Die Kommission hat die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 12 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen und beantragt ihrem Rat einige Änderungen im Entwurf des Bundesrates: Sie möchte u.a., dass im Vorstand der Körperschaft, welche die Trägerschaft der zentralen Plattform bildet, eine Vertreterin oder ein Vertreter der Kantone qualifizierte Informatikkenntnisse besitzen muss und die Vertretung der Anwaltschaft im Vorstand sichergestellt ist. Der Kommission ist es zudem ein Anliegen, dass bei Nichterreichbarkeit einer Plattform die Hürden für die Glaubhaftmachung der Nichterreichbarkeit nicht zu hoch sind. Sie hat hingegen einen Antrag abgelehnt, welcher die Möglichkeit der Kantone, eine eigene Plattform aufbauen zu können, untersagen möchte. Eine Minderheit beantragt dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Diese wird in der Herbstsession 2023 vom Nationalrat beraten.
Kommission will Gleichbehandlung der Erbinnen und Erben bei der Unternehmensnachfolge stärken
Mit der Vorlage des Bundesrates zu einer Änderung des Zivilgesetzbuchs zur erbrechtlichen Unternehmensnachfolge (22.049) soll die Integralzuweisung eines Unternehmens an eine Erbin oder einen Erben ermöglicht werden, wenn der Nachlass nicht vor dem Todesfall geregelt wurde. Um die Position der übrigen Erbinnen und Erben zu stärken, schlägt die Kommission einige Änderungen am Entwurf des Bundesrates vor. Der Bundesrat sieht vor, dass ein Gericht derjenigen Person, die das Unternehmen übernimmt, eine Frist von 10 Jahren gewähren kann, ehe sie den übrigen Erbinnen und Erben ihren Anteil am Nachlass zurückzahlen muss. Die Kommission beantragt mit 13 zu 12 Stimmen, diese Zahlungsfrist zu halbieren. Eine Minderheit ist mit der Halbierung im Grundsatz einverstanden, will dem Gericht aber die Möglichkeit geben, die Frist auf 10 Jahre zu verlängern, wenn der Fortbestand des Unternehmens ansonsten gefährdet wäre. Das Gericht soll ausserdem die Möglichkeit erhalten, weitere Pflichten und Rechte im Zusammenhang mit der Gewährung eines Zahlungsaufschubs festzulegen (16 zu 9 Stimmen). Weiter beantragt die Kommission, dass die Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens als Ausnahme der Sicherstellungspflicht der gestundeten Beträge in die Vorlage aufgenommen werden soll. Eine Minderheit will dies sogar als einzigen Grund für den Verzicht auf Sicherstellung festlegen (15 zu 10 Stimmen). Die Kommission ist zudem einstimmig der Meinung, dass es für einfache Gesellschaften keine Auffangregelung bei der Erbschaft braucht. Die vorliegende Regulierung ist für diese Rechtform daher überflüssig und soll nicht zur Anwendung kommen soll.
In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 17 zu 7 Stimmen gutgeheissen. Das Geschäft kommt in der Herbstsession in den Nationalrat.
Kommission hält an Systemwechsel beim Verzugszins fest
Die Kommission hat sich erneut mit ihrer Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative von Nationalrat Fabio Regazzi befasst (16.470 « Verzugszinssatz des Bundes. Anpassung an Marktzinsen»). Der Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme vom 16. August 2023 dagegen ausgesprochen, dass der Verzugszins im Obligationenrecht in Zukunft nicht mehr wie heute 5% betragen soll, sondern variabel nach den aktuellen Marktzinsen zu berechnen ist (vgl.
Medienmitteilung des Bundesrates vom 16. August 2023). Die Kommission hat mit 14 zu 7 Stimmen beschlossen, am Systemwechsel festzuhalten. Sie ist jedoch bereit, die vom Bundesrat vorgeschlagene Neuformulierung der entsprechenden Bestimmung von Artikel 104 Absatz 2 Obligationenrecht im Grundsatz zu übernehmen. Sie hält allerdings daran fest, dass der maximale Zuschlag zum Marktzins 2% und nicht wie vom Bundesrat beantragt, 3% betragen soll.
Erhöhung der Ressourcen der eidgenössischen Gerichte
Die Kommission hat den Beschlüssen ihrer ständerätlichen Schwesterkommission zugestimmt, die Ressourcen des Bundesstrafgerichts (BStGer) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) zu erhöhen. Sie erachtet den Bedarf als erwiesen und unterstützt deshalb mit 16 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung die Schaffung einer zusätzlichen Stelle für eine nebenamtliche Richterin oder einen nebenamtlichen Richter italienischer Sprache am BStGer (23.431) sowie mit 18 zu 7 Stimmen die vorübergehende Schaffung von fünf Richterstellen am BVGer, um die deutliche Zunahme an Beschwerden im Asylbereich bewältigen zu können (23.449). Nun ist es Aufgabe der RK-S, die entsprechenden Vorlagen auszuarbeiten.
Erleichterungen für Hotelbetriebe bei der «Lex Koller»
Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 10 zu 9 Stimmen die Annahme einer von Ständerat Martin Schmid eingereichten Motion, welche den Bau von Personalwohnungen durch ausländisch beherrschte Hotelbetriebe erleichtern möchte (22.4413 «Wohnungsknappheit in Tourismusgemeinden. Ergänzung von Artikel 3 BewV, Personalwohnungen von Hotels als Teil einer Betriebsstätte anerkennen»). Während die Kommission mit dem Ständerat davon ausgeht, dass dank einer Änderung der Vorgaben der «Lex Koller» mehr Wohnraum in touristischen Gebieten entstehen könnte, befürchtet die Minderheit der Kommission, dass dies zu einer Verteuerung und Verknappung des Wohnraums führen könnte.
Weitere Geschäfte:
- Die Kommission hat die Beratung des Geschäfts 22.071 («Strafgesetzbuch und Jugendstrafgesetz. Änderung») begonnen und beschlossen, an einer ihrer nächsten Sitzungen Anhörungen dazu durchzuführen, bevor sie über das Eintreten befindet.
- Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 15 zu 5 Stimmen, sechs gleichlautenden parlamentarischen Initiativen Folge zu leisten, welche fordern, dass Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts strafbar werden und das entsprechende Merkmal in Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs aufgenommen wird (21.513; 21.514; 21.515; 21.516; 21.522 und 21.527). Eine Minderheit beantragt, den Initiativen keine Folge zu leisten.
- Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 12 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen, der parlamentarischen Initiative Mahaim 23.420 «Die Kantone müssen für gewählte Gemeindepolitikerinnen und –politiker strafrechtliche Immunität vorsehen können» keine Folge zu leisten. Eine Minderheit beantragt, der Initiative Folge zu leisten.
- Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 12 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung die Ablehnung einer parlamentarischen Initiative der Fraktion der Grünen, welche die Schaffung einer unabhängigen Aufsichts- und Regulierungsbehörde über den Rohstoffmarkt für die Schweiz fordert (23.421 «Rohstoffsektor mittels unabhängiger Aufsicht stärken»). Eine Minderheit sieht Handlungsbedarf in diesem Bereich und beantragt, Folge zu geben.
Die Kommission tagte am 31. August und 1. September 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Christa Markwalder (FDP, BE) in Bern.