Die Kommission hat die Ergebnisse zu den Vorschlägen für eine Revision des Sexualstrafrechts zur Kenntnis genommen (18.043, Entwurf 3). Es zeigt sich, dass die Vorlage auf ein sehr grosses öffentliches Interesse stösst und viele Personen dazu bewogen hat, sich dazu zu äussern. Insgesamt wird der Reformbedarf im Sexualstrafrecht deutlich bejaht.

An der zwischen dem 1. Februar und dem 10. Mai 2021 durchgeführten Vernehmlassung zu einer Revision des Sexualstrafrechts haben sich mehr als 10'000 Personen beteiligt. Es wurden 124 Stellungnahmen individuell formuliert, während die übrigen Eingaben als gleichlautende Schreiben diverser Privatpersonen eingegangen sind. Insgesamt zeigt sich, dass der Bedarf für eine Revision des Sexualstrafrechts überwiegend bejaht wird. Die von der Kommission als Kern der Revision vorgeschlagene Lösung, einen neuen Grundtatbestand des «sexuellen Übergriffs» (Artikel 187a VE-StGB) einzuführen, stösst in der Vernehmlassung mehrheitlich auf Skepsis oder Ablehnung. Ein Teil der Teilnehmenden ist der Ansicht, dass im Sexualstrafrecht das Prinzip festzuhalten ist, wonach jede sexuelle Handlung, die ohne die ausdrückliche oder konkludente Zustimmung der beteiligten Personen stattfindet, strafwürdig ist (sog. Zustimmungslösung). Grossmehrheitlich begrüsst wird der im Vorentwurf vorgeschlagene neue Tatbestand des «grooming», also die Anbahnung von sexuellen Kontakten mit Kindern (Art 197a VE-StGB). Kontroverser wird das Vorhaben beurteilt, für den Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe einzuführen, sofern das Opfer das 12. Lebensjahr noch nicht erreicht hat (Art. 187 VE-StGB). Der ausführliche Bericht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens, auf den im Übrigen verwiesen wird, ist hier (Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens) verfügbar. Die Kommission wird nun an ihrer nächsten Sitzung Anhörungen durchführen und ihre Arbeiten an der Vorlage im nächsten Quartal weiterführen.

Beratung des DNA-Profil-Gesetzes (20.088)

Die Kommission hat an ihrer Sitzung ausführliche Anhörungen durchgeführt und dabei Vertretungen der Kantone, der Behörden sowie der Wissenschaft eingeladen. Nachdem sie bereits am 20. Mai 2021 ohne Gegenstimme auf die Vorlage eingetreten ist, hat sie im Anschluss an die Anhörungen mit der Detailberatung begonnen.

Im Rahmen ihrer Beratungen hat die Kommission das Gutachten vom 3. August 2021 zur Kenntnis genommen, das von der ODHIR, der Menschenrechtsinstitution der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zum Gesetzesentwurf ausgearbeitet wurde. Die Kommission wird die Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung weiterführen, damit das Geschäft voraussichtlich in der Herbstsession vom Ständerat beraten werden kann.

Mindestfreiheitsstrafe für «Raserdelikte» soll aufgehoben werden

Die Kommission schliesst sich mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen dem Nationalrat an, der in der Sommersession entschieden hat, die Frage der «Raserdelikte» bereits im Rahmen der Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen (18.043, Entwürfe 1 und 2) zu klären und die als stossend empfundene Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe aufzuheben. Eine Minderheit der Kommission beantragt, die Mindestfreiheitsstrafe in Artikel 90 Absatz 3 des Strassenverkehrsgesetzes vorerst noch nicht aufzuheben, damit die Frage im Kontext der Revision des Strassenverkehrsgesetzes geprüft werden kann. Bei den übrigen Differenzen beantragt die Kommission ebenfalls mehrheitlich, sich den Beschlüssen des Nationalrats anzuschliessen.

Kommission stösst Reform zur Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsicht mit Motion an

Die Kommission hat Kenntnis genommen vom Schlussbericht der Geschäftsprüfungskommissionen zum Aufsichtsverhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft (BA) und deren Aufsichtsbehörde, der vorsieht, das aktuelle System beizubehalten, aber bestimmte Anpassungen daran vorzunehmen. Die Kommission hat mit 8 zu 4 Stimmen beschlossen, den Bundesrat mit der Ausarbeitung einer umfassenden Änderung der einschlägigen Rechtsgrundlagen zu beauftragen. Um zusätzliche Arbeiten zu vermeiden, hat die Kommission mit 10 zu 2 Stimmen beschlossen, der Initiative 19.485 («Entpolitisierung der Wahl des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin») keine Folge zu geben. Ständerat Carlo Sommaruga hat überdies seine Initiative 20.474 («Die Strafverfolgungsbehörden des Bundes stärken und effizienter machen») zugunsten einer einstimmig beschlossenen Kommissionsmotion (21.3970) zurückgezogen.

Kein generelles Verbot von elektronischen Gewaltspielen

Die im Entwurf zum Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele (20.069) vorgesehenen Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sind nach Ansicht der Kommission ausreichend und erfordern keine zusätzlichen strafrechtlichen Verbote. Entsprechend erachtet sie das grundsätzliche Anliegen von sechs älteren Standesinitiativen als erfüllt, deren Vorprüfung im Hinblick auf die bundesrätliche Botschaft von den Räten im Jahr 2011 ausgesetzt wurde (08.316; 08.334; 09.332; 09.313; 09.314; 10.302) und beantragt ihrem Rat, Initiativen keine Folge zu geben.

Weitere Geschäfte:

  • Die Kommission empfiehlt dem Bundesrat im Rahmen ihres Konsultationsrechts (Art. 151 ParlG), den gesamten Spielraum des indirekten Gegenentwurfs zur Konzernverantwortungsinitiative (16.077, Entwurf 2) in der Verordnung über Sorgfaltspflichten und Transparenz in den Bereichen Mineralien und Metalle aus Konfliktgebieten sowie Kinderarbeit (VSoTr) auszunutzen und die Sorgfaltspflichten so umfassend wie möglich umzusetzen. Die Änderung der Handelsregisterverordnung, welche die Revision des Aktienrechts (16.077, Entwurf 1) umsetzt, hat die Kommission zur Kenntnis genommen.
  • Die Kommission hat mit der Detailberatung der Strafprozessordnung (19.048) begonnen und wird diese an einer ihrer nächsten Sitzungen weiterführen.
  • Die Kommission beantragt ohne Gegenstimme, die Motion 20.3388 («Ordnungsbussen. Die Personen schützen, die Ordnungsbussen verhängen») anzunehmen. Gleichzeitig hat sie beschlossen, diese im Rahmen der Beratung der Strafprozessordnung (19.048) umzusetzen.
  • Die Kommission hat ohne Gegenstimme beschlossen, auf die Vorlage zur Änderung des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht, genauer gesagt des internationalen Erbrechts (20.034), einzutreten. Sie wird an einer ihrer nächsten Sitzungen Anhörungen und die Detailberatung durchführen.
  • Einstimmig beantragt die Kommission ihrem Rat die Annahme der zwei gleichlautenden Motionen Funiciello/Vinzenz 20.4451 und 20.4452 «24-Stunden-Beratungsangebot für von Gewalt betroffene Personen gemäss Istanbul-Konvention 20.4452 n Mo. Nationalrat (Vincenz). 24-Stunden-Beratungsangebot für von Gewalt betroffene Personen gemäss Istanbul-Konvention».

Die Kommission hat am 9./10. August 2021 unter dem Vorsitz von Ständerat Beat Rieder (CVP, VS) in Bern getagt.