Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats spricht sich gegen die Einführung des Trusts in die Schweizer Rechtsordnung aus. Als alternatives Instrument für die Nachlass- und Vermögensplanung soll hingegen die Schweizer Familienstiftung liberalisiert werden.

Im Auftrag des Parlaments hatte der Bundesrat einen Vorentwurf zur Einführung des Trusts in die Schweizer Rechtsordnung in die Vernehmlassung gegeben. Die Vernehmlassung hat jedoch gezeigt, dass die steuerrechtlichen Aspekte der Vorlage umstritten sind und, dass ein Kompromiss nur schwer realisierbar ist. Ausserdem sind die alternativen Umsetzungsmöglichkeiten begrenzt. Die Kommission beantragt ihrem Rat deshalb einstimmig, den entsprechenden Antrag des Bundesrates (23.065) auf Abschreibung der Motion 18.3383 « Einführung des Trusts in die schweizerische Rechtsordnung» anzunehmen und die parlamentarische Initiative 16.488 «Aufnahme des Rechtsinstituts des Trusts in die schweizerische Gesetzgebung» abzuschreiben. Mit dem Ziel, die Nachlass- und Vermögensplanung in der Schweiz auf einem anderen Weg zu vereinfachen, spricht sich die Kommission hingegen für eine Modernisierung der Schweizer Familienstiftung aus und beantragt mit 15 zu 9 Stimmen, eine entsprechende Motion von Ständerat Thierry Burkart anzunehmen (22.4445). Die Mehrheit weist darauf hin, dass die Familienstiftung bereits im Schweizer Recht verankert ist und deshalb auch eine gesetzliche Grundlage für die Besteuerung von Stiftungen vorhanden ist. Die Aufhebung des Verbots der Familienunterhaltsstiftung, wie es die Motion verlangt, sollte demnach nicht die gleichen Probleme verursachen wie die Einführung des Trusts. Eine Minderheit lehnt die Motion ab. Sie zeigt sich skeptisch gegenüber einem Instrument, das Fragen betreffend Transparenz und Aufsicht aufwirft und vor allem vermögenden Personen zugutekommen würde. Sie hätte es deshalb bevorzugt, diese Fragen zuerst anhand eines Postulats zu klären.

Doch kein Systemwech​sel bei der Berechnung des Verzugszinses

Der Nationalrat hatte in der Herbstsession 2023 entschieden, dem Antrag der Kommission zu folgen und im Obligationenrecht einen Systemwechsel bei der Berechnung des Verzugszinses vorzunehmen. Die Vorlage geht auf eine parlamentarische Initiative von Fabio Regazzi zurück (16.470) und würde statt dem heute geltenden Zinssatz von 5% einen variablen Zinssatz festlegen, der sich an den jeweils geltenden Marktzinsen orientiert. Der Ständerat hat diesen Systemwechsel in der Wintersession 2023 mit 20 zu 17 Stimmen bei 6 Enthaltungen abgelehnt. Die Kommission hat sich nun im Rahmen der Differenzbereinigung in ihrer neuen Zusammensetzung wiederum mit dem Geschäft befasst und mit 15 zu 8 Stimmen entschieden, ihrem Rat zu beantragen, nicht am Beschluss des Nationalrates festzuhalten. Wie der Ständerat kommt nun auch die Kommission zum Schluss, dass sich das geltende System des fixen Zinssatzes alles in allem bewährt und im Geschäftsverkehr gerade aufgrund seiner Klarheit und Einfachheit viele Vorteile hat. Eine Minderheit betont dagegen, dass der Verzugszins kein pönales Element enthalten sollte und in der Praxis auch gut umsetzbar ist.

Erhöhung der Ressour​​cen der eidgenössischen Gerichte

Die Kommission ist mit 13 zu 9 Stimmen auf den Entwurf der RK-S zur befristeten Erhöhung der Anzahl Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht (23.449) eingetreten. Mit 15 zu 9 Stimmen hat sie dem Entwurf ihrer Schwesterkommission zur Schaffung einer zusätzlichen Stelle für nebenamtliche Richter und Richterinnen am Bundesstrafgericht (23.431) zugestimmt. Wie der Ständerat und der Bundesrat erachtet es auch die Mehrheit der RK-N für dringend notwendig, den angesichts der zunehmenden Arbeitslast ausgewiesenen Bedarf der Gerichte zu decken. Die Minderheit spricht sich gegen Eintreten auf die Vorlagen aus, da sie der Meinung ist, dass in beiden Fällen nicht alle internen Rationalisierungsmassnahmen getroffen wurden.

Kein Neuanlauf für Schutz von Whistleb​lowern im privaten Sektor

Die Kommission hat eine Motion von alt-Ständerat Ruedi Noser beraten, die den Bundesrat beauftragt, die nationale Umsetzung der Anti-Korruptionskonvention der OECD mit den geltenden Standards der OECD in Einklang zu bringen (23.3844). Der Motionär schlägt zwei Massnahmen dazu vor: Whistleblower im privaten Sektor rechtlich zu schützen und die gesetzliche Höchststrafe für juristische Personen zu erhöhen. Mit 8 zu 16 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission, die Motion abzulehnen. Nach der Ablehnung der Vorlage 13.094, die ebenfalls den Schutz von Whistleblowern, die rechtswidrige Verhaltensweisen im privaten Sektor melden, zum Ziel hatte, ist die Kommission der Meinung, es ist nicht angezeigt die Thematik erneut anzugehen. Sie argumentiert, dass ein Kompromiss nach wie vor nicht in Sicht ist. Eine Minderheit spricht sich hingegen für einen Neuanlauf aus und beantragt die Annahme der Motion.

Weitere Gesc​häfte:

  • Die Kommission hat Anhörungen zum Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise (23.073) durchgeführt. Sie wird an ihrer nächsten Sitzung über das Eintreten auf die Vorlage befinden.
  • Einstimmig beantragt die Kommission ihrem Rat, den Vertrag über Rechthilfe in Strafsachen zwischen der Schweiz und Panama (23.058) zu genehmigen. Dies nachdem der Ständerat der Vorlage bereits in der Wintersession zugestimmt hat. Der Vertrag hat zum Ziel, die Zusammenarbeit der beiden Länder und derer Justizbehörden zu verbessern und damit der grenzüberschreitenden Kriminalität entgegenzuwirken.
  • Die Kommission beantragt ihrem Rat einstimmig, die Motion 23.3967 «Verbesserung der Behandlung von Kindern, die mit einer Variation der geschlechtlichen Entwicklung (DSD) geboren wurden» anzunehmen. 

Die Kommission tagte am 18./19. Januar 2024 unter dem Vorsitz von Nationalrat Vincent Maitre (M-E GE) in Bern.