs. 3 CO2-Gesetz). Diese Idee wurde im Nationalrat knapp verworfen.

Neu legt die Kommission im Gesetz auch eine Frist fest, nach welcher die Förderung erneuerbaren Energien auslaufen wird. So sollen ab dem sechsten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes keine neuen Anlagen in das Einspeisevergütungs-System aufgenommen werden, und ab 2031 sollen auch die restlichen Vergütungen gestoppt werden (Einmalvergütungen, Investitionsbeiträge, Geothermie-Garantien, wettbewerbliche Ausschreibungen sowie Gewässerschutzabgabe; Art. 39a). Um im Gegenzug die Förderung rasch voranzutreiben, soll der Netzzuschlag bereits ein Jahr, nachdem das Gesetz in Kraft gesetzt wird, auf das Maximum von 2.3 Rappen/kWh ansteigen und später bedarfsgerecht reduziert werden können (Art. 74 Abs. 5a). Damit will die Kommission die Förderung der erneuerbaren Energien im Rahmen der Energiestrategie 2050 zügig und wirkungsvoll umsetzen, die finanziellen Unterstützungen aber klar befristen und dadurch eine Kostentransparenz schaffen. Sie unterstreicht dadurch auch den eigentlichen Zweck des Fördersystems, mittels Anschubfinanzierungen neue Technologien rasch zur Marktreife zu bringen. Das System ist abgestimmt auf die von der Kommission gesenkten Richtwerte für den Ausbau der Elektrizität aus erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2035 von 11400 GWh (Art. 2; vgl. Medienmitteilung vom 2. April 2015).

 

Weitere Beschlüsse zur Vorlage im Überblick

Bei der Abnahme- und Vergütungspflicht (Art. 17) sowie bei der Direktvermarktung (Art. 21) übernimmt die Kommission weitgehend das Modell des Bundesrates. Das nationalrätliche Modell wird von einer Minderheit grundsätzlich unterstützt. Die Kommissionsmehrheit will jedoch die Energieerzeuger noch näher an den Markt zwingen, indem sie die Ausnahmebestimmung für kleine oder nicht gut steuerbare Anlagen wegfallen lässt (Art. 24). Bei der Förderung erneuerbaren Energien senkt sie die Untergrenze für Wasserkraftanlagen auf die vom Bundesrat vorgeschlagenen 300 kW (Art. 19); eine Minderheit möchte hier dem Nationalrat folgen und die Untergrenze auf 1 MW festlegen. Ebenso erweitert hat die Kommission die Beiträge zur Förderung der Geothermie (Art. 35; Medienmitteilung vom 30. April 2015).

Bei der Photovoltaik erhöht die Kommission die Untergrenze für den Anspruch auf Einspeisevergütung von 10 auf 30 kW (Art. 19) und setzt die Obergrenze für Investitionsbeiträge ebenso auf 30 kW fest (Art. 28). Die Änderung zielt darauf ab, diese Technologie vermehrt mittels Einmalvergütung zu fördern. Die Kommission präzisiert auch die Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Eigenverbrauch, welche der Nationalrat eingebracht hatte (Art. 18). Diese schaffen die rechtlichen Grundlagen für den Zusammenschluss von Endverbrauchern zum gemeinsamen Eigenverbrauch.

Hingegen strich die Kommission die Bestimmungen zu Effizienzvorgaben für Stromnetzbetreiber aus dem Entwurf (Art. 48; Medienmitteilung vom 30. April 2015). Damit ist die Vorlage ohne verbindliche Effizienzziele für die Stromlieferanten. Die Massnahme hätten Anreize schaffen sollen für den Ausbau von Dienstleistungen im Bereich Energieeffizienz. Eine Minderheit schlägt eine Alternative vor, mit dem Ziel, eine Effizienzsteigerung von mindestens 1.3 TWh zu erreichen. Dies soll wenn möglich durch freiwillige Massnahmen geschehen.

Bei den Änderungen des CO2-Gesetzes unterstützt die Kommission in Übereinstimmung mit dem Nationalrat weitestgehend den Entwurf des Bundesrates. So spricht sich die Kommission insbesondere für strengere Grenzwerte bei CO2-Emissionen von Personenwagen aus und unterstützt auch die Erweiterung der Massnahme auf Lieferwagen und leichte Sattelschlepper (vgl. Medienmitteilung vom 30. April 2015).

Des Weiteren folgt die Kommission der Idee des Nationalrates, energetische Sanierungen im Gebäudebereich über steuerliche Abzugsmöglichkeiten zu fördern, sie möchte mit ihren Änderungen jedoch Mehrfachförderung verhindern (Ziff. 2a und 2b im Anhang; Medienmitteilung vom 12. August 2015).

Schliesslich unterstützt die Kommission, ebenso in Übereinstimmung mit der grossen Kammer, das Verbot zum Bau von neuen Kernkraftwerken in der Schweiz (Art. 12 KEG; Medienmitteilung vom 12. August 2015). Hingegen beantragt die Kommission, sowohl auf eine Laufzeitbeschränkung wie auch auf ein Langzeitbetriebskonzept für Kernkraftwerke zu verzichten (Art. 25a und 106a KEG).

 

Finanzierung neuer Aufgaben im Naturschutz

Im Weitern hat die Kommission beschlossen, der Standesinitiative des Kantons Bern (14.314) keine Folge zu geben. Diese verlangt, dass im Bereich des Naturschutzes zwischen nationalen Objekten einerseits und regionalen sowie lokalen Objekten andererseits unterschieden wird; Projekte mit nationalem Bezug sollen vom Bund und solche mit regionalem Bezug von den Kantonen finanziert werden. Die Kommission ist sich bewusst, dass insbesondere in den Bereichen Gewässerschutz und Biodiversität nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen, möchte aber an der heutigen Mittelverteilung nichts ändern. Sie wird sich allerdings mit dem Mittelbedarf für die Umsetzung dieser Aufgaben separat befassen.

 

Die Kommission hat am 19. August 2015 unter dem Vorsitz von Ständerat Ivo Bischofberger (CE/AI) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrätin Doris Leuthard in Bern getagt.

 

 

Bern, 20. August 2015 Parlamentsdienste