Die Schweiz wurde am 9. Juni 2022 mit 187 Stimmen für die Jahre 2023/24 als nichtständiges Mitglied in den UNO-Sicherheitsrat gewählt. Der Bundesrat hat am 25. Mai 2022 die Prioritäten der Schweiz für ihren Einsitz beraten und heute die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates zu den vier thematischen Schwerpunkten für die zweijährige Mitgliedschaft der Schweiz konsultiert.

Der Bundesrat schlägt folgende vier Schwerpunkte für die zweijährige Mitgliedschaft der Schweiz vor: (i) Nachhaltigen Frieden fördern, (ii) Zivilbevölkerung schützen, (iii) Klimasicherheit angehen und (iiii) Effizienz stärken. Die vorgeschlagenen Prioritäten der Schweiz für den UNO-Sicherheitsrat sind angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage relevant, auch vor dem Hintergrund der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine. Die Kommission unterstützt die vorgeschlagenen Prioritäten grundsätzlich, fordert den Bundesrat aber zu folgenden Ergänzungen auf:

  • Mit 12 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen ist die Kommission der Ansicht, dass beim Schutz der Zivilbevölkerung der Entwicklung in Myanmar sowie der Situation der Rohingya besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll.
  • Mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung spricht sich die Kommission dafür aus, die Stärkung des Menschenrechtsschutzes als zusätzlichen Schwerpunkt in die Prioritäten aufzunehmen.
  • Mit 16 zu 8 Stimmen ruft die Kommission den Bundesrat auf, die Prioritäten dahingehend zu ergänzen, dass die weltweite Hunger- und Ernährungskrise darin explizit abgebildet wird.

Verhältnis Schweiz – EU

Die APK-N wurde von Bundespräsident Ignazio Cassis über den Stand der Sondierungsbespräche mit der EU und die geplanten nächsten Schritte in diesem Zusammenhang informiert. Sie erkundigte sich nach den Erkenntnissen aus dem Bericht betreffend die Regelungsunterschiede zwischen dem Schweizer Recht und dem Unionsrecht im Bereich der Marktzugangsabkommen und entschied, den Autor des Berichts, alt-Staatssekretär Mario Gattiker zu einer kommenden Sitzung einzuladen. Weiter wurden die konkreten Ansätze zur Intensivierung der Sondierungsgespräche thematisiert. Im Rahmen der europapolitischen Debatte reichte die Kommission zudem mit 15 zu 10 Stimmen folgende Vorstösse ein:

  • Kommissionspostulat 22.3872 «Unterschiede zwischen dem Schweizer und dem EU-Recht im Bereich des Arbeitnehmerschutzes»
  • Kommissionsmotion 22.3871 «Sozialpartnerschaftliche Lösungen im EU-Dossier»

Eine Minderheit lehnt beide Vorstösse ab.

Ukraine

Die APK-N hat sich auf den neusten Stand über den Ukrainekrieg gebracht und die jüngsten Entwicklungen analysiert. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen zum einen die Erwartungen an die Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine («Ukraine Recovery Conference»; URC2022), die am 4. und 5. Juli 2022 in Lugano stattfindet, und zum anderen die Unterstützung der humanitären Hilfe und der Lebensmittelversorgung. Die Kommission hat in diesem Zusammenhang folgende Beschlüsse gefällt:

  • Mit 16 zu 9 Stimmen hat sie ein Postulat (22.3870) angenommen, welches den Bundesrat auffordert, einen Bericht über den Einfluss der Lebensmittelspekulation auf die Preise der Grundnahrungsmittel vorzulegen.
  • Mit 12 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen hat sie zudem beschlossen, den Bundesrat per Schreiben zu ersuchen, sie darüber zu informieren, mit welchen kurzfristigen Programmanpassungen die Schweiz ihrer Verantwortung nachkommt und welche Mittel sie dafür verwendet.
  • Den Antrag auf eine Kommissionsmotion, mit welcher der Bundesrat beauftragt werden sollte, dem Parlament einen Nachtragskredit in Höhe von 200 Millionen Franken zuhanden der zuständigen UNO-Agenturen zu unterbreiten, um so die Explosion der Lebensmittelpreise zu bekämpfen, hat die APK-N hingegen mit 13 zu 12 Stimmen abgelehnt. Die Kommission ist sehr besorgt über die aktuelle weltweite Nahrungsmittelkrise, doch ist die Mehrheit der Ansicht, dass die Motion nicht das richtige Instrument ist, um auf ein so dringliches Problem zu reagieren. In den Augen der Minderheit sollte das Parlament sein Budgetrecht nutzen, um auf diese Krise zu reagieren.

Weitere Beschlüsse

Vor dem Hintergrund der Schweizer Massnahmen gegen Russland nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sowie angesichts der Wahl der Schweiz in den UNO-Sicherheitsrat hat die Kommission eine Debatte über die Neutralität geführt. Zur Vertiefung ihrer Kenntnisse über das Neutralitätsrecht und die Neutralitätspolitik hat sie eine Reihe von Fachpersonen aus der Wissenschaft angehört. Sie wird diese Anhörungen an ihrer Augustsitzung fortsetzen. Im Anschluss daran wird sie sich mit dem Bericht des Bundesrates über die Neutralität befassen, der für Ende des Sommers erwartet wird.

Schliesslich wurde die APK-N vom Bundesrat gemäss Artikel 152 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes zur Umwandlung der Schweizer Botschaft in Port-au-Prince (Haiti) in ein humanitäres Büro konsultiert. Sie hat dieses Vorhaben einstimmig gutgeheissen und hofft, dass die Präsenz eines humanitären Büros trotz der verschlechterten Bedingungen vor Ort und der vorgesehenen Sparmassnahmen eine schnelle und effektive Reaktion auf die humanitären Entwicklungen ermöglicht.