Anfang 2021 gab es Kritik an der Strategie, die der Bund zu Beginn der Krise verfolgte, um Covid-19-Impfstoffe zu beschaffen. Verschiedene Medien berichteten unter anderem, dass die Bundesbehörden im Frühjahr 2020 ein Angebot des Schweizer Unternehmens Lonza abgelehnt hätten, in den Aufbau einer Produktionslinie von Impfstoffen der Marke Moderna am Produktionsstandort Visp (VS) zu investieren.
Die GPK-N beschloss vor diesem Hintergrund, sich näher mit den Kontakten zwischen den Bundesbehörden und den Unternehmen Lonza und Moderna betreffend die Herstellung und die Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen zu befassen. Die Arbeiten der Kommission waren Teil der im Mai 2020 eingeleiteten Inspektion der GPK des Nationalrates und des Ständerates über den Umgang des Bundes mit der Covid-19-Pandemie.
Nachdem die Kommission den Sachverhalt geprüft und sich mit den beteiligten Akteuren ausgetauscht hat, kommt sie zum Schluss, dass sich die Bundesbehörden in diesem Dossier angemessen verhielten. Die Abklärungen der Kommission zeigen, dass der Bund aus drei Gründen auf eine direkte Investition in die Produktion von Lonza verzichtete: erstens, weil Lonza nicht Eigentümer des in Visp produzierten Impfstoffs war, zweitens, weil Lonza nur für einen Teil der Produktion des Moderna-Impfstoffs verantwortlich war, und drittens, weil eine solche Investition der Schweiz keinen umfassenderen oder rascheren Zugang zum Moderna-Impfstoff ermöglicht hätte. Die Kommission erachtet diese Gründe als nachvollziehbar und schliesst daraus, dass eine solche Investition gar nicht notwendig war. Sie hält darüber hinaus fest, dass die Idee einer der Schweiz vorbehaltenen Produktionslinie in Visp von den Bundesbehörden und den beiden Unternehmen niemals ernsthaft in Erwägung gezogen oder konkret diskutiert wurde.
Anstatt in die Produktion von Lonza zu investieren, entschieden die Bundesbehörden, rasch mit Moderna einen Vertrag über den Kauf von Impfstoffdosen auszuhandeln. Moderna reinvestierte in der Folge einen erheblichen Teil des Vertragswerts in der Schweiz, insbesondere durch die Finanzierung von fünf Produktionslinien am Lonza-Standort in Visp. All dies sorgte dafür, dass die Produktionsanlagen in Visp auf- und ausgebaut wurden und dass die Schweiz frühzeitig mit dem dort hergestellten Impfstoff versorgt wurde, all dies unter Einhaltung der Rechts- und Verfassungsgrundlagen. Die strategischen Entscheide der Bundesbehörden waren in den Augen der GPK-N angemessen und ermöglichten einen raschen und umfassenden Zugang der Schweiz zum Moderna-Impfstoff. So war die Schweiz eines der ersten Länder der Welt, das eine Vereinbarung mit Moderna abschloss.
Die GPK-N kommt nach ihrer Rechtmässigkeitsprüfung zum Schluss, dass die Entscheide, welche die Bundesbehörden im Rahmen ihrer Verhandlungen mit Lonza und Moderna trafen, im Einklang mit dem im Frühjahr 2020 geltenden Recht standen. Eine direkte Investition des Bundes in die Impfstoffproduktion wäre nach damals geltendem Recht allerdings nicht zulässig gewesen.
Die GPK-N ist allgemein der Ansicht, dass das BAG das Dossier der Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen gründlich und mit der nötigen Priorität behandelte. Sie hält ferner fest, dass sich die Bundesbehörden der mit der Impfstoffentwicklung verbundenen Risiken und Herausforderungen bewusst waren und dass sie sich in einer Phase grosser Unsicherheit angemessen aufgeschlossen gegenüber den neuen Impftechnologien zeigten. Der Entscheid des Bundesrates, bereits in den Anfängen der Pandemie in die mRNA-Impfstoffe zu investieren, barg ein gewisses Risiko, erfolgte aber in Kenntnis der Sachlage und zahlte sich letztlich aus.
Die Kommission verweist ferner darauf, dass die Option eines vollständig in der Schweiz hergestellten Impfstoffs schwer umsetzbar und zudem mit zahlreichen rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen verbunden gewesen wäre. Sie kommt zum Schluss, dass diese Option in der Covid-19-Krise keine geeignete Alternative zum Kauf fertiger Impfstoffe darstellte. Sie zeigt sich erfreut über die Schritte, die der Bund im Frühjahr 2021 eingeleitet hat, um die Attraktivität der Schweiz in Sachen Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen zu erhöhen, und wird die Entwicklungen in diesem Bereich aufmerksam verfolgen.
Die GPK-N begrüsst schliesslich, dass der Bund im Frühjahr 2021 das Programm «Leute für Lonza» ins Leben rief, mit dem rasch und pragmatisch die Rekrutierung von Personal für die Produktionsstätte in Visp unterstützt und ein starkes Zeichen für die Herstellung von Impfstoffen in der Schweiz gesetzt wurde. Sie hat beschlossen, den Bundesrat per Postulat zu ersuchen, dieses Programm zu bilanzieren und anhand dieses Beispiels zu prüfen, ob das geltende Recht angepasst werden muss.
Die Kommission hat am 16. November 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrat Erich von Siebenthal (SVP, BE) in Bern getagt.