Zwei Jahre nach Ausbruch der Covid-Krise verabschiedete der Bundesrat vor wenigen Tagen seine Botschaft zum Abbau der Schulden, die durch die hohen Ausgaben zur Abfederung der Pandemie in den Jahren 2020-2022 entstanden sind. Die Finanzkommission des Nationalrates nahm am 28. März 2022 die Beratung der Vorlage mit der Anhörung von Experten aus der Wissenschaft auf.

1. Finanzhaushaltgesetz (Abbau der coronabedingten Verschuldung). Änderung (22.020 n)

Mit seiner Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, die coronabedingten Schulden des Bundes bis 2035 mittels zukünftiger Finanzierungsüberschüsse abzubauen. Dazu ist eine temporäre Änderung des Finanzhaushaltgesetzes (FHG; SR 611.0) nötig.

Zu Beginn ihrer Beratungen hörte die Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) die Professoren Marius Brülhart von der Universität Lausanne, Christoph A. Schaltegger von der Universität Luzern und Cédric Tille vom IHEID Genf an. Die drei Experten aus der Wissenschaft lieferten der Kommission ihre jeweilige Einschätzung über die Staatsschulden der Schweiz und nahmen Stellung zur Vorlage des Bundesrates sowie zu den anderen Varianten, welche im Rahmen der Vernehmlassung eingebracht wurden (siehe auch den Bericht des EFD über die Ergebnisse der Vernehmlassung).

Die Eintretensdebatte und die Detailberatung wird die Kommission Mitte Mai durchführen. Gemäss aktueller Planung soll sich der Nationalrat in der Sommersession 2022 mit der Vorlage befassen.

2. Finanzpolitische Standortbestimmung

Weiter hat die FK-N den finanzpolitischen Rahmen, den der Bundesrat am 16. Februar 2022 für die Erstellung des Voranschlags 2023 und die Finanzplanjahre 2024–2026 festgelegt hat, mit dem Vorsteher des EFD eingehend diskutiert. Positiv festzuhalten ist, dass die Schweizer Wirtschaft nach zwei Jahren Pandemie ihren Erholungskurs in letzter Zeit fortgesetzt hat. Die Kommission hält jedoch fest, dass die eher positive finanzpolitische Ausgangslage von Mitte Februar, als der Bundesrat für 2023 die Rückkehr zur finanzpolitischen Normalität ohne weitere ausserordentliche Ausgaben prognostizierte, aufgrund der Auswirkungen des Ukraine-Konfliktes inzwischen mit grossen Unsicherheiten behaftet ist. Neben den grossen Risiken für die Konjunktur (siehe hierzu die aktuelle Konjunkturprognose des SECO) und damit für die Entwicklung der Steuereinnahmen des Bundes ist kurzfristig mit zusätzlichen Ausgaben in bestimmten Aufgabengebieten wie dem Asylwesen oder der Humanitären Hilfe zu rechnen. Diese könnten gegebenenfalls Nachtragskredite erfordern.

3. Massnahmen zur finanziellen Stabilisierung der SBB

Die FK-N beantragt mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Motion 22.3008 («Unterstützung der Durchführung der SBB-Investitionen und einer langfristigen Vision in Covid-19-Zeiten») ihrer ständerätlichen Schwesterkommission abzulehnen.

Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass die vom Bundesrat im Dezember 2021 beschlossenen Massnahmen mittelfristig zur finanziellen Stabilisierung der SBB führen werden, ohne dabei die Planung der Arbeiten für den Ausbauschritt 2035 zu beeinträchtigen. Die Ausführungen des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) und des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) haben sie überzeugt. Die beiden Departemente haben der Kommission versichert, dass bei keinem Projekt die Arbeiten absichtlich verzögert werden, um die Investitionen zu bremsen und so die Ausgaben für den Bund zu verringern. Aus Sicht der Mehrheit ermöglicht die Strategie des Bundesrates den SBB, mittelfristig an die finanzielle Situation vor der Pandemie anzuknüpfen, ohne dabei auf geplante Projekte zu verzichten. Der Bundesrat wird zudem Ausgleichsmassnahmen ergreifen, damit genügend Mittel im Bahninfrastrukturfonds (BIF) vorhanden sind.

Die Kommissionsminderheit unterstützt hingegen die Motion. Sie will damit sicherstellen, dass die Arbeiten gemäss der von der Bundesversammlung genehmigten Planung ausgeführt werden. In ihren Augen dürfen die coronabedingten Defizite der SBB nicht zulasten künftiger Investitionen abgebaut werden.

4. Weitere Geschäfte

Die FK-N befasste sich zudem mit dem Prognoseverfahren für die Budgetierung der Verrechnungssteuer, deren Netto-Einnahmen in den vergangenen Jahren gemäss Rechnungsergebnis häufig von den budgetierten Werten abwichen. Es zeigte sich, dass die Einnahmen und Rückforderungen aus der Verrechnungssteuer trotz ausgeklügeltem Schätzmodell für die Finanzplanung aufgrund ihrer Volatilität auch in Zukunft Abweichungen gegenüber den budgetierten Werten aufweisen können.

Schliesslich beriet die FK-N den Tätigkeitsbericht 2021 der Finanzdelegation (FinDel). Dabei thematisierte die Kommission in erster Linie die Erkenntnisse der FinDel im Bereich der Digitalisierung, der Cybersicherheit und der Finanzoberaufsicht über die Informatikprojekte des Bundes.

Die Kommission hat am 28. und 29. März 2022 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Nationalrat Roland Fischer (GLP, LU), und im Beisein des Vorstehers des EFD, von Vertreterinnen und Vertretern des EFD und des UVEK sowie von den oben erwähnten Experten in Bern getagt.