Die Kommission hat die Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen (18.043) zu Ende beraten und in der Gesamtabstimmung mit 16 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Die Kommission beantragt ihrem Rat in einigen Punkten, von den Beschlüssen des Ständerates abzuweichen. Sie beantragt ihrem Rat aber ebenfalls, die Artikel zum Sexualstrafrecht aus der bundesrätlichen Vorlage zu streichen, damit sie in einem separaten Entwurf beraten werden können.

Keine Änderungen im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches

Die Kommission hat sich an insgesamt vier Sitzungen mit der Vorlage befasst. Sie hat sämtliche Anträge verworfen, welche zusätzlich zu den Änderungen im Besonderen Teil auch Anpassungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches vornehmen wollten. Abgelehnt wurde etwa die Forderung, wonach bedingte Strafen zukünftig zwingend mit einer Busse zu verbinden sind (15 zu 10 Stimmen) oder wonach eine bedingte Entlassung bei lebenslangen Freiheitsstrafen künftig erst zu einem späteren Zeitpunkt als heute möglich sein soll (18 zu 7 Stimmen). Die Kommission lehnte auch ein Zurück zum Verzicht auf die kurzen Freiheitsstrafen ab (15 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen) und sie verwarf überdies diverse Anträge, welche eine Streichung der Geldstrafe bei einzelnen Delikten forderten. Weiter sollen Taten, die mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe als Höchststrafe bedroht sind, auch in Zukunft verjähren (13 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Die Kommission möchte diese Forderung auch nicht im Rahmen eines gesonderten Entwurfs umsetzen und beantragt ihrem Rat mit 13 zu 8 Stimmen die Ablehnung einer entsprechenden Standesinitiative des Kantons St. Gallen (19.300 s Kt. Iv. SG. Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher).

Gewalt und Drohung gegen Behörden

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 14 zu 11 Stimmen, den geltenden Artikel 285 StGB in Ziffer 2 erheblich zu verschärfen. So soll der Teilnehmer, der Gewalt an Personen verübt, künftig mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft werden. Richtet sich die Gewalt des Teilnehmers gegen Sachen, so beträgt die Strafandrohung Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen. Eine Minderheit ist der Ansicht, dass das Problem von Gewalt gegen Behörden nicht mit einer Verschärfung des Strafrechts gelöst werden kann und beantragt, beim geltenden Recht zu bleiben.

Gewerbsmässigkeit bei den strafbaren Handlungen gegen das Vermögen

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 11 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung, in der Frage der Gewerbsmässigkeit bei Vermögensdelikten beim geltenden Recht zu bleiben. Eine Minderheit schliesst sich dem Bundesrat und dem Ständerat an, welche hier eine Vereinheitlichung der Strafandrohungen vorgesehen haben (Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis 10 Jahren.

Weibliche Genitalverstümmelung

Die Kommission hat eine intensive Diskussion zum Tatbestand der weiblichen Genitalverstümmelung (Artikel 124 StGB) geführt und dabei auch den Bericht des Bundesrates zur Kenntnis genommen, der neben der strafrechtlichen Verfolgung auch weitere Massnahmen zur Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung aufzeigt (Bericht des Bundesrates vom 25. November 2020 in Erfüllung des Postulats 18.3551). Sie kommt zum Schluss, dass der geltende Tatbestand nicht verändert werden sollte.

Aufhebung des Tatbestands der «Majestätsbeleidigung»

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 14 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen die Aufhebung des Artikels 296 des Strafgesetzbuches, welcher die Beleidigung eines fremden Staates mit Strafe bedroht. Die Kommission nimmt damit das Anliegen einer entsprechenden parlamentarischen Initiative wieder auf (16.430), welche vom Nationalrat in der Sommersession 2019 abgeschrieben wurde. Eine Minderheit beantragt die Beibehaltung der Bestimmung.

Raserdelikte

Im Zuge der Vorlage «Via sicura» wurde im Jahr 2012 im Strassenverkehrsgesetz eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe für schwere Verkehrsdelikte («Rasertatbestand») eingeführt (Artikel 90 Absatz 3 des Strassenverkehrsgesetzes). Der Bundesrat hat darauf verzichtet, auch Änderungen des Strassenverkehrsgesetzes im Rahmen der Vorlage zur Strafrahmenharmonisierung zu beantragen. Die Kommission kommt jedoch einstimmig zum Schluss, dass im Zuge der Vorlage zur Strafrahmenharmonisierung diese Mindeststrafe abgeschafft werden sollte, die als unverhältnismässig beurteilt wird. Eine Minderheit beantragt darüber hinaus die Aufhebung dieses «Rasertatbestands», was mit 17 zu 7 Stimmen abgelehnt wurde.

