Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) hat sich mit der Zweckmässigkeit der vom Bundesamt für Statistik (BFS) erstellten Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung befasst. Gestützt auf eine Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) erkennt die Kommission in diesem Bereich keine grösseren Mängel. Sie hat festgestellt, dass die Ungenauigkeit der Szenarien in erster Linie auf die schwierig einzuschätzenden Migrationsflüsse zurückzuführen ist. Ein Optimierungspotenzial besteht bei der Verwendung der Szenarien durch die Bundesämter und bei der Zweckmässigkeit der kantonalen Szenarien des BFS.

​Rund alle fünf Jahre erstellt und publiziert das BFS drei Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung, die in verschiedenen Bereichen der Schweizer Politik eine elementare Planungsgrundlage darstellen. In den vergangenen Jahren wurden die Ungenauigkeit und die Verwendung dieser Szenarien in mehrfacher Hinsicht kritisiert. Vor diesem Hintergrund beschlossen die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) Anfang 2016, die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation zu dieser Thematik zu beauftragen. Die PVK nahm in der Folge einen statistischen Vergleich sowie eine Dokumentenanalyse vor und führte über sechzig Gespräche. Gestützt auf die Ergebnisse dieser Evaluation hat die GPK-S an ihrer Sitzung vom 19. Oktober 2018 einen Bericht mit ihren politischen Schlussfolgerungen verabschiedet.

Die Evaluation der PVK zeigt, dass das BFS in seinen zwischen 2002 und 2010 erarbeiteten nationalen und kantonalen Szenarien die demographische Entwicklung in der Schweiz unterschätzt hat. Die Abweichungen von der tatsächlichen Entwicklung sind dabei leicht höher ausgefallen als in anderen europäischen Ländern. Grund dafür sind in erster Linie Schwierigkeiten bei der Schätzung der Migrationsflüsse. Die GPK-S bedauert diese Ungenauigkeit, da sich diese erheblich auf die staatliche Politikplanung in der Schweiz auswirken kann. Angesichts der überaus schwierigen Vorhersehbarkeit der Migration muss diese Kritik ihrer Meinung nach jedoch relativiert werden. Die Kommission ersucht den Bundesrat, seine Hypothesen hinsichtlich der Entwicklung der Migration kontinuierlich zu optimieren und in diesem Bereich den Erfahrungsaustausch mit anderen Ländern zu pflegen (Empfehlung 1).

Abgesehen von dieser grundsätzlichen Problematik sieht die GPK-S keine grösseren Mängel beim Verfahren zur Erarbeitung der nationalen Szenarien im BFS. Alle beteiligten Akteure erachten dieses Verfahren und die Methode zur Berechnung der Szenarien für angemessen. In den von der PVK geführten Gesprächen ist keine grundsätzliche Kritik am bestehenden Schätzmodell geäussert worden. Im Übrigen hat die Evaluation ergeben, dass das BFS neutral und unabhängig arbeitet. Das aktuelle Publikationsintervall der Szenarien von rund fünf Jahren wird als angemessen betrachtet. Die Kommission ersucht den Bundesrat in diesem Zusammenhang, zu prüfen, ob die Entwicklung interaktiver digitaler Tools vorangetrieben werden könnte (Empfehlung 2).

Einen Schwachpunkt hat die PVK-Evaluation bei der Verwendung der nationalen Szenarien durch die Bundesämter ausgemacht. So wurde festgestellt, dass sich die Bundesämter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben fast ausschliesslich auf das mittlere Szenario stützen. Die Kommission ist der Ansicht, dass in den Ämtern systematisch über die Wahl der Szenarien und die Zweckmässigkeit eines Vergleichs verschiedener Szenarien nachgedacht werden sollte. Sie ersucht den Bundesrat um entsprechende Präzisierungen (Empfehlung 3).

Erhebliches Optimierungspotenzial besteht in den Augen der GPK-S zudem bei den kantonalen Szenarien, die vom BFS auf der Grundlage der nationalen Szenarien erstellt werden. Wie die PVK-Evaluation gezeigt hat, werden diese Szenarien von den Kantonen verschiedentlich als wenig geeignet betrachtet, da sie zu ungenau und nicht auf Gemeinde- und Bezirksebene verfügbar sind. Ausserdem werden die kantonalen Vertreterinnen und Vertreter bislang nicht früh genug in die Erarbeitung dieser Szenarien einbezogen. Die GPK-S ist der Ansicht, dass an den kantonalen Szenarien festgehalten werden sollte und der Top-down-Ansatz für die Erarbeitung dieser Szenarien (die kantonalen Szenarien werden von den nationalen Szenarien abgeleitet und nicht umgekehrt) sinnvoll ist. In ihren Augen müssen aber die Qualität und die Genauigkeit dieser Szenarien erhöht werden, damit diese häufiger genutzt werden können (Empfehlung 4). Eine Veröffentlichung von Szenarien auf Bezirks- oder Gemeindeebene durch das BFS scheint der Kommission hingegen unrealistisch. Sie ersucht den Bundesrat allerdings, zu prüfen, inwieweit die in den Bundesämtern verfügbaren regionalen Daten für die Kantone nützlich sein könnten (Empfehlung 5).

Die GPK-S hat ihren Bericht an den Bundesrat überwiesen und ersucht diesen, bis zum 17. Januar 2019 zu ihren Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen und ihr mitzuteilen, mit welchen Massnahmen und bis wann er ihre Empfehlungen umsetzen wird.

Die GPK-S hat am 19. Oktober 2018 unter dem Vorsitz von Ständerätin Anne Seydoux-Christe (CVP, JU) in Bern getagt.