Heiraten mit freier Wahl eines Doppelnamens

Die Kommission beriet das weitere Vorgehen bezüglich der parlamentarischen Initiative 17.523. Die Initiative hat zum Ziel, Doppelnamen, welche mit der Revision des Zivilgesetzbuches 2013 abgeschafft wurden, wiedereinzuführen. Die Kommission bekräftigt ihren Entscheid, dass Eheleute wieder einen Doppelnamen führen können und möchte diese Möglichkeit dem geltenden Recht in zwei Varianten neu hinzufügen. Neben einer Rückkehr zum alten Recht, welches der Braut respektive dem Bräutigam die Möglichkeit einräumte dem Familiennamen den bisherigen Namen voranzustellen, soll es in Zukunft auch möglich sein, dass beide Ehegatten ihren Ledignamen behalten und diesem den Ledignamen des anderen hinzufügen können (15 zu 1 Stimme bei 9 Enthaltungen). In Zukunft wird es den Eheleuten Weber und Muster also möglich sein, dass sie sich Weber Muster und Muster Weber nennen können. Die Kommission hat die Verwaltung damit beauftragt, für eine der nächsten Sitzungen einen entsprechenden Vorentwurf auszuarbeiten.

Keine Haftung des Gemeinwesens bei bedingten Entlassungen und Strafvollzugslockerungen

Eine im Jahr 2013 eingereichte parlamentarische Initiative verlangt eine Haftung des Staates, falls eine wegen eines schweren Gewalt- oder Sexualdelikts verurteilte Person bedingt entlassen wird oder Strafvollzugslockerungen erhält und daraufhin erneut ein solches Verbrechen begeht (13.430). Die im Jahr 2018 durchgeführte Vernehmlassung zu einem Vorentwurf hat ergeben, dass das Vorhaben auf fast einhellige Ablehnung stösst (Bericht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens).

Die Kommission kommt deshalb mit 15 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen erneut zum Schluss, dass ein Weiterverfolgen des Projekts aussichtslos ist und beantragt ihrem Rat damit bereits zum dritten Mal die Abschreibung des Geschäfts. Eine Minderheit möchte die Arbeiten weiterführen und beantragt keine Abschreibung.

Ja zu einer gezielten Anpassung des internationalen Erbrechts der Schweiz

Die Kommission hat beschlossen, den Empfehlungen des Bundesrates zu folgen und das internationale Erbrecht der Schweiz zu modernisieren (20.034). Die Kommission hält es für wichtig, die Rechtsentwicklung im Ausland zu berücksichtigen und den betroffenen Personen Lösungen zu garantieren. Sie hatte an ihrer Sitzung vom 4. Februar 2021 ohne Gegenstimme Eintreten auf die Vorlage beschlossen. In der Gesamtabstimmung hat sich die Kommission nun mit 17 zu 7 Stimmen für die Annahme der Vorlage ausgesprochen. Die Kommissionsminderheit beantragt, die Vorlage abzulehnen und somit nicht auf diese einzutreten, da in ihren Augen die vorgeschlagenen Änderungen zu einer Nachlassspaltung führen würden.

Weitere Geschäfte

  • Die Kommission hat den Bericht des Bundesrates vom 11. September 2020 zur Kenntnis genommen, der sich in Erfüllung zweier gleichlautenden Postulate (16.3637 und 16.3644) mit den bestehenden Beratungs- und Therapieangeboten für Personen mit sexuellen Interessen an Kindern befasst.
  • Ohne Gegenstimme beantragt die Kommission ihrem Rat die Abschreibung einer parlamentarischen Initiative (17.410), da das Anliegen einer Regelung der Datenherausgabe im Konkurs im Rahmen der Beratung des Bundesgesetzes zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (AS 2021 33) aufgenommen wurde.
  • Die Kommission hat die Motion 20.4266 zu moderneren grenzüberschreitenden Zivilprozessen einstimmig angenommen. Ihrer Ansicht nach hat die Pandemie gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Schweiz den Einsatz technischer Mittel z. B. für die Zeugeneinvernahme zulässt. Die Schweiz muss also unbedingt ihren Vorbehalt zum Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland entsprechend anpassen.

Die Kommission tagte am 29./30. April 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (SP, GE) in Bern.